DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

03-01-2019 17:01
SXEU31 DWAV 031800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 03.01.2019 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Zunächst nur leichte Niederschläge, im Südosten bis in tiefe Lagen Schnee. Am
Samstag in Süddeutschland verbreitet Schneefall, im Bergland und im Alpenvorland
markant, an den Alpen Unwetter. Auf einigen Gipfeln Sturmböen.

Synoptische Entwicklung bis Sonntag 12 UTC
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Aktuell ... bestimmen in der 500 hPa Karte - genauso wie in der in 300 hPa -
zwei Geopotenzialgebilde das Wettergeschehen in Mitteleuropa: Einerseits ein
markanter und recht breit angelegter Höhenrücken, der sich vom nahen Ostatlantik
westlich der Iberischen Halbinsel nordwärts bis zu den Britischen Inseln
erstreckt und dort in eine eigenständige Höhenantizyklone mündet, die das
kräftige Bodenhoch "Angela" (bis 1045 hpa Kerndruck) mit Schwerpunkt über
England stützt. Als Gegenpart fungiert fungiert ein von der Barentssee über
Osteuropa bis zum Balkan bzw. zur südlichen Adria reichender Langwellentrog. Auf
der Ostflanke des Hochs gelangt somit mit nordwestlicher Grundströmung mäßig
kalte, in den Nordwesten erwärmte (sub)polare Meeresluft ins Vorhersagegebiet.
Das Frontengeschehen findet aktuell noch recht weit entfernt von Mitteleuropa,
über Skandinavien, statt, worüber hinweg sich eine Warmfront allmählich
südostwärts verlagert und morgens auch die Nordsee erreicht bzw.
Nordwestdeutschland streift. Bereits weit im Vorfeld der Front greift
mitteltroposphärisch WLA südostwärts aus und kann sich beim Überströmen der
niedertroposphärisch recht kalten, (dort) polaren Luftmasse über dem Südosten
des Landes (T850 hPa -9 bis -12 Grad) noch etwas verstärken. Die daraus
resultierenden leichten Niederschläge fallen in der Südhälfte bis in tiefe Lagen
als Schnee. In den östlichen und süddeutschen Mittelgebirgen, teilweise auch in
den tiefen Lagen, reicht das für wenige Zentimeter Neuschnee, im Erzgebirgstau
vielleicht bis an die 5 cm, an den Alpen vor allem östlich des Werdenfelser
Landes fallen bis zu 10 cm, in exponierten Staulagen bis 15 cm Neuschnee.
Ansonsten kommen keine nennenswerten Neuschneemengen zusammen, für Glätte reicht
es aber allemal.
Auch im Nordseeumfeld setzen morgens leichte Niederschläge in Form von
Nieselregen ein, dort ist es glättetechnisch aber unkritisch, da es im
Einflussbereich milder Nordseeluft frostfrei bleibt.
In den übrigen Regionen bleibt es meist trocken, allerdings muss verbreitet mit
leichtem, im Bergland auch mäßigem Frost und auch mit Glätte durch Überfrieren
gerechnet werden. Frostfrei bleibt es neben dem Nordseeumfeld wohl auch im
Westen/Nordwesten und an der Ostsee.
Anzusprechen bleibt noch der Wind: Der schwächt sich zwar vorübergehend ab,
dennoch kann es in den Gipfellagen der östlichen Mittelgebirge und der Alpen
noch stürmische Böen und dort dann auch Schneeverwehungen geben. Morgens frischt
dann mit Übergreifen der Warmfront im Nordseeumfeld der Wind aus Nordwest mit
Böen Bft 7 auf.

