DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

31-01-2019 19:01
SXEU31 DWAV 311800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 31.01.2019 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
In der Nacht zum Freitag vor allem im Süden, in der Nacht zum Samstag auch in
anderen Regionen örtlich gefrierender Regen, lokal Unwetter nicht
ausgeschlossen. Auf einigen Bergen bis in die Nacht zum Samstag Sturmböen, an
den Alpen Föhn mit Böen Bft 9 bis 12 auf exponierten Gipfeln.

Synoptische Entwicklung bis Sonntag 12 UTC
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Aktuell ... erstreckt sich ein schmaler und daher mit geringer Wellenlänge
ausgestatteter Trog vom Nordostatlantik ausgehend in sehr spitzer Form und daher
mit großer Amplitude über Deutschland und dem Balkan in südöstlicher Ausrichtung
bis nach Griechenland. Ihm schließt sich ein schmaler und flacher Rücken an,
dessen Achse Nordostfrankreich bzw. den Nordostausgang des Ärmelkanals erreicht
hat. Noch weiter westlich findet sich ein Höhentief vor den Britischen Inseln,
das Abtropftendenzen vom umfangreichen Langwellentrog über dem Nordostatlantik
aufweist. Im Verlaufe der Nacht verlagert sich der spitze Trog unter Verkürzung
seiner Wellenlänge nach Nordosten und verlässt Deutschland, während der flache
Rücken recht schnell progressiv über uns hinwegschwenkt. Das Höhentief weitet
sich indes nach Süden hin aus und gelangt in die Biskaya. Am Boden hat ein zum
Höhentief gehörendes Tief mit Zentrum ausgangs der Nacht ebenfalls über der
Biskaya die Zügel in der Hand. Aufgrund der achsensenkrechten Position des
Bodentiefzentrums zum Höhentiefzentrum ist der Höhepunkt der Entwicklung des
Tiefs bereits überschritten. Nichtsdestotrotz bahnt sich die okkludierende Front
des Tiefs von Südwesten her ihren Weg nach Deutschland. Damit gelangt starke
Bewölkung samt neuen Schneefällen zu uns, die von kräftiger WLA unterstützt wird
und sich bis morgens bis in einen Bereich südliches Emsland - Thüringer Wald -
Franken - Bodensee ausbreitet, weiter nach Nordosten bleibt es trocken bei
einzelnen Auflockerungen. Die Neuschneemengen liegen mit 1 bis 5 cm im
überschaubaren Rahmen, in einigen Staulaugen können um 10 cm fallen. Nicht so
überschaubar ist jedoch die Phase des Niederschlags im weiteren Verlauf der
Nacht. So wird mit der Okklusion niedertroposphärisch ein Schwall milderer
Meeresluft zu uns verfrachtet und bei Drehung der Strömung auf Südwest setzt
auch noch Föhn ein. In 850 hPa steigen die Temperaturen damit bis etwa zur
Mainlinie auf 0 bis 4 Grad. Die "warme Nase" im Süden dürfte folglich
ausreichen, sodass die Niederschläge in die flüssige Phase übergehen. Bodennah
bleibt deutschlandweit aber noch eine südöstliche Anströmung bestehen, womit die
Tiefsttemperaturen zwischen -1 und -7 Grad liegen und die Zutaten für
gefrierenden Regen gemixt sind. Signale für Glatteisregen finden sich bis zum
Morgen vor allem in Teilen Baden-Württembergs und Bayerns. Aber auch im
westlichen Mittelgebirgsraum gibt zumindest C-D2 lokal das Signal für
gefrierenden Regen. Dabei könnte es sich um unterkühlte Regentröpfchen handeln,
weil in höheren Luftschichten (bei etwa 750 bis 800 hPa) durch postfrontales
Absinken eine Abtrocknung einsetzt und die Niederschlagsteilchen bei
Temperaturen über -10 Grad nicht mehr zu Schneeflocken werden. Von einer
großflächigen Unwettersituation ist derzeit in allen Regionen nicht auszugehen,
da die Niederschlagsverteilungen noch nicht kongruent sind (EZ beispielsweise
ist etwas "schneller" als ICON) und die Niederschläge anfangs meist als Schnee
fallen. Dennoch könnte es örtlich für eine Unwetterwarnung reichen. Die ganze
Glatteisregenlage lässt sich vermutlich nur per Nowcast abhandeln, eine
prophylaktische Warnung ist aufgrund der verschiedenen Modellergebnisse nicht
zielführend, da zu große Gebiete eine markante Warnung erhalten würden. Neben
den aufkommenden Niederschlägen frischt der Wind auf, weil der Gradient zunimmt.
In den Alpen bringt der Föhn teils schwere Sturmböen oder mehr aus Süd auf
exponierten Gipfeln, eventuell reicht es auch in einigen dafür prädestinierten
Tälern für stürmische Böen (Bft 8). In den Kamm- und Gipfellagen der
Mittelgebirge gibt es vor allem ab der zweiten Nachthälfte (Schwarzwald schon
früher) stürmische Böen, exponiert Sturmböen (Bft 9) aus Südost, im
Nordseeumfeld und im Lee einiger westlicher bzw. zentraler Mittelgebirge starke
Böen (Bft 7).

