DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

03-01-2019 09:01
SXEU31 DWAV 030800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 03.01.2019 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL: NW (Nordwest zwischen zyklonal und antizyklonal)

Heute wenige, morgen schon mehr, am Samstag im Süden richtig viel Niederschläge,
am Alpenrand ergiebiger Schneefall!


Synoptische Entwicklung bis Samstag 24 UTC
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Donnerstag... verbleibt Deutschland mitten zwischen einem veritablen Höhenrücken
über dem nahen Ostatlantik und einem von Barentssee bis hinunter zum zentralen
Mittelmeer reichenden LW-Trog unter einer nördlichen Höhenströmung. Der Rücken
stützt das kräftige Bodenhoch ANGELA, das seine Zelte mit etwas über 1040 hPa
über dem Vereinigten Königsreich aufgeschlagen hat, von wo es auch gar nicht
mehr weg möchte. Auf der Ostflanke des Hochs (salopp ANGELAs "kalte Schulter")
gelangt mit nordwestlicher Grundströmung mäßig kalte, in den Nordwesten eher
erwärmte (Sub)Polarluft, in der sich das Wetter am heutigen Donnerstag in
Deutschland unterschiedlich gestaltet.
Am freundlichsten wird es in einem Streifen, der von SH und MV bis hinunter nach
Thüringen und von dort weiter bis nach Süddeutschland reicht. In diesem Bereich
ist die Luftmasse am trockensten (Taupunkte am frühen Morgen unter -5°C), was
sogar in Norddeutschland lokal mäßigen Nachtfrost gebracht hat. Vor allem dort
wird heute auch die höchste Sonnenscheindauer erwartet, während sich weiter
südlich auch ein paar Wolken am Himmel zeigen. Eher dicht bewölkt bleibt es in
Oder-Neiße-Nähe, im Erzgebirge nebst Vorland sowie vom bayerischen Alpenrand bis
hinüber zum Bayerischen Wald. Durch die Nähe zum Trog wird dort etwas Hebung
generiert, die neben der Bewölkung auch etwas Schneefall garantiert. In tiefen
Lagen wird der Schnee bei steigenden Belagstemperaturen nicht oder kaum
liegenbleiben, im Bergland hingegen können bis zum Abend 1-5 cm Neuschnee
fallen.
Etwas diffiziler verhält es sich mit dem Wetter in den nordwestlichen und
westlichen Landesteilen, wo niedertroposphärisch etwas mildere (T850 -6 bis
-2°C), bis etwa 800 hPa gesättigte Luft von der Nordsee eingedrungen ist. Die
Obergrenze der Sättigung liegt ungefähr bei -10°C und somit in einem Bereich, in
dem wahrscheinlich nicht allzu viele Eiskeime am Start sind. Das erklärt, warum
bis zum frühen Morgen im Wesentlichen leichter Nieselregen gefallen ist, was im
Tiefland bei positiven Luft- und Belagstemperaturen kein Problem war (Stichwort
Glätte). Etwas anders sieht es aus, seit der Niederschlag den noch frostigen
westlichen Mittelgebirgsraum erreicht hat. Dort tritt lokal gefrierender
Nieselregen mit Glatteis auf. Im Laufe des Tages kommen die leichten
Niederschläge über dem Westen langsam südwärts voran, wobei alle Phasen möglich
sind: Nieselregen, Schnee(griesel) und gefrierender Nieselregen. Die
Glättegefahr nimmt aber aufgrund des Tagesgangs der Temperatur allmählich ab,
etwaige Warnungen sollten wegen der Unwägbarkeiten (genaue Phase im
Zusammenspiel mit Luft- und Belagstemperatur) relativ zeitnah mit kurzer
Gültigkeitsdauer herausgegeben werden.
Was gibt es noch zu sagen? - Der nordwestliche ist vor allem in den Hochlagen
des östlichen Berglands (Erzgebirge, Bayerischer Wald, östlicher Alpenrand) noch
recht flott unterwegs mit Böen 7 bis 8 Bft, exponiert 9 Bft (örtlich
Schneeverwehungen). An der vorpommerschen Küste nimmt der nördliche Wind
hingegen immer weiter ab.
Ach ja, die Temperatur, die in Teilen Süddeutschlands sowie in den mittleren und
höheren Lagen des Berglands im negativen Bereich bleibt. Sonst stehen 0 bis
+4°C, zwischen Borussia Mönchengladbach und den Fischtown Pinguins Bremerhaven 5
bis 7°C auf der Karte.