Freitag ... ändert sich an der Anordnung der Potenzialgebilde in den Höhenkarten
nichts Substantielles. Ein flacher Kurzwellentrog greift auf Nord- bzw.
Mittelskandinavien über, wodurch - auch unterstützt durch das Überströmen des
Norwegischen Küstengebirges - im Bodenfeld dort Druckfall einsetzt und sich
letztendlich ein Bodentief etabliert, dessen Drehzentrum sich abends über dem
Finnischen Meerbusen befindet. Die Warmfront des Tiefs zieht über den Norden und
Osten Deutschlands hinweg südostwärts, rückseitig verstärkt sich die WLA noch
weiter und kann sich bis in die mittleren Landesteile auch niedertroposphärisch
immer besser durchsetzen. Die Temperatur in 850 hPa steigt bis zum Abend in der
Nordhälfte auf -3 bis +3 Grad, während sie im Süden zwischen -9 (Südostbayern)
und -4 Grad (zentraler Mittelgebirgsraum) verharrt. Die Warmfrontniederschläge
breiten sich etwa bis zu einer Linie Eifel - Vogtland - Zittauer Gebirge aus und
fallen im östlichen Bergland meist noch bis in tiefere Lagen als Schnee. Dort
kommen bis 5 cm Neuschnee zusammen, in exponierten Erzgebirgsstaulagen
vielleicht auch etwas mehr. In den übrigen zentralen Mittelgebirgen beschränkt
sich der Neuschneezuwachs auf wenige Zentimeter, in tiefen Lagen fällt etwas
Regen oder Nieselregen.
Auch in Südostbayern gibt es weitere Niederschläge, dort durchwegs als Schnee.
Viel ist es nicht, für wenige Zentimeter reicht es aber, im Stau der Alpen auch
bis 10 cm (exponiert im Chiemgau vielleicht auch etwas mehr).
Im Warmsektor legt auch der Wind wieder zu. An den Küsten und im angrenzenden
Binnenland gibt es steife Böen aus Nordwest, an der Nordsee exponiert auch
stürmische Böen (Bft 7 bis 8). In freien Lagen kann es auch im Binnenland nach
Osten zu mal einzelne Böen Bft 7 geben. In den Gipfellagen von Harz, Erzgebirge
und Zittauer Gebirge sowie der ostbayerischen Mittelgebirge können vermehrt Böen
Bft 8 bis 9 auftreten, ebenso auf einzelnen Alpengipfeln. In den Hochlagen von
Erzgebirge und Alpen bleiben somit Schneeverwehungen Thema.
Im Westen und Südwesten bleibt es weitgehend trocken und auch ganz im Norden
gibt es kaum mehr Niederschläge. Ab und zu lockern die Wolken dort etwas auf,
ansonsten bleibt es trüb. Die Temperaturen steigen gegenüber heute etwas an und
erreichen Höchstwerte zwischen 0 Grad in Südostbayern und 8 Grad im
Nordseeumfeld. Im Südosten gibt es oberhalb von etwa 600 m leichten Dauerfrost.

In der Nacht zum Samstag verlagert sich - eingebettet in die nördliche
Höhenströmung - ein Kurzwellentrog über Südschweden hinweg südwärts nach Polen,
vorderseitig werden aufgrund von PVA die durch die WLA induzierten
Hebungsprozesse auch über dem Vorhersagegebiet (zunächst in erster Linie in den
östlichen und mittleren Landesteilen, ab den Frühstunden dann auch im Südosten)
noch verstärkt. Die Warmfront des zum Baltikum ziehenden Tiefs kommt ebenfalls
etwas nach Süden voran, wodurch auch niedertroposphärisch die Erwärmung weitere
Fortschritte macht (T850 hPa morgens zwischen +4 Grad im Nordwesten und -6 Grad
im südlichen Alpenvorland). Somit setzen verbreitet Niederschläge meist
leichter, in den Staulagen der Mittelgebirge auch mäßiger Intensität ein,
lediglich im Nordosten bleibt es gebietsweise trocken und auch im Südwesten
sowie in den Leelagen der zentralen Mittelgebirge kommt nicht mehr viel an. In
den zentralen Mittelgebirgen regnet es zunehmend bis in die Kammlagen, in den
Hochlagen von Erzgebirge und Thüringer Wald können oberhalb von etwa 600 bis 800
m in Staulagen durchaus noch markante Neuschneemengen (über 10 cm in 6 bis 12
Stunden) zusammenkommen.
In Süddeutschland (etwa südlich des Mains) fällt zunächst meist bis in tiefe
Lagen Schnee. Bis Samstagfrüh reicht es aber meist nur für 1 bis 5 cm Neuschnee,
lediglich in den höheren Lagen (Fränkische, vielleicht noch Schwäbische Alb,
ostbayerische Mittelgebirge) fällt teilweise auch mehr, im Bayerwald in
Staulagen bis 15 cm.
An den Alpen setzen die kräftigeren Schneefälle erst in den Frühstunden ein, vor
allem nach Osten zu kommen aber durchaus schon um die 10 cm zusammen, im
Chiemgau und Berchtesgadener Land in Staulagen auch bis über 15 cm.
Mit Durchschwenken eines Bodentroges legt auch der Wind noch etwas zu, vor allem
in einem Streifen von Niedersachsen über den zentralen Mittelgebirgsraum bis
nach Bayern kann es einzelne steife Böen aus Nordwest, im Südosten eher aus West
geben, an der Nordsee stürmische Böen, auf den Bergen Sturmböen. In den
Hochlagen des Erzgebirges und der Alpen, aber auch des Bayerwaldes werden
Schneeverwehungen Thema, auch im Alpenvorland wächst das Risiko dafür
allmählich.
Frost gibt es lediglich noch in höheren Mittelgebirgslagen (oberhalb 800 m im
Norden und 500 m im Süden) und ganz im Süden, im Alpenvorland. Ansonsten bleibt
es frostfrei.