Freitag ... weitet sich das Höhentief, das immer noch Anschluss zum
Langwellentrog nördlich vom ihm hat, bis zur Iberischen Halbinsel aus. Der sich
etwas aufwölbende Keil erreicht mit seiner Achse bereits Polen. Das Bodentief
mit Kern über der Biskaya füllt sich langsam auf, wobei der Kerndruck von 975
auf 985 hPa steigt. Zudem bilden sich im Tiefkomplex weitere Kerne heraus, u.a.
eins über dem Löwengolf und eins nördlich der Alpen, der fortan als Leetief
fungiert. Die Okklusion über Deutschland zieht im Tagesverlauf weiter nach
Norden. Die an ihr gebundenen Niederschläge schwächen sich immer weiter ab,
sodass meist nicht mehr als 1 bis 5 cm Neuschnee zu erwarten sind. Bei
Höchsttemperaturen von 0 Grad im Südosten, 1 Grad im Norden und bis 6 Grad im
Westen akkumuliert der Schnee im Norden immer seltener, nicht zuletzt auch wegen
der nachlassenden Intensität. Hinter diesen nach Norden abziehenden
Niederschlägen stellt sich vorübergehend trockenes Wetter ein und hier und da
blinzelt auch mal die Sonne hervor. Bereits am späten Vormittag kommen im
Südwesten aber neue Niederschläge auf. Diese stammen von der Tiefdruckbildung
über dem Löwengolf, wobei dort eine Wellenbildung an der ursprünglichen
Kaltfront des Tiefs über der Biskaya induziert wird. Die Niederschläge greifen
bis zum Abend bis in den zentralen Mittelgebirgsraum und bis nach Thüringen und
Nordbayern aus. Häufig dominiert die flüssige Phase, die Schneefallgrenze liegt
bei 800 bis 1000 m. Oberhalb können 5 bis 10 cm Neuschnee fallen, insbesondere
im Schwarzwald werden dafür von den Modellen Hinweise geliefert. Eine andere
Frage ist erneut die nach der Glatteisbildung, die zunächst auf der Schwäbischen
Alb am Vormittag noch gegeben ist, dann aber nachlässt, um am Nachmittag und
Abend wieder zuzunehmen. Dann ist vor allem der zentrale Mittelgebirgsbereich
betroffen, aber auch im Süden liegen lokal Signale für Glatteis vor. Interessant
bzw. gefährlich ist dabei, dass die bodennahe Strömung auf Ost oder sogar
Nordost dreht und die kalte Luft nicht überall ausgeräumt wird. Andererseits
gibt es durch den recht flotten Wind eine gute Durchmischung, die wiederum gegen
Glatteis spricht. Letztlich kann auch am Freitag die Warnlage bzgl. Glatteis nur
im Nowcast in Griff bekommen werden. Der Wind bleibt in seiner Ausprägung etwa
so stark wie in der vorangegangenen Nacht.

In der Nacht zum Samstag kommt der Trog ein wenig nach Osten voran, wobei er
sich noch etwas weiter bis nach Nordafrika hin ausdehnt. Der Tiefdruckkomplex am
Boden verschiebt sich dadurch ebenfalls leicht progressiv. Das Leetief nördlich
der Alpen zieht langsam nach Osten, sodass der Föhn allmählich zusammenbricht.
Die Niederschläge im Bereich der wellenden Front erreichen im Nachtverlauf den
Nordosten. Mit der Progression des Tiefdruckkomplexes sickert von Nordwesten
leicht kühlere Luft ein, in T850 hPa gehen die Werte bis auf -3 Grad zurück. So
sinkt die Schneefallgrenze am Nordwestrand der Niederschläge bis in tiefe Lagen,
nach Süden hin liegt sie noch bei 400 bis 600 m. Die Neuschneemengen betragen 1
bis 5 cm, in einigen Staulagen vor allem der zentralen und südwestlichen
Mittelgebirge gibt es etwas mehr. Darüber hinaus bleibt das Thema Glatteisregen
präsent. In einigen Bereichen ist die "warme Nase" immer noch ausreichend, womit
anstatt Schnee Regen fällt. Bei Temperaturen zwischen 2 Grad im Südwesten und
bis -5 Grad im Süden geben die Modelle praktisch in allen Bereichen des
Niederschlags Hinweise für gefrierenden Regen. Wo dieser letztlich auftritt,
bleibt abzuwarten. Zudem sollte beachtet werden, dass auch überfrierende Nässe
ein Thema werden kann. Der Wind hingegen schwächt sich allgemein wieder ab, da
der Gradient nachlässt. Letzte starke bis stürmische Böen bleiben den höheren
Alpengipfeln vorbehalten.

