DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

07-03-2019 08:01
SXEU31 DWAV 070800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 07.03.2019 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
SWz, Übergang zu Wz
Vor allem im Norden und in der Mitte immer wieder stürmische Böen oder
Sturmböen, auf den Berggipfeln schwere Sturm- bis Orkanböen. Dabei immer wieder
Niederschläge, nur im höheren Bergland vorübergehend auch als Schnee.

Synoptische Entwicklung bis Samstag 24 UTC
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Donnerstag... befindet sich Deutschland an der Südwestflanke eines Höhentroges
über den Britischen Inseln, der sein Drehzentrum bis zum Abend zur Nordsee
verlagert. Dabei überquert, eingebettet in die südwestliche Höhenströmung, bis
zum Nachmittag ein recht markanter Kurzwellentrog in erster Linie den Westen und
Norden des Landes nordostwärts. Zwar kommt auf dessen Vorderseite recht markante
PVA in Gang, die dadurch generierte Hebung wird aber durch die den Trog
überlaufende Kaltluftadvektion teilkompensiert. Die Kaltfront eines mit dem Trog
korrespondierenden, von Schottland bis zum Abend nach Südnorwegen ziehenden
Bodentiefs kann somit zwar recht rasch das gesamte Vorhersagegebiet ostwärts
überqueren, fällt niederschlagstechnisch aber nicht sonderlich wetteraktiv aus.
Lediglich an den Alpen und im Südosten Bayerns kann es - nachdem am Vormittag
bzw. Mittag der Föhn zusammengebrochen ist - auch mal länger regnen (bis 5 mm in
sechs Stunden).
Im Fokus der Warntätigkeit steht somit zunächst einmal eindeutig der Wind.
Postfrontal folgt nämlich ein Schwall subpolarer Meeresluft, die zunächst
zumindest in der unteren Troposphäre, später auch höherreichend labil
geschichtet ist. Somit treten die stärksten Böen aktuell und im Tagesverlauf
nach Nordosten voranschreitend mit Kaltfrontpassage auf, wobei es recht
verbreitet - mal abgesehen vom Südosten und eventuell auch äußersten Osten -
stürmische Böen, in freien Lagen vor allem im Westen und Norden auch Sturmböen
aus Südwest geben kann. Auf den Bergen fällt der Wind naturgemäß stärker aus mit
schweren Sturm- bis hin zu orkanartigen Böen auf exponierten Gipfeln. An den
Alpen bricht mit Passage der Kaltfront der Föhn zusammen und vor allem in den
Föhntälern lässt der Wind nach.
Nach Durchschwenken der Kaltfront bzw. des kurzwelligen Randtroges fächert der
Gradient vorübergehend etwas auf und es setzt vorübergehend eine leichte
Windabnahme ein. Allerdings sickert mit Annäherung des zentralsteuernden
Höhentroges mehr und mehr Höhenkaltluft in den Norden und Westen, später auch in
die Mitte des Vorhersagegebietes. Die Temperatur in 500 hPa sinkt bis zum Abend
auf -27 bis -32 Grad, in 850 hPa auf +2 bis -2 Grad. Die Folge sind Schauer und
eventuell auch mal ein kurzes Graupelgewitter, innerhalb derer der kräftige
Höhenwind (im Nordwesten teilweise über 50 kn in 850 hPa) auch heruntergemischt
werden kann, womit in kräftigeren Entwicklungen punktuell Böen Bft 9 bis 10
nicht ausgeschlossen werden können. Vor allem C-D2 simuliert im
Westen/Nordwesten sogar eine recht rege Gewittertätigkeit, während die anderen
Modelle diesbezüglich eher schwächer aufgestellt sind.
Im Osten und Süden kommen die Schauer (und eventuellen Gewitter) kaum mehr an,
dort bleibt es nach Abzug der Kaltfront (Ausnahme Alpen und Südostbayern) oft
trocken und auch der Wind schwächt sich ab. Gebietsweise kommt dort auch mal die
Sonne durch. In der gut durchmischten Meeresluftmasse bleibt es mit Höchstwerten
zwischen 9 und 14 Grad (in der Lausitz im Vorfeld der Front nochmal bis 17 oder
gar 18 Grad) recht mild.

