DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

06-01-2019 08:01
SXEU31 DWAV 060800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Sonntag, den 06.01.2019 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
NWa
Heute und kommende Nacht in höheren Lagen Süddeutschlands weiterhin teils
markante Schneefälle, an den Alpen Andauer der Unwetterlage. Ab der Nacht zum
Dienstag nach kurzer Wetterberuhigung im Bergland erneut teils markante
Schneefälle. Dabei zunehmend windig mit Böen Bft 8 bis 9 vor allem im Norden und
Osten, an der Nordsee und auf den Bergen auch Bft 10.

Synoptische Entwicklung bis Dienstag 24 UTC
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Sonntag... und auch an den Folgetagen erweist sich die Wetterlage wieder einmal
- wie schon so häufig in den letzten Wochen und Monaten - als außerordentlich
persistent. Während sich diese Persistenz während des Großteils des vergangenen
Jahres in Form einer ungewöhnlichen Dürre niederschlug, ist jetzt in vielen
Regionen das Gegenteil der Fall: Nach einem viel zu feuchten Dezember scheint
uns nun auch - jetzt wagt der Verfasser mal ein Blick in die Mittelfrist, sogar
fast schon bis in den "Glaskugelbereich" - ein nasser Januar ins Haus zu stehen.
Nun aber zum Tagesgeschäft:
Der schon seit Tagen über dem nahen Ostatlantik westlich der Iberischen
Halbinsel bzw. von UK weilende Höhenrücken ändert sich in Position und
Intensität auch heute kaum. Ein von ihm über die Nordsee nach Skandinavien
gerichteter Hochkeil wird mit der allmählich sich intensivierenden, weit
nördlich über Island und das Nordmeer verlaufenden Frontalzone vor allem mit
seinem Nordteil mehr und mehr nach Südosten abgedrängt, während sich der Südteil
über der Nordsee aufgrund von WLA vorderseitig eines Kurzwellentroges westlich
von Island etwas verstärken kann. Dem Rücken bzw. dem Keil gegenüber steht
weiterhin ein Langwellentrog, der sich von der Barentssee bis zur Westtürkei
erstreckt und der ins einem Südteil durch ein Richtung Rumänien ziehendes
Höhentief regeneriert wird. Über dem Vorhersagegebiet resultiert diese
Geopotenzialverteilung in einer nördlichen Höhenströmung, wobei weiterhin WLA
dominiert, die sich aber vorübergehend abschwächt. Außer im Südosten, wo die
Strömung sowohl in 500 als auch in 700 hPa weiterhin orthogonal gegen die Alpen
gerichtet ist, sind heute kaum dynamische Hebungsantriebe auszumachen.
Im Bodenfeld streckt das mit dem Rücken korrespondierende Hochdruckgebiet über
der Bretagne seine Fühler etwas weiter nach Osten, Richtung West- und
Süddeutschland aus. Die Warmfront eines mit dem Trog korrespondierenden und sich
langsam auffüllenden Tiefs wird von Norden her gegen die Alpen gedrückt und löst
sich dann auf, die Kaltfront läuft von Osten her gegen das Hoch und ist
ebenfalls in Auflösung begriffen.
Mit der sich ebenfalls mehr und mehr auflösenden Kaltfront gelangt von Osten her
wieder etwas kältere Luft zumindest in die Osthälfte des Landes, aber auch im
Westen wird die niedertroposphärisch mildere Luft mehr und mehr dezimiert. Bis
zum Abend sinkt die Temperatur in 850 hPa auf Werte zwischen -9 Grad in der
Lausitz und -2 bis -4 Grad im Westen bzw. Südwesten.
Niederschläge werden einerseits im Übergangsbereich zur etwas milderen Luft im
Westen und Südwesten simuliert, diese fallen oberhalb von 600 bis 800 m meist
als Schnee, wobei die Schneefallgrenze am Nachmittag und Abend noch etwas
absinkt. In den Staulagen von Schwarzwald und Alb werden bis zum Abend über 10
mm in 12 Stunden simuliert (vom GFS etwas weniger), so dass dort erneut
zumindest in höheren Lagen markante Neuschneemengen über 10 cm zusammenkommen
können.
Noch mehr schneit es an den Alpen: Verbreitet werden bis ins südliche Vorland
hinein 10 bis 15 mm, in exponierten Staulagen sogar über 25 mm simuliert. Die
Unwetterlage dauert also an, auch, wenn die Schneefallgrenze vorübergehend
vielleicht auch mal auf etwa 600 m oder knapp darüber steigen kann.10 bis 20 cm,
in Staulagen bis 40 cm (nach Osten zu) stehen dabei bis zum Abend oder der
kommenden Nacht erneut auf der Karte.
Für den Rest des Landes ist die Wettergeschichte schnell erzählt. Im Nordosten
und Osten kann es einzelne Auflockerungen geben (aktuell auch leichten Frost),
nachmittags und abends vielleicht auch ganz im Westen, sonst bleibt es meist
bedeckt und trüb. Im höheren Bergland (oberhalb von 700 bis 900 m) gibt es
leichten Dauerfrost, sonst liegen die Höchstwerte zwischen 0 Grad in den
Alpentälern und 8 Grad im Nordwesten.

