DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

24-01-2019 17:30
SXEU31 DWAV 241800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 24.01.2019 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Trog Mitteleuropa, Übergang zu zyklonal Nordwest. Ab Freitagnachmittag
Übergreifen einer Warmfront mit Schnee, später teils gefrierendem Regen.
zunehmender Wind, teils stürmisch.

Synoptische Entwicklung bis Sonntag 12 UTC
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Aktuell ... liegt Deutschland an der Nordflanke eines kräftigen Cut-Off-Tiefs
mit Zentrum westlich von Sizilien. Um dieses Cut-Off-Tief wird ein schwach
ausgeprägter Trog über Deutschland westwärts gesteuert, der sich mit einem
weiteren schwachen Kurzwellentrog über Norddeutschland verbunden hat.
Mehrschichtige Bewölkung und sehr leichter Schneefall aus der angehobenen
Hochnebeldecke im Süden und in der Mitte sind die Folge.
Im Bodendruckfeld verstärkt sich zwischen einem kräftigen Hoch über dem Atlantik
und einem schwachen Hochdruckgebiet über Nordosteuropa eine Hochdruckbrücke über
Mitteleuropa. Diese ist aber zunächst wenig wetterwirksam. Bodennah liegt immer
noch die eingeflossene leicht erwärmte kontinentale Polarluft.
In der Nacht kräftigt sich die Hochdruckbrücke weiter, während in der Höhe
Geopotenzialanstieg einsetzt, wodurch sich der Höhentrog abschwächt. Dadurch
setzt Absinken ein. Eine Absinkinversion liegt dann auf etwa 850 hPa. Darunter
hält sich in der relativ feuchten Luft vielerorts die dichte Wolkendecke, sodass
strenger Frost in der Fläche verhindert wird. Die leichten Schneefälle schwächen
sich im Süden weiter ab und können größtenteils mit einer Glättewarnung bewarnt
werden. Größere Auflockerungen werden besonders in der 2. Nachthälfte im
Nordwesten simuliert.

Freitag ... Verlagert sich das Cut-Off-Tief ins Ionische Meer. Von Nordwesten
her rückt ein Höhenkeil Richtung Mitteleuropa vor. Der nur noch schwache Trog
zieht in Folge dessen nach Polen ab. Die Hochdruckbrücke über Mitteleuropa
stabilisiert sich. Verbreitet verstärkt sich Absinken, wodurch die
Absinkinversion auf etwa 900 hPa weiter verstärkt wird. Die Vorhersage der
Bewölkung gestaltet sich als schwierig. Auflockerungen gibt es am ehesten an den
Osträndern der Mittelgebirge. Zur Bewölkungsvorhersage wird COSMO-D2 bzw. UM
empfohlen.

Ab Freitagnachmittag stellt sich dann die Wetterlage um. Nördlich des Höhenkeils
über dem Atlantik entwickelt sich ein Tiefdruckgebiet, das sich stromabwärts
rasch von Island bis zur Westküste Skandinaviens verlagert. Die Strömung dreht
dabei in dem sich nach Mitteleuropa ausbreitenden Höhenkeils auf West. Somit
setzt massive WLA ein. Am späten Nachmittag lassen die Modelle das
Niederschlagsfeld einer Warmfront, die zu einem Tief über dem Nordmeer gehört,
auf den Westen übergreifen und sich in der Nacht rasch über Deutschland
ausbreiten. Im weiteren Verlauf kommt die Frontalzone über dem Osten
Deutschlands ins Schleifen, da ein weiteres Tief Richtung Groß-Britannien zieht.
Die genaue Position der Schleifzone ist noch unsicher. Zunächst werden die
Niederschläge verbreitet als Schnee fallen. Bis zum Morgen werden nach den
meisten Modellen 1 bis 5 cm in den Staulagen der nördlichen Mittelgebirge
maximal 10 cm Neuschnee erwartet. Durch massive WLA und zunehmende Durchmischung
auf Grund der Zunahme des Windes setzt starke Erwärmung ein, wodurch die
Niederschläge von Westen her allmählich in Regen übergehen. Die Schmelzfläche
der warmen Nase in den Vorhersagetemps ist relativ schmal, sodass sich die
Andauer des gefrierenden Regens wahrscheinlich in Grenzen halten wird.
Diesbezüglich gibt es aber noch ziemlich große Unsicherheiten. Das 4km-WRF
(www.modellzentrale.de) simuliert nur eine sehr kurze gefrierende Regenphase,
während das 1km WRF (SuperHD) eine große Fläche mit kräftigeren gefrierenden
Regen in der 2. Nachthälfte für die Schleifzone der Front erwartet. ICON-EU
setzt mit dem gefrierenden Regen deutlich weiter südlich an, während im ECMWF,
das die Schleifzone weiter südwestlich rechnet, nur schwache Signale für
gefrierenden Regen liefert. Auch in den ECMWF-ENS sind die Wahrscheinlichkeiten
für signifikanten gefrierenden Regen (> 1mm/h) mit 20 % eher gering. Die
Entscheidung über eine Vorabinformation vor Glatteis ist auf Grund der
Unsicherheiten der Position und Intensität derzeit noch nicht möglich.
Der sich verstärkende Gradienten sorgt abgesehen vom Nordosten zunehmend für
starke im Bergland und an der Küste auch stürmische Böen. So kann es in den
höheren Lagen der Mittelgebirge anfangs zu Schneeverwehungen kommen, ehe auch
dort das Tauwetter einsetzt.

