DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

17-01-2019 18:01
SXEU31 DWAV 171800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 17.01.2019 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
In der Nacht nach Südosten abziehende Schneefälle, nachlassender Wind,
verbreitet Frost mit Glätte. Ab dem morgigen Freitag zunehmender
Hochdruckeinfluss, allmählich kälter.

Synoptische Entwicklung bis Sonntag 12 UTC
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Aktuell ... schreitet die Umstellung der Wetterlage von einem windigen und teils
niederschlagsreichen Witterungsabschnitt hin zu einer hochdruckgeprägten
Wetterlage voran. Dabei überqueren uns aktuell zwei Frontensysteme, die zu einem
mehrkernigen Tiefdruckkomplex über Nordeuropa gehören. Dabei lassen sich um 18
UTC laut ICON zwei Kerne erkennen, einer im russisch-finnischen Grenzgebiet und
einer über Nordrussland. Das erste der beiden Frontensysteme, das inzwischen den
Süden Deutschlands erreicht hat, ist dabei mit dem "Finnland-Tief" gekoppelt,
seine Niederschläge betreffen nur noch den äußersten Südosten unseres Landes und
ziehen allmählich ab. Ausgangspunkt bzw. Teil der zweiten Front ist ein (bzw. je
nach Sichtweise zwei) markante(r) Bodentrog(-tröge) mit eigelagertem
kleinräumigem Tief, welches sich in der nördlichen Strömung im Lee der Skanden
gebildet hat und von der westlichen zur zentralen Ostsee zieht. Es wird ausgangs
der Nacht das Baltikum erreicht haben. Der Bodentrog (hier die Betrachtung mit
einem Trog) ist in südlicher bis südwestlicher Richtung orientiert, er weist
aktuell etwa vom Stettiner Haff bis zu den Alpen, ausgangs der Nacht dann vom
Baltikum nach Ungarn. An den Bodentrog schließt sich nach Westen ein Rücken an,
der von der Biskaya in Richtung Norden weist. Die Frontensysteme, die auch in
der 700er Feuchte als bandförmige Strukturen auszumachen sind (und von denen das
zweiten, legt man den Windsprung als klassische Frontendefinition zugrunde, das
dominierende ist), führen allmählich kühlere und trockenere Luftmassen nach
Deutschland. So sinken hinter dem Bodentrog die 850er Temperaturen auf bis zu
-7, ausgangs der Nacht sogar auf unter -10 Grad ab, während sie vorderseitig
noch um oder knapp unter null liegen. In den Taupunkten macht sich dies erst in
der Nacht unter Absinken bemerkbar, liegen die entsprechenden Werte aktuell noch
meist leicht über null Grad, sinken sie in der Nacht in den Bereich um -3, lokal
sogar bis -5 Grad.

Die markante Struktur des Bodentroges ist auch eine Folge der
Geopotentialstrukturen, denn dem Bodentrog folgt in der Höhe unmittelbar ein
Langwellentrog, in den ein massiver Kaltluftkörper mit Temperaturen im 500
hPa-Niveau von bis zu -38 Grad eingelagert ist, der bis zum Morgen as
deutsch-polnische Grenzgebiet erreicht. Die einfließende Kaltluft sorgt nicht
nur für einen raschen Druckanstieg auf der Rückseite und damit für die deutliche
Kontur des Bodentroges, sie bedeutet auch eine deutliche Zunahme der Labilität.
So ist bis in die Nacht hinein (im Osten sogar die gesamte Nacht hindurch) im
Norden und in der Mitte mit konvektiven Umlagerungen zu rechnen, die sogar
vereinzelt mit Kaltluftgewittern einhergehen können. Da der Gradient im Umfeld
des Bodentroges recht scharf ausgeprägt ist, wobei die Höhenwinde im
900-hPa-Niveau durchaus 35 kn, lokal auch über 40 kn erreichen, können durch
Gewitter auch von stürmischen Böen oder, im schlimmsten Fall, von Sturmböen
begleitet sein, was dann nach der Warn-Nomenklatur eine markante Warnung zur
Folge hätte. Abseits der konvektiven Spitzenböen weht der Wind auch in tiefen
Lagen verbreitet lebhaft mit steifen Böen in der Spitze, in höheren Berglagen
sind Sturmböen die Regel. Mehr dann aber auch nicht, weil die Höhenkaltluft
nicht bis in den Süden mit seinen windaffinen Hochlagen ausgreift und dort somit
auch nicht für konvektive Durchmischung sorgt. Der Wind lässt von Nordwest nach
Südost im Laufe der Nacht nach (zum Morgen beschränken sich steife Böen und
Sturmböen) auf Hochlagen in den Alpen und im östlichen und nördlichen
Mittelgebirgsraum), da sich von Südwesten her der Keil eines Azorenhochs nach
Süddeutschland schiebt, wobei zum Morgen über Ostfrankreich schon eine
abgeschlossene 1020er Isobare dessen regionalen Schwerpunkt markiert.

