DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

13-03-2019 11:01
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 13.03.2019 um 10.30 UTC



Anfangs noch aktive Westlage mit Wind/Sturm und Niederschlägen, dabei am
Wochenende vorübergehend wärmer, ab Montag wieder kälter. Im Laufe der nächste
Woche zunehmender Hochdruckeinfluss.
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Synoptische Entwicklung bis zum Mittwoch, den 20.03.2019


Ein flüchtiger Blick auf die Vorhersagekarten signalisiert dem geneigten
Betrachter, dass es mit der aktuell immer noch sehr aktiven Westwetterlage im
Laufe der nächsten Woche zu Ende geht. Bevor es allerdings soweit ist, steht uns
noch ein weitgehend zyklonal geprägtes und sehr abwechslungsreiches Wochenende
ins Haus, und auch zu Beginn der neuen Woche muss erst noch eine Trogpassage
verdaut werden, bevor Luftdruck und Potenzial allmählich ansteigen.

Ins Eingemachte: Am kommenden Samstag befindet sich Deutschland zunächst noch
unter einer strammen, relativ glatt konturierten west-nordwestlichen
Höhenströmung. Im Tagesverlauf wölbt sich allerdings - quasi als downstream
development einer über dem nahen Ostatlantik ansetzenden Austrogung - ein
flacher Rücken über Mitteleuropa respektive Deutschland auf, der von kräftiger
WLA überlaufen wird. Sie sorgt für Hebungsprozesse und skalige Regenfälle, die
sich mehr und mehr in den Norden und Nordosten des Landes verlagern, was
übrigens gut zu der Entwicklung am Boden passt. Dort startet der Tag nämlich mit
einer in den südlichen Landesteilen positionierten schleifenden Kaltfront, die
bis Tagesende als Warmfront einer sich bei UK/Irland entwickelnden und zur
Nordsee ziehenden Frontalwelle nordostwärts gesteuert wird. Die zugehörige
Kaltfront bleibt zunächst noch westlich des Vorhersageraums, so dass Deutschland
in den breiten Warmsektor gelangt, in den vor allem im Süden eine kalorienreiche
Portion Subtropikluft advehiert wird. So steigt bis Mitternacht die
850-hPa-Temperatur zwischen Main und Alpen verbreitet auf Werte um 10°C, während
der Norden noch im unteren einstelligen Plusbereich verharrt. Sollte es im Süden
aufreißen, wofür Vieles spricht, dürfte die 20°C-Marke geknackt werden, was im
Februar aber schon mal da war und Mitte März auch keinen vom Hocker haut.

Interessant wird auch der Sonntag, wenn nämlich das Tief unter deutlicher
Intensivierung (auf unter 980 hPa) von der Nordsee durch dem Skagerrak nach
Südschweden zieht. Derzeit spricht Einiges dafür, dass das Tief weniger
"norwegisch" als viel mehr "Shapiro-Keyser-like" daherkommt. So zeigt das Modell
nicht nur einen gut ausgeprägten cloud head bis hin zu einer T-bone-Struktur auf
der Nord- bzw. Nordwestflanke des Tiefs, auch die Kaltfront weißt typische
Merkmale auf (mögliche front fracture im Kernbereich, relativ geringe
Wetterwirksamkeit).
Wie auch immer, Fakt ist, dass die thermisch gut definierte Kaltfront (hohe
Baroklinität im Frontbereich) im Laufe des Tages mit einem eher schwach
ausgeprägten Regenband von Nordwest nach Südost schwenkt und zum Datumswechsel
bereits die Alpen erreicht haben wird. Rückseitig gelangt zunächst auf langem,
am Montag dann auf zunehmend kurzem Weg maritime Polarluft nach Deutschland, die
gegenüber Samstag, z.T. aber auch noch gegenüber Sonntag (Süden) einen
regelrechten Temperatursturz induziert (T850 am Sonntag 24 UTC um -4°C, am
Montag 18 UTC -4 bis -7°C). Im Schlepptau der Kaltfront folgt der o.e. sich
stark amplifizierende Höhentrog, der mit höhenkalter Luft (T500 -30 bis -35°C)
den Vorhersageraum hauptsächlich am Montag langsam ostwärts passiert. Dabei
kommt es zu zahlreichen, meist schauerartigen und vereinzelt gewittrigen
Niederschlägen, die je nach Intensität etwa oberhalb 400 bis 700 m als Schnee
fallen.
Noch ein Wort zum Wind, der auf der Süd- bzw. Südwestflanke des Tiefs stark bis
stürmisch auffrischt, was - bei aller Vorsicht und Berücksichtigung sämtlicher
Unschärfen - vor allem die Norddeutschen am Sonntag zu spüren bekommen dürften.

