DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

08-01-2019 09:01
SXEU31 DWAV 080800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 08.01.2019 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
NW z

Unwetter durch Schneefall und Schneeverwehungen im Erzgebirge und in den Alpen.
Stürmisch auffrischender Nordwestwind mit orkanartigen Böen an der Nordsee und
im höheren Bergland. Mittwoch nachlassender Wind, aber weitere Schneefälle.

Synoptische Entwicklung bis Donnerstag 24 UTC
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Dienstag... befindet sich über dem östlichen Nordatlantik ein nahezu stationärer
Höhenrücken, dem ein umfangreicher langwellentrog über Osteuropa gegenüber
steht. Ein markanter kurzwelliger Trog stößt an der Westflanke des Troges nach
Süden vor und führt ein Sturmtief mit sich, das mit Kern von Jütland in den
Nordwesten Polens zieht. Das zugehörige Frontensystem hat Süddeutschland
erreicht und verlagert sich rasch zu den Alpen und darüber hinweg. Dabei wird
vorübergehend etwas mildere Luft herangeführt, rückseitig der Kaltfront stößt
wieder ein Schwall frischer Meereskaltluft nach Deutschland vor. An der
Südwestflanke dieses Sturmtiefs hat sich in ganz Deutschland ein kräftiger
Druckgradient aufgebaut, wobei die Sturmlage im Tagesverlauf ihren Höhepunkt
erreicht.

Nahezu flächendeckend sind stürmische Böen und außer im Nordosten in freien
Lagen auch Sturmböen zu erwarten. An der See und im Bergland gibt es häufiger
Sturmböen, an der Nordsee und auf höheren Berggipfeln schwere Sturm- und
orkanartige Böen. Etwas ausgenommen von dieser Entwicklung ist neben dem
Nordosten allenfalls noch der äußerste Südwesten, wo Sturm- und schwere
Sturmböen auf höhere Berglagen beschränkt sind.

Im Norden und Osten Deutschlands können unter dem Trog und in der dabei
einfließenden instabilen Kaltluft einzelne kurze Gewitter auftreten, die
ebenfalls mit Böen bis Sturmstärke - auch in tieferen Lagen - einhergehen
können. Schwere Sturmböen sind nicht ganz auszuschließen.
Bei guter Durchmischung steigen die Temperaturen auf 3 bis 9 Grad, Chancen auf
etwas Sonnenschein gibt es am ehesten im Nordwesten.
Mit der rückseitig einströmenden Kaltluft sinkt die Schneefallgrenze, so dass
oberhalb von etwa 600 m die Niederschläge in Schnee übergehen. Oberhalb davon
kommen in den Mittelgebirgen wie auch an den Alpen 10 bis in Staulagen auch um
20 cm Neuschnee zusammen. Da dieser Schnee zusehends trockener wird, nimmt die
Gefahr von Verwehungen zu, die in freien Hochlagen ab den Abendstunden
Unwettercharakter annehmen können. Auch die Neuschneemengen werden
unwetterartig, wenn man sich die akkumulierten Summen in einigen
Mittelgebirgslagen und am Alpenrand bis in den Freitag anschaut. ICON zeigt bis
dahin im Erzgebirge, dem Bayerischen Wald und an den Alpen Mengen zwischen 50
und 80 mm, im Allgäu an die 100 mm als Schnee.

In der Nacht zum Mittwoch beginnt sich das Bodentief, nunmehr achsensenkrecht
unter dem Trog gelegen, über Westpolen aufzufüllen. Labil geschichtete Polarluft
dringt bis zu den Alpen vor, was die Niederschläge einen schauerartigen
Charakter annehmen lässt. Dabei sinkt die Schneefallgrenze auf etwa 200 bis 400
m ab. Im Bergland können in Staulagen in 12 Stunden 10 bis über 20 cm (im Allgäu
durchaus auch noch mehr) Neuschnee hinzukommen. Die Schneefälle halten in
Staulagen auch längere Zeit an.
Der Gradient beginnt nur allmählich aufzufächern. An der See und im Bergland
muss aber weiter mit Böen bis Sturmstärke, an der Nordsee und auf exponierten
Berggipfeln mit schweren Sturmböen gerechnet werden. Hierdurch bleibt im
Bergland in freien Lagen die Gefahr von starken Schneeverwehungen bestehen.


Mittwoch... verlagert sich das Bodentief von Polen nach Tschechien und füllt
sich dabei weiter auf. Der nachfolgende nach Südskandinavien gerichtete
Höhenkeil lässt die Strömung sowohl mitteltroposphärisch als auch in Bodennähe
auf Nordost drehen. Hierdurch dauern die staubedingten Niederschläge an den
Nordseiten der östlichen und zentralen Mittelgebirge sowie der Alpen an, wobei
erneut 10 bis 20, im Allgäu auch mehr als 20 cm Neuschnee zusammenkommen können.

Meist schneit es bis in tiefe Lagen, lediglich im Nordosten macht sich etwas
"wärmere" Luft bemerkbar, die um das o.g. Tief herumgeführt wird. Dort ist auch
Regen oder Schneeregen vorstellbar. Ansonsten fließt weiter Kaltluft ein, die in
850 hPa Temperaturen von -4 bis -8 Grad aufweist und Maxima von +1 bis +7 Grad
zulässt. Die höheren Werte sind im Westen und Nordwesten anzutreffen.