In der Nacht zum Montag verstärkt sich der Höhenrücken über der Nordsee aufgrund
von WLA noch etwas, morgens erstreckt sich dessen Achse über die Deutsche Bucht
und Dänemark bis nach Südschweden. Die nordwestliche Grundströmung verschärft
sich vor allem im Norden und Osten aufgrund leichten Druckanstiegs in
Südwestdeutschland ebenfalls etwas, wodurch die mildere Luft wieder ein wenig
nach Südosten vorankommt (T850 hPa am Montagfrüh zwischen 0 Grad an der Nordsee
und -5 Grad in der Lausitz bzw. in Südostbayern). Der Wind frischt zwar wieder
aus Nordwest stärker auf, für warnrelevante Böen reicht es aber wohl nur auf
exponierten Alpen- und Erzgebirgsgipfeln. Die Niederschläge kommen dadurch mit
abnehmender Intensität ostwärts voran, wobei später von der Nordsee her neue
leichte Regen- oder Nieselregenfälle auf den Nordwesten übergreifen. Im Westen
fällt dagegen kaum mehr Regen und auch im Südwesten lassen die Niederschläge
weiter nach, im Schwarzwald und auf der Alb fallen oberhalb von etwa 400 bis 600
m nur noch wenige Zentimeter Neuschnee. Im zentralen und östlichen Bergland kann
es ebenfalls oberhalb von etwa 400 m etwas Neuschnee geben (meist weniger als 5
cm), nach Osten zu auch in tiefen Lagen, dort allerdings ohne nennenswerte
Neuschneemengen.
An den Alpen schneit es weiter, wenngleich auch mit abnehmender Intensität. Dort
fallen bis Montagfrüh nochmals 5 bis 10 cm, in Staulagen bis 20 cm Neuschnee, da
die Schneefallgrenze vorübergehend etwas sinkt, kann es nun auch wieder etwas
weiter ins Alpenvorland hinein leicht schneien.
Leichten Frost gibt es wohl nur im Bergland, oberhalb von etwa 400 bis 800m, bei
aufgelockerter Bewölkung vielleicht noch ganz im Osten und im äußersten Westen.
Stellenweise kann dann Glätte durch Überfrieren auftreten.

Montag... schwenkt der Höhenrücken südostwärts ins Vorhersagegebiet, abends
verläuft dessen Achse etwa über die Mitte des Landes. Gestützt wird er durch
kräftige WLA vorderseitig eines sich verstärkenden Höhentroges, der abends auf
die Nordsee übergreift und dessen Drehzentrum sich dann vor Kap Svinöy befindet.

