DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

16-01-2019 08:01
SXEU31 DWAV 160800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 16.01.2019 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
NWz
Heute und am Donnerstag an den Küsten stürmische Böen, auf den Bergen Sturmböen,
exponiert schwere Sturmböen (Brocken: Bft 11). Im Bergland ab der kommenden
Nacht etwas Neuschnee, ab Donnerstag in Schauern örtlich auch etwas Schnee bis
"ganz unten".


Synoptische Entwicklung bis Freitag 24 UTC
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Mittwoch... wird Deutschland von West nach Ost rasch von einem recht breit
angelegten Höhenrücken überquert, dessen Achse sich am Abend bereits über dem
östlichen Mitteleuropa befindet. Dahinter gelangt das Vorhersagegebiet zunehmend
auf die Vorderseite eines Troges über Nordwesteuropa, der am Nachmittag und
Abend die Britischen Inseln überquert.
Im Bodenfeld verlagert sich ein Tiefdruckgebiet über der nördlichen Nordsee bis
zum Abend in den Raum Oslo und kann sich aufgrund vorderseitiger PVA noch etwas
verstärken. Auch im Vorhersagegebiet kommt es zu leichtem Druckfall, der im
Norden etwas stärker ausfällt als im Süden, so dass sich der Gradient vor allem
in der Nordhälfte etwas verschärft. Somit frischt der Südwestwind im
Tagesverlauf weiter auf. Die Warmfront des Tiefs hat aktuell auch den Nordosten
des Landes überquert, die Kaltfront erreicht am späten Abend die Deutsche Bucht.
Bereits im Warmsektor gibt es an den Küsten steife, nachmittags und abends
zunehmend auch stürmische Böen aus Südwest, im angrenzenden Binnenland sowie in
exponierten Lagen der Norddeutschen Tiefebene kann es ebenfalls einzelne Böen
Bft 7 geben. Auf den Gipfeln der Mittelgebirge legt der Wind ebenfalls zu und
erreicht in Böen Bft 9, exponiert Bft 10, auf dem Brocken kann es am Abend auch
einzelne orkanartige Böen (Bft 11) geben.
Die im Warmsektor wirksame WLA führt vor allem im Norden und in der Mitte zu
überwiegend geschlossener Bewölkung, aus der es in der Nordhälfte leicht regnet
oder nieselt. Bis zum Abend kommen aber auch Richtung Küsten nur wenige mm
Niederschlag zusammen.
Nach Süden zu ist es aufgelockert bewölkt, vor allem vom Nordschwarzwald bis ins
östliche Oberbayern nach Nebelauflösung teilweise auch sonnig. Im Warmsektor
steigt die Temperatur in 850 hPa auf positive Werte, die milde Luft vermag sich
aber vor allem in der Südhälfte nicht wirklich bis in die Grundschicht
durchsetzen. Somit liegen die Höchstwerte zwischen knapp über 0 Grad
stellenweise in Oberschwaben und 8 bis 9 Grad im Norden.

In der Nacht zum Donnerstag erreicht der Höhentrog mit seiner Achse die Nordsee
und wird durch einen von N0ordwesten heranschwenkenden Randtrog regeneriert.
Somit bleiben wir auf dessen Vorderseite unterhalb einer westsüdwestlichen
Höhenströmung. Mit der positiv geneigten Trogachse und der daraus
resultierenden, eher neutral konturierten Höhenströmung fällt der PVA-induzierte
Hebungsantrieb nicht allzu markant aus und wird zudem auch durch
Kaltluftadvektion teilkompensiert. Somit kann sich das korrespondierende
Bodentief nur noch wenig verstärken und zieht bis Donnerstagfrüh zur mittleren
Ostsee. Die Kaltfront überquert den Nordwesten des Landes und erreicht morgens
in etwa die Pfalz, die Mainlinie und die Lausitz. Ihr folgt ein Schwall weit
herumgeholter subpolarer Meeresluft, die 850 hPa-Temperatur sinkt auf -2 bis -4
Grad. Vor allem im Frontbereich treten weiterhin teils schauerartige
Niederschläge (1 bis 5 mm, in der Norddeutschen Tiefebene auch etwas mehr) auf,
die in den höheren Lagen der westlichen und zentralen Mittelgebirge sowie im
Oberharz oberhalb von etwa 600 m in Schnee übergehen, so dass es dort einige
Zentimeter Neuschnee geben kann. Präfrontal bleibt es im Süden und Südosten noch
trocken.
Der Wind legt vor allem mit Kaltfrontpassage noch etwas zu, vereinzelt kann es
dann auch in tiefen Lagen steife Böen geben. Postfrontal dreht er auf West und
nimmt vorübergehend etwas ab.
Im Südosten bleibt es aufgelockert, Richtung Alpen auch gering bewölkt, so dass
es dort noch einmal leichten, an den Alpen auch mäßigen Frost gibt, bei klarem
Himmel über Schnee in einigen Alpentälern eventuell auch strengen Frost.