Samstag ... erstreckt sich der Höhenrücken weiterhin über die Britischen Inseln
hinweg bis ins Europäische Nordmeer, wird aber allmählich abgebaut. Auch der
Langwellentrog über Nordost- und Osteuropa kommt nur wenig nach Osten voran und
reicht inzwischen bis zur Ägäis. Die Höhenströmung über dem Vorhersagegebiet
dreht auch in 700 hPa mit Durchzug des oben genannten flachen Kurzwellentroges
genau auf Nord und ist leicht zyklonal konturiert, der Jet in 300 hPa ist genau
auf die Alpen gerichtet, woraus für die Nordalpen mit Unterstützung durch die
WLA eine markante, in den vergangenen Jahren kaum mehr dagewesene Staulage
resultiert.
Im Bodenfeld kann sich der Gradient zwischen dem Richtung Ukraine ziehenden
Bodentief und den sich verstärkenden Luvkeil am Alpennordrand vor allem im
Alpenvorland noch verschärfen, während er ansonsten zögernd auffächert. Während
es im Tagesverlauf an der Nordsee und bis zum späten Nachmittag auch in den
meisten Mittelgebirgen kaum mehr warnrelevante Böen gibt, muss im Alpenvorland
vorübergehend mit steifen, exponiert auch stürmischen Böen aus West gerechnet
werden, in den Hochlagen der Alpen auch mit Sturm- und schweren Sturmböen aus
Nordwest bis Nord. Erst zum Abend hin nimmt auch dort der Wind weiter ab.
Im Bodenfeld verbleiben wir im Warmsektor des Tiefs, erst am Nachmittag/Abend
greift von Nordosten her die Kaltfront auf den äußersten Nordosten des Landes
über. Abgesehen vom Norden und Nordosten des Landes ist somit verbreitet mit
Niederschlägen zu rechnen, die aber wohl nur noch im Alpenvorland bis in tiefere
Lagen als Schnee fallen. Auch in den östlichen und ostbayerischen Mittelgebirgen
sowie im Schwarzwald steigt die Schneefallgrenze vorübergehend auf 600 bis 800
m, darüber fallen 5 bis 10 cm, stellenweise auch mehr, im Hochschwarzwald bis 20
cm Neuschnee. In den westlichen und zentralen Mittelgebirgen regnet es meist bis
in die Kammlagen.
An den Bayerischen Alpen fallen die Schneefälle dagegen unwetterartig aus.
ICON-EU simuliert für den Zeitraum Samstagfrüh bis Sonntagfrüh an den Alpen und
im südlichen Alpenvorland verbreitet 25 bis 40 mm, in exponierten Staulagen auch
bis über 50 mm in 24 Stunden als Schnee, entsprechend hat SNOW4 bis Sonntagfrüh
zumindest oberhalb von etwa 600 bis 800 m einen Schneehöhenzuwachs zwischen 30
und 60 cm, im Chiemgau in Staulagen auch bis an die 70 cm auf der Karte, womit
die Kriterien für eine Unwetterwarnung erfüllt wären. Die externen Modelle
stehen dem kaum nach. Inwieweit vor allem im Alpenvorland die flüssige Phase
doch noch eine Rolle spielt und einen Teil der Schneedecke vor allem unterhalb
von 600 bis 800 m wieder abschmelzen lässt, ist noch unsicher. Immerhin herrscht
mit dem Westwind gute Durchmischung und die Temperaturen in 850 hPa steigen bis
zum Abend selbst im südlichen Alpenvorland auf etwa -2 Grad, was wohl erwarten
lässt, das zumindest im nördlichen Vorland (vielleicht auch bis München) die
Regenphase auch eine größere Rolle spielt. Das sind aber nur noch Details, die
es wohl morgen Vormittag zu klären gibt, an der Tatsache einer Unwetterwarnung
für den direkten Alpenrand ist eigentlich nicht mehr zu rütteln.
Während es also ganz im Süden zumindest oberhalb von 600 m mit Höchstwerten um 0
Grad recht frisch bleibt, wird es sonst mit 2 bis 9 Grad mild, die höchsten
Werte im Nordwesten.

