DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

27-02-2019 18:01
SXEU31 DWAV 271800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 27.02.2019 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Bergland zeitweise stürmisch, exponiert mit schweren Sturmböen. Tiefland nur
zeitweise böig auffrischender Westwind. Kommende Nacht im Süden, in den
Folgenächten im äußersten Nordosten leichter Frost. Nacht zum Freitag und
Freitag tagsüber im Südwesten und Süden in Staulagen regional Dauerregen,
Hochlagen etwas Neuschnee.

Synoptische Entwicklung bis Samstag 12 UTC
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Aktuell ... zeigt sich der Himmel deutschlandweit fast wolkenlos, ausgenommen
der Norden und Nordosten, wo zeitweise hohe Wolkenfelder vorüberziehen
(ausgelöst durch eine schwache Randtrogpassage in der Höhe). Dies verwundert
nicht weiter, denn beim Blick auf das gesamte niederschlagbare Wasser (ermittelt
durch Satellitensensoren im Mikrowellenbereich) werden deutschlandweit extrem
niedrige Werte von unter 10 mm angezeigt. Dies wird auch durch die mittäglichen
Radiosondenaufstiege gestützt, die deutschlandweit Werte von 6 bis knapp 10 mm
aufweisen und das bei RH-Werten in der 300-850 hPa Schicht von unter 20%. Gleich
mehrere deutliche Absinkinversionen im 500-800 hPa Bereich heben zudem das
intensive Absinken unter diesem Keil hervor. Dank ungehinderter diabatischer
Erwärmung und nur schwacher Windbewegung wiesen bereits die Radiosondenaufstiege
am Mittag teils deutliche überadiabatische Temperaturgefälle in bodennahen
Schichten auf, sodass die ungewöhnlich hohen Temperaturwerte am Nachmittag nicht
weiter verwundern. Einzig ein Ost-Westgefälle der Temperatur in der
inversionskritischen Schicht von 3 bis 4 Kelvin dürfte die allgemeine Abnahme
der Temperaturwerte nach Südosten erklären mit maximalen Werten um 20 Grad vom
Saarland bis nach Nordrhein-Westfalen und 14 Grad in Niederbayern. Aber egal wie
man es dreht und wendet, für die Jahreszeit was es erneut ein ungewöhnlich
warmer Februartag und selbst die abendlichen Werte (z.B. 18 Uhr MEZ) liegen bei
milden 16 Grad im Westen und 10 Grad im Osten.


Die Nacht zum Donnerstag über ändert sich am Wetter zunächst wenig, allerdings
kommt besonders in der mittleren Troposphäre Bewegung ins Wettergeschehen. Der
bis dato wetterbestimmende Keil verliert die Nacht über deutlich an Kontur und
verlagert zum Ende der Nacht seine Achse in Richtung Spanien-Alpenraum. Über
Deutschland hat dies einen merklichen Schichtdickenabbau zur Folge und auch die
Temperatur in der mittleren Troposphäre geht sukzessive zurück. Gleichzeitig
nähern sich dem Westen die Ausläufer eines markanten Höhentroges, der sich
ausgangs der Nacht von Irland über England bis nach Ostfrankreich erstreckt und
mit leichter Hebung auf den äußersten Westen übergreift. Außerdem streift
Nordostdeutschland eine breite Welle in der mittleren Troposphäre, die entlang
des sich südwärts zurückziehenden Höhenrückens über Südschweden nach Polen
abläuft und Norddeutschland mit etwas Hebung erfasst. Dies alles klingt nach
viel Aktivität, real bedeutet es jedoch nur, dass besonders die mittlere und
obere Troposphäre etwas feuchter und gehoben wird, sodass sich vermehrt Wolken
im Cirrusniveau über dem Westen und Norden ausbreiten.
Beachtlich sind die Diskrepanzen in der Numerik bezüglich der Ausbildung bzw.
Ausbreitung tiefer Stratusbewölkung im Norden, denn rückseitig der Welle dreht
der Wind über Norddeutschland zunehmend auf West bis Nordwest und die
einsickernde feuchte Nordseeluft läuft entlang der noch vorhandenen
Absinkinversion zunehmend breit. COSMO-D2 ist erneut äußerst aggressiv und wird
als unrealistisch angesehen (da bereits im Istzustand falsch), während ICON 6
und IFS gebietsweise dichtere Wolkenfelder nördlich der westlichen zentralen
Mittelgebirge und besonders im Umfeld der Nordsee andeuten. Ansonsten aber steht
weiten Bereichen Deutschlands eine Strahlungsnacht bevor mit Tiefstwerten im
Norden zwischen 6 und 4 Grad, über der Mitte um 2 Grad und im Süden mit leichtem
Frost zwischen 0 und -2 Grad. Der die Welle begleitende leicht verschärfte
Luftdruckgradient erfasst Nord- und Ostdeutschland im Verlauf der Nacht, sodass
der Brocken besonders ausgangs der zweiten Nachthälfte zeitweise schwere
Sturmböen (Bft 10), der Fichtelberg Sturmböen (Bft 9) vermelden dürften. Die
Maximalwerte der Böen hängen jedoch noch stark von der Lage der Inversion ab,
was in der Numerik allgemein noch schwer erfasst wird. Abgesehen davon frischt
der Westwind im Ostseeumfeld zeitweise böig auf (Bft 7), wahrscheinlich jedoch
nicht warnrelevant.