Die einfließende Kaltluft sorgt auch für ein Absinken der Schneefallgrenze, die
aktuell im Nordwesten schon in tiefsten Lagen, im Südosten aber noch bei etwa
800 m liegt. Schon im Laufe der ersten Nachthälfte sinkt sie allgemein bis in
tiefste Lagen ab, und da die Strömung auf der Rückseite des Troges auf Nordwest
dreht, sind die entsprechenden Staulagen am prädestiniertesten für einige wenige
cm Neuschnee, in höheren Mittelgebirgen sind bis 5 cm und an den Alpen bis 10 cm
Neuschnee möglich (Änderung Schneedecke ICON, das SNOW-Modell kann sich an den
Alpen auch bis zu 15 cm Neuschnee vorstellen). Ob der Schnee im Tiefland liegen
bleibt ist fraglich. Am ehesten kann es in kräftigeren Schneeschauern in
Vorpommern und der Uckermark für eine dünne Nassschneedecke reichen (ebenfalls
Änderung Schneedecke ICON). Meist gibt es dagegen in den Schauern etwas
Schneematsch, und/oder mit den folgenden Auflockerungen bzw. den Regenschauern
des Tages Glätte durch gefrierende Nässe. Technisch gesehen reichen die
Schneemengen mit dem böigen Wind für Verwehungswarnungen, es scheint aus
jetziger Sicht ob der geringen Schneemengen aber als sehr unwahrscheinlich, dass
zu diesem Mittel gegriffen wird.

Mit dem Abzug von Boden- und Höhentrog lassen die Niederschläge im Laufe der
Nacht von Nordwesten her mehr und mehr nach und mit dem zunehmenden Absinken
lockern die Wolken stärker auf, über dem Norden und Westen kann es auch
aufklaren. Außer in einigen tiefen Lagen im Südwesten und direkt an der See gibt
es leichten, vereinzelt im Bergland auch schon mal mäßigen Frost.

Freitag ... zieht der Langwellentrog nach Ostpolen ab, auf seiner Rückseite
kommt Deutschland unter eine nordwestliche Höhenströmung, die über dem Nordosten
recht glatt, über dem Rest des Landes sogar leicht konvergent und vor einem
neuen Kurzwellentrog sogar leicht antizykonal konturiert ist. Dies sowie die
zunehmende Erwärmung in 500 hPa sorgen für eine Stabilisierung der Atmosphäre
sowie ein machlassen der Niederschläge. Im Bodendruckfeld verlagert das
Ostfrankreich-Hoch seinen Schwerpunkt über Süddeutschland hinweg nach Osten, am
Abend sollte dieser über Nieder- und Oberbayern liegen. Von ihm ausgehend weist
ein niedertroposphärischer Rücken über die Nordsee hinweg nach Island. Auf
seiner Westflanke setzt im Tagesverlauf im 850er Niveau eine zögerliche
Erwärmung ein, die allerdings nicht über ein bis zwei Grad hinausgeht (von etwa
-8 auf etwa -6). Da im Bereich des Hochs die Durchmischung limitiert ist, ist in
seinem Bereich ein nennenswerter Temperaturanstieg am Tage nicht zu erwarten,
zumal an einer Inversion in etwa 850/900 hPa hochnebelartige Bewölkung die
Einstrahlung dämpft. In der Folge liegen die Höchstwerte nur noch bei -1 bis 5
Grad mit den höchsten Werten am Niederrhein und allgemein höheren Werten im
Norden und Westen, also in einem gewissen Respektabstand zum Hoch und bei
fehlender Inversion. Im Bergland oberhalb von etwa 600 bis 800 m herrscht
Dauerfrost.

