DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

12-03-2019 08:01
SXEU31 DWAV 120800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 12.03.2019 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
Wz
Nach kurzer Wetterberuhigung im Tagesverlauf wieder Windzunahme, vor allem am
Mittwoch verbreitet Sturmböen, im Westen und Nordwesten schwere Sturmböen, auf
exponierten Gipfeln Orkanböen. Dazu einzelne Gewitter. Auch am Donnerstag wieder
stürmisch.

Synoptische Entwicklung bis Donnerstag 24 UTC
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Dienstag... bleibt uns die zyklonale Westlage weiterhin erhalten. Eingebettet in
die kräftig ausgeprägte Frontalzone, die über den Nordatlantik und Mitteleuropa
hinweg bis weit nach Osteuropa verläuft, wechseln sich in relativ rascher
Abfolge Keile und Tröger ab, die unser Land ostwärts passieren. So zieht heute
im Tagesverlauf ein recht markanter Höhenrücken rasch über Deutschland bis zum
Abend mit seiner Achse bereits ins westliche Polen. Gestützt wird er durch WLA
auf der Vorderseite eines kräftigen Höhentroges über dem Ostatlantik, der sein
Drehzentrum vom Seegebiet südlich Islands bis heute Abend Richtung Schottland
verlagert. Somit geraten wir von Westen her zunehmend auf dessen Vorderseite.
Der Rücken wird mitteltroposphärisch von recht kräftiger WLA überlaufen, die
sich aktuell bereits vor allem über den Westen und Nordwesten des Landes in Form
recht dichter mittelhoher Bewölkung bemerkbar macht.
Das mit dem Trog korrespondierende Sturmtief mit einem Kerndruck nahe 955 hPa
befindet sich aktuell nahezu achsensenkrecht unterhalb des Höhentiefs und hat
somit den Höhepunkt seiner Entwicklung erreicht. Es verlagert sich bis zum Abend
ins Seegebiet knapp nördlich der Hebriden, füllt sich aber zunächst kaum auf.
Die Warmfront überquert im Laufe des Abends den Nordwesten und Norden
Deutschlands nordostwärts, im Vorfeld setzt bereits am Vormittag leichter Regen
ein, der sich bis zum Abend über das nördliche Niedersachsen und
Schleswig-Holstein hinweg bis nach Vorpommern ausweitet. Die Mengen sind aber
nicht warnrelevant (maximal 10 mm auf Sylt). Die Kaltfront erreicht am Abend
Benelux.
Mit Annäherung des Tiefs bzw. der Fronten geht naturgemäß eine
Gradientverschärfung einher, so dass der Wind im Tagesverlauf vor allem im
Westen und Nordwesten aus Süd auffrischt. Nachmittags und abends gibt es dort
recht verbreitet steife Böen (Bft 7), im Nordseeumfeld und in Schleswig-Holstein
auch stürmische Böen (Bft 8), abends an der Nordsee erste Sturmböen (Bft 9). In
den Kamm- und Gipfellagen der westlichen und zentralen Mittelgebirge muss mit
stürmischen Böen, exponiert mit Sturmböen, auf dem Brocken abends auch mit
orkanartigen Böen gerechnet werden.
Im Süden und Osten verläuft der Tag dagegen wettertechnisch ruhig, auch auf den
Bergen macht sich die Windzunahme erst einmal kaum bemerkbar und vor allem im
Süden sowie am Erzgebirgsnordrand kann sich im Tagesverlauf auch verbreitet die
Sonne durchsetzen. Im Warmsektor gelangt von Südwesten her wieder deutlich
mildere Meeresluft ins Vorhersagegebiet, in 850 hPa steigt die Temperatur auf
Werte zwischen -4 Grad an der Oder und +5 Grad am Hochrhein. Das mündet in
Höchstwerten zwischen 6 Grad in Schleswig-Holstein und 14 Grad im südlichen
Oberrheingraben.

