DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

08-02-2019 18:01
SXEU31 DWAV 081800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 08.02.2019 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Am Wochenende stürmisch und mild, am Sonntag bei Passage einer Kaltfront Gefahr
von orkanartigen Böen auch in tiefen Lagen. Dabei sehr mild.

Synoptische Entwicklung bis Montag 12 UTC
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Aktuell ... liegt Deutschland im Bereich der Frontalzone und somit unter einer
straffen südwestlichen Strömung. Mit dieser wird milde bis sehr milde Luft
herangeführt, die sich nunmehr auch in den östlichen Teilen Bayerns durchgesetzt
hat. Zwischen einem kräftigen Tief vor der norwegischen Küste und einer
Hochbrücke, die sich vom Atlasgebirge über Süd- und Südosteuropa hinweg bis zur
unteren Wolga erstreckt, konnte sich ein kräftiger Gradient entwickeln, so dass
im Nordwesten, Westen und in Teilen der Mitte verbreitet Windböen bis Bft 7, in
Nordseenähe stürmische Böen und im Bergland Böen bis Sturmstärke auftreten. Auf
exponierten Gipfeln gibt es schwere Sturm- und orkanartige Böen.
In der Nacht zum Samstag gelangt ein in der Frontalzone eingelagertes flaches
Tief in den Azorenraum. Stromabwärts bleibt die zyklonale westliche bis
südwestliche Strömung noch bestehen. Ein darin eingelagertes schwaches
Frontensystem greift mit Niederschlägen auf Deutschland über, die durchweg als
Regen fallen und ausgangs der Nacht auch den Osten erreichen. Im östlichen
Bayern besteht erneut die Gefahr von Glatteis. Dort ist aufgrund der geringen
Bewölkung ein erneuter Temperaturrückgang in den Bereich leichten Frostes zu
erwarten. Zum anderen ist dort der Erdboden noch gefroren, so dass mit dem
Einsetzen des Regens mit örtlichem Glatteis gerechnet werden muss. Eine
großräumige Unwetterlag durch Glatteis zeichnet sich jedoch nicht ab.

Samstag ... verbleibt Deutschland im Bereich der Frontalzone und somit unter
einer straffen westlichen und in den bodennahen Schichten leicht südwestlichen
Strömung. In dieser wird ein schwacher Trog über Deutschland hinweg ostwärts
geführt. Mit der Labilisierung im Trogbereich nehmen die Niederschläge einen
konvektiven Charakter an. Im Norden und Westen können einzelne kurze Gewitter
nicht ganz ausgeschlossen werden. In Verbindung mit Konvektion sind Böen bis
Sturmstärke auch in tieferen Lagen möglich.
Auch abseits der Konvektion dürften verbreitet Windböen bis Bft 7, im
Nordwesten, Westen und Teilen der Mitte stürmische Böen bis Bft 8 und in
Nordseenähe sowie im Bergland Sturmböen auftreten. Auf exponierten Gipfeln gibt
es dann schwere Sturm- und orkanartige Böen.
Mit dem kräftigen Gradienten und der Durchmischung sollte sich auch im Südosten
ein markanter Temperaturanstieg durchsetzen, so dass sich die Glatteislage im
östlichen Bayern alsbald entspannt. Generell wird es mild bis sehr mild, am
Nachmittag werden 6 bis 12, am Oberrhein bis 14 Grad erreicht. In den
Mittelgebirgen dürfte die Schneedecke zusammenschmelzen.
In der Nacht zum Sonntag wird das in die Frontalzone eingelagerte flache Tief
rasch ostwärts gesteuert und erreicht ausgangs der Nacht Südengland. Dabei
gelangt dieses Tief an die Vorderseite eines sich annähernden Troges in eine
entwicklungsgünstige Position. Vorderseitig steilt die Strömung ein wenig auf
und wird leicht antizyklonal deformiert. Hierdurch könnte der Gradient ein wenig
auseinandergezogen werden. Sturmböen sind dann auf die Küste und höhere
Berglagen beschränkt. Im küstennahen Binnenland können aber nach wie vor Wind-
und einzelne stürmische Böen auftreten.

