DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

27-02-2019 08:01
SXEU31 DWAV 270800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 27.02.2019 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
HM, Übergang zu NWa
Heute nochmals außergewöhnlich mild. Ab Donnerstag zunehmend unbeständig, auf
den Bergen aufkommende stürmische Böen oder Sturmböen, ab der Nacht zu Freitag
im Stau des Schwarzwaldes und Oberallgäus Dauerregen nicht ausgeschlossen.

Synoptische Entwicklung bis Freitag 24 UTC
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Mittwoch... befindet sich Deutschland noch im Einflussbereich eines
Höhenrückens, der sich von der Iberischen Halbinsel bis nach Frankreich bzw.
Benelux und ins Vorhersagegebiet erstreckt. Nördlich davon verläuft die
Frontalzone über das Nordmeer und Skandinavien hinweg nach Nordwestrussland. Mit
dem Vorstoß mehrerer kurzwelliger Randtröge weitet sich die Frontalzone
allmählich etwas nach Süden aus und kippt auf Westnordwest, so dass der Rücken
von Norden her allmählich "abgehobelt wird, über dem Vorhersagegebiet bleibt die
nordwestliche Höhenströmung aber noch antizyklonal konturiert. Auch von Westen
her wird unser Höhenrücken allmählich "in die Zange genommen", da aus einem
umfangreichen Nordatlantiktrog mit Drehzentren bei Neufundland ein Randtrog
abtropft und als Cut-Off-Tief bis zum Abend in das Seegebiet südlich von Irland
zieht. Das mit dem Höhenrücken korrespondierende Bodenhoch verlagert seinen
Schwerpunkt von Süddeutschland allmählich Richtung Alpen bzw. Balkan und
schwächt sich ein wenig ab. Das Frontensystem eines vom Seegebiet westlich der
Lofoten bis zum Abend mach Nordfinnland ziehenden Tiefs überquert Skandinavien
ostwärts, die Kaltfront kommt bis zum Abend nach Südskandinavien voran, wird
dort aber aufgrund einer schwachen Randtiefentwicklung im Lee des Norwegischen
Gebirges bzw. vorderseitig eines Kurzwellentroges eingebremst und tangiert
unseren Vorhersagebereich zunächst nicht weiter bzw. lediglich in Form hoher
Wolkenfelder im äußersten Nordosten.
Somit steht erneut ein sonniger Tag ins Haus, wobei sich im Nordosten teils
dichter Nebel gebildet hat, der sich im Laufe des Vormittags erst einmal
auflösen muss. Mit der Südverlagerung des Hochs dreht die Bodenströmung auch in
der Osthälfte mehr auf West und es kann niedertroposphärisch auch dorthin etwas
wärmere Luft advehiert werden (T 850 hPa zwischen 11 Grad im Westen und 7 Grad
an der Oder). Somit sind bei teils voller Einstrahlung erneut außergewöhnlich
milde bis warme Höchstwerte zwischen 15 und 20 Grad zu erwarten, im Westen in
einigen Leelagen bei besserer Durchmischung gar 21 bis 22 Grad. Selbst MOSMIX
simuliert (im Saarland) in der Spitze 20 Grad. Etwas kühler bleibt es mit 10 bis
14 Grad bei auflandigem Wind an den Küsten.

In der kommenden Nacht wird an der Südwestflanke des umfangreichen
Langwellentroges über Nordeuropa ein kurzwelliger Randtrog von der Norwegischen
See zur Ostsee geführt, so dass auch im Nordosten Deutschlands die nordwestliche
Höhenströmung eine etwas zyklonalere Kontur annimmt. Markante Hebungsprozesse
aufgrund von PVA treten aber erst weit außerhalb des Vorhersagegebietes, über
Südskandinavien und dem Baltikum, auf. Das Cut-Off-Tief über dem nahen
Ostatlantik wird zunächst scheinbar vom umfangreichen Nordatlantiktrog wieder
"eingefangen", macht sich später aber doch wieder selbstständig und zieht bis
zum Morgen nach Südirland. Zwischen den beiden genannten Systemen wölbt sich
unser immer schmaler werdende Höhenrücken morgens über den Osten Frankreichs und
Benelux hinweg nordwestwärts bis zu den Britischen Inseln bzw. Island auf.
Das Bodenhoch wird weiter abgebaut, übrig bleibt ein über Zentralfrankreich
hinweg bis nach Süddeutschland gerichteter Hochkeil. Das mit dem Nordeuropatrog
korrespondierende Bodentief kann sich weiter vertiefen und zieht zur Ladoga See.
Dadurch setzt vor allem im Nordosten des Landes Druckfall ein und der Gradient
verschärft sich. Der Wind frischt aus westlichen Richtungen auf, auf dem Brocken
reicht es ab der zweiten Nachthälfte für Sturmböen (Bft 9, ICON-EU sogar Bft
10), auf dem Fichtelberg für stürmische Böen (Bft 8), ansonsten gibt es in den
Kammlagen und eventuell auch rund um Rügen ausgangs der Nacht zunehmend steife
Böen.
Die Kaltfront des Tiefs greift in den Frühstunden auf den äußersten Nordosten
und Norden des Landes über, bleibt aber weitgehend wetterinaktiv.
Somit bleibt es überwiegend gering bewölkt, in der Mitte und im Süden sogar oft
wolkenlos. Mit dem auffrischendem Wind gibt es wohl seltener als in den
Vornächten leichten Frost, die größten Wahrscheinlichkeiten dafür sind wohl in
den Niederungen Süddeutschlands sowie in den Tälern der zentralen Mittelgebirge
zu erwarten. Warnrelevanter Nebel ist wohl kaum zu erwarten, und wenn überhaupt,
dann am ehesten in den Flussniederungen Süddeutschlands.