Letzte stärkere Böen im höheren Bergland des Südostens und an der Ostsee sind
besonders noch vormittags im Bereich des abziehenden Bodentrogs zu erwarten, ab
mittags passiert windtechnisch auch dort nichts mehr. Die letzten schwachen
Schneefälle klingen bald ab. Laut SNOW sind nur im Bereich Niederbayern, laut
ICON6_Nest an den Alpen wenig ergiebige Schneefälle zu erwarten.

Auf der Nordostflanke des Rückens läuft ein sehr flacher Trog nach Südosten ab,
dessen Achse zum Abend auf einer Linie mittlere Ostsee - Mecklenburg liegt.
Dieser sorgt in Norddeutschland im Zusammenspiel mit leichter WLA für etwas
Hebung, so dass es dort zu leichten Niederschlägen kommt. Diese sind zwar
ebenfalls wenig ergiebig, sollten bei 850er Temperaturen um -7 Grad und einer
Schneefallgrenze in Höhe des Meeresniveaus meist in der festen Phase fallen.
Durch die etwas zyklonalere Isobarenkrümmung und einen leicht schärferen
Gradienten lebt besonders an der Ostsee der Wind wieder ein wenig auf, für
steife Böen reicht es aber voraussichtlich nicht.
Sonst ist es meist ruhig, trocken, und dies bei aufgelockerter Bewölkung, so
sich im Süden an der Inversion die hochnebelartige Bewölkung auflöst.

In der Nacht zum Samstag zieht der Schwerpunkt des Hochs weiter nach Osten, laut
ICON soll sein Schwerpunkt am Morgen über der Westukraine, laut EZMW über der
Slowakei liegen. Es behält aber mit seinem nach Deutschland und zur Nordsee
gerichteten Keil seinen Einfluss auf unser Wetter. Vorderseitig eines Troges
über Frankreich greift schwache Hebung von Südwesten her auf uns über, löst aber
lediglich hohe und mittelhohe Bewölkung aus, wobei die mittelhohe bis nach
Schwaben, die hohe je nach Modell (GFS, EURO4) bis nach Mitteldeutschland
ausgreifen soll. Auch im Norden hält sich wegen des kleinen Troges teils starke
Bewölkung, aus der auch geringe Niederschläge fallen können. Dieser schafft es
bis zum Morgen allerdings bis nach Polen. An der Nordsee sind, der
trogvorderseitigen Hebung und einer Küstenkonvergenz geschuldet, schwache Regen-
oder Schneeregenschauer möglich, sonst fällt geringer Schnee, der für
vereinzelte Glätte gut sein kann. Außer unmittelbar an der Küste geht die
Temperatur in den leichten Frostbereich zurück. Über der Mitte und nach Süden zu
dürfte häufiger der mäßige Frost vertreten sein und über Schnee und im Bergland
wird dann auch strenger Frost ein Thema. Die Nebelneigung ist gering; auch
Glätte sollte (abgesehen von der im Norden) kaum eine Rolle spielen.

Samstag ... zeigt sich das Geopotentialfeld etwas diffus, ein kleinräumiges
Höhentief verlagert sich über den Britischen Inseln sehr zögerlich nach
Südosten, wobei der zugehörige Trog zwei Achsen aufweist, wovon einer auf den
Atlantik weist und in der Nacht zu Sonntag auf die Iberische Halbinsel
übergreift, und der andere zu Tagesbeginn ins westliche, in der Nacht dann ins
zentrale Mittelmeer weist. Insbesondere zu Tagesbeginn ist über Deutschland noch
ein schwacher, zur Nordsee gerichteter Rücken zu erkennen, der nach Norden
ausgreift, aber an Einfluss auf das Wetter in Deutschland verliert. In dieser
Gemengelage ist der Geopotentialgradient durchweg weit aufgefächert, so dass
sich aus der Höhe keine dynamischen Wetterimpulse ableiten lassen. Im
Bodendruckfeld ist anfangs noch der Hochdruckkeil wetterbestimmend, er wird aber
allmählich nach Nordosten abgedrängt. Die Luftmasse ist insbesondere im Bereich
des Keils Alterungsprozessen unterworfen und kühlt etwas ab, teils zeigt sich
hohe und mittelhohe Bewölkung. Das mit dem Langwellentrog korrespondierende
Bodentief zieht von Irland nach Nordfrankreich, wo es ausgangs der Nacht zu
Sonntag laut ICON zu finden sein soll (EZMW: Bretagne). In der Folge ziehen in
den Südwesten erst hohe, dann mittelhohe und tiefe Wolken. Die in der Nacht
(laut EZMW von der Saar bis zum Bodensee, laut ICON vom Oberrhein bis zum
Bodensee) nachfolgenden Niederschläge fallen bei 850er Temperaturen um -5 Grad
meist als Schnee, die Niederschläge sind aber insgesamt wenig ergiebig.