Das korrespondierende Bodentief zieht ebenfalls dahin und kann sich weiter
vertiefen. Das Hoch über dem Westen Frankreichs wird dabei etwas nach Süden
abgedrängt, wobei allerdings ein kräftiger Keil nach Süddeutschland gerichtet
bleibt. Die daraus resultierende Gradientverschärfung lässt vor allem im
Nordwesten den Wind im Tagesverlauf deutlich auffrischen, während er auf den
Alpengipfeln vorübergehend nachlässt. Nachmittags und abends gibt es im
Nordseeumfeld bereits recht verbreitet steife bis stürmische Böen (Bft 7 bis 8)
aus Südwest, auf dem Brocken und dem Fichtelberg kann es einzelne Sturmböen (Bft
9) geben.
Im zentralen Mittelgebirgsraum, vor allem aber im Südosten gibt es noch weitere
Niederschläge, die im Tagesverlauf aber weiter nachlassen. Bei Temperaturen um
-4 Grad in 850 hPa fällt oberhalb von etwa 400 bis 600 m vor allem im Erzgebirge
sowie im ostbayerischen Mittelgebirgsraum noch etwas Schnee. An den Alpen lassen
die Schneefälle ebenfalls weiter nach. Im Allgäu kommt schon kein nennenswerter
Neuschnee mehr zusammen, nach Osten zu können bis zum Abend aber nochmals 5 bis
10 cm, in exponierten Staulagen auch mehr fallen.
Mit Annäherung der Warmfront des oben genannten Tiefs setzen dann im Nordwesten
nachmittags und abends leichte Regenfälle ein.
Erneut steht ein trüber Tag ins Haus, Chancen auf etwas Sonne bestehen am
ehesten im Südwesten. Die Temperaturen erreichen erneut Höchstwerte zwischen 2
und 8 Grad, in den Alpentälern um 0 Grad.

In der Nacht zum Dienstag verlagert der Trog sein Drehzentrum nach
Südskandinavien und greift somit auch auf Mitteleuropa über. Das
korrespondierende Bodentief zieht bis Dienstagfrüh nach Südschweden und kann
sich im Lee des Norwegischen Küstengebirges noch etwas vertiefen. Das
Frontensystem greift unter fortschreitendem Okklusionsprozess von Nordwesten her
auf Deutschland über, die Kaltfront erreicht morgens in etwa Nordbaden und
Nordbayern. Ihr folgt ein Schwall erwärmter maritimer Polarluft (T850 hPa um -4
Grad, im Warmsektor dagegen vorübergehend um 0 Grad). Im Frontbereich wird recht
markante, vor allem aus PVA resultierende Hebung simuliert, so dass es
verbreitet zu schauerartigen Niederschlägen kommt. Einzelne Gewitter sind mit
Kaltfrontpassage mangels nachfolgender Höhenkaltluft zwar nicht ausgeschlossen,
aber wohl eher unwahrscheinlich.
Die Niederschläge erreichen morgens in etwa das Alpenvorland und können anfangs
nach Osten zu und im Süden als Schnee fallen, die Schneefallgrenze steigt aber
rasch auf etwa 800 bis 1000 m. Erst mit Kaltfrontpassage sinkt sie morgens
wieder etwas ab, so dass es im zentralen und östlichen Bergland oberhalb von
etwa 600 m vielleicht noch für ein wenig Neuschnee reicht.
Im Fokus der Warntätigkeit steht somit eindeutig der Wind: Vor allem in der
Nordhälfte legt er noch um einiges zu, im Nordseeumfeld gibt es verbreitet
Sturmböen, morgens schwere Sturmböen (Bft 9 bis 10) aus West bis Nordwest,
exponiert eventuell auch orkanartige Böen (Bft 11). Ähnliches gilt auch
zunehmend für die Kammlagen der Mittelgebirge (vor allem Brocken, Fichtelberg).
An der Ostsee reicht es meist nur für Bft 8 bis 9, in der Nordhälfte im
Binnenland sind Böen Bft 7 bis 8 zu erwarten. Auch im Alpenvorland frischt der
Wind durch den Leitplankeneffekt mit Böen Bft 7, exponiert 8, meist aus Südwest,
auf.
Leichten Frost gibt es wohl nur noch im höheren Bergland und - bei
aufgelockerter Bewölkung vor Eintreffen der Front - ganz im Süden.