Donnerstag ... steht dann zunehmend im Zeichen des sich von Westen nähernden
Höhentroges. Dieser weist ein weit nach Südosten ausgedehntes "vorticity lobe"
auf, während gleichzeitig in den Haupttrog über Irland/England eine weitere
Kurzwelle reinläuft, die zügig nach Südosten geführt wird und bis zum Abend eine
Dipolstruktur des Höhentroges erzeugt: ein Zentrum über der Irischen See, das
andere am Ausgang des östlichen Ärmelkanals. Zudem weitet sich der südliche Part
des Troges dank zunehmender niedertroposphärischer Baroklinität bis zum Boden
aus in Form eines schwachen und diffus strukturierten Bodentiefs, das zum Abend
ebenfalls den östlichen Ausgang des Ärmelkanals erfasst. Mit Blick auf die zu
erwartende Frontenlage muss eine schwache Kaltfront erwähnt werden, die
rückseitig der abgezogenen Welle der vergangenen Nacht im Tagesverlauf
Norddeutschland erfasst (nur schwach temperaturadvektiv wirksam dank beinahe
äquivalent barotropen Bedingungen) und dort mehr oder weniger stationär liegen
bleibt, da gleichzeitig durch die Zyklogenese über dem östlichen Ärmelkanal die
Zufuhr feuchter und milder Atlantikluft nach Osten gestützt wird. Zuletzt sei
noch der zunehmende Geopotentialgradient zwischen dem nahenden Tief und dem nach
Süden abziehenden Höhenkeil erwähnt, der besonders den Süden beeinflusst.

Wettertechnisch hat diese Entwicklung zur Folge, dass sich frontogenetisch
bedingt über Nord- und Ostdeutschland im Tagesverlauf entlang der
quasi-stationären Kaltfront zunehmend dichte Wolkenfelder ausbreiten, die
postfrontal über dem äußersten Nordosten teils größere Lücken aufweisen. Den
Westen Deutschlands erfassen im Tagesverlauf mit zunehmender Hebung in der
mittleren und oberen Troposphäre dichte Wolkenfelder und besonders entlang der
westlichen Mittelgebirge kann zum Abend etwas Regen nicht ausgeschlossen werden.
Viel wird es meist nicht, doch dank einer raschen Temperaturabnahme in 500 hPa
von Belgien kann im Umfeld der Eifel auch konvektiv verstärkter Niederschlag
nicht ausgeschlossen werden. GFS/IFS sind die aggressivsten, COSMO-D2 und ICON
die eher zurückhaltenden Modelle mit Blick auf den Niederschlag. Im Süden und
Südosten bleibt es bis zum Abend meist sonnig und wie auch im gesamten Norden
und Osten trocken. Die Höchstwerte liegen bewölkungsabhängig über der Mitte
zwischen 10 und 14 Grad und im Süden bei Sonnenschein noch einmal bei sehr
milden 14 bis 18 Grad, entlang des Oberrheins bis 19 Grad. Postfrontal sickert
über den Norden und Nordosten etwas kältere Luft ein, sodass dort die
Höchstwerte meist unter 10 Grad verbleiben - aber für Februar weiterhin viel zu
mild. Erwähnenswert bleibt der Wind vor allem im südlichen und östlichen
Bergland, wo Sturmböen zu erwarten sind (Bft 8 bis 9), exponiert sind im
Hochschwarzwald einzelne schwere Sturmböen nicht ausgeschlossen. Auch im
Tiefland von Süd- und Ostdeutschland kann zeitweise ein böiger Westwind
auftreten. Dasselbe im Ostseeumfeld, wo in der durchmischten Luftmasse einzelne
7-er Böen entlang der Küsten aus Nordwest auftreten können. Sonst weht der
Westwind nur schwach bis mäßig.


