DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

20-01-2019 11:01
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Sonntag, den 20.01.2019 um 10.30 UTC



Ruhiges Winterwetter, nur vereinzelt leichte Schneefälle. Am Wochenende von
Nordwesten Milderung?
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Synoptische Entwicklung bis zum Sonntag, den 27.01.2019


Am kommenden Mittwoch, der den Startpunkt der heutigen Mittelfristvorhersage
darstellt, kennzeichnet ein schmaler langgestreckter Trog zwischen den Färöer
und Südfrankreich den Beginn eines südwärtigen Abtropfvorgangs. Dadurch wird der
bereits "vorgefertigte" breite Trog über dem zentralen Mittelmeerraum
regeneriert. Dieser Trog wird im Osten von einem vergleichsweise schwachen Keil
flankiert, der sich vom Schwarzen Meer bis nach Skandinavien erstreckt. Weitaus
massiver ist da die hochreichende Antizyklone über dem Atlantik aufgestellt.
Ausgehend vom Zentrum im Bereich der Azoren erstreckt sich ein breiter Keil
Richtung Island, womit klar wird, dass die Frontalzone augenblicklich sehr stark
mäandriert.
Doch zurück zu dem für uns entscheidenden Trog, der am Boden mit einer flachen
Tiefdruckrinne korreliert. In dieser sind in der ersten Tageshälfte noch
schwache Okklusionsreste wetterwirksam, die anfangs von Ostfriesland übers
Rheinland bis zum Breisgau für leichte Schneefälle sorgen. Mehr als 1-2 cm, im
Bergland lokal bis zu 5 cm Neuschnee sind damit aber nicht verbunden. Auch an
der Grenze zu Österreich und Tschechien kann es trogvorderseitig bei schwacher
Warmluftadvektion geringfügig schneien. Sonst dominiert trockenes und teils
freundliches Wetter in der weiterhin kalten südöstlichen Grundströmung. In
weiten Teilen herrscht leichter Dauerfrost, nur in Teilen NRW's sowie direkt an
der See werden zarte Plusgrade erreicht.

Am Donnerstag schießt der oben bereits erwähnte Trog ins zentrale Mittelmeer und
mit ihm Höhenkaltluft unter -35 Grad über den Löwengolf bis südlich von
Sardinien. Kein Wunder also, dass bei Wassertemperaturen zwischen 14 und 16 Grad
nicht nur Einiges an konvektiven Umlagerungen zu erwarten ist, sondern auch das
Bodentief bei Korsika neue Energie durch die sich aufbauenden
Temperaturgegensätze erhält. Immerhin sackt der Kerndruck auf etwa 975 hPa ab!
Für Deutschland ergibt sich an der Nordflanke dieses "Brummers" eine zyklonale
Ostlage. In der Höhe gleitet dabei von der Adria und vom Balkan kommende seicht
wärmere Luft auf, die neben vielfach dichter Bewölkung vereinzelt für geringe
Schneefälle sorgt. Signifikante Schneemengen sind dabei nach wie vor nicht zu
erwarten. Bei wolkenbedingt geringerer Einstrahlung und nur schwacher
Durchmischung wird es auch für die bis dato dauerfrostfreien Bastionen im
äußersten Westen allmählich eng. In den Nächten sinkt dafür allerdings auch die
Gefahr strengen Frosts in den schneebedeckten Gebieten.

Kommen wir zum Freitag. Ist es der letzte Tag in der Mittelfrist, der sich
einigermaßen klar und auch sicher beschreiben lässt. Die rückseitige
Kaltluftadvektion über dem Löwengolf endet, womit sich das Zentraltief über dem
Mittelmeer allmählich abschwächt. Dabei verlagert sich dessen Zentrum allmählich
nach Süditalien, weshalb sich die vorderseitige WLA auch weiter ostwärts
verschiebt und allenfalls noch bis nach Polen reicht. Von dynamischen
Hebungsvorgängen kann also in Deutschland keine Rede sein. Dennoch kann es aus
der mehrheitlich starken Bewölkung immer noch etwas rausgrieseln, vorrangig
staubedingt am Nordrand der Mittelgebirge. Das liegt daran, dass die (wenn auch
schwache) bodennahe Strömung infolge eines Keilvorstoßes über der Nordsee
allmählich auf Nordost bis Nord dreht. Der Fortbestand der Kaltluft über
Deutschland mit 850 hPa Temperaturen um -10 Grad im Süden und Osten -5 Grad im
Nordwesten, was weiterhin mehrheitlich für Dauerfrost ausreicht, ist bis dahin
noch gesichert.