In der Nacht zum Mittwoch verlagert der Höhentrog sein Drehzentrum zur
nördlichen Nordsee und greift somit auch auf Mitteleuropa über. Das
korrespondierende Bodentief füllt sich ganz allmählich auf einen Kerndruck von
knapp unter 975 hPa auf und befindet sich morgens knapp südlich des
Trogzentrums. Die Kaltfront überquert das Vorhersagegebiet rasch ostwärts,
begleitet von schauerartigen Regenfällen, die aber nicht allzu ergiebig
ausfallen, da sich die Hebungsprozesse im Frontbereich (die wirksame PVA wird
von der KLA bereits teilkompensiert) in Grenzen halten. Die
Gewitterwahrscheinlichkeit ist dabei mangels Höhenkaltluft und Labilität gering,
wenngleich einzelne kurzzeitige Entladungen nicht komplett ausgeschlossen sind.
Der Kaltfront folgt zunächst niedertroposphärisch kältere Luft, die Temperatur
in 850 hPa sinkt auf etwa -4 Grad. Somit kann es oberhalb von etwa 400 bis 600 m
etwas schneien; da die Niederschläge aber postfrontal rasch nachlassen, reicht
es höchstens für eine dünne Schneedecke, meistens dürften Glättewarnungen für
die betreffenden Höhenlagen (wohl eher oberhalb von 600 m) ausreichend sein.
Warnrelevant ist aber erneut der Wind, der vor allem mit Kaltfrontpassage in
erster Linie im Westen/Nordwesten und im Alpenvorland (dort im Bereich eines Low
Level Jets mit vorübergehend mehr als 50 kn in 850 hPa) in Böen vorübergehend
stürmisch auffrischt und auf Südwest dreht. Ansonsten reicht es in den
Niederungen meist nur für steife Böen, in der Osthälfte vielerorts nicht einmal
dafür. Im Nordseeumfeld kann es Sturm-, vereinzelt auch schwere Sturmböen geben,
ähnliches gilt für die Gipfel der Mittelgebirge und der Alpen, auf dem Brocken
und den höchsten Alpengipfeln sind auch Orkanböen nicht ausgeschlossen.
Nach kurzer Windabnahme verschärft sich bereits ausgangs der Nacht mit
Annäherung des Tiefs der Gradient im Westen und Nordwesten deutlich, so dass es
dort erneut stürmische Böen aus Südwest gibt, im Nordseeumfeld auch Sturm- oder
schwere Sturmböen.
Die Nacht verläuft meist frostfrei, lediglich in höheren Mittelgebirgslagen kann
es leichten Frost geben.

Mittwoch... zieht der Trog mit seinem Drehzentrum nach Dänemark und mit Passage
der Trogachse gelangt das Vorhersagebiet in den Einflussbereich hochreichend
kalter maritimer Polarluft. Die Temperatur in 500 hPa sinkt auf -30 bis -33
Grad, während sie in 850 hPa bei etwa -2 bis -4 Grad verharrt. Die Folge ist
eine recht hochreichende Labilisierung der Luftmasse. Die Folge sind zahlreiche
Regen- und Graupelschauer vor allem im Westen und Norden des Landes, die sich
allmählich auch auf die mittleren Landesteile ausweiten, bis zum Abend halbwegs
trocken bleibt es wohl nur gebietsweise im Südosten. Die Schneefallgrenze liegt
innerhalb der gut durchmischten Luftmasse tagsüber meist oberhalb von etwa 600
bis 800 m, lediglich in kräftigeren Schauern kann es mal etwas tiefer
runterschneien. Kurze Gewitter sind natürlich ebenfalls möglich.
Im Fokus der Warntätigkeit steht aber erneut der Wind. Das Bodentief zieht bis
zum Abend nach Dänemark, so dass vor allem der Westen und Norden des
Vorhersagegebietes genau in dessen Hauptsturmfeld geraten mit bis zu 60 kn in
850 hPa um 12 UTC. Landesweit (außer vielleicht kleinräumige Regionen im
Südosten Bayerns und in der Lausitz) muss somit im Tagesverlauf mit stürmischen
Böen aus Südwest, später West gerechnet werden. Im Westen und Nordwesten sowie
in der Mitte gibt es Sturmböen, vor allem in Schauer- und Gewitternähe auch
einzelne schwere Sturmböen, im Extremfall sind orkanartige Böen nicht komplett
ausgeschlossen. Im Nordseeumfeld treten die schweren Sturmböen häufiger auf, auf
den Bergen ebenfalls, exponiert gibt es dort orkanartige Böen oder Orkanböen.
Erst am späteren Nachmittag und Abend lässt der Wind von Südwesten her
allmählich nach.
Die restliche Wettergeschichte ist schnell erzählt. Sonne gibt es am ehesten im
Südosten, aber auch zwischen den Schauern kann sie sich mal zeigen. Die
Höchstwerte liegen zwischen 6 und 11 Grad.

In der Nacht zum Donnerstag zieht der Trog ostwärts ab, rückseitig setzt wieder
kräftige WLA ein, die stabilisierend wirkt und mit ihr verlagert sich ein
flacher Höhenrücken bis Donnerstagfrüh nach Mitteleuropa. Im Bodenfeld macht
sich der Höhenrücken lediglich anhand eines vorgelagerten flachen Hochkeils
bemerkbar, der das Vorhersagegebiet rasch ostwärts überquert. Bereits in den
Frühstunden greifen von Westen her erneut Niederschläge einer Warmfront auf den
Westen/Nordwesten des Landes über.
Im Bereich der ostwärts abgedrängten Höhenkaltluft gibt es zunächst vor allem im
Osten und Süden zunächst noch schauerartige Niederschläge, anfangs vereinzelt
auch kurze Gewitter, im Bergland oberhalb von etwa 400 bis 600 m kann es etwas
schneien. In der zweiten Nachthälfte ziehen die Schauer allmählich ostwärts ab.
Mit der WLA lockern die Wolken aber kaum auf und in den Frühstunden setzt im
Westen bereits wieder leichter Regen ein,.
Der Wind nimmt weiter ab, zuletzt im Nordosten und ganz im Süden, wo es noch
längere Zeit steife Böen, an der Ostsee stürmische Böen geben kann. In den Kamm-
und Gipfellagen muss weiterhin mit stürmischen Böen, exponiert mit Sturmböen
gerechnet werden.
Frost und entsprechend Glätte gibt es wohl nur im Bergland oberhalb von etwa 600
m.

