DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

01-01-2019 17:30
SXEU31 DWAV 011800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 01.01.2019 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Prosit Neujahr! - Vor allem im Norden und im Bergland stürmischer Jahresbeginn,
dazu mit auf Nordwest drehendem Wind sukzessive kälter. Niederschläge bis in
tiefe Lagen in Schnee übergehend. Am meisten Schnee im Alpenstau!

Synoptische Entwicklung bis Freitag 12 UTC
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Aktuell ... die wichtigste Nachricht zuerst: ANGELA ist da! Also wettertechnisch
gesehen, nicht politisch, wo sie bei uns ja schon lange als "first lady" agiert
und den Ton angibt. Jetzt taucht ANGELA auch auf den ersten Wetterkarten des
Jahres auf, auf denen sie über Westeuropa den treuen IGNATIUS (das bisher und
auch weiterhin wetterbestimmende Hoch) ablöst. Dabei ist den Kolleginnen und
Kollegen der Freien Universität Berlin (wo die Namen für Hochs und Tiefs
verkauft und vergeben werden) ein sehr eleganter Übergang zum neuen Zyklus
gelungen (2019 werden turnusgemäß Hochs "weiblich" und Tiefs "männlich").
Offensichtlich hat IGNATIUS die Silvesterfeierlichkeiten schlecht verkraftet,
das Hoch schwächelt auf seiner Position über Irland heute so bedenklich, dass es
schlussendlich nicht mehr zu halten ist. Gleichzeitig bildet sich etwas weiter
nördlich (zwischen Schottland und Island) aber ein neues kräftiges Hoch
(ANGELA), das am morgigen Mittwoch bereits wieder über UK/Irland liegt, so dass
der gemeine Wetterkonsument in Europa von diesem Wechsel gar nichts oder kaum
etwas mitbekommt.
So viel als kleine Einstiegsgeschichte, jetzt zu den Fakten. Die zeigen
Deutschland heute Abend und auch in der kommenden Nacht mitten zwischen den o.e.
Hochs im Westen und einem kräftigen Tief (ZEETJE, noch ein Restposten aus 2018)
über dem Finnischen Meerbusen. Beide Systeme werden aus der Höhe gestützt: über
dem nahen Ostatlantik durch einen veritablen, bis hoch nach Grönland reichenden
Rücken, über dem nahen Osteuropa durch einen recht scharfen, nach Süden
vorstoßenden Trog. Dazwischen hat sich eine lebhafte hochreichende
Nordwestströmung aufgebaut, mit der heute eine Kaltfront von Nord nach Süd über
den Vorhersageraum schenkt und die in den Abendstunden die Alpen erreicht. Sie
leitet einen markanten Luftmassenwechsel ein, indem rückseitig schubweise polare
Kaltluft aus nördlichen Breiten zu uns gesteuert wird, die den gesamten
Vorhersageraum flutet. Bis Mittwoch früh jedenfalls sinkt die 850-hPa-Temperatur
auf etwa -6°C an der Grenze zur Schweiz und bis zu -11°C im Nordosten.
Wettertechnisch gestaltet sich die kommende Nacht wie folgt: die frontale
Bewölkung und die zugehörigen Niederschläge (derzeit überwiegend
Regen/Nieselregen) erreichen die Alpen, wo sie sich stauen. Gleichzeitig sinkt
von Norden her die Schneefallgrenze bis ganz runter, so dass der Regen in Schnee
übergeht (aber nicht überall und sofort liegenbleibt). Das meiste davon fällt an
und in den Alpen, wo bis Mittwochfrüh 5 bis 10, in exponierten Staulagen bis zu
20 cm zusammenkommen. Platz 2 in diesem Ranking nimmt das obere Erzgebirge ein,
wo an der einen oder anderen Stelle bis zu 10 cm Neuschnee fallen können.
Ansonsten liegen die apostrophierten Mengen in den diversen Mittelgebirgen in
der Regel um oder unter 5 cm, und auch im Tiefland ist aus den einzelnen Schnee-
oder Schneeregenschauern nicht wirklich was rauszuholen. Im Norden nimmt die
Schauerneigung deutlich ab, weil von Skandinavien her sukzessive trockenere
Kaltluft einströmt (aktuelle Taupunkte um oder unter 0°C), die konvektive
Umlagerungen nahezu unmöglich machen.
Die Temperatur geht in den mittleren und höheren Lagen des Berglands sowie
gebietsweise im Süden in den Frostbereich zurück. Dort, wo keine explizite
Schneefallwarnung läuft, empfiehlt sich eine Glättewarnung (etwas
Schneefall/gefrierende Nässe), was größtenteils auch schon umgesetzt wurde. In
tiefen Lagen dürfte Frost aufgrund der guten Durchmischung, teils auch wegen der
Bewölkung die Ausnahme bleiben, trotzdem ist lokale Glätte nicht ausgeschlossen,
was warntechnisch aber instantan gelöst werden muss.
Weiterhin prominent im Rennen bleibt der auf NW bis N drehende Wind, der sich
außer im Westen und Südwesten weiterhin recht dynamisch zeigt und erst im Laufe
der zweiten Nachthälfte von Westen her beginnt, allmählich schwächer zu werden.
Im Binnenland muss weiterhin mit Böen 7-8 Bft, exponiert 9 Bft, an der Küste
sowie im Bergland mit 8-10 Bft gerechnet werden. Blocksberg und Fichtelberg
bringen es in der Spitze sogar auf Windstärke 11 Bft, die am Abend aber auch an
der Nordsee vereinzelt nicht ausgeschlossen ist. In höheren Lagen des
Erzgebirges (vornehmlich > 800 m) könnte der zunehmend in trockener Form
fallende Schnee verweht werden, was warntechnisch aber als
Einzelfallentscheidung zu behandeln ist.

