DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

12-02-2019 11:01
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 12.02.2019 um 10.30 UTC



Trübe Aussichten für Vollwetterfans - bis mindestens Anfang nächster Woche GWL
HM (Hoch Mitteleuropa), dabei relativ mild bis sehr mild.
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Synoptische Entwicklung bis zum Dienstag, den 19.02.2019


Zu Beginn des mittelfristigen Vorhersagezeitraums am kommenden Freitag befinden
sich Mitteleuropa und somit auch Deutschland unzweifelhaft unter
Hochdruckeinfluss. Während der Schwerpunkt des Bodenhochs mit knapp über 1035
hPa etwa von Mitteldeutschland bis zum nördlichen Balkan reicht (12 UTC),
verläuft die Hauptachse des korrespondierenden und extrem breit aufgestellten
Höhnrückens von Nordwestafrika bis nach Skandinavien. Flankiert wird der Rücken
von Trögen über dem Ostatlantik und Osteuropa, die beide stark "übergewichtig"
sind, und in Folge dessen in ihrem jeweiligen Südteil abtropfen (einmal westlich
der Iberischen Halbinsel, einmal über Griechenland bzw. der Ägäis). Die
resultierenden Höhentiefs entpuppen sich als Globetrotter ohne Interesse für
Deutschland, so dass das hohe Geopotenzial mit ins Wochenende genommen wird.
Bedingt durch andauerndes Absinken erwärmt sich die Luft in der unteren
Troposphäre auf satte 7 bis 11°C (Nacht zum Samstag), was nicht ohne Folgen für
die für uns relevantere 2m-Temperatur bleibt. Die steigt nämlich tagsüber mit
Hilfe von reichlich Einstrahlung verbreitet in den zweistelligen Bereich
(besonders im Westen sowie nördlich der Mittelgebirgsschwelle, allerdings nicht
unmittelbar an Nord- und Ostsee, wo das mit nur wenigen Plusgraden ausgestattete
Meerwasser seinen kühlenden Effekt ausspielt).
Am Wochenende beginnt das Bodenhoch etwas zu schwächeln bei gleichzeitiger
Verlagerung in Richtung Osten bzw. Südosten. Da auch der Höhenrücken am Samstag
in seinem Nordteil durch einen über Fennoskandien hinwegschwenkenden KW-Trog
"abgehobelt" wird, könnte man auf den Gedanken kommen, dass es mit der
antizyklonalen Herrlichkeit (so sie denn so empfunden wird) zu Ende geht. Dem
ist aber nicht so, weil a) der Wirkungsgrad des kränkelnden Hochs immer noch
hoch ist, b) sich der Rücken schon am Sonntag wieder regeneriert und c)
umliegende zyklonale Strukturen (Tiefs, Fronten, Tröge und was nicht noch)
genauso schwach auf der Brust und harmlos sind wie der gesamte Sturm von
Hannover 96, dem Club aus der Noris und den Cannstättern aus Stuagart zusammen.
Somit bleibt es am Samstag und Sonntag trocken, sonnenscheinreich und mild,
abzüglich vielleicht einiger zäher Nebel- oder Hochnebelfelder in Tälern, Senken
und Mulden der Mitte und des Südens (in dem Fall würde es tagsüber natürlich
nicht mild werden) und - doppel-vielleicht - einiger Wolkenfelder im äußersten
Norden.
Was am Wochenende nicht klappt, könnte Anfang der neuen Wochen funktionieren,
wenn sich das gesamte Strömungsmuster allmählich etwas nach Osten verschiebt.
Dadurch nähert sich vom nahen Ostatlantik genau der Trog, der ein paar Tage
zuvor abgetropft ist, sich mittlerweile aber wieder berappelt hat. Allerdings
ist auch dieses Exemplar extrem cut-off-gefährdet, so dass am Ende
wahrscheinlich nur das nördliche, in seiner Wirksamkeit erheblich limitierte
Residuum im Laufe des Dienstags auf den Vorhersageraum übergreift. Immerhin ist
dem Trog eine Kaltfront vorgeschaltet, die zu einem Nordmeertief gehört und am
Dienstag von Nordwesten her über Deutschland süd-südostwärts schwenkt. Trog und
Front kommen aber nicht so richtig in Schwung, und auch das Zusammenspiel der
beiden will nicht wirklich klappen, was aus heutiger Sicht für eine extrem
schlappe Passage ohne nennenswerten Niederschlag spricht. Erst am Mittwoch (wo
wir uns bereits in der erweiterten Mittelfrist befinden) wird das Trogresiduum
durch kräftige KLA aus nördlichen Breiten befeuert, was zu einem merklich
Amplitudengewinn führt - knapp östlich von uns. Da sich über Westeuropa
respektive dem nahen Ostatlantik ein neues, kräftiges und hochreichendes Hoch
etabliert, gelangt mit nord-nordwestlicher Strömung vorübergehend ein Schwall
relativ trockener Kaltluft in den Vorhersageraum (T850 am Mittwoch zwischen 0°C
im Südwesten und bis zu -7°C im Nordosten), die von Westen her rasch unter
Hochdruckeinfluss gelangt.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Die Konsistenz des IFS-Modells (ECMF) kann summa summarum als gut bezeichnet
werden. Konkret bedeutet das für den mittelfristigen Prognosezeitraum - wie oben
ausführlich erörtert - hochdrucklastiges Wetter ohne besondere Vorkommnisse,
wobei das Temperaturniveau für Mitte Februar als mild bis sehr mild
charakterisiert werden kann (was sowohl Nachtfrost als auch ein paar nebel-
respektive hochnebelgetriggerte Kältelöcher (besonders in der Mitte und im
Süden) nicht ausschließt).
Ob der Hochdruckeinfluss zu Beginn der nächsten Woche durch schwache Störungen
vom Atlantik (die eher am Dienstag als am Montag übergreifen) in seine Schranken
gewiesen wird, bleibt abzuwarten. Gerne halten sich Blockierungslagen in der
Realität länger als es die Modelle suggerieren - mal sehen, wie es diesmal
ausgeht und was die anderen Modelle bzw. die Ensembles so sagen (siehe folgende
Kapitel).