In der Nacht zum Sonntag erreicht das Tiefdruckgebiet die Ukraine, die Kaltfront
kommt noch ein wenig nach Westen und Süden voran, läuft aber gegen das Hoch, das
seinen Schwerpunkt inzwischen zur Bretagne verlagert und sich etwas abgeschwächt
hat und zeigt Auflösungstendenzen. Immerhin kann rückseitig von Norden her
wieder kältere Luft in den Osten und Südosten vordringen, wodurch die
Schneefallgrenze dort wieder etwas sinkt, vor allem im Alpenvorland.
Niederschläge werden vor allem im Westen und Süden simuliert, während sie in der
Mitte und in der Osthälfte weiter nachlassen. Im Hochschwarzwald kann es
weiterhin markante Neuschneemengen geben, auch in den westlichen Mittelgebirgen
sinkt die Schneefallgrenze wieder ein wenig ab, ob es aber für nennenswerten
Schnee in den höchsten Lagen reicht, ist fraglich. In den östlichen und
ostbayerischen Mittelgebirgen schneit es wieder zunehmend bis in tiefe Lagen,
allerdings lassen die Niederschläge dort rasch nach, so dass ebenfalls keine
nennenswerten mengen mehr zusammenkommen. Anders dagegen an den Alpen und im
südlichen Vorland: Dort dauert die Staulage an, wenngleich die Intensität der
Niederschläge etwas zurückgeht. Im Alpenvorland fällt auch etwas weiter nördlich
wieder zunehmend bis ganz nach unten Schnee. Auf exponierten Erz- und
Alpengipfeln kann es noch Böen Bft 8 bis 9 aus Nordwest bis Nord geben,
ansonsten spielt der Wind warntechnisch wohl keine Rolle mehr.
Leichten Frost gibt es im Bergland, Richtung Alpen und bei auflockernder
Bewölkung vielleicht auch im Nordosten. Ansonsten verläuft die Nacht meist
frostfrei.

Sonntag ... verstärkt sich ein über die Britischen Inseln über die Nordsee bis
nach Skandinavien reichender Höhenrücken, während der osteuropäische Trog sein
Hauptdrehzentrum allmählich Richtung Rumänien verlagert. Die Höhenströmung über
dem Vorhersagegebiet dreht somit auf Nord bis Nordost, die Stausituation an den
Alpen bleibt mit der orthogonal auf die Gebirgskette gerichteten Windkomponente
vor allem in 700 hPa aber weiterhin erhalten.
Im Bodenfeld steigt der Luftdruck von Westen her geringfügig an und - ausgehend
vom Hochdruckgebiet über der Bretagne bzw. Biskaya - erstreckt sich ein Hochkeil
über Norddeutschland hinweg bis nach Westrussland. Von Nordosten her kann sich
kühlere Luft weiterhin nur zögernd nach West- und Süddeutschland durchsetzen,
immerhin sinkt die Temperatur in 850 hPa bis zum Abend auf etwa -2 Grad ganz im
Westen und -10 Grad in der Lausitz.
Niederschläge werden vor allem an den Alpen und im südlichen Alpenvorland
simuliert - dort fallen bis zum Abend durchaus nochmals 15 bis 25 mm, nach
Lesart des ICON-EU (und auch - abgesehen vom Allgäu - des GFS) in den Staulagen
bis an die 35 mm in 12 Stunden als Schnee, so dass die Unwettersituation
zumindest in den Staulagen noch aufrecht bleibt. Ab dem nördlichen Alpenvorland
nordostwärts bleibt es dagegen schon meist trocken (mit Ausnahme einzelner
Schneeschauer im östlichen Bergland).
Auch im Westen und Südwesten - im Übergangsbereich zur milderen Luftmasse -
werden weiterhin Niederschläge simuliert - nach ICON-EU etwas weiter westlich
als nach GFS bzw. IFS (00 UTC). Diese fallen - bei T850 hPa um -2 bis -3 Grad -
wohl nur oberhalb von etwa 600 m als Schnee, wobei im Hochschwarzwald in den
höchsten Lagen durchaus markante Mengen auftreten können (allerdings nur nach
Lesart des ICON-EU).
Vor allem im Nordosten kann sich ab und zu mal die Sonne durchsetzen, ansonsten
bleibt es überwiegend stark bewölkt bis bedeckt. Die Temperaturen gehen etwas
zurück, die Höchstwerte bewegen sich zwischen 0 Grad am Alpenrand und 7 Grad im
Nordwesten.


Modellvergleich und -einschätzung
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Alle vorliegenden Modelle unterscheiden sich bzgl. der großräumigen
Wetterentwicklung kaum. Kleinere Unschärfen ergeben sich im Detail, in erster
Linie die Niederschlagsintensitäten am Alpenrand betreffend, wobei die höher
aufgelösten Modelle die Nase wohl vorn haben dürften und auch die
probabilistischen Verfahren eindeutig Richtung Schneefall-Unwetter tendieren.
Somit dürfte wohl am morgigen Vormittag die entsprechende Unwetterwarnung
ausgegeben werden.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Winninghoff