Mittwoch ... erreicht die niedertroposphärische KLA wahrscheinlich ihren
Höhepunkt. In der Westhälfte pendelt sich T850 bei -7 bis -10°C, in der
Osthälfte sogar bei -10 bis -13°C ein. Dabei dreht die Höhenströmung noch etwas
nach rechts auf glatt Nord, wobei das "glatt" wörtlich zu nehmen ist (im Sinne
der Krümmung). Das großräumige Trog-Keil-Muster verschiebt sich geringfügig nach
Osten, wodurch das Potenzial von Westen her etwas ansteigt und die höhenkalte
Luft der mittleren Troposphäre langsam nach Osten abgedrängt wird.
Bodennah verlegt das Hoch ANGELA seinen Schwerpunkt in den Raum
Südengland/Wales, wobei noch nicht ganz sicher ist, ob die 1045-hPa-Isobare
geknackt wird. Definitive Einbußen muss auf der anderen Seite unsere ZEETJE auf
ihrem Weg gen Belarus hinnehmen, am Abend dürfte der Kerndruck etwa bei 1000 hPa
liegen. Da der Druckanstieg im Osten kräftiger als im Westen ausfällt, fächert
der Gradient über dem Vorhersageraum weiter auf. Am auffälligsten geschieht das
in der Westhälfte, wo der NW-N-Wind sowieso nicht die ganz große Rolle gespielt
hat. Bis zum Nachmittag sollte dort auch im Bergland sowie an der Nordsee
Schluss sein mit warnwürdigen Böen. Anders sieht es in der Osthälfte aus, wo der
Wind zwar ebenfalls abbaut, aber auf höherem Niveau, so dass bis in den
Nachmittag hinein mit Böen 7 Bft, anfangs 8 Bft zu rechnen ist. An der Ostsee
sowie im höheren Bergland sind noch Böen 8-9 Bft, auf dem Brocken und dem
Fichtelberg bis 10 Bft am Start.
Ansonsten macht die Zufuhr trockener Kaltluft von Nord nach Süd weitere
Fortschritte, wodurch starke Bewölkung und Schneeschauer mehr und mehr in den
Süden und Südosten abdrängt werden. Weiter nördlich lockert die Wolkendecke
immer mehr auf, und besonders im Norden schafft es die Sonne mit Hilfe des
Skandinavienföhns, sich für einige Stunden in Szene zu setzen. Im Alpenstau
dagegen kommen weitere 5 bis 10 cm, in exponierten Staulagen um 15 cm Neuschnee
dazu, im Erzgebirge lokal bis zu 5 cm. In den übrigen, von Schauern
heimgesuchten Regionen bleibt die Schneeakkumulation gering. Oberhalb 600 bis
800 m gilt es bei leichtem bis mäßigem Dauerfrost weiterhin das Thema
"Verwehungen" im Blick zu haben.
Während das Bergland also komplett in den frostigen Bereich rückt, halten sich
in tiefen Lagen trotz niedertroposphärischer Kälte zaghafte (bis 5°C), zwischen
Nordsee und Rheinland sowie vom Rhein-Main-Gebiet bis in den Oberrheingraben
sogar mäßige (bis zu 7°C) Plusgrade.