Sonntag ... wird das Tief von Südengland unter weiterer Intensivierung zu einem
Sturmtief über das Weser-Ems-Gebiet hinweg in die Pommersche Bucht gesteuert.
Mit dem Übergreifen der Warmfront dieses Tiefs setzt bereits ausgangs der Nacht
von Westen her kräftiger Regen ein, der bis gegen Mittag auch die östlichen
Landsteile und bis zum Abend auch den Südosten Deutschlands erfasst. Während der
Norden im relativ gradientschwachen Kernbereich dieses Tiefs verbleibt, erfolgt
in der Mitte und im Süden eine erneute Gradientzunahme, die ausgeprägter ist als
dies am Vortag der Fall war. Am Vormittag, d.h. im Bereich des Warmsektors, sind
vor allem im Bergland Böen bis Sturmstärke zu erwarten; auf höheren Berggipfeln
können bereits schwere Sturm- oder orkanartige Böen auftreten. Tiefere Lagen
sollten vorerst von stürmischen oder gar Sturmböen verschont bleiben. Etwa ab
dem Mittag greift die Kaltfront dieses Sturmtiefs auf den Westen Deutschlands
über und erreicht bei fast frontsenkrechter Windkomponente bereits in den
Abendstunden den äußersten Südosten. Im Frontbereich sind organisiertere
Strukturen hoch reichender Konvektion vorstellbar. Auch kurze Gewitter können
auftreten. Die Scherung - sowohl niedertroposphärisch als auch bis in mittlere
Troposphärenschichten hinaufreichend - wäre dafür hinreichend; auch der
vorderseitige Einschub einer nahezu subtropischen Luftmasse würde heftigere
Konvektion eher begünstigen. Zudem liefert der zum "optimalen" Zeitpunkt
übergreifende markante Trog einen entsprechenden Hebungsantrieb. Was eher gegen
rotierende Konvektion spricht, ist die fehlende Winddrehung mit zunehmender
Höhe. Der Oberwind erreicht im 925 hPa-Niveau 60 kt, in 850 hPa bis über 70 kt,
wobei die Gefahr besteht, dass Böen von annähernd dieser Größenordnung, d.h.
schwere Sturm- und orkanartige Böen, bei konvektiven Umlagerungen bis in
Bodennähe heruntergemischt werden können. Am wahrscheinlichsten ist dies im
Westen, Südwesten sowie in Teilen der Mitte. Im Süden besteht zudem die Gefahr,
dass durch den Leitplankeneffekt die Kaltfront zusätzlich beschleunigt wird und
derartige Böen auch im Donauraum und südlich davon auftreten können. Der Norden
bleibt aufgrund seiner Nähe zum Tiefzentrum von dieser Entwicklung weitgehend
verschont.
Zuvor ist aber mit der südwestlichen Strömung im Süden leicht föhniger Einfluss
mit Auflockerungen vorstellbar. Dabei sind vor dem Übergreifen der Kaltfront
Tageshöchsttemperaturen zwischen 8 und 13, entlang vom Oberrhein und bei
leichtem Föhn an den Alpen um 15 Grad zu erwarten. Lediglich unmittelbar an der
See und im höheren Bergland wird es mit Maxima um 6 Grad nicht so mild. In den
Mittelgebirgen dürfte es aber Tauwetter geben.
In der Nacht zum Montag gelangt Deutschland in den Bereich des Troges. Das o.g.
Sturmtief beginnt sich aufzufüllen und wird dabei zu den Baltischen Staaten
gesteuert. Mit diesem Trog setzt sich gesamttroposphärisch wieder kältere Luft
durch, so dass die Schneefallgrenze auf 600 bis 400 m absinkt. Mit Abzug der
Kaltfront und der raschen Ostverlagerung des Sturmtiefs sollte sich die
Windsituation entspannen. Sturmböen sind aber noch in höheren Berglagen vor
allem der östlichen Mittelgebirge, an einigen Küstenabschnitten und anfangs auch
in Teilen Ostdeutschlands zu erwarten, bevor dann auch dort der Wind zusehends
abflaut.
In den Staulagen der Mittelgebirge, vor allem aber an den östlichen und
süddeutschen Mittelgebirgen sowie an den Alpen können einige bis etwa 10 cm
Neuschnee fallen, wobei der Schnee zusehends trockener wird und hierdurch die
Gefahr von Verwehungen zunimmt. Dies sollte jedoch auf höhere Berglagen
beschränkt bleiben. In mittleren und tieferen Lagen sollte es noch weitgehend
frostfrei bleiben.

