DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

10-01-2019 18:01
SXEU31 DWAV 101800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 10.01.2019 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Alpenrand wiederholt Stauniederschläge mit variabler Intensität und
Schneefallgrenze. Auch Hochschwarzwald zeitweise betroffen. Sonst wechselhaft
und besonders am Wochenende böiger West- bis Nordwestwind, Bergland Sturm mit
Schneeverwehungen, teils unwetterartig.

Synoptische Entwicklung bis Sonntag 12 UTC
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Aktuell ... liegt Deutschland am Ostrand eines kräftigen Bodenhochdruckgebietes
namens ANGELA mit Zentrum über Irland in einer nördlichen bis nordöstlichen
Strömung (Kerndruck aktuell nur geringfügig unter 1035 hPa). Dieses Bodenhoch
ist an ein umfangreiches Höhenhoch gekoppelt, das in Form positiver
Geopotentialanomalie zwischen Irland und Island die Westdrift weiter blockiert
und das auch die gesamte Kurzfrist über mit nur geringen Intensitätsschwankungen
fortbesteht. Dieser stark mäandrierenden Wetterlage entsprechend konnte sich im
Zuge ausgeprägter Baroklinität zwischen Island, Grönland und Spitzbergen in
Verbindung mit einem 140 kn Höhenjet ein kräftiges Sturmtief mit einem Kerndruck
von rund 950 hPa über der Grönlandsee ausbilden. Dessen ausgeprägte Warmfront
umrundet derweilen den Keil und erfasst während der Abendstunden bereits den
Nordwesten mit dichten Wolken und geringen Niederschlägen. Bei leicht positiven
Temperaturwerten fällt dieser Niederschlag zwischen Emsland und Nordsee zunächst
überwiegend als Regen, geht jedoch entlang der östlichen Kante des Niederschlags
allmählich in Schneeregen oder Schnee über. Ansonsten sorgt eine durch WAA des
Sturmtiefs gestützte Keilaufwölbung über der südlichen Nordsee und Südschweden
in weiten Bereichen Deutschlands für eine Wetterberuhigung. Unter der
Absinkinversion bei rund 850 hPa ist jedoch recht feuchte Luft zu finden, die
zumeist für dichte Bewölkung sorgt, die nur kurz auflockert. In einem Streifen
vom Saarland bis zur Oder bleibt es meist trocken. In den Staulagen wird die
Restfeuchte des Tiefs BENJAMIN mit der anhaltenden Nordostströmung besonders
entlang der Alpen und in abgeschwächter Form entlang des Erzgebirges
ausgequetscht, sodass die Schneefälle besonders am Alpenrand mit mäßiger
Intensität weiter andauern und im Erzgebirge nachlassen. Entsprechende
Schneefallwarnungen behalten ihre Gültigkeit.

In der Nacht zum Freitag wird der Keil über Norddeutschland breiter und erfasst
zunehmend auch die Mitte und den Süden Deutschlands. Besonders vom Erzgebirge
bis zum Schwarzwald und südlich davon verläuft die Nacht zwar recht ruhig,
jedoch meist bedeckt dank einer unterhalb der Absinkinversion vorhandenen
dichten hochnebelartigen Bewölkung. Zwar lockert die Wolkendecke im Verlauf der
Nacht etwas auf, jedoch werden mögliche Wolkenlücken rasch durch den Aufzug
mittelhoher und hoher Warmluftbewölkung geschlossen. Was jedoch nicht
unterschlagen werden sollte sind die Stauniederschläge am Alpenrand, die die
ganze Nacht über mit abnehmender Intensität andauern. 12-std.
Niederschlagsmengen von 5 bis 10 l/qm werden in diesen Bereichen erwartet, was
je nach Konsistenz des Schnees 10 bis 15 cm Neuschnee, in Staulagen teils auch
etwas mehr, bedeuten würde. Im Erzgebirgsstau fallen die Neuschneemengen
hingegen nur noch unbedeutend aus. Das größere Thema ist die südwärts ziehende
Warmfront, die den Höhenkeil weiter unterwandert und zunehmend den gesamten
Norden und die Mitte Deutschlands beeinflusst. Dabei geht der Niederschlag zügig
in Schnee über. Schaut man sich die Front in Aufrissen an erkennt man, dass sie
insgesamt nur schwach ausgeprägt ist und eher durch Aufgleiten auf den in
Richtung Süden immer "mächtiger" werdenden bodennahen Kaltluftkörper profitiert.
Demzufolge findet die stärkste Frontogenese in den untersten 2 km statt, somit
deutlich unterhalb der eigentlichen "Keimzone" des Niederschlags, was auch die
in der Numerik nur schwachen skaligen Niederschläge erklärt. Orografisch
verstärkt dürften die Stundenmengen in Luvlagen der westlichen und zentralen
Mittelgebirge regional etwas stärker ausfallen. Ausgangs der Nacht könnte im
Übergangsbereich zum Regen (zentrales Mittelgebirge) in orografisch geschützten
Senken mit bodennaher Restkaltluft kurzzeitig Glatteisregen fallen. Eine
überregionale Glatteisregenlage ist aus heutiger Sicht auch dank des bereits
gefallenen Schnees nicht zu erwarten. Zumeist fallen im Tiefland 12-std.
Neuschneemengen von 1 bis 5 cm, in Staulagen lokal etwas mehr. Bei leichtem
Frost tritt Straßenglätte auf, bevor sich postfrontal etwas mildere Luft im
gesamten Nordwesten durchsetzt. Dort liegen die Tiefstwerte bei +4 bis +1 Grad.
Im gesamten Süden tritt leichter bis mäßiger Frost von -3 bis -7 Grad auf. Der
Südwestwind weht nur schwach, im Bergland zeitweise böig.

