DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

09-03-2019 09:30
SXEU31 DWAV 090800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 09.03.2019 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
Insgesamt weiterhin windig bis stürmisch. Vor allem ab heute Nachmittag in
Verbindung mit Schauern und Gewittern gebietsweise schwere Sturmböen, lokal auch
orkanartige Böen.
In der Nacht zum Sonntag im Schwarzwald und im Allgäu aufkommender Dauerregen.
Am Sonntag vor allem in der Mitte und im Süden teils stürmisch, in Verbindung
mit Gewittern schwere Sturmböen. Ab der Nacht zum Montag sinkende
Schneefallgrenze. Im Bergland etwas Neuschnee.

Synoptische Entwicklung bis Montag 24 UTC
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Samstag... liegt Deutschland im Bereich einer strammen nordwestlichen
Höhenströmung. Darin eingelagert ist ein Kurzwellentrog, der sich heute früh (06
UTC) über der Deutschen Bucht befindet, heute Mittag bereits im Bereich der
Odermündung liegt und am Abend schließlich das Baltikum erreicht. Daran
gekoppelt ist ein Bodentief, das sich aktuell mit seinem Kern im Bereich der
Shetlands befindet. Es zieht im weiteren Verlauf Richtung Südnorwegische Küste,
wobei sich durch Überströmen der südskandinavischen Gebirge ein Leetief über dem
Skagerrak bildet und von dort aus bis zum Abend nach Südschweden zieht.

Eingelagert in einen Bodentrog hat das okkludierte Frontensystem des Tiefs
Deutschland bereits weitgehend ostwärts überquert. Über dem Südosten wird das
Frontensystem abgebremst, da es über Frankreich in die Warmfront eines
Wellentiefs über dem nahen Ostatlantik übergeht. Somit schmiegt sich die Front
zunächst an die Alpen, bevor es im Laufe der Nacht wieder rückläufig wird.
Warnwürdige Niederschlagsmengen sind mit der Front nicht zu erwarten. Allerdings
gelangt im Trogbereich in den Nordosten höhenkalte Meeresluft (T 500 hPa bis
minus 33 Grad, T850 hPa -3 Grad), sodass sich dort nach Abzug der Okklusion
bereits erste Regen- und Graupelschauer entwickeln, begleitet von einzelnen
Gewittern. In Verbindung mit Schauern und Gewittern können bei Höhenwinden um 50
Knoten Sturmböen oder schwere Sturmböen (Bft 9 bis 10) auftreten.

Der Wind steht heute ohnehin erneut im Fokus. An der Südflanke des Tiefs ist der
Druckgradient deutlich erhöht. Dabei muss verbreitet mit starken bis stürmischen
Böen Bft 7 bis 8, im Bergland mit Sturmböen Bft 9, sowie in exponierten
Gipfellagen mit schweren Sturmböen oder Orkanböen (Bft 11, 12) aus westlichen
Richtungen gerechnet werden. Auch an den Küsten gibt es Sturmböen.

Markanter wird die Entwicklung am Nachmittag sein, wenn von Westen ein weiterer
Bodentrog auf Deutschland übergreift, der in den Bodenvorhersagekarten mit einer
Konvergenz gekennzeichnet wurde. Er verlagert sich im Laufe des Nachmittags und
Abends über die Nordhälfte ostwärts hinweg und zieht erst im Laufe der ersten
Nachthälfte ostwärts ab. In Verbindung damit ist nochmals mit einer
Gradientverschärfung zu rechnen. Gekoppelt an den Bodentrog sind weitere Schauer
und Gewitter, die aufgrund der markanten Scherungsbedingungen in organisierten
Strukturen auftreten und zudem auch langlebiger sein können. Die Hauptgefahr
geht von den erwarteten Böen aus. Bei Höhenwinden bis zu 65 Knoten sind mit
Passage der Schauerlinien schwere Sturmböen wahrscheinlich und auch orkanartige
Böen können häufiger auftreten. Entsprechende Wahrscheinlichkeiten werden auch
beispielweise von COSMO-De EPS gezeigt. Hauptsächlich davon betroffen sein wird
ein Streifen vom Emsland und dem Niederrhein bis nach Mitteldeutschland.
Allerdings ist nicht ausgeschlossen, dass die Schauer und somit die schweren
Sturmböen noch weiter Richtung Süden ausgreifen (EZMW-Version).

