DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

29-01-2019 18:01
SXEU31 DWAV 291800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 29.01.2019 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Aus Südwest wiederholt Niederschlag, zunächst meist als Schnee, am Freitag
zunehmend in Regen übergehend. Glätte. Süden und Osten meist trocken. Mittwoch
im Südwesten teils stürmisch, im Hochschwarzwald vorübergehend teils schwerer
Sturm. Am Freitag an den Alpen leicht föhnig.

Synoptische Entwicklung bis Freitag 12 UTC
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Aktuell ... liegt Deutschland unter einem seichten Höhenkeil, der stromab eines
komplex strukturierten Höhentroges über Westeuropa aufgespannt wird. Auch
bodennah wandert über Süddeutschland ein schwaches Bodenhoch ostwärts zum
östlichen Alpenrand. Einzig der äußerste Norden wird von einer schwachen
Okklusion tangiert, die jedoch nur einen geringen Wettereinfluss auf den Norden
ausübt. Summa summarum starten wir in Deutschland in eine ruhige Nacht mit
abendlichen Werten um den Gefrierpunkt (vom Niederrhein bis zu den
Ostfriesischen Inseln und im Norden im zarten Plusbereich, sonst im leichten, im
Bergland über Schnee auch im mäßigen Frostbereich).

Im Verlauf der kommenden Nacht, der Nacht zum Mittwoch, ändert sich das
antizyklonal geprägte Strömungsmuster von Westen jedoch grundlegend, denn ein
markanter Höhentrog über Frankreich nähert sich dem Westen Deutschlands zügig.
Diesen Trog begleitend zieht ein kräftiges Bodentief zunächst über die Mitte
Frankreichs nach Osten, später nach Nordost und erfasst ausgangs der Nacht
Belgien und Luxemburg. Phasendiagramme unterstützen noch einen seichten warmen
Kern mit einem fokussierten niedertroposphärischen Starkwindfeld im
Südquadranten, was einer sich nun über Land abschwächenden "warm seclusion"
entsprechen dürfte. Dieses kompakte, aber besonders niedertroposphärisch
ausgeprägte Starkwindfeld erfasst den äußersten Südwesten ausgangs der Nacht.
Mit der zunehmend zyklonal geprägten Höhenströmung ist im Nachtverlauf mit einer
von West nach Ost fortschreitenden Bewölkungsverdichtung zu rechnen. Einzig im
äußersten Osten und Südosten verläuft die Nacht noch überwiegend klar. Am
Westrand des sich sukzessive nach Polen verlagernden Bodenhochs weht im Osten
ein nur schwacher Ostwind und in Verbindung mit der fehlenden Bewölkung steht
einer effektiven Strahlungsnacht nichts im Weg. Daher werden von Sachsen bis zum
Schwarzwald Minima im mäßigen Frostbereich (-5 bis -9 Grad) erwartet. Besonders
im Bayerischen Wald, dem Erzgebirge und dem östlichen Alpenrand kann über Schnee
auch strenger Frost von unter -10 Grad nicht ausgeschlossen werden, was von der
Probabilistik geringfügig unterstützt wird. Im gesamten Westen werden die Minima
bereits in der ersten Nachthälfte erreicht (leichter Frost von -1 bis -4 Grad),
bevor die Werte von Südwesten allmählich ansteigen. Die Erwärmung ist nicht nur
auf einen kompakten Wolkenaufzug, sondern auch auf den bereits angesprochenen
zunehmenden Druckgradienten im Südwesten zurückzuführen. Besonders abgekoppelt
von der Grenzschicht reagieren zunächst die Berge im Verlauf der Nacht mit
Sturmböen im Hochschwarzwald und auf dem Brocken (Bft 9). Im äußersten Südwesten
weht der Südwestwind auch im Tiefland ausgangs der Nacht zunehmend böig (um 55
km/h, Bft 7).
Bleibt noch der Niederschlag zu erwähnen, denn mit der Annäherung des Bodentiefs
und einhergehender Okklusion setzen schwache Hebungsvorgänge ein. Daher greift
leichter Schneefall auf den äußersten Westen über (Eifel bis Saarland). Die
Neuschneemengen fallen jedoch mit wenigen Zentimetern gering aus, reichen jedoch
für eine erhöhte Glättegefahr aus.