Freitag ... könnte einen mit Blick auf die Geopotentialverteilung über
Deutschland positiv stimmen lassen, denn der gesamte Vorhersagebereich wird in
der Höhe von einem breiten Höhenkeil beeinflusst. Allerdings wird dieser Keil
weiter von der bereits erwähnten Warmfront unterwandert, die im Tagesverlauf
über die Mitte zunehmend auch auf Süddeutschland übergreift. Dabei verliert die
Warmfront immer mehr ihre Konturen und das gesamte Ereignis ähnelt eher einem
großräumigen Aufgleiten auf den süddeutschen "Kaltluftkörper". Daher fallen die
stündlichen Niederschlagsmengen weiterhin gering aus, jedoch können während der
langsamen Frontverlagerung im Tagesverlauf recht verbreitet in der Mitte wenige
Zentimeter Neuschnee fallen (im gelben Warnbereich). Verkompliziert wird die
Niederschlagsphasenvorhersage durch die von Nordwesten fortschreitende
niedertrop. Erwärmung, die diabatische Komponente des Tagesgangs, die schwachen
Niederschlagsraten und die durch die Orografie erzeugten, sich regional
hartnäckig haltenden Kaltluftseen entlang der zentralen Mittelgebirge. Die
Schneefallgrenze steigt von Nordwesten zwar sukzessive vom Tiefland auf 600 bis
800 m an, sie kann jedoch regional stark schwanken. Zum Abend erreichen die
skaligen Niederschläge auch die Donau. Der Alpenstau bricht vorübergehend
zusammen, sodass hier der Tag meist trocken und bedeckt verläuft. Zum Abend
können die dichten Wolken im äußersten Norden kurzzeitig auflockern und das bei
Höchstwerten von +4 bis +8 Grad im Küstenumfeld, +1 bis +4 Grad im Norden und
Nordwesten und weiterhin leichtem Dauerfrost im Süden von 0 bis -3 Grad. Der
Südwestwind weht meist schwach, nördlich des Thüringer Waldes und Erzgebirges
zeitweise auch mäßig mit Sturmböen auf dem Brocken und Fichtelberg (dort sind
erneut große Schneeverfrachtungen zu erwarten).

In der Nacht zum Samstag schmiegt sich die Warmfront zunehmend an die Alpen,
wobei südlich der Donau verbreitet mit leichtem Schneefall zu rechnen ist, der
im Stau der Alpen auch mal mäßig ausfallen kann. 12-std. Neuschneemengen liegen
südlich der Donau bei 1 bis 5 cm und können im Stau 10 bis 15 cm betragen.
Postfrontal der Warmfront sorgen der Höhenkeil und die Restfeuchte unter der
Absinkinversion für verbreitet dichte hochnebelartige Bewölkung, aus der
zeitweise etwas Sprühregen fällt. Die Schneefallgrenze pendelt dabei über der
Mitte und dem Norden zwischen 400 und 800 m und liegt im Süden tiefer. Das
Nordwest-Südostgefälle der Tiefstwerte bleibt erhalten mit +6 bis +3 Grad im
Nordwesten, +3 bis 0 Grad im Norden, Westen und Osten und leichtem Frost von 0
bis -3 Grad im Süden und entlang der östlichen Mittelgebirge. Der Südwest- bis
Westwind weht meist schwach, im Harzumfeld, im Erzgebirgsvorland und südlich der
Donau zeitweise auch mäßig mit Sturmböen auf exponierten Berglagen der östlichen
Mittelgebirge.