In der Nacht zum Freitag ziehen Höhentrog und auch das korrespondierende
Bodentief weiter nach Mittelschweden. Die Trogachse greift dabei auf das
Vorhersagegebiet über, der Bodentrog sorgt dabei für eine erneute deutliche
Gradientverschärfung vor allem im Norden und in der Mitte des Landes. Dort legt
der Wind ab den Abendstunden wieder zu und es gibt verbreitet stürmische Böen,
nach Norden zu - vor allem an den Küsten - auch Sturmböen aus Südwest, später
West. Auf den Bergen gibt es weiterhin schwere Sturmböen, auf dem Brocken auch
Orkanböen. Nach Süden zu fällt die Windzunahme deutlich schwächer aus, in der
Südhälfte beschränken sich warnrelevante Böen auf die Berggipfel.
Die Schauer und kurzen Gewitter klingen im Laufe der Nacht nur vorübergehend ab.
Vor allem über Nordwest- und Norddeutschland wird unmittelbar vorderseitig der
Trogachse aufgrund von PVA noch einmal etwas markantere Hebung simuliert, so
dass dort erneut schauerartige Regenfälle - kurze Gewitter nicht ausgeschlossen
(erneut hat C-D2 diesbezüglich die Nase vorn) - einsetzen und morgens den
zentralen Mittelgebirgsraum erfassen. Im Süden und Osten bleibt es dagegen
vielerorts trocken, lediglich an den Alpen und im Schwarzwald gibt es noch
leichte Niederschläge. Die Schneefallgrenze liegt dort bei etwa 800 bis 1000 m,
morgens kann es auch in den allerhöchsten Lagen der westlichen und zentralen
Mittelgebirge (wohl aber erst ab etwa 700 m) eventuell etwas Nassschnee geben.
Im Osten und Süden lockern die Wolken zeitweise auf, vor allem in den östlichen
und ostbayerischen Mittelgebirgen kann es örtlich leichten Frost geben.

Freitag... verlagert sich der Höhentrog allmählich weiter ostwärts und kräftige
WLA vorderseitig eines umfangreichen Langwellentroges südlich von Grönland sorgt
über Westeuropa für Potenzialgewinn. Der daraus resultierende, allerdings nur
sehr flache Höhenrücken erreicht abends die Nordsee.
Mit dem abziehenden Höhentrog gibt es vor allem vormittags noch weitere Schauer,
die sich nachmittags nach Süddeutschland verlagern, sich dabei aber allmählich
abschwächen. Gewitter werden von den Modellen so gut wie keine mehr simuliert,
können dennoch (bei -30 Grad in 500 hPa) nicht ausgeschlossen werden. Rückseitig
des Bodentroges kann etwas kühlere Meeresluft polaren Ursprungs vor allem in den
Norden und die Mitte des Landes sickern (T 850 hPa um -1 Grad an den Alpen, um
-3 Grad in der Mitte und bis -6 Grad ganz im Norden), so dass die Schauer in den
Kammlagen der Mittelgebirge auch mit Schnee versmischt sein können bzw. ab etwa
600 bis 900 m als Schnee fallen. Für eine geschlossene Schneedecke dürfte das
aber kaum reichen. In der Nordhälfte bleibt es am Nachmittag dann schon
überwiegend trocken.
Das Bodentief zieht nur langsam Richtung Finnland ab, so dass der Druckgradient
vor allem im Norden und Osten noch bis zum Abend scharf ausgeprägt bleibt.
Entsprechend muss dort nach wie vor mit Böen Bft 8 bis 9, Richtung Ostsee bzw.
in kräftigeren Schauern eventuell auch mal Bft 10 aus West bis Nordwest
gerechnet werden. Auch im anfangs noch windschwachen Süddeutschland frischt der
Wind am Vormittag vorübergehend mit Böen Bft 7, exponiert 8 auf. Auf den Bergen
gibt es nach wie vor Sturm- und schwere Sturmböen, auf dem Brocken Orkanböen.
Nachmittags und abends lässt der Wind aber im Süden und Westen allmählich wieder
nach.
Die Höchsttemperaturen erreichen bei wechselnden Bewölkungsverhältnissen mit 8
bis 14 Grad ähnliche Werte wie am Vortag.

In der Nacht zum Samstag bleibt die Frontalzone über dem Nordatlantik an der
Südflanke den Höhentroges südlich von Grönland zonal orientiert und kräftig
ausgeprägt, wodurch der von der Nordsee über das Vorhersagegebiet rasch ostwärts
hinwegschwenkende Höhenrücken immer mehr abgehobelt wird. Somit ist die
Höhenströmung über Deutschland vor allem ab der zweiten Nachthälfte wieder
leicht zyklonal konturiert und von Westen her greift ein flacher Kurzwellentrog
auf den Nordwesten über.
Im Bodenfeld überquert ein Frontensystem unter fortschreitendem
Okklusionsprozess rasch die Britischen Inseln und die Nordsee ostwärts und
überquert zumindest nach Lesart des ICON-EU (und ähnlich auch nach IFS) bereits
ausgangs der Nacht den Nordwesten Deutschlands. Zunächst ist vor allem WLA
aktiv, so dass bereits im Vorfeld skalige Regenfälle auf weite Teile des
Vorhersagegebietes übergreifen, lediglich in der Lausitz sowie in weiten Teilen
Süddeutschlands bleibt es bis zum Morgen wohl noch trocken. Rückseitig der
Okklusion nehmen die Niederschläge im Einflussbereich zunehmend höhenkalter
Luftmassen (bis nahe -30 Grad im Norden in 500 hPa) im Nordwesten des Landes
eher schauerartigen Charakter an. Die Mengen sind insgesamt nicht warnrelevant
(meist weniger als 5 mm in 12 Stunden, nur im Nordwesten etwas mehr) und auch
die Phase spielt keine Rolle, zumal vor allem vorderseitig der Okklusion
niedertroposphärisch wieder etwas mildere Luft eingesteuert wird (um oder gar
über 0 in 850 hPa). Nach GFS erreicht die Okklusion erst in den Frühstunden die
Nordsee, was aber auf die Niederschlagsprognosen im Vorhersagegebiet keinen
relevanten Einfluss hat.
Von Warnrelevanz bleibt hingegen der Wind und da zeigen sich auch noch gewisse
Modelldifferenzen. Am markantesten hat ICON-EU das Druckfeld im Bereich der
Okklusion auf der Karte und simuliert im Laufe der zweiten Nachthälfte eine
deutliche Windzunahme im Westen, Nordwesten sowie in der Mitte des Landes.
Verbreitet werden dort in den Frühstunden Böen Bft 7 bis 8 aus Südwest bis West
simuliert, in exponierten Lagen auch Bft 9, im Nordseeumfeld sowie auf den
Berggipfeln (außer im Osten und Süden) gar Bft 10. IFS und GFS simulieren
generell etwa 2 Bft weniger.
Im Süden und Osten spielt der Wind noch keine große Rolle, dafür kann es dort in
ungünstigen Lagen bei aufgelockerter Bewölkung stellenweise leichten Frost
geben.