Während es im Südosten und in höheren Lagen dauerfrostig ist, liegen die Werte
im Westen und Norden bei 0 bis 3 Grad. Der Wind spielt bei der
schwachgradientigen Lage kaum eine Rolle, im Norden weht er anfangs aus
westlichen Richtungen, sonst kommt er meist aus Südost bis Ost, ohne dass
Warnschwellen in Gefahr wären. Die Tiefstwerte liegen meist im leichten bis
mäßigen, gebietsweise im strengen Frostbereich bei eher geringer Nebelneigung
(Taupunkte im Küstenbereich um -4, sonst -7 bis -9 Grad). Nur im Norden, wo
feuchtere Luft von der Nordsee her einsickern kann, ist die Nebelneigung größer.
Glätte sollte kaum eine Rolle spielen, Reif gibt es höchstens vereinzelt.

Sonntag ... steht einem atlantischen Rücken über den Azoren ein breiter
Trogkomplex über Europa gegenüber. Die häufig als "first guess" mit der
Frontalzone gekoppelte 552 gpdm Isohypse verläuft dabei vom Seegebiet westlich
von Irland über die Balearen und das Ionische Meer hinweg, um dann wieder
nordwärts zum Schwarzen Meer abzubiegen. Damit wird ersichtlich, dass die
Frontalzone (für die Wintermonate typisch und endlich auch mal vorhanden) weit
nach Süden ausweicht. Deutschland ist damit in 500 hPa von Temperaturen knapp
unterhalb der -30 Grad Marke geflutet. Ein flacher Keil "bohrt" sich dabei von
den Britischen Inseln über die Nordsee bis zur Norwegischen See und stützt ein
flaches, kaum wahrnehmbares Hoch über Nordostdeutschland. Vielmehr handelt es
sich dabei um die Relikte der
Hochdruckbrücke zwischen dem kräftigen Azorenhoch und einem nicht ganz so stark
ausgeprägten Hoch über der Ukraine. Sei's drum, letztlich ist in einer schwachen
bodennahen östlichen Strömung eine mäßig kalte und recht trockene
Kontinentalluft (T850 hPa um -5 Grad) wetterwirksam mit viel Sonnenschein vor
allem über der Mitte des Landes. Ein Tief über Frankreich, das an einen flachen
Kurzwellentrog in der Höhe gekoppelt ist, sorgt von der Mosel bis nach Schwaben
für leichte Aufgleitschneefälle. Bei 1 bis 3 cm, in Staulagen des Schwarzwaldes
und der Alb bis 5 cm sollte aber schon Schluss sein. Die Höchsttemperaturen
liegen verbreitet bei Werten um den Gefrierpunkt, vom Niederrhein bis zur Küste
bei maximal 4 Grad.


Modellvergleich und -einschätzung
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Die Modelle simulieren die Abläufe insgesamt sehr ähnlich. Unterschiede in den
Niederschlagssummen zu Beginn des Zeitraums dieser Übersicht sind in einem
erwartbaren, aber geringen Rahmen vorhanden, der insbesondere aber keine
Auswirkungen auf das Warnmanagement hat. Das in der Folge zu erwartende
insgesamt ruhige Wetter ist ohnehin prädestiniert für geringe Modelunterschiede.



Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Martin Jonas