In der Nacht zum Freitag mausert sich der südliche Part der Dipolstruktur des
Tiefdruckgebietes in 500 hPa zum dominanten System, das nach Südosten über die
Mitte und den Süden Deutschland geführt wird und sich gleichzeitig wieder in
einen reinen Höhentrog umwandelt (das korrespondierende Bodentief füllt sich
zügig auf). Dank fehlender Anbindung an den mächtigen Höhentrog über
Skandinavien verläuft die Trogverlagerung jedoch eher gemächlich. Dies ist von
Bedeutung, denn am Südrand des Höhentroges wird effektiv feuchte Atlantikluft
nach Südwestdeutschland geführt, was auch durch leicht erhöhte "integrierte
Wasserdampftransportwerte" über Südwestdeutschland angedeutet wird. Da sich das
Bodentief auflöst wird eine das Tief begleitende Okklusion unter Abschwächung
nach Westdeutschland geführt, während die über Norddeutschland liegende
Kaltfront in eine Warmfront umgewandelt wird und dem Osten Deutschland etwas
Niederschlag bringt. Die somit nach West- und Süddeutschland geführte feuchte
Luft, gehoben auf der Vorderseite des Troges, sorgt in Verbindung mit den
Fronten abgesehen vom Norden und Nordosten vielerorts für Regen, der besonders
orografisch forciert im Weststau des Schwarzwaldes kräftiger ausfallen kann.
12-std. Niederschlagsmengen liegen zwischen Eifel, Kraichgau und Schwarzwald
meist zwischen 10 und 15 l/qm, in Staulagen des Schwarzwaldes um 25 l/qm.
Gleichzeitig sinkt die Schneefallgrenze auf rund 1200 m (dank
gesamttroposphärischer Abkühlung im Umfeld des Troges), sodass im
Hochschwarzwald und in den Alpen etwas Neuschnee fallen kann. Kombiniert mit
etwas Tauwetter (abgeschwächt durch die Tageszeit und die allmählich einsetzende
Abkühlung) könnte das Niederschlagsdargebot im Hochschwarzwald auch bei rund 30
l/qm liegen. Ob dies jedoch warntechnisch von Interesse ist bleibt noch
abzuwarten. Das eine oder andere kurze Gewitter kann sich im direkten
Trogbereich bilden, was besonders den Westen und Südwesten betrifft. Der
Westwind im Bergland Süddeutschlands weht die Nacht über weiterhin stürmisch,
schwächt sich jedoch im Tiefland allmählich ab (mit einzelnen Windböen im
Alpenvorland vor Mitternacht). Sonst weht der Wind nur schwach aus West bis
Nordwest, im Westen aus Südwest. Die Tiefstwerte liegen meist zwischen 7 und 4
Grad, im Norden und Osten zwischen 4 und 1 Grad und im äußersten Nordosten um 0
Grad.