Zum nächsten Wochenende ist die Tiefdruckaktivität von Neufundland bis zur
Norwegischen See wohl zu kurzwellig und zu stark ausgeprägt, um einen Potential-
und Druckanstieg über Skandinavien zu gewährleisten, wie es die Berechnungen vor
wenigen Tagen noch suggerierten. Insofern spricht wenig dagegen, dass der
bereits erwähnte Keil von der Nordsee progressiv über Deutschland hinwegschwenkt
und damit den Weg für die nächste Trogvorderseite von Nordwesten ebnet. Auch
eine vielfach fehlende Schneedecke über Dänemark, Deutschland und Benelux spielt
hier eine Rolle, die gegen ein verzögertes Übergreifen spricht. Demnach sind
aufkommende Niederschläge im Norden und Westen mit einer einhergehenden
Milderung ein realistisches Szenario. Im Übergangsbereich zur Frostluft ist
Glätte durch Schnee oder gefrierenden Regen ein Thema, gleichwohl ist es für
Details noch deutlich zu früh. Via Downstream Development kündigt sich in der
Folge allerdings rasch ein erneutes Abtropfen über Frankreich und dem westlichen
Mittelmeer an, weshalb eine Fortdauer des Winterwetters im Osten und Süden nach
aktuellem Stand wahrscheinlich ist.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Die große Überraschung des gestrigen 0z Laufes mit erheblicher Abweichung zu den
Vorläufen blieb heute aus. Insofern ist die Konsistenz trotz der diffizilen,
weil stark gestörten Zirkulation als gut zu bewerten. Das bedeutet auch, dass
die Fortdauer der kalten Nordostlage für das kommende Wochenende wohl vorerst
vom Tisch ist und sich zumindest im Norden und Westen (vorübergehend?) mildere
Luft durchsetzt.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Bis zur alles entscheidenden Frage, wie es am kommenden Wochenende weiter geht,
sehen die gängigen Globalmodelle die Lage ähnlich. Unterschiede ergeben sich vor
allem in der Ausprägung der leichten Aufgleitschneefälle von Osten, die
insbesondere der aktuelle ICON 6z Lauf am stärksten betont (dann aber auch "nur"
1-3 cm binnen 6h, im Süden und am Erzgebirge auch etwas länger anhaltend).
Lediglich das GFS 0z lässt das Mittelmeertief am Donnerstag schon so weit nach
Südosten rutschen, dass sich von Frankreich ein flacher Keil nach Deutschland
schiebt, womit die Strömung auf Nordwest dreht mit vorzeitiger leichter
Milderung. Diese Lösung beschreibt eine absolute Außenseiterrolle und ist sehr
unwahrscheinlich.
Zum Wochenende sind sämtliche Lösungen vertreten. Von einer durchgreifenden
Milderung (ICON, GFS) mit Westdurchbruch infolge fehlenden/verzögertem neuen
Abtropfens über die weiter oben beschriebene Zwischenlösung mit Milderung im
Westen und Norden (EZ, GEM), wobei die Kanadier am kältesten aufgestellt sind
bis hin zum kompletten Blocking mit kalter Nordostströmung (NAVGEM, CMA,
entspricht Lösungen der Vortage).
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Die 850 hPa Temperaturrauchfahnen sind deutschlandweit bis einschließlich
Freitag noch recht nah beieinander und nehmen danach teilweise chaotische Züge
an. Bis dahin verharren Haupt- und Kontrolllauf sowie die Mehrheit der
Ensemblemember zwischen -5 und -10 Grad, im Süden auch etwas darunter. Danach
ist grob gesprochen zwischen 0 und -15 Grad alles möglich (EZ wie auch GFS),
wobei sich ein aktueller Trend hin zur Milderung mitsamt zunehmenden
Niederschlagssignalen selbst im Südosten des Landes nicht leugnen lässt.
Inwieweit sich dieser auch bodennah durchsetzt, steht natürlich auf einem
anderen Blatt. So bleibt doch die Mehrheit der bodennahen Windrosen im Süden und
Osten bei südlichen Windrichtungen in 10 Metern Höhe, was gegen eine
durchgreifende Milderung spricht.

Bei derartiger Lösungsvielfalt verwundert auch die hohe Anzahl der gebildeten
Cluster nicht. Es sind ganze 6 Stück, wobei das erste mit 15 Membern im
Vergleich zum 2. und 3. mit je 9 Membern im Zeitraum 120-168h (Fr-So) kaum
erdrückende Mehrheiten besitzt. Nach Durchsicht der "Briefmarken" wird
ersichtlich, dass Mitteleuropa am nächsten Wochenende genau im Sattelpunkt eines
Vierdruckfeldes liegt mit Tiefs über der Norwegischen See und Italien nebst
Hochs über Nordosteuropa und den Azoren. Die durchgängig kalte Nordostlage
repräsentiert nur das Cluster 4 mit gerade einmal 7 Mitgliedern. Der komplette
Westdurchbruch wird von den Clustern 5 und 6 mit insgesamt 11 Membern gezeigt.
Die Cluster 1-3 (Haupt- und Kontrolllauf in Cluster 3) bilden die Mittellösung
(insgesamt 33 Member) ab. Damit wird der deterministische EZ Lauf als derzeit
wahrscheinlichstes Szenario gestützt.

FAZIT: Bis Freitag mit ziemlicher Sicherheit ruhiges Winterwetter. Dabei
vielfach Dauerfrost, aber nur vereinzelt geringe Schneefälle. Zum Wochenende aus
Nordwesten Niederschläge und Milderung wahrscheinlich, voraussichtlich aber
nicht bis in den Osten und Süden des Landes überall durchsetzend.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


Die probabilistischen Verfahren liefern keinerlei Hinweise auf markante
Wettererscheinungen in der nächsten Woche über Deutschland. Die räumliche
Ausdehnung strengen Frosts ist zu punktuell, die Intensität lokaler Schneefälle
viel zu gering, als dass es sich in den Ensembleprodukten niederschlägt.

Bezüglich einer eventuellen Glatteislage zum Samstag ist es für Details noch
deutlich zu früh.

Wer signifikantes Wetter mag, sollte sich daher eher auf Südeuropa fokussieren.

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Basis für Mittelfristvorhersage
EZ, EZ-EPS, Mos-Mix
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Robert Hausen