In der Nacht zum Freitag ändert sich die Großwetterlage kaum. Allerdings
intensiviert sich der Schneefall im Süden im Zuge etwas zunehmender WLA wieder,
was vor allem im Alpenstau zu merken ist, wo in Staulagen um 10 cm fallen
können. Im südlichen Vorland sind bis 5 cm drin, sonst liegen die
Neuschneeauflagen darunter (gilt auch für das Erzgebirge). Etwas Niederschlag
kommt auch wieder von der Nordsee landeinwärts, meist in flüssiger Form und
aufgrund positiver Temperaturen ohne Glätte. Sollte der Niederschlag allerdings
etwas weiter nach Osten und/oder Süden ausgreifen als simuliert, könnte es
stellenweise doch glatt werden.
Während es also im Westen und Nordwesten sowie unmittelbar an der See
(auflandiger Wind) frostfrei bleibt, steht sonst erneut leichter, bei längerem
Aufklaren auch mäßiger Frost auf der Karte. An der Nordsee frischt der NW-Wind
etwas auf mit der Möglichkeit einzelner 7er-Böen.

Freitag... tut sich im Vereinigten Königreich weiterhin wenig bis nichts, ANGELA
bleibt quasi zum Staatsbesuch und steht ihrer ob der Brexitdiskussionen arg
gebeutelten Kollegin Theresa May bei. Etwas anders sieht es im fennoskandischen
Bereich aus, wo die Tiefdruckaktivität gegenüber heute zunimmt. Genauer gesagt
kristallisiert sich aus einem mehrkernigen System ein eigenständiges Tief heraus
(ANDRE, erstes "männliches" Tief des Jahres), das am Tagesende mit etwas unter
1005 hPa (also kein Adonis) über dem Baltikum aufschlägt. Besonders
Norddeutschland gelangt in den südlichen bzw. südwestlichen Warmsektor des
Tiefs, was sich u.a. in einer niedertroposphärischen Erwärmung widerspiegelt
(Anstieg T850 auf -1 bis +3°C, T2m 4 bis 8°C). Darüber hinaus verschärft sich
der Gradient in der gesamten Nordosthälfte, was einen auffrischenden West- bis
Nordwestwind zur Folge hat. Warnrelevante Böen 7-8 Bft beschränken sich aber im
Wesentlichen auf die Nordseeküste, die westliche Ostsee sowie die östlichen
Mittelgebirge und den Oberharz.
Andauernde und über das ganze Land verteilte WLA beschert uns von der Küste bis
zu den Alpen mehrschichtige Bewölkung und Niederschläge, am wenigsten davon
(teilweise sogar überhaupt nichts) im Süd- und Nordwesten sowie in Küstennähe.
Nördlich der Mittelgebirge fällt der Niederschlag überwiegend in flüssiger Form
(anfangs lokale Glatteisgefahr!) bzw. evtl. anfänglich auftretender Schneefall
geht rasch in Regen/Nieselregen über. Im zentralen Mittelgebirgsraum pendelt
sich die Schneefallgrenze etwa bei 400 bis 600 m ein, darüber reicht es für ein
paar wenige, im Erzgebirge punktuell um 5 Zentimeter. Im Süden und Südosten, wo
sich die Kaltluft hinter den Mittelgebirgen quasi "verstecken" kann und nur sehr
zögernd modifiziert wird (durch zähe Mischprozesse), fällt überwiegend Schnee.
Allerdings bildet sich in tiefen Lagen angesichts steigender Belagstemperaturen
(Lufttemperatur um den Gefrierpunkt) nur vorübergehend eine dünne Schneedecke
oder etwas Schneematsch. Etwa vom Ostallgäu bis hinüber zum Bayerischen Wald
sowie südlich davon kann mit 1 bis 5 cm, am östlichen Alpenrand bis zu 10 cm
gerechnet werden.