Montag ... verlagert sich der Trog über Mitteleuropa hinweg ostwärts und weitet
sich dabei nach Süden aus. Stromaufwärts wölbt sich ein breiter Höhenkeil auf,
der sich von der Iberischen Halbinsel bis nach Ostgrönland erstreckt. Das
korrespondierende Bodenhoch etabliert sich über Westfrankreich und schiebt sich
mit einem Keil bis in den Alpenraum vor. Zwischen diesem Keil und dem o.g. Trog
ergibt sich eine steile nordwestliche bis nördliche Strömung, mit der über die
Nordsee hinweg leicht erwärmst Polarluft in das Vorhersagegebiet gelangt. Da
Deutschland zunächst noch im Bereich des nach Osten abziehenden Troges
verbleibt, ist zunächst noch eine rege Schauertätigkeit zu erwarten. Mit dem
zunehmenden antizyklonalen Einfluss beschränken sich die Schauer jedoch
zusehends auf die Nordseiten der östlichen und süddeutschen Mittelgebirge sowie
auf den Alpenrand. Im Schwarzwald, im Allgäu und an den Alpen können in
Staulagen noch einmal um 10 cm Neuschnee hinzukommen, ansonsten sollte es nur
noch für wenige Zentimeter Neuschnee reichen. Die Schneefallgrenze dürfte dann
deutschlandweit bei etwa 400 m liegen. Im Norden und Westen und dort vor allem
an den Leeseiten der Gebirge sind dann vermehrt Auflockerungen zu erwarten;
bedingt durch Skandinavienföhn kann es ganz im Norden auch längere sonnige
Abschnitte geben.
Der Wind wird nur allmählich schwächer. Bis weit in den Tag hinein sind im
Norden und Osten sowie in Teilen der Mitte Wind- und in freien Lagen stürmische
Böen zu erwarten. Im höheren Bergland gibt es Sturmböen, exponiert auch schwere
Sturmböen. Hierdurch ist im Bergland die Gefahr von Verwehungen noch gegeben.
Erst zum Abend hin flaut der Wind soweit ab, so dass dann warnrelevante Böen auf
höhere Berglagen und einige Küstenabschnitte beschränkt sind. Auf exponierten
Berggipfeln der nördlichen und östlichen Mittelgebirge können jedoch nach wie
vor noch Böen bis Sturmstärke auftreten.
Mit Tageshöchsttemperaturen zwischen 3 und 8 Grad wird es nicht mehr so mild wie
bisher. Oberhalb von 600 bis 800 m stellt sich leichter Dauerfrost ein.


Modellvergleich und -einschätzung
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Die vorliegenden Modelle zeigen eine weitgehend ähnliche Entwicklung. Anhand der
synoptischen Basisfelder lassen sich keine prognoserelevanten Unterschiede
ableiten. Auch hinsichtlich der Zugbahn des Sturmtiefs am Sonntag haben sich die
Modelle weitgehend angeglichen. Unstrittig ist dabei, dass der Norden von den
stärksten Böen verschont bleibt. Eine leichte Außenseiterposition nehmen noch
EZMW und das französische Modell ein, die dieses Tief etwa Sonntagabend, also
gegenüber den anderen Modellen verzögert, auf den Westen, d.h. das nördliche
NRW, übergreifen lassen wogegen die anderen Modelle dem oben beschriebenen
Szenario weitgehend folgen. Das Szenario des EZMW hätte die stärksten Böen (auch
ohne Konvektion bis in den orkanartigen Bereich hinein) im südlichen NRW und im
nördlichen Rheinland-Pfalz und Hessen zur Folge.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Thomas Schumann