Samstag ... wird am Südrand eines umfangreichen Tiefdruckgebietes über
Skandinavien eine Randstörung über die Nordsee in Richtung Südschweden geführt
bzw. bildet sich im Lee des südlichen Skandinavischen Gebirges neu und lenkt
eine Okklusion nach Deutschland. Diese wird nun allerdings auch aus dynamischer
Sicht in einer zyklonal gekrümmten Höhenströmung recht agil über Deutschland
geführt und weist hochreichend schwache bis mäßige Hebungssignale auf. Auch die
linke Auszugslage zu einem kräftigen Höhenjet über der Nordsee und Benelux lässt
eine aktivere Frontpassage im Vergleich zur Warmfront erwarten. Bereits ausgangs
der Nacht kommt im Nordwesten Niederschlag auf, der sich bis zum Abend in den
Osten und bis zu den zentralen Mittelgebirgen ausweitet. Im Bereich der
Mischluft steigt die Schneefallgrenze besonders im Westen vorübergehend auf 800
bis 1000 m an, bevor sie zum Abend auch dort wieder absinkt. Sonst pendelt sie
meist zwischen 600 und 800 m. Der besser strukturierten Front entsprechend fällt
der Niederschlag fokussierter, sodass mit Frontpassage meist nur 1 bis 5 l/qm
Niederschlag, in Staulagen der zentralen Mittelgebirge auch etwas mehr zu
erwarten ist und das innerhalb weniger Stunden. Südlich der Donau bleibt es
abgesehen von leichten Stauniederschlägen am Alpenrand hingegen meist trocken.
Mit Blick auf den Neuschnee bedeutet das über der Mitte nur entlang der
Mittelgebirge und im Süden entlang der Alb und am Alpenrand wenige Zentimeter (1
bis 5 cm) Neuschnee. Allerdings deuten die Ensembles am direkten Alpenrand noch
Unsicherheiten bezüglich der Intensität der Stauniederschläge an, wobei einzelne
Ensemblemember noch deutlich kräftigere Stauniederschläge andeuten. Dies würde
besonders den Bereich des Berchtesgadener Landes betreffen, wo mehr als 10 cm
Neuschnee aus heutiger Sicht nicht ausgeschlossen werden können.
Im Zuge der dynamischeren Wetterlage nimmt auch der niedertroposphärische
Druckgradient zu, sodass abgesehen vom Nordosten verbreitet mit einem mäßigen
bis frischen, zeitweise auch böigen Südwestwind gerechnet werden muss. Im
Bergland sind stürmische Böen, exponiert auch Sturmböen zu erwarten. Dies
betrifft zum Abend auch zunehmend die Alpen, wo das Thema Schneeverwehung
allmählich in den Blickpunkt gerät. Die Höchstwerte liegen in der Mitte und im
Norden bei +4 bis +8 Grad, im Mittelgebirgsraum und im Süden etwas darunter. Am
direkten Alpenrand verharren die Höchstwerte um 0 Grad.

