DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

01-02-2019 17:30
SXEU31 DWAV 011800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 01.02.2019 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Vb-artige Wetterlage mit Aufgleitniederschlägen, anfangs teils gefrierender
Regen, von Westen allmählich in Schnee übergehend.

Synoptische Entwicklung bis Montag 12 UTC
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Aktuell ... liegt Deutschland vorderseitig eines kräftigen Troges, der sich von
Island weit nach Süden bis zur Iberischen Halbinsel erstreckt. Durch dessen weit
westliche Position kam es in den letzten Stunden mit der strammen süd- bis
südwestlichen Höhenströmung zu kräftiger Warmluftadvektion über Deutschland, so
dass die -5 Grad-Isotherme in 850 hPa gerade noch an der dänischen Grenze zu
finden ist, während die 0 Grad-Isotherme die zentralen Mittelgebirge erreicht
hat. Folglich herrschen südlich davon durchweg positive Temperaturen -
föhnbedingt am östlichen Alpenrand sogar bis +7 Grad. Dass in 2 Metern dennoch
kein T-Shirt-Wetter ausgebrochen ist, liegt an der Konstellation im
Bodendruckfeld. Am Boden befindet sich das Zentrum des steuernden Tiefs aktuell
mit einem Kerndruck nahe 985 hPa im Raum Bordeaux. Bei nur schwachen
Luftdruckgegensätzen über Mitteleuropa (Hoch als Gegenspieler erst im Norden
Skandinaviens) resultiert daraus eine schwache östliche Strömung. So bleibt die
feucht-kalte Luftmasse der Vortage bodennah bei nur geringer Durchmischung
weitgehend erhalten. Lediglich im unmittelbaren postfrontalen Bereich einer sich
auflösenden Okklusion über Nordfrankreich, Benelux bis nach Niedersachsen konnte
sich mit vorübergehend Winddrehung auf Süd mildere (weil durchmischte) Luft
durchsetzen.
Bis Samstag Früh schwenkt der Trog nun im Südteil ostwärts und erreicht den
Löwengolf. Dadurch steilt die Strömung über Mitteleuropa weiter auf und kommt
glatt aus Süd. In dieser Vb-artigen Konfiguration fällt mit Umströmung des
Alpenbogens nordwärts nun auch verstärkt über Tschechien der Luftdruck, wodurch
sich an der Gegenstromlage mit bodennahen schwachen und in der Mehrheit
nordöstlichen Winden nichts ändert. Entsprechend kommt es gebietsweise zu
leichten Aufgleitniederschlägen, die sich vorrangig auf den Bereich der
stärksten Temperaturgegensätze in der Höhe konzentrieren. Dieser erstreckt sich
auf einen breiten Streifen von Vorpommern bis zum Saarland. Auf der "warmen"
Vorderseite fallen die Niederschläge bei positiven Temperaturprofilen bis in die
Kammlagen meist in der flüssigen Phase, so dass vor allem in Vorpommern, der
Altmark bis ins südliche Niedersachsen, aber auch in den östlichen
Mittelgebirgen örtliches Glatteis durch gefrierenden Regen auftritt. Rückseitig
gehen die Niederschläge immer häufiger in Schnee über, da von der Nordsee
sukzessive die kältere Luft mit rund -2 Grad in 850 hPa mit einbezogen wird.
Während es in den Ballungsgebieten entlang von Rhein, Main und Mosel aufgrund
der kompakten Bewölkung wohl glättetechnisch oft glimpflich abläuft, sind
oberhalb von rund 400 Metern überfrierende Nässe und Schneeglätte zu erwarten.
Größere Neuschneemengen über 5 cm binnen 12 Stunden sind - wenn überhaupt - nur
in höheren Staulagen der westlichen Mittelgebirge realistisch.
Ein zweiter Niederschlagsschwerpunkt kristallisiert sich zwischen Schwarzwald
und Allgäu heraus, der nach Franken ausgreift und an einen Kurzwellentrog über
Norditalien gekoppelt ist. Dort muss örtliches Glatteis infolge gefrierenden
Regens ebenfalls im Auge behalten werden. Für den gesamten Zeitraum gilt, dass
lokal und kurzzeitiges Unwetter bei doch stärkeren Regenintensitäten nicht
ausgeschlossen werden kann, insbesondere in Tallagen der östlichen
Mittelgebirge. Die Frühtemperaturen liegen verbreitet um den Gefrierpunkt.

Samstag ... beginnt der Trog über dem westlichen Mittelmeer auszutropfen und es
formiert sich eine klassische und zudem hochreichende Genuazyklone. Die
vorderseitige südliche Höhenströmung bleibt insbesondere über den östlichen
Teilen Deutschlands bestehen. Mit dieser wird das Bodentief über Tschechien
unter leichter Intensivierung nordwärts gesteuert und gelangt bis zum Abend bis
nach Bornholm. An dessen Nordwestflanke halten die Aufgleitniederschläge an.
Durch die fortwährende Niederschlagsabkühlung sowie einer Winddrehung auf
Nordwest vom Boden bis in mittlere Troposphärenschichten (bis ca. 700 hPa)
sinken die 850 hPa Temperaturen zögerlich etwas ab und gehen bis zum Abend
verbreitet auf -2 bis -5 Grad zurück. Nur in der Lausitz und Niederbayern
verbleiben sie noch im leicht positiven Bereich. In der Konsequenz muss vor
allem von der Lübecker Bucht über die Lüneburger Heide bis nach Ostwestfalen mit
länger anhaltenden, leichten bis mäßigen Schneefällen gerechneten werden.
Während es meist 1 bis 5 cm Neuschnee sein werden, die nach Beendigung des
Niederschlages auch leicht antauen, dürften es eingelagert aufgrund der
langsamen Verlagerung örtlich auch um 10 cm Neuschnee innerhalb von 12 Stunden
geben.

