DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

05-02-2019 17:30
SXEU31 DWAV 051800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 05.02.2019 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Im Südosten in den beiden Folgenächten teils strenger Frost. Am Donnerstag in
höheren Mittelgebirgslagen sowie im Südosten gefrierender Regen, dabei Unwetter
nicht ausgeschlossen. Ab Donnerstag verbreitet auflebender Wind.

Synoptische Entwicklung bis Freitag 12 UTC
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Aktuell ... liegt Deutschland vorderseitig eines Höhenrückens in 500 hPa, dessen
Achse sich von der Iberischen Halbinsel in einem weiten Bogen über den
Ärmelkanal bis nach Island erstreckt. In der Nacht rückt der Rücken allmählich
näher, zum Morgen greift seine Achse auf den Westen über. Der Rücken stützt
dabei ein kleinräumiges Hoch über Süddeutschland (Druck > 1030 hPa), das
entsprechend der Geopotentialdynamik eine ostwärtige Verlagerung aufweist und
das bis in die Frühstunden in seinen westlichen Bereichen (Baden-Württemberg)
etwas abgebaut wird, dafür aber auf Niederösterreich, das Böhmische Becken und
Südpolen übergreift. Insgesamt bedeutet diese Konstellation in weiten Teilen
unseres Landes einen ruhigen Wettercharakter. Im Einflussbereich des Hochs, etwa
südlich einer Linie Eifel - Uckermark, kommt es verbreitet zu Frost, der umso
kräftiger ist, je weiter man nach Südosten kommt. Ob es in Süd- und Ostbayern
wieder für strengen Frost reicht, wird sich zeigen. Da wo ganztägig Nebel
vorherrschte, ist die Ausstrahlung vermutlich zu schwach, um Temperaturen unter
-10 Grad zu erreichen. Dort, wo die Hochnebeldecke im Tagesverlauf aufgerissen
ist, könnte es über Schnee durchaus wieder für den entsprechenden Strengen Frost
mit Werten bis zu -15 Grad reichen. Bezüglich Glätte ist wieder keine kritische
Situation zu erwarten. Im Tagesverlauf ist es abgesehen von einzelnen Flocken
oder Tropfen im Mittelgebirgsraum trocken geblieben, so dass Überfrieren
allenfalls lokal ein Thema werden könnte, eventuell auch durch abgeschmolzenen
und wieder frierenden Schnee. Im Süden ist zumindest in Nebelgebieten (wofür vor
allem der Bereich von Ostbayern bis zu den Alpen in Frage kommt) wieder
Reifglätte zu erwarten. Der Wind ist im Norden zwar lebhaft, allerdings durch
den Druckanstieg im Bereich des Rückens und das damit verbundene Auffächern des
Gradienten bis weit in die zweite Nachthälfte hinein kein (Warn-) Thema.

Erst zum Morgen greifen auf den äußersten Nordwesten die Niederschlagsgebiete
eines Frontensystems über, das zu einem steuernden Zentraltief über dem
Nordatlantik gehört. Die schon ab der ersten Nachthälfte präfrontal auf die
Nordwesthälfte übergreifende mehrschichtige Bewölkung der Warmfront trägt mit zu
den frostfreien Bedingungen im Nordwesten bei. Erst Tropfen fallen Ausgangs der
Nacht in Nord- und Ostfriesland, wobei bei durchweg positiven Temperaturen nur
Regen zu erwarten ist. Mit der Front frischt der Süd- bis Südwestwind auf, in
Nordfriesland kann dies in Küstenlagen gegen Morgen einzelne steife Böen Bft 7
bedeuten. Dass mit der Warmfront auf eine Milderung einsetzt, kann man gut an
den 850er Temperaturen ablesen. Liegen diese am Abend noch um 3 Grad im Westen
und -5 Grad im Osten, steigen die entsprechenden Werte bis in die Frühe auf
Werte zwischen 5 Grad (Westen) und -3 Grad (Osten).