Donnerstag... greift der Trog von der Nordsee her auf Deutschland über. Das
korrespondierende Bodentief zieht bis zum Abend über Südfinnland nach
Nordwestrussland, die Kaltfront erreicht dann die Alpen. Im Trogbereich gelangt
höhenkalte Meeresluft polaren Ursprungs in den Norden und Westen des Landes, die
Temperatur in 500 hPa sinkt dort auf etwa -36 bis -40 Grad, in 850 hPa auf etwa
-5 bis -8 Grad, so dass die Luftmasse hochreichend labil geschichtet ist. Ein
mit der Trogachse korrespondierender Bodentrog (im Lee des Norwegischen
Küstengebirges bildet sich sogar ein eigenständiges Bodentief, das sich abends
über der südwestlichen Ostsee befindet) erreicht abends den Nordwesten des
Landes. An dessen Südflanke kann sich der Gradient erneut verschärfen und der
Wind legt vor allem in den Niederungen bzw. im Binnenland noch etwas zu. Auch
dort können nun - außer in einigen Regionen Süddeutschlands und in der Lausitz -
einzelne Böen Bft 7 aus West bis Südwest auftreten. Auf den Bergen gibt es
weiterhin Sturmböen, exponiert auch schwere Sturmböen. Im Bereich des
Bodentroges flaut der Wind in Norddeutschland vorübergehend ab, ehe er
rückseitig im Nordseeumfeld wieder aus Nordwest mit Böen Bft 7 bis 8 auffrischt.

Mit der weiterhin nicht sonderlich wetteraktiven Kaltfront erreichen die
schauerartigen Niederschläge im Tagesverlauf auch den Süden und Südosten des
Landes, wo im Bereich der noch relativ milden subpolaren Meeresluftmasse nur
oberhalb von 600 bis 900 m etwas Schnee fällt. Mit kaum mehr als 5 mm (im
Schwarzwaldstau) bleiben die Mengen aber gering.
Im Norden und Westen und zunehmend auch in der Mitte lebt mit dem Vordringen der
Höhenkaltluft die Schauertätigkeit dagegen im Tagesverlauf deutlich auf. Die
Schneefallgrenze sinkt vor allem zum Abend hin auf 200 m, in kräftigen Schauern
kann es auch bis nach "ganz unten" Schnee bzw. Graupel und somit Glätte durch
Schneematsch geben. Oberhalb von etwa 400 m kann sich in den Staulagen der
westlichen und zentralen Mittelgebirge der Neuschnee auf 1 bis 5 cm, in noch
höheren Lagen stellenweise auch bis an die 10 cm akkumulieren, in den Kammlagen
treten Schneeverwehungen auf. Einzelne Gewitter mit Böen Bft 8 bis 9 sind
ebenfalls wahrscheinlich.
Insgesamt steht ein bewölkter Tag ins Haus. Die Höchstwerte zwischen 3 und 8
Grad werden vor allem in der Nordhälfte bereits in den Früh- und
Vormittagsstunden erreicht, auch in der Mitte kühlt es bereits am Nachmittag und
Abend merklich ab.