Mit der weiteren Auffüllung des Tiefs schwächt sich auch der Bodendruckgradient
weiter ab, wodurch bis in tiefere Lagen zunächst zwar noch Windböen auftreten,
Sturmböen aber auf höhere Berglagen und die Küste beschränkt sind. Auf
exponierten Berggipfeln können zumindest in der ersten Tageshälfte noch schwere
Sturmböen auftreten. Im Tagesverlauf sollten dann aber zumindest im Flachland
keine Windwarnungen mehr nötig sein.

Die Gefahr von Schneeverwehungen nimmt im Tagesverlauf ebenfalls ab bzw. diese
sollten dann keinen unwetterartigen Charakter mehr aufweisen. Der Schneefall
geht aber weiter, so dass die jeweiligen Warnungen separat ausgegeben werden
sollten. Mit der Annäherung des Hochkeils nimmt im Nordwesten und Westen
Deutschlands die Wahrscheinlichkeit von Auflockerungen zu. Ansonsten hält sich
weiter starke Bewölkung.

In der Nacht zum Donnerstag weitet sich der über Südskandinavien liegende Keil
noch etwas nach Osten aus und macht Boden nach Süden zu gut. Hierdurch wird,
ausgehend von einem Hoch über den Britischen Inseln, ein Keil gestützt, der sich
bis zu den Baltischen Staaten erstreckt. Zwischen diesem Keil und einem
Tiefdruckkomplex über dem östlichen Mittelgebirgsraum dreht die Strömung
zusehends auf Nordost.
Mit der Annäherung des Bodenkeils lassen die Schneefälle in den Staulagen der
Mittelgebirge zwar nach, in Staulagen sind aber weiter 10 bis 15 cm Neuschnee zu
erwarten. Die Schneefälle konzentrieren sich dann auf die süddeutschen und
östlichen Mittelgebirge sowie den Alpenrand, wobei an den Alpen auch nochmal
mehr als 20 cm Neuschnee hinzukommen können.
Der Wind lässt weiter nach, in der ersten Nachthälfte an einigen
Küstenabschnitten der Ostseeküste mit Wind- und stürmischen Böen gerechnet
werden. Danach wird auch dort der Wind zusehends schwächer. Nur im höheren
Bergland sind über die Nacht hinweg starke bis stürmische Böen möglich, diese
beschränken sich aber auf exponierte Gipfel, so dass insgesamt die Gefahr von
Verwehungen kaum noch gegeben ist. Nahezu flächendeckend ist leichter, im
höheren Bergland mäßiger Frost zu erwarten. Hierdurch besteht Glättegefahr durch
Neuschnee oder dort, wo kein Schnee liegen geblieben ist, durch gefrorene Nässe.



Donnerstag... Deutschland liegt am Rande einer hochreichenden Antizyklone dicht
westlich von Irland in einer kalten nördlichen bis nordöstlichen Strömung. Die
Südosthälfte wird dabei noch von einem Höhentief mit Zentrum am nordwestlichen
Balkan und über dem Osten Österreichs beeinflusst. Es treten dort weitere
Schneefälle auf, die in Staulagen der Mittelgebirge weitere 5 bis 10 cm
Neuschnee bringen können, an den Alpen sind 10 bis 20 cm Neuschnee drin,
exponiert vielleicht auch noch mehr.

Ansonsten setzt sich vorübergehend eine schwache Bodenhochdruckzone in Szene,
die mit leichtem Absinken einige Auflockerungen über der Nordwesthälfte zur
Folge hat.
Das ändert sich aber im Tagesverlauf rasch wieder, wenn auf den Nordwesten und
Norden das Frontensystem eines Nordmeertiefs mit starker Bewölkung übergreift,
wobei die Hebung durch Warmluftadvektion hervorgerufen wird, die über einen nach
Dänemark schwenkenden Höhenkeil hinwegläuft.

Im Nordseeumfeld sind abends auch erste Regentropfen zu erwarten. Der Wind
spielt keine große Rolle. Lediglich auf einigen Bergen in den Alpen und der
südlichen und östlichen Mittelgebirge sind starke, vereinzelt stürmische Böen
möglich, die aber kaum Warnrelevanz besitzen.
Gebietsweise im Süden und im Mittelgebirgsraum oberhalb 400 bis 600m stellt sich
Dauerfrost ein, sonst liegen die Maxima zwischen 0 und +4 Grad.

In der Nacht zum Freitag dringt die Warmfront nach Norddeutschland vor, die
entsprechenden Niederschläge erreichen die Landesmitte und fallen zunächst als
Schnee. Bis in tiefe Lagen ist dann etwas Neuschnee zu erwarten, im Bergland in
Staulagen um 5 cm. Im Norden und Nordwesten gehen die Niederschläge aber in
Regen über bei einer rasch auf 800 bis 1000 m steigenden Schneefallgrenze. Auch
im Stau der Alpen schneit es zunächst weiter, dort sind ebenfalls noch um 5 cm
Neuschnee möglich. Abgesehen vom Nordwesten gibt es leichten bis mäßigen Frost.


Modellvergleich und -einschätzung
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Die Entwicklung ist weitgehend unstrittig. Auch die wieder sehr hohen
Neuschneemengen in Staulagen der Mittelgebirge und der Alpen werden von allen
Modellen gestützt, so dass an den Unwetterwarnungen für den Alpenrand und das
Erzgebirge kein Weg vorbei führt. Aufgrund der deutlich unterschiedlichen
Laufzeit sollten die Warnungen vor den Verwehungen von den Schneefallwarnungen
getrennt werden. Neben den schon erwähnten Warnelementen sind auch
Leiterseilschwingungen regional nicht auszuschließen.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Bernd Zeuschner