Samstag ... Greift das bereits erwähnte neue atlantische Tief als Sturmtief mit
zugehörigem scharfem Trog auf die Britischen Inseln über und verlagert sich in
der Nacht in die westliche Nordsee. Vorderseitig greift der Höhenrücken unter
weiterer Verkürzung der Wellenlänge auf Deutschland über. Somit gelangt
Deutschland in einem mehr oder weniger weit geöffneten Warmsektor. Auch am
Samstag sind die Prognoseunsicherheiten noch groß. Die stärkeren Niederschläge
fallen entlang eines Bandes entlang der Frontalzone. Dieses erstreckt sich im
ICON und GFS von der Nordsee bis zum Erzgebirge, während ECMWF den Verlauf
weiter südwestlich simuliert. Dies sorgt immer noch für eine nicht unerhebliche
Streuung in den ENS. Die meisten ENS Member bevorzugen eine nordöstliche
Schleifzone wie in ICON und GFS simuliert.
Die Niederschläge gehen, abgesehen vom Nordosten und von den Kamm- und
Gipfellagen der östlichen Mittelgebirge, durchweg in die flüssige Phase über.
Dabei besteht bis in die Mittagszeit hinein nach Osten übergreifend noch die
Gefahr von Glatteis, wobei in Abhängigkeit von der Geschwindigkeit des
Vordringens milderer Luft vorübergehend und kleinräumig auch noch unwetterartige
Auswirkungen möglich sind. In den Hochlagen der östlichen Mittelgebirge und auch
am östlichen Alpenrand, d.h. oberhalb von 800 bis 1000 m, können bis dahin noch
einmal mehr als 10 cm nasser Schnee fallen.
Im Bereich des Warmsektors frischt der Wind auf, d.h. auch in tieferen Lagen
Nordwest- und Westdeutschlands können Windböen auftreten. Im Bergland und an der
See muss mit stürmischen Böen, auf höheren Berggipfeln und an der Nordsee mit
Böen bis Sturmstärke gerechnet werden.
Nach ICON und GFS befindet sich in der Nacht zum Samstag ganz Deutschland in dem
weit geöffneten Warmsektor des Tiefs. Die Niederschläge ziehen nach Nordosten
ab, ehe im Westen sich neuer Regen, einer im thermischen Feld sehr schwach
ausgeprägten Kaltfronten des Westeuropatiefs aufkommt. Nur ECMWF lässt die
Warmluft weiterhin langsamer nach Osten hin an Raum gewinnen. Die 0-Grad-Grenze
liegt bei etwa 1000 m, sodass sie Nacht weitestgehend frostfrei verläuft.

Sonntag ... Am Sonntag setzt sich das Sturmtief über dem Ärmelkanal fest.
Bezüglich der Intensität und der Position gibt es noch große Unsicherheiten. In
der Höhe greift der Trog auf Deutschland über, wodurch es hier besonders im
Westen zu Schauerwetter kommt. Bei 850-hPa-Temperatur von knapp unter 0 °C
fallen diese nur in den Gipfellagen der höheren Mittelgebirge als Schnee. Des
Weiteren nimmt der Südwestwind nochmals mit starken Böen zu. Im Bergland gibt es
weiterhin Sturm. In der Nacht zum Montag zieht das Tief mit seinen Kern über
Deutschland. Im Trogbereich sinkt die 500 hPa-Temperatur auf -32 °C, während die
850-hPa-Temperatur konstant bleibt. Bei weiterer Labilisierung gibt es
wiederholt Schauer, die nur in den höheren Mittelgebirgslagen als Schnee fallen.
Sonst bleibt die Nacht weitestgehend frostfrei.



Modellvergleich und -einschätzung

Es bestehen weiterhin große Unsicherheiten. Zur Prognose sind ab
Freitagnachmittag ENS-Wahrscheinlichkeiten zu empfehlen, bis mehr Lokalmodelle
für den Vorhersagzeitraum zur Verfügung stehen.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Christian Herold