In der Nacht zum Sonntag etabliert sich über Deutschland angetrieben durch einen
kräftigen Höhenjet eine ausgeprägte Nordwestströmung, in der eingebettet
zahlreiche Fronten Deutschland erfassen. Die Okklusion vom Tage schmiegt sich
die Nacht über an die Alpen an und sorgt dort besonders oberhalb von 800 m für
erhebliche Neuschneemengen. Aus heutiger Sicht gehen die Okklusionsniederschläge
zudem fließend in skalige Aufgleitniederschläge einer Warmfront über, die im
Verlauf der Nacht auf den Westen und Nordwesten Deutschlands übergreift und mit
ihrer Hebung die kräftigen Stauniederschläge weiter aufrecht erhält. Im
Alpenstau muss mit 12-std. Niederschlagsmengen von 15 bis 20 l/qm gerechnet
werden und auch im Weststau des Schwarzwaldes können ähnliche Mengen auftreten.
Umgemünzt auf den Neuschnee kann mit 10 bis 20 cm Neuschnee gerechnet werden, in
Staulagen und vor allem oberhalb von 1000 m teils auch mehr. Abseits der
Stauniederschläge verläuft die Nacht bedeckt mit wiederholten Niederschlägen,
die sich im Verlauf der Nacht von Nordwesten intensivieren. Meist wird mit 1 bis
5 l/qm, in Staulagen der Mittelgebirge mit bis zu 10 l/qm Niederschlag gerechnet
und das kann für die Hochlagen der zentralen Mittelgebirge ebenfalls markante
Schneefälle nach sich ziehen. Hier ist allerdings noch die Lage der
Schneefallgrenze unsicher, die besonders über den westlichen Mittelgebirgslagen
über Kammniveau verbleiben könnte. Der West- bis Südwestwind weht im Tiefland
abgesehen vom Nordosten mäßig bis frisch, zeitweise auch böig mit Sturmböen im
Bergland. Dies bedeutet für die Hochlagen der Alpen, den Hochschwarzwald und
ggf. auch die Gipfel der östlichen Mittelgebirge, dass mit teils erheblichen
Schneeverwehungen zu rechnen ist. Die Tiefstwerte liegen im Nordwesten um +4
Grad und sonst zwischen +3 und -2 Grad (im Bergland).


Sonntag ... zieht bereits das nächste Randtief über Südnorwegen nach
Südschweden. Der größte Unterscheid zur Randtiefpassage vom Samstag ist der,
dass sich ein kräftiger Höhenjet direkt nach Deutschland verlagert und auch
niedertroposphärisch der Druckgradient zwischen dem blockierenden Hoch ANGELA
und der Randstörung kräftig zunimmt. Daher steht deutschlandweit ein windiger
Tag ins Haus, wobei verbreitet mit Windböen Bft 7, zeitweise auch stürmischen
Böen Bft 8 gerechnet werden muss. Mögliche Schwerpunkte bei der Windverteilung
im Tiefland können dank des großen Vorhersagezeitraums noch nicht festgelegt
werden, jedoch scheint sich der Bereich südlich der Donau (geführte Winde) und
der Nordwesten bei Kaltfrontpassage mit 8-er Böen hervorheben zu wollen. Im
Bergland sind Sturmböen bis schwere Sturmböen, exponiert auch orkanartige Böen
zu erwarten. Im Tagesverlauf wird dabei ein allmählich okkludierender Warmsektor
über Deutschland geführt, wobei der kräftige Wind mit einhergehender
Durchmischung und die Warmluftadvektion die Schneefallgrenze deutschlandweit auf
über 1000 m ansteigen lassen, bevor sie abends von Norden postfrontal der
Kaltfront wieder zu sinken beginnt. Bei bedecktem Himmel fällt deutschlandweit
skaliger Regen, der im Süden, der Mitte und dem Westen abgesehen von regionalen
Leeeffekten verbreitet 5 bis 10 l/qm Niederschlag bringt (12-std.), in Luvlagen
10 bis 20 l/qm. Allerdings bestehen bei den Staumengen noch größere
Modellunsicherheiten, was besonders an der Geschwindigkeit des
Okklusionsprozesses innerhalb der Numerik liegt, die noch unterschiedlich
ausfällt. An den Alpen bedeutet das unterhalb von 1000 m vorübergehend Regen mit
Tauwetter und darüber kräftigen Neuschneewachstum. In Verbindung mit dem Wind
treten in den Hochlagen erhebliche Schneeverfrachtungen auf und auch in tieferen
Lagen sorgt das Zusammenspiel aus nassem Schnee und auflebendem Wind für erhöhte
Risiken (u.a. umstürzende Bäume). Die Höchstwerte liegen abgesehen vom Süden
zwischen +4 und +9 Grad und südlich der Donau sowie in Richtung östliche
Mittelgebirge und Bayerische Wald zwischen +2 und +5 Grad. Leichter Frost
beschränkt sich nur noch auf die Hochlagen.


Modellvergleich und -einschätzung
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Die Numerik zeigt innerhalb der Kurzfrist kaum größere Diskrepanzen auf.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Helge Tuschy