Mittwoch ... zieht der Höhenrücken ostwärts über Deutschland hinweg, seine Achse
erreicht zum Abend die Oder. Damit gelangt Deutschland komplett auf die
Vorderseite eines Langwellentroges, der vom Seegebiet südlich Islands nach
Südwesten weist. Auch die Achse des Langwellentroges wandert nach Osten, sie
weist am Abend in Richtung Biskaya. Da der Langwellentrog sich durch in seine
Rückseite hineinlaufende Kaltluft regeneriert und die Trogspitze dadurch weit
nach Süden reicht, wird die trogvorderseitige Strömung zunehmend antizyklonal,
sprich sie bildet einen flachen Rücken aus, der abends Teile Großbritanniens und
der Nordsee überdeckt. Durch die beschriebenen Prozesse wird zwar einerseits das
Zentrum des Bodenhochs weiter nach Osten verschoben (es soll mit seinem
Schwerpunkt zum Abend über dem Südwesten der Ukraine liegen), allerdings folgt
die über dem Nordwesten liegende Kaltfront (oder Okklusion, den im Theta-Feld
erinnert die Struktur mehr an eine warme Schliere als einen klassischen
Warmsektor) nicht direkt nach. Letzteres liegt an der mangelnden
Schubkomponente, die der von Nordost nach Südwest orientierten Front in der
südwestlichen Boden- und Höhenströmung eindeutig fehlt. In der Folge zeigt die
Front eine Tendenz zur Wellenbildung, so dass ihre dichten Wolken und ihre
Niederschläge zwar im Norden bis nach Vorpommern ausgreifen, im Westen aber nur
bis zum Niederrhein, allenfalls bis an die Mittelgebirgsschwelle vorankommen, so
dass die Mittelgebirge wohl zumeist niederschlagsfrei bleiben. Durch die
fortschreitende Erwärmung (T850 am Abend zwischen 2 und 5 Grad) fällt der
Niederschlag durchweg als Regen, und da der o.e. flache Höhenrücken im
Bodendruckfeld für einen Druckanstieg und ein auffächern des Gradienten sorgt,
lassen an der Nordsee die aus der Nacht heraus noch steifen Böen im Tagesverlauf
wieder nach. Bezüglich des Windes sind noch Sturmböen auf dem Brocken zu
erwähnen, ebenso wie einzelne steife Böen an der Schleswig-Holsteinischen
Ostseeküste, die MOSMIX im Programm hat, die aber aus der Deterministik von
ICON, GFS oder EZMW nicht abzuleiten sind (wohl aber aus der von COSMO-D2). Im
Südosten profitiert man weiterhin vom Hochdruckeinfluss, wobei die Frage nach
der Sonnenscheindauer von derjenigen nach der Nabelauflösung nicht zu trennen
ist. ICON und EURO4 rechnen mit einer zögerlichen Nebelauflösung, GFS und EZMW
setzen auf raschere Nebelauflösung - und könnten damit falsch liegen,
schließlich sind die Bedingungen dort immer noch schwachgradientig. In den von
Dauernebel betroffenen Gebieten ist erneut ein Dauerfrosttag mit Höchstwerten
nur zwischen -3 und 0 Grad zu erwarten. Sonst steigen die Höchstwerte im Westen
bis 9 Grad.

In der Nacht zu Donnerstag nähert sich der Trog auf dem Atlantik noch weiter dem
Vorhersagebereich, seine Achse liegt zum Morgen über England. Auf der
Vorderseite des Troges soll sich in der Nacht ein kleinräumiges Tief
intensivieren, welches von Irland ausgehend nach Nordengland zieht. Da auf der
Südostflanke des Tiefs der Wind zunehmend auf West dreht, wird die am Tage noch
wellende Front in der Nacht weitern nach Osten verlagert und erreicht zum Morgen
etwa den Rhein. Mit ihr greifen Niederschläge auf den Westen über, die etwa bis
nach Hessen vorankommen, während der Norden weiterhin unter dichter Bewölkung
liegt und dort gebietsweise Regen fällt. Weiterhin setzt ICON vom Weserbergland
bis etwa in die Pfalz sehr stark auf gefrierenden Regen, was erneut an den von
diesem Modell sehr tief simulierten Nachttemperaturen liegt, was allerdings auch
in Anbetracht der zumindest in Mittelgebirgslagen frostigen Böen realistisch
erscheint. Zudem tendiert EZMW mit seinen Tiefstwerten inzwischen ein wenig in
Richtung der ICON-Schiene, was dem beschriebenen Szenario eine höhere
Wahrscheinlichkeit einräumt. Bei Niederschlagsmengen, die in 6 Stunden um 1-2
mm, lokal auch etwas darüber liegen können, könnte in den genannten Gebieten
zumindest eine markante Glatteislage ins Haus stehen. Daran ändert auch der im
Frontbereich auflebende Wind nichts Grundsätzliches, in höheren Lagen des
Westens können zum Morgen einzelne steife Böen Bft 7 auftreten. Verbreitet soll
es in der (weiter von hohem Druck beeinflussten) Südosthälfte frieren, im
Südosten auch wieder streng mit Tiefstwerten um -15 Grad. Nebel ist vor allem
wieder in Teilen Bayerns ein Thema, wenngleich die Signale im Vergleich zu den
Vortagen insgesamt etwas abgenommen haben. In der Nordwesthälfte dürfte die
Nacht frostfrei verlaufen. Vom Niederrhein bis zur Ems gehen die Werte nicht
unter 5 Grad zurück.