Am Dienstag schwenkt der zunehmend nach Südwesten zurückhängende Höhentrog
endgültig durch, Luftdruck und Potenzial beginnen zu steigen. Am Rande des bis
zum westlichen Mitteleuropa vorstoßenden Bodenkeils (ausgehend vom nach Osten
verschobenen Azorenhoch) fließt zunächst aber noch niedertroposphärische
Kaltluft zu uns, die aber mehr und mehr abtrocknet. Schauer werden seltener, im
Stau der Alpen und des Erzgebirges kann es aber noch etwas schneien.

Im weiteren Verlauf der Woche deutet sich in weiten Teilen des Landes
Hochdruckeinfluss an. Von Westen her schiebt sich ein zonal exponierter
Höhenrücken bis nach Mitteleuropa vor. Er stützt das korrespondierende
Bodenhoch, das seinen Schwerpunkt (über 1030 hPa, zeitweise über 1035 hPa)
ebenfalls auf den Kontinent verlagert. Absinken sorgt für einen
niedertroposphärischen Temperaturanstieg (T850 rund 5°C oder etwas darüber), was
sich auch auf die 2m-Temperatur niederschlägt, die gegenüber dem Wochenanfang
wieder ansteigt. In den Nächten muss aber noch mit leichtem Frost gerechnet
werden. Darüber hinaus sei noch erwähnt, dass der Norden und Nordosten anfällig
für zyklonale Störungen bleiben, deren Absender über das Nordmeer und
Skandinavien hinwegziehende Tiefdruckgebiete sind.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Der neueste Modelllauf des IFS (ECMF) von heute 00 UTC passt sich im Großen und
Ganzen der Kurssetzung seiner jüngsten Vorgänger an. Im Kleinen und Halben
offenbaren sich allerdings gewisse Unschärfen, die vor allem auf
unterschiedliches Timing, z.T. aber auch auf räumlichen Versatz der bestimmenden
synoptischen Systeme zurückzuführen sind.
So wird z.B. die am Freitag Süden schleifende Front im Laufe des Samstags
langsamer nach Norden gesteuert, was im Norden und in der Mitte mehr Regen zur
Folge hätte (das Ganze allerdings unterhalb etwaiger Warnschwellen). Im
Gegensatz dazu zieht die nachfolgende Kaltfront von Sonntag zu Montag in der
aktuellen Version schneller durch und schleift auch nicht im Südosten, was dort
weniger Niederschlag zur Folge hätte (ebenfalls unterhalb etwaiger
Warnschwellen). Es ließen sich noch mehr kleinere Unterschiede finden, die zu
erörtern aber vergebene Liebesmüh wäre, da die nächsten Simulationen ohnehin
wieder leicht abweichen dürften, bevor sich hoffentlich recht früh ein stabiles
Setup einstellt.
Unter dem Strich muss das Vorhersagekonzept nicht grundsätzlich umgestoßen
werden, es reicht, ein paar Stellschrauben zu justieren. Als Kernaussage lässt
sich nach wie vor konstatieren, dass die aktuell immer noch sehr aktive Westlage
im Laufe der nächsten Woche wahrscheinlich in die Knie geht und durch
Hochdruckeinfluss ersetzt wird, auch wenn die Details dazu noch nicht alle
eingetütet sind.