Freitag ... beruhigt sich das Wetter, da der Trog zügig nach Südosten abwandert
und sich von Frankreich her ein breiter Keil in Richtung Nordwestdeutschland
aufwölbt. In diese Nordwestströmung eingebettet wird die bis dahin
quasi-stationäre Front (von einer Warmfront erneut in eine Kaltfront
umgewandelt) südwärts gen Alpenrand geführt, sodass in Süddeutschland die
Niederschläge trotz Absinkens rückseitig des Troges bis zum Abend mit kurzen
Unterbrechungen andauern. Meist sind die Intensitäten gering mit nur wenigen
Litern pro Quadratmeter, einzig im Stau des Schwarzwaldes sowie im Oberallgäu
sind 12-std. Mengen von 15 bis 20 l/qm zu erwarten. Die Schneefallgrenze pendelt
weiterhin um 1100 m (staubedingt auch tiefer), sodass in den Alpen oberhalb von
1000 m 10 bis 20 cm Neuschnee erwartet werden kann. Im Norden bleibt es trocken.
Allerdings sorgt die Kombination aus feuchter Nordwestströmung und einem sich
aufwölbenden Höhenkeil für einen deutschlandweit wolkenreichen, besonders im
Süden und Westen auch hochneblig bedeckten Tag, sodass dort die Berge im Nebel
"versinken". Die Höchstwerte gehen im Vergleich zu den vergangenen Tagen auf 7
bis 12 Grad zurück, doch auch das ist für Februar weiterhin mild bis sehr mild.
Einzig im Dauerniederschlag entlang der Alpen verharren sie bei 2 bis 5 Grad.
Der Wind weht südlich der Donau zeitweise frisch, sonst schwach, im Westen und
Südwesten aus West bis Südwest, im Norden und Osten aus Nordwest.


In der Nacht zum Samstag beeinflusst der Höhenkeil Deutschland. Einzig an seiner
Ostflanke mogelt sich eine Kurzwelle in den Nordosten Deutschlands und sorgt
dort für etwas Hebung, während kompensatorisches Absinken über der Mitte und dem
Westen das allgemeine Absinken unter dem Keil sogar verstärkt. Die Numerik
reagiert mit einer beachtlichen Absinkinversion bei rund 850 hPa, entlang derer
sich dichte Stratusbewölkung in weiten Bereichen Deutschlands halten sollte.
Somit ist es besonders im Bergland neblig-trüb und im Tiefland bedeckt.
Bevorzugt am Alpenrand regnet es noch leicht (die Schneefallgrenze sinkt auf
rund 800 m). Viel Neuschnee ist in diesem Zeitraum jedoch nicht zu erwarten.
Sonst fällt aus der dichten Wolkendecke wiederholt etwas Sprühregen und das bei
Tiefstwerten von +4 bis +1 Grad, von Vorpommern bis zur Uckermark bei 850 hPa
Werten um -5 Grad auch auf um oder etwas unter den Gefrierpunkt absinkend (dort
gebietsweise Straßenglätte durch überfrierende Nässe). Der Südwestwind weht
schwach, im Bergland zeitweise auch mäßig.


Samstag ... schwächt sich der Höhenkeil über Deutschland vorübergehend ab, denn
von Westen erreicht ein Höhentrog Deutschland. Dieser wird jedoch bereits von
einem weiteren Keilvorstoß über Frankreich und England erfasst uns schwächt sich
somit auf dem Weg nach Osten ab. Er bringt jetzt nicht viel Schwung in die trübe
Wetterküche, doch wenigstens wird die Inversion von Westen abgebaut, sodass man
am Nachmittag und Abend im Westen Deutschlands vielleicht kurz die Sonne
zwischen dichten Wolkenfeldern erspähen dürfte. Ansonsten bleibt es trüb mit
etwas Sprühregen im Süden und Osten sowie vorübergehend leichtem Regen beim
Durchzug des Troges im Westen. Der Südwestwind weht im exponierten Bergland
zeitweise stürmisch und frischt im äußersten Westen zum Abend etwas auf.
Ansonsten weht er jedoch nur schwach bis mäßig. Die Höchstwerte liegen im
Nordosten zwischen 6 und 9 Grad, im Südwesten und Westen zwischen 9 und 14 Grad.



Modellvergleich und -einschätzung
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Synoptisch-skalig gesehen sind sich die Modelle mit der Entwicklung einig und
weisen nur mit der erneuten Keilaufwölbung am Freitag im Bodendruckfeld geringe
Unterschiede auf (IFS am offensivsten, ICON am defensivsten). Erneut fallen bei
der Vorhersage der tiefen Bewölkung extreme Diskrepanzen innerhalb der Numerik
auf mit einer unrealistischen Vorhersage von COSMO-D2 (bereits im Istzustand
falsch) und deutlich defensiveren Erwartungen z.B. bei EURO 4 oder IFS. Daher
wird die Verwendung der defensiveren Modelle bei der Bewölkungsentwicklung über
Norddeutschland besonders in der kommenden Nacht empfohlen.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Helge Tuschy