Nach Abzug des Bodentroges und des nachfolgenden flach ausgeprägten Höhentroges
lässt die Schauertätigkeit nach und zumindest in der Nordhälfte bleibt es
nachfolgend weitgehend trocken. Zudem fächert der Gradient in der Mitte und im
Süden mit Annäherung eines Zwischenhochkeils deutlich auf, sodass dort in der
zweiten Nachthälfte abgesehen von einigen Hochlagen keine warnwürdigen Böen mehr
auftreten. Im Norden und Nordosten hingegen bleibt der Gradient aufrecht, wenn
dort ausgehend von dem Tief über Skandinavien ein weiterer, aber nicht mehr so
kräftig ausgeprägter Bodentrog hinweg zieht. Entsprechend muss dort weiterhin
mit starken bis stürmischen Böen, an der Küste auch mit Sturmböen gerechnet
werden. In exponierten Lagen an der Ostsee sind schwere Sturmböen aus westlichen
Richtungen möglich.
Zunehmend in den Fokus tritt in der Nacht der Süden Deutschlands. Denn die o.e.
Welle kommt weiter ostwärts voran und erreicht in den Frühstunden bereits die
Straße von Dover. Dadurch wird die Luftmassengrenze über dem Süden, die sich
tagsüber Richtung Alpen zurückgezogen hat, über Deutschland als Warmfront
rückläufig. Gestützt durch kräftige WLA beginnen sich die Niederschläge im Laufe
der Nacht zu verstärken und weiten sich auf den Süden und Westen Deutschlands
aus. Dabei kann es vor allem im Stau des Schwarzwaldes und des Allgäus kräftiger
regnen, wobei sich für diese Bereiche eine Dauerregenlage ankündigt. Denn mit
Passage der Welle halten dort die Niederschläge voraussichtlich bis in die Nacht
zum Montag, an den Alpen staubedingt sogar bis in den Montag hinein an. Dabei
steigt die Schneefallgrenze im Warmsektor zunächst deutlich an auf etwa 1800 m,
bevor sie - so viel sein an dieser Stelle schon mal verraten - in der Nacht zum
Montag nach Kaltfrontpassage bis in die Niederungen absinkt. Dies ist insofern
von Bedeutung, als die Niederschläge dann wieder in Schnee übergehen und somit
zu den Regenmengen für die Dauerregenwarnung nicht hinzugezogen werden.
Gleichzeitig bedeutet die ansteigende Schneefallgrenze, dass bis in höhere Lagen
Tauwetter einsetzt. Akkumuliert man also die Niederschlagssummen der flüssigen
Phase, so fallen auf Basis des ICON von Samstag 18 UTC bis Montag 00 UTC im
Schwarzwald und im Allgäu 40 bis 50 l/qm, in Staulagen um 70 l/qm, lokal sogar
insbesondere im Allgäu bis 100 l/qm.
Auch der Wind nimmt mit Annäherung der Welle im Süden zu, wobei ausgangs der
Nacht zunächst vor allem die Hochlagen des Schwarzwaldes sowie Alpengipfel
betroffen sind mit Sturmböen, teils auch Orkanböen.

Sonntag... verbleiben wir in der strammen nordwestlichen Höhenströmung. Der
Wellenscheitel zieht auf Basis von ICON etwa von RLP über den Norden Bayerns
hinweg ostwärts und erreicht am Abend bereits die Slowakei und Ungarn. Eine sehr
ähnliche Zugbahn zeigte der gestrige 12 UTC Lauf des EZMW, während der heutige
00 UTC Lauf die Welle weiter nördlich über die nördliche Mitte und deutlich
intensiver hinwegziehen lässt (ähnlich zu GFS). Letztendlich hat die
unterschiedliche Zugbahn nicht nur Auswirkungen auf die Wind- sondern auch auf
die Niederschlagsentwicklung, insbesondere bezüglich des Dauerregens. Insofern
bleibt diesbezüglich abzuwarten, wie die nächsten Läufe des ICON die Welle
vorhersagen. Fest steht aber, dass auch auf Basis der schwächeren ICON-Version
an der Südflanke der Welle verbreitet stürmische Böen, teilweise auch Sturmböen
auftreten. In Höhenlagen treten schwere Sturmböen oder Orkanböen auf. Relativ
einig sind sich die Modelle, dass mit Ostverlagerung der Welle auch die
Kaltfront übergreift und am Abend bzw. in der Nacht zum Montag die Alpen
erreicht. Mit Passage der Welle kommt es über der Mitte und im Süden zu weiteren
länger anhaltenden und mitunter kräftigen Niederschlägen. Dabei können sich im
Warmsektor sowie mit Passage der Kaltfront bei ausreichender Labilität und
CAPE-Werten bis etwa 150 J/kg auch Gewitter entwickeln. Bei weiterhin kräftigen
Höhenwinden um 50 Knoten können diese auch durchaus wieder mit schweren
Sturmböen verbunden sein.