In der Nacht zum Freitag schwenkt der Trog mit seiner Achse weiter Richtung
Westpolen, ein nachfolgender Rücken erreicht morgens die Britischen Inseln, so
dass sich über dem Vorhersagegebiet eine nordwestliche Höhenströmung einstellt.
Der Bodentrog über Norddeutschland zieht südostwärts und erreicht morgens die
Osthälfte des Landes, während ein Hochkeil nach Süddeutschland vorstößt. Somit
fächert der Gradient nur zögernd auf, vor allem im Nordwesten und Westen. Der
Wind nimmt allmählich ab, morgens gibt es lediglich im Bereich der Ostseeküste
steife Böen aus Nordwest, im Alpenvorland eventuell Böen Bft 7 aus West. In den
Kamm- und Gipfellagen der Mittelgebirge und der Alpen muss weiterhin mit
stürmischen Böen, nach Osten zu auf exponierten Gipfeln auch mit Sturmböen aus
Nordwest gerechnet werden.
Mit dem Trog schwenkt auch die höhenkälteste Luftmasse südostwärts und im
Nordwesten setzt morgens bereits wieder mitteltroposphärisch stabilisierende WLA
ein. Ansonsten muss aber verbreitet mit Schnee-, Schneeregen- und
Graupelschauern gerechnet werden, im Südwesten eher weniger, an den Nordseiten
der Mittelgebirge dagegen häufiger. Die Temperatur in 850 hPa sinkt auf etwa -6
Grad im äußersten Südwesten und -9 Grad Richtung Oder, so dass es meist bis in
tiefe Lagen schneit. Mengenmäßig kommt aber nicht viel zusammen, meist sind es
nur wenige Zentimeter, in den Niederungen reicht es häufig auch nicht einmal
dafür, glatt kann es aber nahezu überall werden. In exponierten Staulagen der
Mittelgebirge und am Alpenrand, insbesondere im Schwarzwald und im Oberallgäu,
können dagegen auch mal mehr als 5 cm in kurzer Zeit bzw. mehr als 10 cm in 12
Stunden fallen. In den Kammlagen sowie auf Hochflächen gibt es
Schneeverwehungen. Kurze Gewitter sind dabei nach wie vor nicht ausgeschlossen.
Die Temperatur sinkt vielerorts in den leichten Frostbereich, im Bergland gibt
es mäßigen Frost. Frostfrei bleibt es am ehesten im Nordseeumfeld sowie in
einigen Ballungsgebieten.

Freitag... bleiben wir auf der Rückseite des weiter ostwärts schwenkenden Troges
unterhalb einer nordwestlichen Höhenströmung. Stromaufwärts kann sich der Rücken
aufgrund von WLA etwas nach Norden aufwölben und erreicht die Nordsee.
Im Bodenfeld steigt nach Abzug des Bodentroges von Westen her der Luftdruck
deutlich an, bis zum Abend bildet sich über Süddeutschland eine eigenständige
Hochdruckparzelle. Somit nimmt der Wind weiter ab und ist lediglich anfangs in
den östlichen und ostbayerischen Mittelgebirgen sowie auf den Alpengipfeln
warnrelevant (Böen Bft 8 bis 9 aus Nordwest). Vor allem im Südosten gibt es
anfangs noch einzelne Schnee- und Graupelschauer, in den östlichen und
ostbayerischen Mittelgebirgen fallen nochmals einige Zentimeter Neuschnee. Auch
im Nordseeumfeld können sich nochmals einzelne Schauer entwickeln, die wieder
zunehmend die flüssige Phase annehmen, da auch niedertroposphärisch allmählich
wieder WLA wirksam wird. Bis zum Abend steigt die Temperatur in 850 hPa -5 Grad
im Westen und -8 Grad im Südosten.
Ansonsten steht ein warntechnisch ruhiger Tag ins Haus. Im Südosten und Richtung
Nordsee überwiegen die Wolken, sonst kann sich ab und zu mal die Sonne zeigen.
Die Höchstwerte liegen zwischen 0 und 5 Grad, im Bergland oberhalb von etwa 500
bis 600 m gibt es vielerorts leichten Dauerfrost und Glätte.

In der Nacht zum Samstag kommt der Höhenrücken nur noch zögernd ostwärts voran
und auch das Bodenhoch verlagert seinen Schwerpunkt Richtung Ungarn bzw.
Slowakei. Vor allem Richtung Küsten können sich im Bereich der dort noch
wirksamen, etwas höhenkälteren Luftassen (-31 bis -33 Grad in 500 hPa, um -6
Grad in 850 hPa) noch einzelne Schneeregen-, Schnee- und Graupelschauer
entwickeln, die aber höchstens im Bereich der vorpommerschen Ostseeküste
gebietsweise etwas Neuschnee bringen können. Sonst bleibt es weitgehend trocken
und gebietsweise aufgelockert, im Süden später auch gering bewölkt. Im
Nordseeumfeld bleibt es meist frostfrei, sonst gibt es verbreitet leichten, in
der Mitte und im Süden auch mäßigen Frost. Bei Aufklaren über Schnee kann es vor
allem in den süddeutschen Mittelgebirgen und an den Alpen auch strengen Frost
geben.

Modellvergleich und -einschätzung
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Alle vorliegenden Modelle simulieren im Kurzfristzeitraum eine sehr ähnliche
Wetterentwicklung. Prognose- und vor allem warnrelevante Unterschiede sind kaum
auszumachen.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Winninghoff