Donnerstag... kommt das Cut-Off-Tief bis zum Abend nach England voran, wobei ein
Trog bis nach Benelux reicht. Der nur noch schmalbrüstige Höhenrücken wird in
die Mitte des Vorhersagegebietes abgedrängt. Die trogvorderseitig vor allem
durch PVA induzierte Hebung wird durch KLA etwas kompensiert und fällt somit
nicht allzu markant aus.
Ein mit dem Höhentief korrespondierendes flaches Bodentief verlagert sich -
mangels Hebung ohne großartige Intensitätsänderung - von der Irischen See bis
zum Abend zur westlichen Nordsee. Das zugehörige okkludierte Frontensystem
greift abends auf Benelux über, vorderseitig erreichen schauerartige Regenfälle
am späteren Nachmittag bzw. am Abend auch den Westen Deutschlands. Dabei fahren
GFS und IFS gegenüber dem ICON nach wie vor eine etwas progressivere Variante
(ICON bis zum Abend noch trocken, GFS und IFS bereits am Nachmittag erste
Schauer).
Gleichzeitig kommt die Kaltfront des weiter nach Nordwestrussland ziehenden
Tiefs über dem Nordosten des Landes aufgrund des blockierend wirkenden Rückens
kaum mehr nach Süden voran und löst sich mehr und mehr auf. Der nach
Süddeutschland gerichtete Hochkeil wird weiter abgebaut.
Mit Annäherung des Tiefs verschärft sich vor allem in der Mitte und im Süden des
Landes der Gradient. Während der Wind im Nordosten somit wieder nachlässt, gibt
es in den Kamm- und Gipfellagen der süddeutschen und östlichen Mittelgebirge
(inklusive Brocken) stürmische Böen, vereinzelt Sturmböen aus West. Im höheren
Alpen- und Erzgebirgsvorland kann es aufgrund eines schwachen
Leitplankeneffektes steife Böen (Bft 7) geben, am Nachmittag und Abend auch ganz
im Westen.
Mit Annäherung des Tiefs setzt zunächst vor allem niedertroposphärisch
Kaltluftadvektion ein. Die Temperatur in 850 hPa sinkt bis zum Abend im
Nordosten rückseitig der Kaltfront auf etwa 0 Grad, sonst auf Werte zwischen 1
Grad im Westen und 6 Grad an den Alpen. Vor allem im Südosten scheint noch
einmal länger die Sonne, auch postfrontal im Ostseeumfeld lässt sich wieder die
Sonne blicken. Somit liegen die Höchstwerte zwischen 8 Grad Richtung Küsten und
nochmals knapp 18 oder gar 19 Grad (bei Sonnenschein und aufgrund des frischen
Westwindes guter Durchmischung).

In der Nacht zum Freitag kommt das Höhentief bis zur Mitte des Landes voran,
schwächt sich aber ab und wird als Randtrog in den umfangreichen und sich
regenerierenden Langwellentrog über Nordosteuropa integriert. Das Bodentief
zieht bis Freitagfrüh nach Nordostdeutschland, verliert dabei aber weiter an
Kontur. Die stärksten Hebungsprozesse sind an der Ostflanke des Höhentiefs über
Südwest- und Süddeutschland auszumachen. Mit dem Höhentief gelangen höhenkalte
Luftmassen vor allem in den Westen und Süden des Landes (T 500 hPa bis -28 Grad,
T 850 hPa um oder knapp über 0 Grad). Die Folge sind verbreitete schauerartige
Regenfälle, die sich von Westen her über die Mitte und den Süden des Landes
ostwärts ausweiten, während es im Norden und Nordosten trocken bleibt. Ob die
Labilität auch für vereinzelte kurze Gewitter reicht, ist fraglich, kann aber
nicht ausgeschlossen werden. Schnee ist erst einmal lediglich auf dem Feldberg
im Schwarzwald bzw. an den Alpen oberhalb von etwa 1200 m Thema. Vor allem
ICON-EU und GFS simulieren in den Staulagen des Schwarzwaldes Mengen um 25 mm in
12 Stunden oder knapp darüber.
Der Wind weht vor allem an der Südflanke des Bodentiefs lebhaft aus West, in den
Kamm- und Gipfellagen der süddeutschen Mittelgebirge und der Alpen kann es
weiterhin Böen Bft 8 bis 9 geben, während er sich im Harz und im Fichtelgebirge
später abschwächt.
In den Nordosten gelangt an der Nordflanke des Tiefs ein Schwall kälterer
Luftmassen aus Skandinavien (bis -3, nach IFS gar bis -5 Grad in 850 hPa). Bei
teils klarem Himmel kann es dort leichten Frost geben.