Samstag... zieht der Kurzwellentrog rasch über den Norden Deutschlands hinweg
ostwärts, an dessen Südflanke bleibt die kräftige westnordwestliche
Höhenströmung recht glatt konturiert.
Im Bodenfeld zieht die Okklusion bereits bis mittags (nach GFS bis zum späten
Nachmittag) ostwärts ab, ihr folgt im Trogbereich vor allem über der Nordhälfte
des Landes ein Schwall höhenkalter Meeresluft (-30 bis -34 Grad in 500 hPa-3 bis
-5 Grad in 850 hPa) innerhalb derer sich erneut Regen- und Graupelschauer,
eventuell auch mal ein kurzes Gewitter entwickeln kann.
Nach Süden zu gibt es mit Passage der Okklusion leichte Regenfälle, die
zumindest nach Lesart des ICON mittags und am frühen Nachmittag vorübergehend
wieder nachlassen. Ein in die kräftige westnordwestliche Höhenströmung
eingebettetes Frontensystem greift abends auf Frankreich über, das vorgelagerte
Regengebiet erreicht aber bereits am Nachmittag den Südwesten des Landes, so
dass die Regenpause dort nur kurz ausfällt.
Von Warnrelevanz bleibt weiterhin der Wind, ICON-EU zeigt an der Südflanke des
zur südlichen Ostsee abziehenden Bodentiefs vorübergehend sogar eine
ausgewachsene Sturmlage mit verbreiteten stürmischen Böen und Sturmböen, im
Nordosten und auf den Bergen sogar mit schweren Sturmböen, exponiert Orkanböen.
Erst am Nachmittag fächert der Gradient vor allem im Südwesten mit Annäherung
des Frontensystems vorübergehend etwas auf und der Wind lässt dort nach. IFS und
GFS simulieren die Windentwicklung insgesamt etwas schwächer, markante Böen
treten aber auch nach Lesart dieser beiden Modelle recht verbreitet auf.
Insgesamt überwiegen die Wolken, lediglich im Nordwesten lockert die Wolkendecke
postfrontal auf. An den Höchsttemperaturen ändert sich gegenüber den Vortagen
nur wenig.

In der Nacht zum Sonntag zieht ein weiterer Kurzwellentrog rasch von Schottland
ins nördliche Mitteleuropa. Nach kurzer Wetterberuhigung können somit erneut
Schauer und auch kurze Gewitter auf die Nordhälfte übergreifen. Die Südhälfte
wird von dem weiter oben genannten Frontensystem ostwärts überquert, wobei die
Kaltfront mangels Schubkomponente kaum nach Süden vorankommt und verwellt. Im
Bereich der schleifenden Front wird recht markante Hebung simuliert und
entsprechend vom Schwarzwald bis zum Alpenvorland auch länger anhaltende
Niederschläge, die in den Staulagen die Warnschwellen für Dauerregen
überschreiten könnten.
In den mittleren Landesteilen setzt dagegen eine leichte Wetterberuhigung ein,
vor allem dort und im Süden schwächt sich der Wind auch ab und ist in den
Niederungen meist nicht mehr warnrelevant. Im Norden bleibt es dagegen vor allem
an den Küsten stürmisch mit Sturm- und schweren Sturmböen aus West, im
angrenzenden Binnenland gibt es noch Böen Bft 7 bis 8.
In den mittleren Landesteilen lockern die Wolken auf, stellenweise kann es dort
in ungünstigen Lagen leichten Frost oder Bodenfrost geben.



Modellvergleich und -einschätzung
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Bis Freitag simulieren alle Modelle eine sehr ähnliche Wetterentwicklung ohne
großartige prognose- und warnrelevante Unterschiede. Am Samstag gibt es
Differenzen bzgl. der Lage und Zuggeschwindigkeit der Okklusion, was auch
Einfluss auf die Windentwicklung über dem Vorhersagegebiet hat. ICON-EU hat
dabei die stärksten Böen im Programm.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Winninghoff