Samstag ... macht der Trog weitere Fortschritte nach Osten hin. Die
Tiefdruckrinne verschiebt sich damit ebenfalls leicht weiter. Das Leetief zieht
von den Alpen in die Ostsee, rückseitig gelangt neuerlich kältere Luft nach
Deutschland. Zudem sind gebietsweise Niederschläge zu erwarten, wobei die
Schneefallgrenze im äußersten Norden bei 0 m, nach Süden hin jedoch bei 300 bis
500 m zu finden ist. Die Niederschlagsmengen betragen 1 bis 10 l/qm bzw. 1 bis
10 cm, vereinzelt kann es mehr geben. Gefrierender Regen spielt hingegen keine
so große Rolle mehr, da die mildere Luft mit T850 hPa über 0 Grad immer mehr
nach Osten hin zurückweicht, im Norden werden die T850 hPa bereits wieder unter
-5 Grad liegen. Am Nachmittag lassen die Niederschläge im Südwesten nach. Der
Wind weht schwach bis mäßig aus West bis Nordwest, stärkere Böen sind höchstens
auf den exponierten Alpengipfeln zu erwarten. Die Temperaturen steigen auf 1
Grad im Nordosten und bis zu 6 Grad im Südwesten.

In der Nacht zum Sonntag zieht das Höhentief ins zentrale Mittelmeer. Es ist
verbunden mit einem Bodentief, dessen Feuchtefelder den Südosten von Deutschland
erreichen und dort neue Schnee-, in tiefen Lagen auch noch Regenfälle auslösen.
Die Schneefallgrenze liegt bei etwa 400 bis 600 m, sinkt im Laufe der Nacht aber
noch etwas ab. Wahrscheinlich beschränken sich die Hauptniederschläge auf die
Bereiche südlich der Donau. Ansonsten regnet oder schneit es nur selten.
Insbesondere im Norden lockern die Wolken auch mal auf. Die Temperatur geht auf
2 bis -3 Grad zurück, gebietsweise muss mit Glätte gerechnet werden. Der Wind
bleibt schwach, höchstens an der See gibt es einzelne frische Böen.

Sonntag ... bleibt das Höhentief über dem zentralen Mittelmeer quasistationär,
der nördlichere Teil des Langwellentrogs verlagert sich aber ein wenig weiter
nach Osten. Damit verbleibt Deutschland im Trogbereich. Das Ostseetief zieht zum
Bottnischen Meerbusen weiter und hat keine Relevanz mehr für Deutschland. Das
Tief über dem zentralen Mittelmeer bewirkt hingegen weiterhin Aufgleitprozesse,
die den Südosten Deutschlands beeinflussen. Weitere Niederschläge sind dort die
Folge. Allerdings wird das Land wieder durch kühle Luft polaren Ursprungs
geflutet, sodass die T850 hPa auf -5 bis -9 Grad sinkt. Die Schneefallgrenze
sinkt daher immer weiter bis in die Niederungen ab. Relativ einig sind sich die
Modelle auch schon, bis wohin der Niederschlag ausgreift. So sind alle Gebiete
südöstlich einer Linie Schwarzwald - Schwäbische Alb - Franken - Lausitz
"betroffen". Die Niederschlagsmengen liegen 12-stündig bei 5 bis 15 cm, in
Staulagen kann es noch mehr geben. Weiter im Nordwesten bleibt es dagegen unter
schwachem Hochdruckeinfluss größtenteils trocken, Chancen auf Sonnenschein
bestehen vor allem ganz im Nordwesten. Die Höchsttemperaturen erreichen 0 Grad
im Südosten und bis 5 Grad an der Nordsee. Der Wind aus Nordwest weht schwach
bis mäßig, auf exponierten Gipfeln sind einzelne starke Böen dabei.


Modellvergleich und -einschätzung
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Die Modellergebnisse bezüglich der räumlichen Niederschlagsverteilungen gleichen
sich mit den neuesten Läufen an, auch wenn das EZWM in der Nacht zum Freitag
immer noch etwas schneller ist als die anderen Modelle. Allerdings besteht bei
der Niederschlagsphase bzw. der Interpretation bis zum Samstag deutliche
Uneinigkeit. So werden die Schwerpunkte mit gefrierendem Regen zum Teil deutlich
unterschiedlich gelegt, sodass die Warnungen dafür sich schwierig gestalten und
im Nowcast erledigt werden müssen.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Simon Trippler