Freitag... zieht das ehemalige Höhentief als kurzwelliger Randtrog über die
Alpen hinweg südwärts. Dahinter wölbt sich erneut ein Höhenrücken über
Frankreich und die westliche Nordsee hinweg nordwärts auf, abends mit einem nach
Süddeutschland gerichteten Höhenkeil. Somit stellt sich über dem
Vorhersagegebiet wieder eine nordwestliche Höhenströmung ein, die vor allem nach
Süden zu zunehmend antizyklonal konturiert ist.
Im Bodenfeld verlagert sich der aus dem ehemaligen Tief hervorgegangene
Bodentrog südostwärts, dahinter stellt sich ebenfalls eine schwache
Nordwestströmung ein. Die Höhenkaltluft wird nur zögernd nach Süden abgedrängt,
so dass es im Süden, aber auch noch in den mittleren Landesteilen weitere
schauerartige Regenfälle gibt, die erst am Nachmittag und Abend von Nordwesten
her nachlassen. Die Schneefallgrenze schwankt dabei bei Temperaturen um oder
knapp unter 0 Grad in 850 hPa um oder knapp über 1000 m, lediglich im Erzgebirge
reicht es (dorthin gelangen etwas kältere Luftmassen) eventuell auch oberhalb
von 800 m für eine leichte Anzuckerung. (Schwache) Signale für Dauerregen gibt
es am ehesten im Zeitraum 00 bis 12 UTC in den Staulagen des Schwarzwaldes und
des Oberallgäus, wegen der Exponiertheit dieser Lagen kann man aber eventuell
von einer Dauerregenwarnung absehen. Ob die Abflussmengen auch für eine
Tauwetterwarnung reichen, ist aber mehr als fraglich, da die Schneefallgrenze ja
nicht allzu hoch liegt.
Der Wind schwächt sich im Tagesverlauf weiter ab und ist dann wohl auch auf den
höchsten Alpengipfeln nicht mehr warnrelevant.
Insgesamt bleibt es auch in Süddeutschland deutlich kühler als an den Vortagen.
Die Höchstwerte liegen zwischen 5 Grad in Ostvorpommern und 12 bis 13 Grad im
Südwesten.

In der Nacht zum Samstag schwenkt der Höhenrücken mit seiner Achse ins den
Westen des Vorhersagegebietes. Er wird bereits von WLA vorderseitig eines
umfangreichen Höhentroges über dem nahen Ostatlantik gestützt, die zunehmend
auch weite Teile Deutschlands erfasst.
Auch im Bodenfeld schwenkt ein flacher Hochkeil bis in die Mitte des Landes. Vor
allem im Süden und Südosten gibt es anfangs noch weitere schauerartige
Regenfälle, die aber nachlassen, oberhalb von etwa 800 bis 1000 m kann es etwas
schneien. Auch sonst bleibt es eher bewölkt und hier und da fällt etwas Regen
oder Nieselregen, sollten die Wolken auflockern, kann sich vor allem in der
Mitte und im Süden Nebel bilden. Lediglich in den Nordosten und äußersten Osten
sickert noch etwas trockenere Luft. Vor allem dort kann es erneut leichten Frost
geben, sonst beschränken sich Frost (und Glätte) wohl meist nur auf die höheren
Mittelgebirgslagen.



Modellvergleich und -einschätzung
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Alle vorliegenden Modelle simulieren im Kurzfristzeitraum eine ähnliche
Wetterentwicklung. Kleinere Differenzen gibt es bzgl. des Übergreifens der
Niederschläge auf den Westen des Landes am morgigen Nachmittag bzw. Abends. GFS
und IFS fahren diesbezüglich eine etwas progressivere Variante als ICON-EU.
Signale für Tauwetter bzw. Dauerregen treten lediglich in den exponierten
Staulagen von Schwarzwald und Oberallgäu auf und sind aus aktueller Modellsicht
nicht unbedingt warnrelevant.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Winninghoff