Postfrontal fließt deutlich kältere Luft ein mit Temperaturen bis minus 6 Grad
in 850 hPa, wobei die Kaltluft in der Nacht zum Montag auch die Alpen erreicht.
Mit dem Kaltluftvorstoß weitet sich ein nachfolgender Höhentrog über Deutschland
südostwärts aus, sodass weite Teile des Landes von Höhenkaltluft bis minus 39
Grad in 500 hPa geflutet werden. Somit ist auch nach Frontpassage in der Nacht
mit Schauern zu rechnen. Dabei sinkt die Schneefallgrenze etwa bis auf 200 m, im
Süden auf etwa 700 bis 500 m ab. Oberhalb davon ist mit Neuschneemengen von 2
bis 5 cm, an den Alpen teils bis 20 cm in 12 Stunden zu rechnen. Allerdings kann
es bei stärkeren Schauern vorübergehend auch in tiefen Lagen eine dünne
Neuschneedecke geben. Generell muss im Bergland bei leichtem Frost mit Glätte
durch Überfrieren oder durch Neuschnee gerechnet werden. Sonst liegen die
Tiefstwerte zwischen 3 und 1 Grad.

Nach Passage der Welle fächert der Gradient zunächst deutlich auf, bevor sich in
den Frühstunden bereits das nächste Tiefdruckgebiet von der Nordsee nähert und
eine erneute Gradientzunahme hervorruft. Somit ist bereits ausgangs der Nacht
wieder recht verbreitet mit Windböen, in höheren Lagen sowie an der Nordsee mit
Sturmböen zu rechnen.

Montag... gelangt ganz Deutschland in den Einflussbereich des Höhentroges. Dabei
schwenkt ein Kurzwellentrog von Nordwest nach Südost über Deutschland hinweg.
Damit verbunden ist auch im Bodendruckfeld ein kleinräumiges Tief mit einem
markanten Bodentrog. Dieser greift bereits in den Frühstunden von Nordwesten auf
Deutschland über und verlagert sich dann über Niedersachsen und Sachsen hinweg
südostwärts. Damit verbunden ist erneut eine deutliche Gradientverschärfung vor
allem im Nordwesten, in der Mitte und im Süden. Dieses Bodentief wird auch von
EZMW und GFS auf sehr ähnlicher Zugbahn gezeigt, allerdings mit geringem
zeitlichem Versatz. In jedem Fall steht uns in den genannten Gebieten erneut ein
stürmischer Tag bevor mit Böen Bft 8 bis 9 aus West bis Nordwest. Dabei treten
im Trogbereich vermehrt Schauer und Gewitter auf. Die Höhenwinde erreichen
erneut bis zu 50 Knoten, sodass schwere Sturmböen erneut als Begleiterscheinung
wahrscheinlich sind.

Die Schneefallgrenze liegt tagsüber etwa bei 700 bis 400 m. Das heißt, im
Bergland fällt Schnee, meist in der Größenordnung von 2 bis 10 cm in 12 Stunden.
An den Alpen staubedingt lokal auch bis 20 cm.

Nach Abzug des Bodentiefs gelangen wir von Westen zunehmend unter
Hochdruckeinfluss. Dabei verlagert sich der Hochschwerpunkt in der Nacht zum
Dienstag von Frankreich über den Süden Deutschlands und den Alpenraum hinweg
ostwärts. Mit steigendem Luftdruck und Abzug des Höhentroges lassen die
Niederschläge im Laufe der Nacht deutlich nach. Am längsten regnet bzw. schneit
es noch Richtung Erzgebirge und Alpen. Dort sind nochmal bis 5 cm, lokal an den
Alpen um 10 cm Neuschnee in 12 Stunden zu erwarten. Zudem fächert der Gradient
deutlich auf, sodass der Wind deutlich nachlässt und nur noch in höheren Lagen
Sturmstärke erreicht. Mit Ausnahme des Nordwestens gibt es verbreitet leichten
Frost, sodass streckenweise Glättegefahr besteht.

Modellvergleich und -einschätzung
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Modellunterschiede ergeben sich insbesondere in Verbindung mit der Welle am
Sonntag. Diese wurden im Text bereits angesprochen. Sollte ICON in den nächsten
Läufen doch auf die nördlichere Zugbahn umschwenken, würden wahrscheinlich die
Niederschlagsmengen im Schwarzwald und im Allgäu nicht so hoch ausfallen. Dafür
wären größere Teile von einer Windzunahme betroffen.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Johanna Anger