Oberhalb von 600 m und im Schneefall halten sich Temperaturen nahe des
Gefrierpunktes. Sonst werden 1 bis 4, im Süden bis 6 Grad erreicht.

In der Nacht zum Sonntag vollendet sich der o.g. Austropfprozess. In 500 hPa
verbleibt über der Nordsee allerdings noch ein Trogresiduum, das in den
Frühstunden den Nordwesten Deutschlands erreicht. Die einhergehende
Labilisierung hält noch einzelne, landeinwärts ziehende Schneeschauer am Leben.
Signifikante Neuschneemengen sind damit aber nicht verbunden, gleichwohl jedoch
lokale Glätte.
In der unteren Troposphäre setzt gleichzeitig von Westen Druckanstieg ein. Die
sich infolgedessen verstärkende nördliche Strömung am Nordrand des kräftigen
Genuatiefs bewirkt eine zunehmende Stausituation am Alpenrand. In diesem
Zusammenhang führen sich verstärkende Schneefälle bis zum Morgen südlich der
Donau zu 1 bis 5 cm, an den Alpen zu 10 bis lokal 20 cm Neuschnee. Auch in einem
Bereich nördlich davon - etwa zwischen Erzgebirge und Schwarzwald schneit es in
den Frühstunden leicht, was jedoch meist durch eine Glättewarnung "erschlagen"
werden kann.
Ohne großartige Auflockerungen und mangels Kaltluftadvektion schwanken die
Temperaturen weiterhin um den Gefrierpunkt. In den Zentren der Großstädte bleibt
es oft frostfrei.


Sonntag ... gelangt das o.e. Trogresiduum über Norddeutschland ebenfalls unter
Absinken und wird auf seiner Ostverlagerung immer mehr zugeschüttet. Zu
verdanken ist dies einem ostatlantischem Rücken, dessen Achse sich bis zur
Nordsee ausweitet und am Boden eine Hochdruckzone westlich von Portugal bis nach
Frankreich und Benelux stützt. Damit kommt es im Nordwesten zu nennenswerten
Aufheiterungen und weitgehend trockenem Wetter bei maximal +5 Grad.
Davon kann in der Südosthälfte keine Rede sein, wo die Stausituation unverändert
anhält. Sie wird sogar nochmals "befeuert" durch einen sich ablösenden Randtrog
vom Mittelmeertief und einer noch immer vorherrschenden südlichen Strömung
oberhalb von 500 hPa (noch immer Gegenstromlage). Bei Temperaturen nahe 0 Grad
kommt es etwa zwischen Neiße und Bodensee zu länger anhaltenden Schneefällen mit
1 bis 5 cm, im Alpenvorland und in der Oberlausitz 5 bis 10 cm. In Staulagen von
Erzgebirge und Alpen sind weitere 10 bis 20 cm Neuschnee bis zum Abend zu
erwarten. Infolge der fortschreitenden Abkühlung in 850 hPa auf -5 bis -8 Grad
stellt sich auch in mittleren Höhenlagen wieder Dauerfrost ein.

In der Nacht zum Montag schwenkt der Höhenkeil von Westen nach Deutschland und
stützt ein eigenständiges Hoch über Süddeutschland. Damit endet die
Gegenstromlage und die Niederschläge klingen auch in den östlichen
Mittelgebirgen und am Alpenrand allmählich ab. Bis dahin kommen noch 1 bis 3, in
Staulagen um 5 cm Neuschnee zusammen. Sollten sich im Verlauf der zweiten
Nachthälfte Auflockerungen zeigen, wird "spielerisch" der strenge Frost
geknackt.
Im Rest des Landes verläuft die Nacht wettertechnisch unter Hochdruckeinfluss
ruhig und bei zeitweiligen Wolkenlücken tritt verbreitet leichter bis mäßiger
Frost auf.

Montag ... Am Montag wird der Rücken über Mitteleuropa durch WLA im Vorfeld
eines sich annähernden Tiefs über Schottland gestützt. Ein vorgelagertes
Frontensystem (wohl weitgehend okkludiert) erreicht im Tagesverlauf den
Nordwesten Deutschlands. Je nach Timing könnten dabei sowohl anfängliche
Schneefälle, als in Regen übergehende und teils gefrierende Niederschläge für
"Schweinereien" sorgen. Nach derzeitigem Stand kommt es aber nur im
Nordseeumfeld und zur unkritischen Tageszeit am Nachmittag zu leichten
Regenfällen. Deutlich wahrscheinlicher ist da schon ein auffrischender Südwind
mit Frontannäherung, der auf den Nordseeinseln sowie in den westlichen
Mittelgebirgen starke, exponiert auch stürmische Böen verursacht. Sonst zeigt
sich zeitweise die Sonne bei 1 bis 5 Grad. Im Bergland herrscht leichter
Dauerfrost.


Modellvergleich und -einschätzung
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Die Modellkonsistenz bei dieser diffizilen Wetterlage ist (wenig überraschend)
insbesondere hinsichtlich der Wetterinterpretation, aber auch in der
Niederschlagsverteilung ausbaufähig. Die Gefahr gefrierenden Regens mit
punktuellem Unwetterpotenzial besteht in der kommenden Nacht vorrangig für die
Bereiche von Vorpommern bis zum Harz sowie in Teilen Süddeutschlands. Der
Schneeschwerpunkt am morgigen Samstag zeichnet sich in den 12z Läufen etwas
einheitlicher für das südliche Niedersachsen ab.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Robert Hausen