In der Nacht zum Donnerstag verstärkt sich der Hochdruckeinfluss in Deutschland
noch etwas, wobei ANGELA einen Keil bis zu den Alpen aussendet. Der Gradient
wird weiter abgebaut, nur auf den Bergen der östlichen und südöstlichen
Mittelgebirge und der Alpen, dem Brocken sowie an der vorpommerschen Ostseeküste
treten noch Böen der Stärke 7-8 Bft, anfangs vereinzelt 9 Bft auf. Auf dem
absteigenden Ast befinden sich auch die Schneefälle, die sich - abgesehen von
vereinzelten Schauern im Osten und Südosten - mit abnehmender Intensität an die
Alpen zurückziehen.
Im Norden und in der Mitte setzt WLA ein, die das Hoch umläuft und besonders dem
Westen und Nordwesten dichtes Gewölk beschert, aus dem hier und da etwas
Niederschlag fällt. Meist ist es Schnee, der den Boden erreicht, wenn auch ohne
substanziellen Neuschneezuwachs. Richtung Nordsee und westliches Niedersachsen
könnte auch die flüssige oder die Mischphase im Spiel sein. Selbst etwas
gefrierender Regen oder Nieselregen ist lokal nicht ausgeschlossen, reicht doch
die Bewölkung nicht allzu hoch und die gesättigte Schicht nur wenig über die
-10°C-Marke. Wie auch immer, glatt werden kann es so oder so, da die Temperatur
mit Ausnahme einiger küstennahen Orte (bei auflandigem Wind) und des äußersten
Westens und Nordwestens in den leichten, im Süden vielfach auch in den mäßigen,
im Bergland punktuell sogar in den strengen Frostbereich sinkt.

Donnerstag ... ändert sich nichts Grundlegendes an der Großwetterlage. Der
Höhenrücken kippt etwas in Richtung Skandinavien, was der Höhenströmung über dem
Vorhersageraum einen leicht nordöstlichen Touch verleiht - ohne nennenswerte
Folgen. Am Rande des beständigen Hochs über dem Vereinigten Königreich strömt in
den Norden und Nordwesten etwas mildere Luft (T850 um -3°C), allerdings fällt
dort kaum Niederschlag. Der beschränkt sich im Wesentlichen auf die Mitte und
den Süden, wo sich einige, meist leichte Schneeschauer entwickeln. Der
Neuschneezuwachs ist gering, selbst an den Alpen, wo der Stau etwas mithilft,
reicht es nur in Einzelfällen für rund 5 cm.
Größere Auflockerungen sind am ehesten im Norden und Nordosten zu erwarten, aber
auch von der Schweiz her können mal ein paar grenzüberschreitende Lücken ins
südliche BW schwappen. Während sich im Süden und Südosten vielerorts leichter,
im Bergland z.T. mäßiger Dauerfrost einstellt, liegen die Höchstwerte sonst
zwischen 0 und +5°C, zwischen Niederrhein und Ostfriesland örtlich etwas
darüber.
Vom Wind gibt es nur wenig zu berichten, aus Nordwesten kommend weht er meist
nur schwach bis mäßig. Ausnahme bilden die Ostseeküste (besonders Vorpommern)
und das östliche und südöstliche Bergland mit Böen 7 Bft, in exponierten
Hochlagen 8 Bft.

In der Nacht zum Freitag fällt im Süden und Südosten zeitweise Schnee, am
meisten an den Alpen, wo die Intensität gegenüber dem Tage wieder zunimmt;
12-stündig sind dort in Staulagen um 10 cm möglich. Unmittelbar an der Küste
sowie im nordwestdeutschen Tiefland bleibt es weitgehend frostfrei, sonst sinkt
die Temperatur in den leichten, im Bergland teils in den mäßigen bis strengen
Frostbereich.

Freitag ... (modifizierter Auszug aus der "Synoptischen Übersicht Mittelfrist")
ist nach wie vor geprägt von einem gewaltigen Höhenrücken großer Amplitude über
Westeuropa bzw. dem nahen Ostatlantik. Der Rücken stützt das stationäre
Bodenhoch mit Zentrum im Bereich von England und Wales. Zwischen dem Rücken und
einem weit nach Süden ausgreifendem Trog über dem nahen Osteuropa liegt
Deutschland liegt unter einer antizyklonal konturierten nördlichen
Höhenströmung.
Im Bodenfeld zieht ein Tief vom Nordkap in Richtung Baltikum. Seine Warmfront
überquert Teile unseres Landes im Tagesverlauf von Norden her mit dichten Wolken
und Niederschlag. Dieser fällt nördlich der Mittelgebirge meist als Regen, nach
Süden zu trotz geringer Milderung als Schnee. Unabhängig von der Warmfront kommt
es im Nordstau der Alpen zu leichten bis mäßigen Schneefällen. Der W-NW-Wind
frischt vor allem in der Nordosthälfte etwas auf mit Böen 7 Bft an der Küste.



Modellvergleich und -einschätzung
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Keine weiteren Anmerkungen.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann