DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

28-02-2019 17:01
SXEU31 DWAV 281800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 28.02.2019 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Zunehmend unbeständig mit Niederschlägen, zunächst hauptsächlich nur in den
Kamm- und Gipfellagen stürmische Böen bis schwere Sturmböen.

Synoptische Entwicklung bis Sonntag 12 UTC
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Aktuell ... geht das ruhige und tagsüber außergewöhnlich milde (nachts jedoch
frische und entsprechend auch mit sehr hohen Temperaturamplituden ausgestattete)
Hochdruckwetter endgültig zu Ende. Beim Blick auf die 500 hPa-Geopotenzialkarte
ist von unserem bisher wetterbestimmenden Höhenrücken nur noch ein sehr
schmalbrüstiger Keil über der Mitte Deutschlands übrig geblieben. Der Nordosten
des Landes wird von einem umfangreichen Höhentrog über Nordosteuropa tangiert,
im Bodenfeld befindet sich die kaum wetteraktive Kaltfront eines Tiefs über
Nordwestrussland über Norddeutschland und kommt kaum mehr nach Süden voran. Ihr
folgt ein Schwall Polarluft, etwa nordöstlich der Elbe geht die Temperatur in
850 hPa auf 0 bis -3 Grad zurück.
Wesentlich interessanter gestaltet sich die Wetterentwicklung beim Blick gen
Westen. Ein Höhentief über der südwestlichen Nordsee kommt zwar Richtung
Westdeutschland voran, mangels Anbindung an den Nordosteuropatrog zunächst aber
nur recht langsam. Auf dessen Vorderseite recht feuchte Atlantikluft vor allem
in den Süden und in die Mitte des Landes, die zudem aufgrund kräftiger PVA auf
der Trogvorderseite - die durch Kaltluftadvektion allerdings teilweise
kompensiert wird - gehoben wird und von West nach Ost zu schauerartigen
Niederschlägen führt. Mit Annäherung des Höhentiefs kühlt es in der unteren und
mittleren Troposphäre von Westen her deutlich ab, bis Freitagfrüh auf etwa -28
Grad in 500 hPa und um 0 Grad in 850 hPa. Das führt zu einer deutlichen
Labilisierung der Luftmasse und eventuell reicht es auch mal für ein kurzes
Gewitter, wenngleich die Wahrscheinlichkeit dafür allerdings sehr gering ist (es
steht kaum MU-Cape zur Verfügung). In den Staulagen des Schwarzwaldes und des
Oberallgäus dauern die Niederschläge vor allem ab der zweiten Nachthälfte auch
länger an, dort simulieren die höher aufgelösten Modelle in exponierten Lagen
bis Freitagmittag (Schwarzwald) bzw. -abend (Oberallgäu) durchaus auch mehr als
30 mm in 18 bis 24 Stunden (Nordschwarzwald nach Lesart des ICON-EU sogar bis an
die 50 mm). GFS hat allgemein etwas geringere Mengen auf der Karte, IFS (von 00
UTC) gibt lediglich im Südschwarzwald Signale für mehr als 30 mm in 24 Stunden.
Dazu sinkt die Schneefallgrenze allmählich auf 1200 bis 1000 m. Somit wurde erst
einmal von einer Dauerregen- oder Tauwetterwarnung abgesehen, auch, wenn
kleinräumig die (Abfluss)mengen durchaus mal erreicht werden könnten.
Rund um den Feldberg im Schwarzwald und an den Alpen oberhalb von etwa 1200 m
gibt es bis morgen Früh etwas Neuschnee.
Ein mit dem Höhentief korrespondierendes flaches Bodentief zieht bis zum Morgen
nach Norddeutschland und füllt sich dabei allmählich auf, in den Frühstunden ist
es mehr oder weniger nur noch als Bodentrog auszumachen. An dessen Südflanke
bleibt der Gradient noch recht scharf ausgeprägt, so dass es zumindest in den
Kamm- und Gipfellagen der süddeutschen Mittelgebirge und der Alpen die Nacht
über hinweg weiterhin stürmische Böen oder Sturmböen (Bft 8 bis 9) aus West
gibt. In den Niederungen nimmt der Wind im Laufe der Nacht dagegen weiter ab.
Im Norden und Nordosten bleibt es trocken und im Einflussbereich der recht
trockenen Luftmasse polaren Ursprungs lockern die Wolken auch stärker auf, so
dass es dort gebietsweise leichten Frost geben kann.

Freitag ... wird das Höhentief endgültig als Randtrog an den sich
regenerierenden Höhentrog über Nordosteuropa angebunden und verlagert sich rasch
über Süddeutschland und die Alpen hinweg südostwärts. Über dem nahen Ostatlantik
bzw. den Britischen Inseln wölbt sich - gestützt durch WLA vorderseitig eines
umfangreichen Langwellentroges bei Neufundland - ein Höhenrücken nordwärts auf,
so dass die Höhenströmung über dem Vorhersagegebiet wieder auf Nordwest dreht
und mit Annäherung des Rückens (der sich abends mit seiner Achse bereits knapp
östlich der Britischen Inseln befindet) zunehmend antizyklonal konturiert ist.
Der Bodentrog zieht rasch ostwärts ab und von Westen her steigt der Luftdruck,
in der Grundschicht gelangt aber von Nordwesten her weiterhin sehr feuchte
Meeresluft ins Vorhersagegebiet.
Vor allem im Einflussbereich des abziehenden Randtroges gibt es in der Südhälfte
noch schauerartige Regenfälle, die von Norden her aber allmählich nachlassen, an
den Westhängen des Schwarzwaldes und im inneren Oberallgäu stauen sich die
Niederschläge weiterhin und klingen nur sehr zögernd ab. Auch im Erzgebirge
setzt leichter Stau ein. Dorthin gelangt von Norden her etwas kältere Luft (T
850 hPa am Abend um -2 Grad), so dass es in den Kammlagen (bis etwa 700 bis 800
m herab) etwas schneien kann. Weiter südlich schwankt die Schneefallgrenze um
1000 m, lediglich an den Alpen oberhalb von etwa 1200 m reicht das für
nennenswerten Neuschnee.
Im Norden, Westen und in den mittleren Landesteilen gibt es vor allem
nachmittags keine nennenswerten Regenfälle mehr, allerdings lockern die Wolken
kaum auf, zumal sich in etwa 850 hPa mit Annäherung des Rückens eine
Absinkinversion ausbildet, die den vertikalen Austausch hemmt. Lediglich ganz im
Nordosten kann sich im Einflussbereich trockenerer Luftmassen häufiger die Sonne
zeigen.
In der einströmenden frischen Meeresluft bleibt es mit Höchstwerten zwischen 5
Grad auf Rügen und 11, vielleicht 12 Grad am Oberrhein kühler als bisher.
Der Wind spielt warntechnisch anfangs noch in den Kamm- und Gipfellagen der
süddeutschen Mittelgebirge und der Alpen eine Rolle (Bft 8 bis 9 aus Nordwest).
Vielleicht reicht es im Tagesverlauf vorübergehend auch im Alpenvorland mal für
eine Bft 7. Nachmittags und abends nimmt er aber wieder ab.

In der Nacht zum Samstag kommt der zunehmend schmalbrüstige Höhenrücken bis zur
Nordsee bzw. Benelux voran, gefolgt von einem ebenfalls recht schmalen Trog, der
sich morgens über den Britischen Inseln bzw. dem Westen Frankreichs befindet.
Der dem Rücken vorlaufende Bodenhochkeil schwenkt von Westen her bis zum Morgen
in die Mitte Deutschlands. Somit lassen die Niederschläge im Süden zwar mehr und
mehr nach, allerdings lockern die Wolken aufgrund der oben erwähnten
Absinkinversion und im mittelhohen Troposphärenniveau schon wieder sich
verstärkenden WLA nur selten auf - vielerorts bleibt es stark bewölkt bis
bedeckt - und gebietsweise fällt auch noch etwas Regen oder Nieselregen. Chancen
auf größere Wolkenlücken gibt es weiterhin am ehesten im Nordosten, der sich
noch im Einflussbereich der trockeneren Luftmassen befindet. Dort gibt es am
ehesten auch leichten Frost, ansonsten tritt Frost hauptsächlich im höheren
Bergland auf. Sollten die Wolken auch anderswo mal stärker auflockern, kann sich
rasch Nebel bilden.

Samstag ... kommt der Trog über den Britischen Inseln rasch nach Osten voran und
erreicht abends den Westen Deutschlands, wird aber durch kräftige WLA
vorderseitig eines umfangreichen Langwellentroges nordwestlich von Schottland
mehr und mehr zugeschüttet und verliert an Wetterwirksamkeit.
Im Bodenfeld setzt vor allem im Westen und Norden Druckfall ein, spätnachmittags
oder abends greift ein okkludiertes Frontensystem mit allerdings nur leichten
Regenfällen auf den Westen Deutschlands über. Auch sonst überwiegt aufgrund der
zunehmenden WLA und der niedertroposphärisch nach wie vor advehierten feuchten
Meeresluft dichte Bewölkung, am ehesten kann sich noch im Nordosten und an den
Alpen mal die Sonne zeigen.
Vor allem in der Mitte und im Süden verschärft sich mit Annäherung der Okklusion
der Gradient wieder ein wenig und in den Kamm- und Gipfellagen der
Mittelgebirge, abends auch der Alpen gibt es stürmische Böen, eventuell auch
Sturmböen aus West bis Südwest. Eventuell reicht es in einigen Niederungen
(Westen, Alpenvorland) für Böen Bft 7.
An der Luftmasse und an den Temperaturen ändert sich gegenüber dem Vortag nur
wenig, nach wie vor liegen die Höchstwerte zwischen 5 Grad im Nordosten und 12,
vielleicht 13 Grad am Rhein.

In der Nacht zum Sonntag schwenkt der kaum mehr auszumachende Trog rasch über
das Vorhersagegebiet hinweg ostwärts, gefolgt von einem flachen Höhenrücken, der
sich morgens bereits über dem östlichen Mitteleuropa befindet. Somit geraten wir
zunehmend an die Südostflanke des umfangreichen und mit mehreren Drehzentren
ausgestatteten Nordatlantiktroges. Ein erster Randtrog zieht dabei im Laufe der
Nacht von den Britischen Inseln über die Nordsee hinweg ostwärts. Vorderseitig
kann vor allem durch WLA, unterstützt aber auch durch PVA markante Hebung
generiert werden.
Im Bodenfeld kommt die Okklusion rasch ostwärts voran und löst sich auf. Bereits
im Laufe der ersten Nachthälfte greift die Warmfront eines ins Seegebiet
nördlich Schottland ziehenden Sturmtiefs auf das Vorhersagegebiet über, die
Kaltfront erreicht morgens den Nordwesten des Landes. Mit Warmfrontpassage
regnet es zunächst nur wenig, im Vorfeld der Kaltfront setzen dann aber in der
Nordhälfte verbreitet Niederschläge leichter, gebietsweise auch mäßiger
Intensität ein (1 bis 8 mm in 6 Stunden), die sich allmählich auch auf die
mittleren Landesteile ausweiten. Im Südwesten bleibt es überwiegend trocken.
Mit Annäherung des Frontensystems verschärft sich der Gradient, was sich im
Warmsektor aber aufgrund der stabilen Schichtung erst einmal vor allem auf den
Bergen bemerkbar macht. Dort treten häufiger Sturmböen aus Südwest auf, auf
exponierten Gipfeln kann es auch schwere Sturmböen, auf dem Brocken morgens
orkanartige Böen geben. Erst im Laufe der zweiten Nachthälfte reicht es dann vor
allem im Westen/Nordwesten, teilweise auch in den mittleren Landesteilen in den
Niederungen für steife Böen, im Nordseeumfeld auch für stürmische Böen.
Frost spielt kaum eine Rolle, lediglich in den Tälern der südwestdeutschen
Mittelgebirge kann es bei aufgelockerter Bewölkung in den leichten Frostbereich
gehen.

Sonntag ... schwenkt mit der sich nun einstellenden kräftigen westlichen
Höhenströmung ein flacher Höhenrücken über Deutschland hinweg ostwärts.
Währenddessen nähert sich ein weiterer Randtrog von Westen her den Britischen
Inseln. Mit dessen Annäherung beginnt die Höhenströmung allmählich etwas
aufzusteilen.
Die Kaltfront des Richtung Kap Svinöy ziehenden und sich etwas auffüllenden
Tiefs greift am Vormittag auf Norddeutschland über, kommt aber mangels
Schubkomponente kaum weiter nach Süden voran und geht über eines Richtung
England ziehenden Wellentiefs. Im Bereich der schleifenden Front kann es vor
allem im Norden und in der Mitte gebietsweise längere Zeit regnen, die höchsten
Mengen werden - noch mit leichten Modelldifferenzen versehen - im
Westen/Nordwesten bis in die nördliche Mitte simuliert (5 bis 15 mm in 12
Stunden, in den Staulagen vor allem der Mittelgebirge in Nordrhein-Westfalen
auch mehr). Etwa südlich von Main und Mosel, aber auch ganz im Nordosten
(Ostseeumfeld) bleibt es dagegen vielerorts trocken.
Von Warnrelevanz bleibt der Wind. Vor allem in der Mitte und im Süden kann sich
der Gradient tagsüber vorübergehend etwas verschärfen. Dann gibt es dort auch in
den Niederungen häufiger steife Böen aus Südwest, in freien Lagen vor allem nach
Südwesten zu eventuell auch stürmische Böen. Auf den Bergen muss nach wie vor
mit Sturm, vereinzelt auch mit schweren Sturmböen gerechnet werden.
In die Südhälfte wird im Warmsektor sehr milde Biskayaluft advehiert, die
Temperatur in 850 hPa steigt Richtung Alpen auf über 5 Grad. Zusammen mit
zeitweiligem Sonnenschein (vor allem an den Alpen und im Alpenvorland) und der
guten Durchmischung werden dort Höchstwerte zwischen 13 und 17 Grad erreicht.
Ansonsten bleibt es überwiegend stark bewölkt bis bedeckt, lediglich Richtung
Ostsee kann sich auch mal die Sonne zeigen, und die Höchstwerte bewegen sich
zwischen 9 und 14 Grad.


Modellvergleich und -einschätzung
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Alle vorliegenden Modelle simulieren im Kurzfristzeitraum ein ähnliches
Szenario, prognose- und warnrelevante Unterschiede sind kaum auszumachen.
Von Dauerregen- bzw. Tauwetterwarnungen im Schwarzwald und im Oberallgäu wird
erst einmal abgesehen, da nur sehr kleinräumige Regionen betroffen sind.
Warnrelevante Mengen werden wohl nur an exponierten Staustationen erreicht,
unterhalb von 800 m liegt zu wenig Schnee und oberhalb von 1000 bis 1200 m gehen
die Niederschläge wieder zunehmend in Schnee über.



Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Winninghoff