Donnerstag... greift von Nordwesten her ein Kurzwellentrog auf das
Vorhersagegebiet über. Trogvorderseitig wird die WLA durch kräftige PVA gestützt
und somit wird vor allem über dem Westen und Süden des Landes recht markante
Hebung simuliert.
Ein mit dem Trog korrespondierendes Bodentief verlagert sich rasch von der
nördlichen Nordsee bis zum Abend zur westlichen Ostsee und kann sich dabei noch
etwas vertiefen (Kerndruck unter 985 hPa). Das Frontensystem greift im
Tagesverlauf unter fortschreitendem Okklusionsprozess von Nordwesten her auf das
Vorhersagegebiet über, die Kaltfront überquert bis zum Abend den Nordwesten und
Westen des Landes. Im Frontbereich setzt verbreitet Regen leichter bis mäßiger
Intensität ein, der am Nachmittag auch die Osthälfte erfasst. Vor allem in den
Staulagen des Schwarzwaldes (ICON-EU auch im Oberallgäu, GFS im westlichen
Bergland) werden sowohl von ICON-EU als auch vom GFS mehr als 25 mm in 12
Stunden simuliert (Dauerregen). Da die Kaltfront in der Nacht zum Freitag über
dem Südwesten und Süden des Landes ins Schleifen gerät und die Niederschläge
dort somit länger anhalten, können im Schwarzwald und im Oberallgäu bis
Freitagfrüh auch unwetterartige Mengen über 50 mm in 24 Stunden fallen.
Der Wind frischt mit Annäherung und Passage des Frontensystems im Tagesverlauf
erneut von Westen her auf und es gibt verbreitet Böen Bft 7, zunächst aus
Südwest, im Westen und Süden sowie in den mittleren Landesteilen auch stürmische
Böen oder Sturmböen. Im Bergland muss verbreitet mit schweren Sturmböen, auf
exponierten Gipfeln eventuell mit orkanartigen Böen gerechnet werden. Mit
Frontpassage dreht der Wind am Nachmittag und Abend auf West bis Nordwest. Im
Osten und Nordosten bleibt es zumeist bei Böen Bft 7, dort nimmt der Wind am
Nachmittag auch wieder ab.
Postfrontal geht der Regen im Westen und Norden in Schauer über, ob es auch für
kurze Gewitter reicht, ist noch fraglich, zumal sich die Advektion höhenkalter
Luftmassen in Grenzen hält (T 500 hPa um -28 Grad, T 850 hPa postfrontal knapp
unter 0 Grad).
Innerhalb der gut durchmischten Luftmasse erreichen die Temperaturen allgemein
recht milde Höchstwerte zwischen 5 und 11 Grad, die Sonne zeigt sich dabei so
gut wie gar nicht.

In der Nacht zum Freitag zieht der Trog rasch ostwärts ab, dahinter stellt sich
eine relativ glatt konturierte nordwestliche Höhenströmung ein. Dabei kann sich
die WLA erneut verstärken. Die Kaltfront über Süddeutschland kommt nicht weiter
nach Süden voran, sondern geht über in die Warmfront eines ins Seegebiet
nordwestlich von Schottland ziehenden Sturmtiefs. Die Hebungsprozesse im
Frontbereich dauern an, so dass es im Südwesten und Süden weitere Regenfälle
gibt.
Ansonsten lassen die Niederschläge nach Abzug des Bodentiefs, das sich morgens
über der südöstlichen Ostsee befindet, von Westen her rasch nach und die Wolken
lockern auf. Der Gradient fächert zögernd auf, so dass auch der Wind nachlässt
und morgens in den Niederungen kaum mehr von Warnrelevanz ist. Auf den Bergen
kann es aber weiterhin Sturmböen geben.


Modellvergleich und -einschätzung
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Alle vorliegenden Modelle zeigen für den Kurzfristzeitraum eine ähnliche
Wetterentwicklung. GFS simuliert für den morgigen Mittwoch allerdings deutlich
schwächeren Wind, wobei die Tiefdruckentwicklung sehr ähnlich gezeigt wird und
es wohl Probleme mit der Böenperformance gibt.
Sogar die Dauerniederschläge im Südwesten am Donnerstag bzw. in der Nacht zum
Freitag werden von den Modellen mit nur geringen Differenzen simuliert.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Winninghoff