Dienstag... verlagert der Trog sein Drehzentrum zur südlichen Ostsee, so dass
vor allem in den Norden und Osten des Landes zunehmend höhenkalte Luftmassen
advehiert werden (abends -30 bis -34 Grad in 500 hPa). Das Bodentief erreicht im
Tagesverlauf mit etwa 985 hPa Kerndruck (IFS um 990 hPa) den Höhepunkt seiner
Entwicklung und zieht bis zum Abend Richtung Danziger Bucht (nach IFS etwas
weiter südwestlich). Der Gradient kann sich dadurch auch weiter landeinwärts
noch etwas verschärfen, während er im Nordseeumfeld später wieder ein wenig
auffächert. An den Küsten treten somit verbreitet Böen Bft 9, im Nordseeumfeld
auch Bft 10 aus Nordwest auf, vor allem in einem breiten Korridor von der
Nordsee bis zum Erzgebirge die Bft 8 (im Harzlee auch Bft9), im Alpenvorland
ebenfalls, ansonsten gibt es recht verbreitet - außer im Südwesten - steife Böen
(Bft 7). Auf den Bergen gibt es Sturm- und schwere Sturmböen, auf exponierten
Gipfeln auch Orkanböen.
Dazu gibt es verbreitet schauerartige Niederschläge, allerdings meist nur mit
Mengen zwischen 1 und 8 mm in 12 Stunden, lediglich in den Staulagen des
Oberallgäus, der ostbayerischen Mittelgebirge, eventuell auch des Schwarzwaldes
und Erzgebirges (IFS) werden mehr als 10 mm simuliert. Kurze Gewitter sind mit
der vorstoßenden Höhenkaltluft vor allem im Norden und Osten sowie im zentralen
Mittelgebirgsraum nicht ausgeschlossen.
Auch niedertroposphärisch gelangt von Nordwesten her kältere Luft ins
Vorhersagegebiet (T850 hPa abends zwischen -4 und -6 Grad). Die Schneefallgrenze
sinkt in der gut durchmischten Luftmasse auf etwa 400 bis 600 m, in kräftigeren
Schauern kann es auch in tieferen Lagen Graupel oder Schnee geben. In höheren
Lagen der ostbayerischen Mittelgebirge, eventuell des Erzgebirges und im
Oberallgäu (oberhalb von 800 bis 1000 m) kann es in Staulagen wieder für
markante Schneemengen reichen, in den Kammlagen gibt es Verwehungen; ob diese
unwetterartig ausfallen, bleibt abzuwarten, auf dem Fichtelberg im Erzgebirge
z.B. wird es jedenfalls "gut zur Sache" gehen.
Nach wie vor zeigt sich die Sonne nur sporadisch, am ehesten postfrontal im
Nordwesten. Die Höchstwerte liegen nach wie vor zwischen 2 und 8 Grad.

In der Nacht zum Mittwoch kommt der Trog nach Zentralpolen voran, das Bodentief
zieht ebenfalls etwas nach Süden und füllt sich ein wenig auf.
Die Höhenkaltluft kommt somit bis nach Süddeutschland voran, in 850 hPa sinkt
die Temperatur auf -30 bis -36 Grad, in 850 hPa auf -4 bis -7 Grad. Dabei gibt
es weitere Niederschläge, die in den Staulagen des Erzgebirges, der Alpen und
eventuell auch des Schwarzwaldes (IFS) mit wieder mehr auf Nord drehender
Grundströmung auch länger anhalten. In diesen Regionen werden 10 bis 15 mm
simuliert, im Alpenstau gebietsweise auch mehr, so dass sich erneut eine
markante Schneelage einstellt (in exponierten Alpenstaulagen eventuell auch
wieder unwetterartig, da es dort am Mittwoch weitergeht).
Ansonsten halten sich die Mengen in Grenzen und fallen meist in Schauerform,
auch kurze Gewitter können auftreten. Die Schneefallgrenze sinkt weiter ab, in
kräftigeren Schauern kann es auch in tiefen Lagen Schnee und Glätte geben.
Der Wind schwächt sich im Binnenland etwas ab (meist Bft 7), an den Küsten gibt
es weiterhin stürmische Böen oder Sturmböen, auf exponierten Gipfeln schwere
Sturmböen, in den Hochlagen entsprechend auch Schneeverwehungen (eventuell
unwetterartig).


Modellvergleich und -einschätzung
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Die Modelle zeigen allesamt eine sehr ähnliche Entwicklung im Kurzfristbereich.
Unschärfen bzgl. der Niederschlagsintensität und -verteilung wurden im Text
angesprochen.
Die Schneefallwarnungen im Süden des Landes werden in Kürze wohl ein wenig
"eingestampft", die Unwettersituation an den Alpen bleibt aber noch mindestens
bis Montagfrüh bestehen. Eventuell gibt es ab der Nacht zu Mittwoch in Staulagen
dort erneut unwetterartige Mengen.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Winninghoff