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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Es fällt auf, dass die im Vorherigen Abschnitt getroffenen Aussagen zu
Unschärfen in der Konsistenz auch beim Modellvergleich auftreten. Dabei stellen
sich die anderen gängigen Globalmodelle (ICON, GFS, GEM, UKMO) größtenteils
gegen IFS. Im Klartext heißt das, dass die schleifende Front am Samstag durchweg
schneller nach Norden "gerechnet" wird, während die nachfolgende Kaltfront
jeweils im Süden gebremst wird (entspricht also der gestrigen Lösung von IFS)
und zudem wetterintensiver ausfällt. Die Tatsache, dass IFS mit seiner Lösung
allein dasteht, muss aber nicht heißen, dass es nicht so kommt. Abgesehen von
den genannten Abweichungen ähneln sich die Modelle aber, so dass das grobe
Vorhersagekonzept passt.
Ein Satz noch zur Entwicklung ab Mittwoch (T+168h-...): Während GFS ähnlich wie
IFS Hochdruckeinfluss favorisiert, ist das kanadische GEM noch relativ zyklonal
aufgestellt.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Die EPS-Rauchfahnen (IFS und GFS) verschiedener deutscher Städte spiegeln den
auf Basis des Hauptlaufs beschriebenen Verlauf signifikant wider. Selbst in der
kommenden Woche hält sich die Streuung in Grenzen, was stark für den bereits
artikulierten Potenzialanstieg und niedertroposphärische Erwärmung spricht.
Interessant der Kurvenverlauf von IFS-EPS am Wochenende, wo eine knappe Mehrheit
der Ensembles die Warmfront am Samstag etwas schneller nach Norden und die
Kaltfront am Sonntag etwas langsamer nach Südosten vorankommen lässt.

Clustermäßig offeriert uns IFS-EPS für das Wochenende (T+72...96 h) vier Cluster,
die sich aber im Vorhersageraum kaum unterscheiden. Viel Cluster stehen auch von
Montag bis Mittwoch (T+120...168 h) auf der Karte. Allen gemein ist, dass sie
zunehmend antizyklonale Rahmenbedingungen schaffen, wobei bei den
Großwetterlagenmustern der Typ BM (Brücke Mitteleuropa) überwiegt, knapp vor Wa
(West antizyklonal oder "nördliche Westlage"). Ab Donnerstag (T+192...240 h)
verringert sich die Zahl der Cluster auf zwei, die beide Hochdruckeinfluss für
Mitteleuropa respektive Deutschland in petto haben.

FAZIT: Das Grundgerüst steht sowohl deterministisch als auch probabilistisch
auf solidem Sockel.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


Mit der Passage des Sturmtiefs wird am kommenden Wochenende sowie bedingt auch
noch zu Wochenbeginn das Thema "Starkwind/Sturm" auf der Agenda stehen.
Betroffen sind vor allem der Norden und das Bergland, wobei es wahrscheinlich
aber nicht so zur Sache geht wie letzten Sonntag bei EBERHARD.
Beim Niederschlag deutet die Numerik derzeit kaum bzw. überhaupt keine markanten
Ereignisse an (wenn man die Kurzfrist abzieht). Gleichwohl könnte es am Montag
im Bergland durchaus mal etwas stärker schneien, ohne hier schon irgendwelche
Zahlen bzw. Schneemengen ins Feld zu werfen.
In der Höhenkaltluft können sich besonders am Montag einzelne Graupelgewitter
entwickeln.

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Basis für Mittelfristvorhersage
Im Wesentlichen MOS-Mix mit IFS-EPS.
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Jens Hoffmann