Mittwoch ... zieht das Bodentief unter Auffüllung vorderseitig eines scharfen
Höhentroges über Großbritannien und den östlichen Ärmelkanal nach Norden und
erreicht zum Abend die Ostfriesischen Inseln. Im Zuge der stärksten
hochreichenden Hebung entlang des Höhentroges wird ein Niederschlagsschwerpunkt
westlich von Deutschland erwartet. Aufrisse durch das Bodentief und die
Okklusion weisen kaum Hebung in der Eiskristallwachstumszone auf, sodass
weiterhin nur mit leichten Niederschlägen gerechnet werden muss, die den
gesamten Westen betreffen (Spessart bis Elbmündung). Es schneit zwar bis ins
Tiefland, allerdings darf in tiefen Lagen nicht mit mehr als 1-3 cm Neuschnee
gerechnet werden, der bereits bei schwächeren Niederschlagsphasen beginnt zu
tauen. Zudem klettern die Temperaturwerte im Tiefland je nach
Niederschlagsintensität in den leichten Plusbereich. Bereits oberhalb von 400 -
500 m sorgt leichter Dauerfrost jedoch für den Erhalt der dünnen Neuschneedecke.
Im Süden und Osten bleibt es hingegen trotz ausgedehnter Wolkenfelder trocken,
einzig am Alpenrand und entlang des Bayerischen Waldes sind einzelne
Schneeschauer nicht ausgeschlossen. Auch sonst liegen die Höchstwerte um den
Gefrierpunkt mit leichtem Dauerfrost im Bergland.
Das große Thema allerdings ist der Wind, der im Südwesten bis in den Nachmittag
hinein stark böig, zeitweise auch stürmisch weht (Bft 7 bis 8). Bezüglich
Sturmböen im Tiefland springt der Oberrheingraben ins Auge, wo dank geführter
Winde in Verbindung mit dem bereits angesprochenen Starkwindfeld wiederholt
Sturmböen im Bft 8-Bereich auftreten können. Auch die von COSMO D2 anvisierten
Bft 9 Böen kann man nicht ausschließen. Im Bergland sind generell Sturmböen und
auf dem Hochschwarzwald gar schwere Sturmböen bis Orkanböen (Bft 10 bis 12) zu
erwarten. Insgesamt schwächt sich der Wind zum Abend wieder deutlich ab. Im
Norden und Osten weht der Südostwind meist leicht, im Bergland und im
Küstenumfeld zeitweise böig (Bft 6 bis 7). Die Kombination aus etwas Neuschnee,
im Bergland noch vorhandenem Schnee und dem angesprochenen Wind lässt im
Bergland West- und Südwestdeutschlands oberhalb von 600 bis 800 m
Schneeverwehungen als möglich, im Hochschwarzwald als wahrscheinlich erscheinen.



In der Nacht zum Donnerstag verlagert sich das Bodentief unter Abschwächung
zügig über den Westen Niedersachsens auf die offene Nordsee. Wettertechnisch
wird der markante Höhentrog besonders für den Westen und Norden
wetterbestimmend, der mit reichlich höhenkalter Luft ausgestattet ist (unter -35
Grad in 500 hPa). Daher wandeln sich die skaligen Schneefälle im Westen
allmählich in konvektive Niederschläge um, sodass verstärkt mit teils kräftigen
Schnee- und Graupelschauern gerechnet werden muss. Dabei fällt der Niederschlag
bis in tiefe Lagen als Schnee. Auch ein kurzes Wintergewitter ist nicht
ausgeschlossen. Dem sukzessive weiter nach Süden ausgreifenden Höhentrog folgend
muss auch im gesamten Südwesten vermehrt mit teils kräftigen Schneeschauern
gerechnet werden, wobei hier die großräumigere Hebung auch ein skaligeres
Schneefallereignis hervorrufen könnte (Vogesen bis Spessart). Dies wird jedoch
von der Numerik noch sehr unterschiedlich gehandhabt. Regional können bei
kräftigen Schauern auch im Tiefland um 5 Zentimeter Neuschnee fallen, meist
sollte es jedoch mit 1 bis 3 cm Neuschnee nur zu einer dünnen Neuschneedecke
reichen. Im restlichen Deutschland wechseln sich ausgedehnte Wolkenfelder mit
Auflockerungen ab und es bleibt trocken. Der im Küstenumfeld ablandige Süd- bis
Südostwind weht dort zeitweise böig, sonst schwach, auf dem Brocken stürmisch.
Die Tiefstwerte pendeln zwischen 0 Grad im Küstenumfeld und bis -10 Grad über
Schneeflächen entlang der Alb, des Alpenrands und des Bayerischen Waldes.



Donnerstag ... zieht der Höhentrog unter Abschwächung allmählich weiter nach
Norden und sorgt rückseitig für kräftige Subsidenz. Somit fallen die Schauer aus
der Nacht trotz der Höhenkaltluft im Verlauf des Tages mehr oder weniger rasch
in sich zusammen und betreffen meist noch den Südwesten, die Mitte und den
Nordwesten Deutschlands. Mit großen Niederschlags- bzw.- Neuschneemengen ist
nicht zu rechnen und die leichten Plusgrade am Nachmittag sorgen im Tiefland eh
für ein fortscheitendes Abtauen der Neuschneedecke. Im Tagesverlauf lockert die
Wolkendecke immer stärker auf und die Sonne kann sich besonders im Süden und
Osten teils länger zeigen, sodass man insgesamt von einem schönen Wettertag
sprechen kann. Der Wind weht zunächst schwach bis mäßig aus Süd, dreht im
Tagesverlauf mehr auf Südost und frischt auf exponierten Hochlagen zeitweise
böig auf. Auf den Alpengipfeln sind zunehmend Sturmböen aus Süd zu erwarten. Die
Höchstwerte liegen meist bei 2 bis 6 Grad.