In der Nacht zum Samstag zieht das o.e. Tief weiter in Richtung Weißrussland und
der Gradient nimmt bei uns noch etwas zu. An der Nordsee sowie in höheren Lagen
(außer Westen und Südwesten) erreicht der W-NW-Wind in Böen Sturmstärke (8-9
Bft, Brocken/Fichtelberg 10 Bft). Aber auch in tiefer gelegenen Regionen des
Binnenlandes ist exponiert die eine oder andere steife Böe 7 Bft nicht
ausgeschlossen.
Interessanter als der Wind dürfte aber die Niederschlagsentwicklung werden, die
aufgrund sich noch verstärkender WLA und möglicher, nach Süden ablaufender
KW-Tröge aufhorchen lässt. Zwar steigt die Schneefallgrenze in den zentralen
Mittelgebirgen weiter an auf 800 bis 1000 m, weiter südlich bleibt sie aber
tiefer (300 bis 500 m), so dass von wenigen Ausnahmen abgesehen die feste Phase
unten ankommt. Bis Samstagfrüh können dabei 2 bis 7 cm, lokal bis 10 cm teils
nasser Schnee zusammenkommen. In den Hochlagen des Erzgebirges sind durchaus 15
bis 20 cm Neuschnee denkbar, im Bayerischen Wald sowie am östlichen Alpenrand 10
bis 15 cm. In Verbindung mit dem lebhaften Wind muss besonders in höheren Lagen
(wo der Schnee trocken fällt) wieder zunehmend mit Verwehungen gerechnet werden.

In der Nordhälfte (außer Hochlagen) sowie in tiefen Lagen Südwestdeutschlands
bleibt die Nacht frostfrei, sonst tritt überwiegend leichter, vereinzelt mäßiger
Frost auf.

Samstag... verändern sich Druck- und Potenzialverteilung kaum (okay, ANGELA
schwächelt geringfügig (wahrscheinlich das englische Frühstück) und das Tief
zieht weiter von Belarus zur Ukraine), die Nordwestströmung (in der Höhe Nord)
bleibt uns erhalten. Dabei breitet sich die mildere und sehr feuchte Luftmasse
nun auch bis in den Süden aus (T850 -1 bis -4°C), wo sie aufgrund guter
Durchmischung allmählich bis in tiefere Lagen durchgreift. Die Schneefallgrenze
steigt entsprechend an, allerdings hält sich unmittelbar an den Alpen ein
Kaltluftpolster, so dass es dort in Verbindung mit der starken
Niederschlagsabkühlung weiterhin bis in die Täler schneit - und das nicht zu
knapp. Bis zum Abend kommen in Staulagen 20 bis 30 cm, bis Sonntagfrüh zum Teil
ein halber Meter oder sogar etwas mehr (aufgrund von Verwehungen schwer zu
verifizieren) Neuschnee zusammen, was per definitionem (Kriterien des DWD)
Unwetter bedeutet. Auch das südliche Vorland dürfte noch einiges an nassem
Schnee abbekommen, während weiter nördlich bis zur Donau und darüber hinaus die
flüssige Phase überwiegt bzw. anfänglicher Schneefall in Regen übergeht.
Schneien wird es auch im Schwarzwald, auf der Schwäbischen Alb und dem
Bayerischen Wald, wo oberhalb etwa 800 5 bis 15 cm, lokal vielleicht bis zu 20
cm Neuschnee zusammenkommen können (aktuell noch unsicher, da Modellprognosen
heterogen). In den Kammlagen des Erzgebirges fällt nur wenig Schnee, allerdings
dürfte dort die Schneefallgrenze im Tagesverlauf wieder sinken. Grund ist die
Passage der Kaltfront des o.e. Tiefs, die wieder etwas kältere Luft heranführt
(T850 um -5°C).
Der Wind macht sich besonders an der Nordsee, in höheren Lagen sowie südlich der
Donau bemerkbar, wo Böen 7-8 Bft auftreten, Tendenz im Tagesverlauf allmählich
abnehmend. Die Temperatur geht hoch auf 5 bis 9°C, im Süden auf 1 bis 5°C, bei
starkem Schneefall um 0°C.

In der Nacht zum Sonntag dauert der ergiebige Schneefall an den Alpen an, auch
im Schwarzwald und im Bayerischen Wald schneit es noch etwas. Nach Westen hin
fällt vor der südwestwärts vorankommenden Kaltfront gebietsweise Regen,
postfrontal entwickeln sich besonders im äußersten Osten einzelne Schneeschauer
(Rückgang T850 auf bis zu -10°C). Der Wind lässt deutlich nach. Im höheren
Bergland, gebietsweise auch im Osten gibt es leichten Frost und mögliche Glätte
(etwas Schnee oder gefrierende Nässe) inclusive.

Modellvergleich und -einschätzung
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Die Wetterlage wird sehr ähnlich eingeschätzt, bei den Niederschlagsintensitäten
offenbaren sich allerdings einige Unschärfen. Die ergiebigen Schneefälle an den
Alpen zum Wochenende hin sind aber unstrittig, auch aus EPS-Perspektive.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann