DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

06-03-2019 09:30
SXEU31 DWAV 060800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 06.03.2019 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL: SWz

Tagsüber aufkommender Südföhn mit einem Maximum in der Nacht zum Donnerstag.
Donnerstag tagsüber von Westen Föhnzusammenbruch. Mit Kaltfrontpassage im Westen
und Nordwesten ausgangs der Nacht zum Donnerstag und am Donnerstagvormittag
Sturmböen aus Südwest, vereinzelt auch schwere Sturmböen. Sonst im Tagesverlauf
abgesehen vom Osten stürmischer Südwestwind mit einzelnen Sturmböen. In der
Nacht zum Freitag im gesamten Norden Sturm mit der Gefahr von schweren
Sturmböen! Berglagen durchweg Sturm, exponiert auch orkanartig. Alpenrand
oberhalb von 1000 m in der Nacht zum Freitag etwas Neuschnee.

Synoptische Entwicklung bis Freitag 24 UTC
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Mittwoch... steht ganz im Zeichen eines sich über Mitteleuropa nordwärts
aufwölbenden Höhenkeils. Dieser wird gestützt durch einen meridional
ausgerichteten Höhentrog vor den Toren Westeuropas, der sich in Folge einer
weiteren kräftigen Keilaufwölbung stromauf stetig südwärts ausdehnt und somit an
Amplitude gewinnt. Gestützt durch kräftige differentielle Warmluftadvektion und
einen mäßigen diabatischen Input durch flächig auftretende Höhendivergenz nimmt
die Schichtdicke heute bis zur Mittagszeit stetig zu und in der Folge von Westen
mit Durchschwenken der Höhenkeilachse wieder ab. Ein den Keil begleitendes
mobiles Bodenhoch verlässt Bayern bereits im Vormittagsverlauf nach Osten,
sodass sich deutschlandweit eine zyklonal geprägte südwestliche Strömung
ausbildet. Auch in der Höhe geht der Wind zunehmend auf südwestliche Richtung
zurück. Eingebettet in diese Strömung wird eine Warmfront über Norddeutschland
nordostwärts in Richtung Ostsee geführt. Mit Blick auf den Frontogeneseparameter
ist der aktivste Part der Front auch nur über dem Norden zu finden und verliert
nach Süden zu rasch an Kontur, was einerseits dem kräftigen Absinken unter der
Keilachse, andererseits dem nördlich der Alpen einsetzenden Föhn geschuldet sein
dürfte. Erwähnenswert bleibt sie dennoch, denn sie bringt dem Norden heute
tagsüber dichte Wolken und besonders zwischen Emsland und Schleswig-Holstein
zeitweise leichte Regenfälle, die sich zum Abend auch auf das Ostseeumfeld
ausweiten. Dabei werden die Niederschläge postfrontal der Warmfront durch
hochreichende Warmluftadvektion weiterhin gestützt. Dank fallendem Geopotential
über Westdeutschland, sich verstärkender hochreichender Warmluftadvektion und in
die Südwestströmung eingebettete kurzwellige Anteile verdichten sich zudem vom
Saarland nordwärts die Wolken und im Nachmittagsverlauf setzt auch hier
zeitweise leichter Regen ein.
Anders sieht es hingegen im Süden und Osten der Republik aus, denn hier sorgt
synoptisch-skaliges Absinken sowie eine von den Alpen nordwärts abgewehte,
adiabatisch erwärmte/abgetrocknete und abgehobene Föhnluft für ganztags trockene
Verhältnisse. Zwar werden advektionsbedingt wiederholt ausgedehnte hohe
Wolkenfelder von Südwest nach Nordost über Deutschland geführt, dazwischen zeigt
sich die Sonne jedoch auch wiederholt für längere Zeit. Der über Deutschland
aufgespannte Warmsektor wird beim Blick auf die 850 hPa Temperaturwerte
erkennbar mit Werten von 2 bis 4 Grad im Norden und 7 bis 9 Grad im Süden. Mit
der erwarteten Einstrahlung erreichen die Maximalwerte im Südwesten milde 15 bis
18 Grad, entlang des Oberrheins örtlich auch um 19 Grad und gehen in Richtung
Bayern auf 12 bis 15 Grad zurück. Nach Norden und Osten zu liegen die
Höchstwerte entweder dank einer noch kühleren niedertroposphärischen Luftmasse
oder dichten Wolken und Niederschlag mit 9 bis 13 Grad etwas niedriger. Bleibt
noch ein Blick auf den Wind zu werfen, denn dank der sich nordwärts
ausbreitenden warmen Föhnluft verschärft sich über dem Westen
niedertroposphärisch die vertikale Windscherung, wobei in 850 hPa zum Abend
Windgeschwindigkeiten jenseits der 50 Knoten erwartet werden. Zwar verhindert
deutschlandweit eine stabile Schichtung das Herabmischen dieses strammen
Südwestwindes, doch besonders im Lee der westlichen zentralen Mittelgebirge
können im Tagesverlauf wiederholt Windböen, exponiert vielleicht auch einzelne
stürmische Böen nicht ausgeschlossen werden. Hier sollte aber die eher
geminderte diabatische Komponente stärkeres Herabmischen verhindern. Klar, der
Brocken sticht mit schweren Sturmböen hervor, doch zum Abend gesellen sich auch
die Alpengipfel mit einsetzendem Südföhn und Sturmböen Bft 8 bis 9 hinzu,
exponiert in prädestinierten Kamm- und Gipfellagen auch mit ersten schweren
Sturmböen Bft 10. Auch über der Deutschen Bucht nimmt mit zunehmendem
Bodendruckgradient der Südwind im Tagesverlauf rasch zu, dank ablandiger
Komponente sollten sich warnwürdige Böen jedoch auf die Inseln beschränken.

In der Nacht zum Donnerstag dreht der Wind in 700 hPa mit Annäherung des Troges
über Westeuropa weiter zurück auf eine südliche Komponente. Verschärft wird dies
noch durch einen kräftigen kurzwelligen Anteil, der um den Haupttrog über
Frankreich nach Nordosten geführt wird und für eine markante Südföhnsituation
sorgt. Der "crossalpine" Druckgradient erreicht vorübergehend etwas mehr als 10
hPa und beim Blick auf die Potentialtemperaturwerte deutet sich besonders im
Alpenvorland wenigstens zeitweise ein Föhndurchbruch aus mittleren Höhenlagen
(1000 bis 1500 m) bis in tiefe Lagen an. Dabei erstrecken sich die Föhnsignale
temporär bis weit nach Oberschwaben raus. Auffallend ist, dass die statistische
Guidance (z.B.MOSMIX) auf den Alpengipfeln sehr aggressiv aufgestellt ist mit
extremen Orkanböen bis 150 km/h, während die deterministischen Läufe etwas
zurückhaltender dastehen. Mit Annäherung des Radtroges sind jedoch im Verlauf
der zweiten Nachthälfte kaum Argumente gegen verbreitet auftretende Orkanböen
auf exponierten Alpengipfeln zu finden, wobei bis in prädestinierte Föhntäler
Sturmböen und selbst in Oberschwaben zeitweise Windböen auftreten können.
Abgesehen vom Föhn gestaltet sich in weiten Bereichen Deutschlands die Nacht
vergleichsweise ruhig. Mit dem sich verschärfenden Föhn nimmt auch der
niedertrop. Temperaturgradient weiter zu mit 850 hPa-Werten um 10 Grad im Süden
und um 3 Grad im Nordwesten und im Einklang (inkl. Trogannäherung) bleibt auch
das Windfeld in der unteren und mittleren Troposphäre über dem Westen und Norden
sehr kräftig. Der föhnbedingt vom Alpenhauptkamm abgewehten Inversion sei Dank,
dass diese Winde nicht herabgemischt werden, sodass bis in die zweite
Nachthälfte hinein der Südwind schwach bis mäßig und im Lee der zentralen
Mittelgebirge zeitweise böig weht. Einzig im Harzumfeld kann der Wind mit
Sturmstärke zeitweise bis in tiefe Lagen durchbrechen und auf dem Brocken werden
weiterhin orkanartige Böen erwartet. Allerdings gewinnt im Verlauf der zweiten
Nachthälfte der Südwestwind zwischen Eifel und Südpfalz mit Annäherung der
Kaltfront spürbar an Kraft und verbreitet treten Windböen, zeitweise auch
stürmische Böen auf. Dies betrifft auch den Oberrheingraben.
Bewölkungs- und niederschlagstechnisch ändert sich wenig, mit dichten
Wolkenfeldern im Westen und Norden, wobei zeitweise Regen erwartet wird.
Derweilen lockert die Wolkendecke im Süden und Osten zeitweise auf und es bleibt
abgesehen von einem geringen Schauerrisiko im Osten trocken. Die Tiefstwerte
liegen unter der schützenden Wolkendecke im Norden zwischen 10 und 6 Grad und
gehen im Süden auf 5 bis 2 Grad zurück. Ausnahmen bleiben die Föhnstriche, wo
lokal auch zweistellige Tiefstwerte nicht komplett ausgeschlossen sind.

Donnerstag... schwenkt der markante Kurzwellentrog über Benelux und
Nordwestdeutschland nach Norden und lässt eine Kaltfront zügig von West nach Ost
über Deutschland ziehen. Niederschlag wird dabei eine untergeordnete Rolle
spielen, denn frontogenetisch betrachtet ist sie nur mäßig gut ausgeprägt.
Zeitweise muss daher deutschlandweit von Westen mit etwas Niederschlag gerechnet
werden, der am Alpenrand nach Föhnzusammenbruch auch längere Zeit andauert und
im Westen und Nordwesten mit eingesickerter Höhenkaltluft Schauercharakter
annimmt. Ein kurzes Gewitter kann dabei im äußersten Westen nicht ausgeschlossen
werden.
Der Hauptfokus liegt aber ganz klar beim Wind, denn mit Kaltfrontpassage wird
der weiterhin sehr kräftig wehende Höhenwind effektiv bis ins Tiefland
herabgemischt. Besonders davon betroffen ist der Westen und Nordwesten bis zur
Mittagszeit, weil dort die Kaltfront durch die progressive Kurzwelle zügig nach
Nordost geführt wird und ein gut ausgeprägter isallobarischer Gradient vorhanden
ist. Dabei dürfte die Kaltfront von Sturmböen Bft 9 begleitet werden und auch
die von COSMO-D2 EPS gezeigten geringen Wahrscheinlichkeiten für einzelne Bft
10-Böen bis in tiefe Lagen können nicht komplett von der Hand gewiesen werden.
Auch sonst weht abgesehen vom Osten und Südosten mit Kaltfrontpassage und
postfrontal verbreitet ein stark böiger Südwestwind mit wiederholten stürmischen
Böen, zeitweise auch Sturmböen. Über Süddeutschland deutet sich eine Druckwelle
mit teils stürmischen Böen im Vormittagsverlauf sowie ein zweites und
kräftigeres Windmaximum im Nachmittagsverlauf mit der eigentlichen
Kaltfrontpassage an. Einzig ganz im Osten und Südosten Deutschlands weht der
Südwestwind nur mäßig, zeitweise auch frisch. Im Bergland treten verbreitet
Sturmböen, exponiert auch schwere Sturmböen oder orkanartige Böen auf. Die
Höchstwerte liegen dabei im Osten nochmal bei rund 15 Grad und gehen postfrontal
auf 10 bis 13 Grad zurück.