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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Die anderen etablierten Globalmodelle (namentlich ICON, GFS, GEM und UKMO) haben
auch keine anderen Ideen als IFS, die Kongruenz untereinander ist hoch. Dabei
hat sich GFS, das gestern noch mit einer etwas anderen Position des Bodenhochs
aufwartete. Den anderen Modellen angepasst. Allerdings lässt GFS die schwache
Kaltfront schon am Montag auf Deutschland übergreifen, während ICON und GEM
(UKMO steigt leider bei T+144 h aus) auf Linie von IFS sind.
FAZIT: Trotz der kleinen Unschärfe zu Beginn der kommenden Woche ist die
Übereinstimmung der deterministischen Modelle gut und ermutigend für eine
belastbare Wettervorhersage.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Zunächst sei an dieser Stelle erwähnt, das GFS vom eigenen Ensemble (GFS-EPS)
nur bedingt Unterstützung für die o.e. frühe Variante der Frontpassage bekommt.
Ein nicht unerheblicher Teil (gefühlt etwas über die Hälfte) liegt eher auf dem
Kurs von IFS.
Ansonsten gilt es zu konstatieren, dass die IFS-EPS-Rauchfahnen verschiedener
deutscher Städte bis einschließlich Sonntag weitgehend eng gebündelt über die
Zeitachse laufen. Auffallend ist allerdings am Wochenende, dass im Norden eine
gute Handvoll Lösungen (in der Mitte und im Süden sind es jeweils nur ein
einziges Ensemblemitglied) bei der 850-hPa-Temperatur vorübergehend ein paar
Grad nach unten geht, was bei gleichzeitig geringen RR-Signalen für das
Erscheinen einer schwachen (schleifenden?) Kaltfront spricht. Ab Montag nimmt
der Spread kontinuierlich zu, wobei der Trend bei T850 und auch Pot500 zunächst
nach unten, etwa ab Mittwoch dann wieder nach oben zeigt. Dazu kommt vor allem
ab Dienstag ein solides Grundrauschen bei den Niederschlagspeaks, was für
zunehmend zyklonalen Einfluss spricht. Unter dem Strich ist der Kurvenverlauf
klassisch für eine anfängliche Blockierung, die nach hinten raus (Tag 6/7)
beendet wird. Auch wenn weiter oben diesbezüglich schon mal Zweifel artikuliert
wurden, ein Argument kann eindeutig pro Modell/Ensemble herangezogen werden: die
durch Luftdruck und Potenzial verursachte Blockierung wird nicht durch
hochwinterliche Kaltluft gestützt, was diese (also die Blockierung) tatsächlich
brüchiger macht.
Noch ein Blick auf die Clusterung, die für T+72...96h (Freitag bis Samstag) etwas
überraschend für den Verfasser vier Schubladen aufmacht. Alle weisen in
Mitteleuropa aber eindeutig antizyklonale Rahmenbedingungen auf. Allerdings
zeigt CL 4 (mit offiziell 10 Lösungen plus Hauptlauf) im Norden einen flacheren
Rücken bzw. ein flacheres Bodenhoch, was auf eine gewisse Anfälligkeit für
zyklonale Störungen hindeutet und die o.e. Ausreißer nach unten erklären würde.

Von Sonntag bis Dienstag (T+120...168h) bleibt es bei vier Clustern (18 Fälle, 14
+ HL/KL, 10, 9), die alle mehr schlecht als recht den atlantischen Trog nach
Osten vorankommen lassen, wobei sich die Unterschiede aus der Amplitude und dem
Timing desselbigen rekrutieren. So richtig "fetzig" geht es aber in keinem der
Cluster zur Sache. Ab Mittwoch (T+192...240h) reduziert sich die Zahl der Cluster
auf drei (28 + KL, 15 + HL, 8), von denen CL 1 und 2 erneut in Richtung
"Blockierung" tendieren (mit kräftigem Hoch und Rücken über weiten Teilen West-
und Mitteleuropas). CL 3 ist tendenziell etwas zonaler aufgestellt (offizielles
Klimaregime "Positive NAO"), konvergiert nach hinten raus aber auch eindeutig in
Richtung "antizyklonal" für unseren Raum.
FAZIT: Die Vorhersage kann auf einem soliden probabilistischen Fundament
aufbauen, auch wenn es am Wochenende insbesondere im Norden ein paar kleine
Fragezeichen gibt. Im Laufe der nächsten Woche wird die Prognose zwar
unsicherer, eine nachhaltige Änderung in Richtung "zyklonal" drängt sich aber
nicht gerade auf.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


So sehr man sich auch müht, wirklich signifikante Wettererscheinungen sind aus
dieser Wetterlage beim besten Willen nicht herauszuholen.
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Basis für Mittelfristvorhersage
MOS-Mix mit IFS-EPS.
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Jens Hoffmann