In der Nacht zum Freitag erfasst die Okklusion eines kräftigen Tiefdruckgebietes
vor Irland zunächst den Westen und später auch die Mitte Deutschlands. Dieses
Mal haben wir es mit einer etwas dynamischeren Frontpassage zu tun, die sich
postfrontal durch eine mildere Luftmasse auszeichnet (wobei durch einen
abgehobenen Südföhn der postfrontale (Warm-?)Sektor im Verlauf der Nacht über
Süddeutschland besonders stark akzentuiert wird). Zumeist fällt beim
Niederschlagsbeginn alles bis ins Tiefland als Schnee (1 bis 5 cm, in Staulagen
etwas mehr), bevor die Schneefallgrenze von Südwesten auf 700 bis 1000 m
ansteigt. Erneut werden die Tiefstwerte im Westen und Südwesten in der ersten
Nachthälfte erreicht (+1 bis -4 Grad), bevor die Temperatur von Südwesten dank
Warmluftadvektion und Durchmischung ansteigt. Da wir niedertroposphärisch dank
eines kräftigeren Südwestwindes rasch durchmischen, dürfte das Potential für
gefrierenden Regen zumeist nur auf geschützte Senken- und Muldenlagen beschränkt
bleiben und weist nach heutiger Lesensart der Modelle keinen überregional
ausgreifenden Charakter auf. Der einzige Bereich, der in den folgenden
Modellläufen genauer im Auge behalten werden sollte ist der Übergangsbereich
zwischen dem frontalen Niederschlag und der durch den abgehobenen Föhn zunehmend
aufgeblähten warmen Nase über Süddeutschland. Dies würde besonders die Region
südlich der Alb betreffen. Den Osten erwartet erneut eine ruhige und trockene
Nacht mit Tiefstwerten von -3 bis -6 Grad, über Schnee im Bergland auch
darunter. Der Feldberg und Brocken reagieren auf die Windzunahme in der Höhe mit
teils schweren Sturmböen, sonst jedoch beschränkt sich ein leicht böiger
Südostwind auf die Lee- und Kammlagen der Mittelgebirge sowie auf das
Küstenumfeld (dank ablandiger Windkomponente sind die Insel prädestiniert mit
Bft 7-8 Böen betroffen).



Freitag ... weitet sich ein markanter Höhentrog über Westeuropa südwärts aus,
sodass sich über Deutschland eine hochreichende Südströmung etablieren kann. In
diese Strömung eingebettet macht die über der Mitte Deutschlands liegende
Okklusion weiter Boden nach Norden gut, schwächt sich jedoch zunehmend ab. Die
begleitenden leichten skaligen Niederschläge fallen besonders in Niedersachsen,
Bremen, Hamburg und Schleswig-Holstein teils als Schnee oder Schneeregen, da
präfrontal mit einem ageostrophisch forcierten strammen Südostwind weiterhin
kalte Festlandsluft nach Norddeutschland advehiert wird (bodennahe Taupunkte bei
-3 bis -4 Grad). Zeitweise gefrierender Sprühregen mit erhöhter Glättegefahr
kann nicht ausgeschlossen werden, da sich die Niederschlagsprozesse zunehmend
unter die -10 Grad-Isotherme verlagern.
Im Südwesten macht sich ein Bodentrog mit neuen Niederschlägen bemerkbar, die
bei einer Schneefallgrenze von 1000 bis 1200 m meist als Regen fallen und zum
Abend auch den Niederrhein erfassen. Im Alpenvorland bleibt es föhnbedingt
trocken. Je nach Ausprägung des Föhns können auf exponierten und föhnanfälligen
Alpengipfeln und Kuppen Orkanböen aus Süd nicht ausgeschlossen werden. Sonst
weht der Südostwind schwach bis mäßig, von der Kieler Bucht bis zur Flensburger
Förde stark böig und auf dem Brocken in Sturmstärke. Die Höchstwerte liegen im
Osten und Norden bei 1 bis 3 Grad, Richtung Dänemark vielleicht noch im leichten
Dauerfrostbereich. Derweilen strömt in den Westen und Südwesten milde Meeresluft
und lässt die Temperatur auf Werte von 6 bis 10 Grad steigen (mit den höchsten
Werten entlang des Oberrheingrabens).


Modellvergleich und -einschätzung
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Bis einschließlich Mittwoch sind keine relevanten Modelldiskrepanzen
auszumachen. Am Donnerstag wird allerdings die Verlagerung eines Höhentroges
über Deutschland von ICON im Vergleich zu den anderen Modellen weiterhin etwas
langsamer gesehen (ICON weist im Vergleich zu GFS deutlich schwächere
Niederschlagssignale auf, u.a. da der Trog weniger scharf konturiert ist). Zum
Freitag nimmt die Prognosesicherheit mit der sich einstellenden Südströmung
wieder deutlich zu.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Helge Tuschy