In der Nacht zum Freitag verlässt die Kurzwelle unter deutlichem
Amplitudenverlust Deutschland nach Nordosten und macht Platz für das zentrale
und steuernde Tiefdruckgebiet, das als kräftiges Sturmtief im Verlauf der Nacht
die südliche Nordsee in Richtung Dänemark durchquert. Der Südquadrant des Tiefs
ist gekennzeichnet durch einen strammen niedertrop. Druckgradienten südlich der
herumgeholten Okklusion, der bis Mitternacht besonders den Westen und Nordwesten
und im Verlauf der zweiten Nachthälfte auch zunehmend den Osten beeinflusst.
Dabei erreicht der Wind niedertroposphärisch 55 bis 65 Knoten und mit einer
modellierten Durchmischung bis 900 hPa (z.B. ICON 6) können diese
Windgeschwindigkeiten teils herabgemischt werden. Wenig verwunderlich werden
daher von COSMO-LEPS im Norden verbreitet Bft 9 Böen gezeigt und mit 20 bis 30 %
gar Bft 10-Böen angedeutet, wobei sich der Schwerpunkt nach Mitternacht in den
Nordosten verlagert. Sicherlich eine veritable Sturmlage!
Im Süden weht der West- bis Südwestwind dank eines zarten Zwischenhochkeils nur
schwach bis mäßig mit Sturmböen im Hochschwarzwald. Besonders zum Beginn der
Nacht lockert die Wolkendecke im Süden und Oster noch stärker auf, bevor sie
sich jedoch von Westen und Nordwesten wieder verdichtet. Dann greifen auf den
Westen und Nordwesten schauerartig verstärkte Niederschläge über und auch am
Alpenrand dauern die Niederschläge vom Tage noch weiter an. Dabei pendelt die
Schneefallgrenze dort zwischen 1000 und 1200 m. Darüber muss mit 12-std.
Neuschneemengen von 10 bis 15 cm gerechnet werden. Die Tiefstwerte liegen im
durchmischten Norden bei 6 oder 5 Grad und gehen im Süden auf 4 bis 1 Grad, im
Bergland bis 0 Grad zurück. Dabei tritt im Bergland gebietsweise Glätte auf.


Freitag... zieht das kräftige Tiefdruckgebiet weiter nach Nordosten in Richtung
Schweden ab und von Südwesten dehnt sich ein schwacher Zwischenhochkeil nach
Deutschland aus. Das bedeutet, dass besonders der Norden und Osten bis weit in
den Tag mit einem stark böig auffrischenden, zeitweise auch stürmischen West-
bis Nordwestwind zu kämpfen haben. Der Schwerpunkt liegt neben den Berglagen vor
allem im Ostseeumfeld, wo weiterhin solide Wahrscheinlichkeiten für Bft 9 und
bis zum Mittag zeitweise auch Bft 10 Böen im Umfeld von Rügen gezeigt werden.
Nach Westen und Süden schwächt sich der auf südwestliche Richtungen drehende
Wind sukzessive ab, zeitweise treten aber auch hier Bft 7 Böen auf. Auf dem
Brocken und dem Fichtelberg sind schwere Sturmböen bis orkanartige Böen zu
erwarten. Abgesehen vom Wind gestaltet sich der Tag durch Höhenkaltluft geprägt
wechselhaft mit zahlreichen Schauern und vereinzelt einem kurzen Gewitter. Bei
einer Schneefallgrenze um 600 m fällt dieser Niederschlag im Bergland
vorübergehend als Schnee, jedoch mit unbedeutenden Neuschneemengen. Die
Höchstwerte liegen deutschlandweit zwischen 8 und 12 Grad.

In der Nacht zum Samstag dauert die Wetterberuhigung vorerst weiter an, bevor
sich ausgangs der Nacht von Westen der nächste scharfe Trog mit begleitenden
Fronten auf den Westen Deutschlands übergreift. Das bedeutet im Tiefland einen
nur zeitweise böig auffrischenden Südwestwind, der im Bergland weiterhin
Sturmstärke erreicht. Zudem kommen von Westen skalige Niederschläge auf, die
sich rasch ostwärts ausbreiten. Dabei liegen die Tiefstwerte im Westen um 5 Grad
und sonst zwischen 4 und 1 Grad, im Bergland um 0 Grad.

Modellvergleich und -einschätzung
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Die Numerik zeigt innerhalb der Kurzfrist keine nennenswerten Diskrepanzen auf,
sieht man von geringen Unterschieden bezüglich des zeitlichen Föhnzusammenbruchs
ab.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Helge Tuschy