Donnerstag ... verstärkt sich der trogvorderseitige Einfluss, die Trogachse
greift zum Abend auf den Westen über. Sowohl das Geopotentialminimum als auch
das kleinräumige Tief ziehen von England vor die Südwestküste Norwegens (laut
ICON), wobei sich das Tief moderat kräftigt (von anfangs etwas unter 995 hPa auf
etwas unter 990 hPa). Damit wird die Kaltfront, die im Theta-Feld weiter eher
einer Okklusion gleicht, nach Osten und Süden durchgedrückt und erreicht die
polnische Grenze und Bayern. Insbesondere südlich des Mains treffen die
Niederschläge, die bei 850er Temperaturen um null Grad meist als Regen fallen,
auf tief gefrorene Böden (und teils auch mittags noch negative
Lufttemperaturen), so dass mit verbreiteter gefrierendem Regen gerechnet werden
muss - Unwetter nicht ausgeschlossen! Dies gilt auch für Teile Ostbayerns, wobei
dort zusätzlich auch die Höchstwerte wohl nicht über den Gefrierpunkt steigen.
Dieses Szenario sehen ICON und EZMW ähnlich, GFS setzt sehr auf Nieselregen,
wobei dies bei den dort gefrorenen Böden unglaubwürdig erscheint. Dass die
Situation insgesamt noch recht unsicher ist, zeigt sich auch an den
Unterschieden in den Druckfeldern, denn im Gegensatz zur vorhin geschilderten
ICON-Welt simuliert EZMW ein etwas langsameres Ziehen der Front, die obendrein
in einen markanten Bodentrog eingelagert sein soll, wobei entsprechend der Wind
im Frontbereich massiv auffrischt (Böen bis Bft 8-9, EZMW, Lauf 00 UTC). Dem
Gegenüber sieht ICON (ohne Bodentrog) die Böen vor allem an der Südflanke des
kleinräumigen Tiefs, wobei Böen Bft 7-8 zumindest zeitweise bis ins Binnenland
ausgreifen, an den Küsten dagegen Böen Bft 8-9 simuliert werden.

In der Nacht auf Freitag zieht die Front nach Osten ab, im Süden legt sie sich
an die Alpen und bringt dort weitere Niederschläge, auch gefrierenden Regen,
wobei die Niederschläge in höheren Lagen (über 1000 m) bei sinkenden 850er
Temperaturen in Schnee übergehen. Postfrontal klar es teilweise auf, was in der
Mitte Ausstrahlung und Frost und möglicherweise auch Glätte durch Überfrieren
bedeutet. Im den Norden ziehen von Westen her schon wieder neue Wolken, die zu
einem Tief westlich von Irland gehören. Ob diese ausgangs der Nacht schon Regen
bringen ist noch nicht ausgemacht, die Modelle zeigen unterschiedliche Lösungen
auf. Allerdings ziehen schon Wolken herein, so dass es im Nordwesten und Norden
wiederum frostfrei bleibt. Das vorderseitig des Atlantiktiefs der Gradient
anzieht und der Wind in der Folge auffrischt, haben alle Modelle im Programm.
Das bedeutet in der Nordwesthälfte, später auch im Südwesten, der Mitte und dem
Osten Windböen und stürmische Böen (Bft 7-8), im Nordwesten auch im Binnenland
mal volle Sturmstärke (Bft 9). Im Küstenumfeld weht der Wind mit Sturmstärke,
und in der Nacht treten nach jetzigem Stand auch schwere Sturmböen auf (Bft 10).



Freitag ... überquert Deutschland ein Höhentrog ostwärts und sorgt zunächst für
wechselhaftes Schauerwetter. Zwar wird rückseitig einer nach Südosten
abgezogenen Kaltfront vorübergehend Polarluft herangeführt, die ist allerdings
aufgrund ihres maritimen Charakters und der guten Durchmischung nicht sonderlich
kalt, sodass Schnee nur in höheren Lagen und an den Alpen zu erwarten ist. Dem
Trog folgt im Tagesverlauf ein flacher Rücken, der allerdings von
Warmluftadvektion überlaufen wird und somit kaum Wetterwirksamkeit entfaltet.
Lediglich im Süden kann sich das Wetter spürbar beruhigen und auch mal länger
die Sonne zum Vorschein kommen. Am Boden stellt sich eine flotte südwestliche
Strömung ein, wobei zum Abend bereits die Warmfront eines Sturmtiefs westlich
der Britischen Inseln mit Regen auf den Nordwesten des Landes übergreift. Der
Wind weht vor allem im Mittelgebirgsraum sowie im Norden und Nordwesten stark
böig, Sturmböen gibt es im Bergland und an der Nordsee.


Modellvergleich und -einschätzung
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Die Modelle simulieren die Abläufe recht ähnlich, ab der Nacht zu Donnerstag
zeigen sich deutlichere Unterschiede bezüglich der Verteilung und der Phase der
Niederschläge, die von Westen her übergreifen. Ab Donnerstag zeigen sich größere
Unterschiede bei der Entwicklung und Verlagerung des kleiräumigen Randtiefs über
England und der Nordsee. Dies hat insbesondere auf die Windsituation, aber
wiederum auch auf die Niederschläge (Verteilung, Phase) einen Einfluss, der
heute noch nicht genau abgeschätzt werden kann.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Martin Jonas