DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

01-01-2019 09:01
SXEU31 DWAV 010800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 01.01.2019 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
N z

Auffrischender Nordwest- bis Nordwind mit stürmischen Böen, Küste und Bergland
mit schweren Sturmböen, vereinzelt orkanartigen Böen. Mittwoch langsam wieder
nachlassend. Kälter, im Bergland winterlich. In Staulagen Schneefälle, an den
Alpen anhaltend und kräftig. Im östlichen Bergland oberhalb 600 bis 800m
Schneeverwehungen.

Synoptische Entwicklung bis Donnerstag 24 UTC
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Dienstag... erfolgt aktuell bei stark meridionaler Strömung ein kräftiger
Trogvorstoß von Skandinavien ins östliche Mitteleuropa. Das steuernde Tief zieht
dabei vom Bottnischen zum Finnischen Meerbusen. Unterdessen verstärkt sich das
Hoch zwischen Schottland und Island noch auf mehr als 1040 hPa und weitet sich
nach Ostgrönland aus. Zwischen dem Trog und dem quasistationären Rücken westlich
von uns beginnt die Höhenströmung kontinuierlich von Nordwest gen Nord
aufzusteilen.

Die Kaltfront des Tiefs über Nordosteuropa wird mit dem weiter auffrischenden
und auf Nordwest drehenden Wind nach Süden geführt. Sie überquert etwa zur
Mittagszeit die mittleren Landesteile und erreicht den Alpenrand in den
Abendstunden. Niederschlagstechnisch passiert an der Front nicht allzu viel.
Zeitweise fällt etwas Regen oder Nieselregen, wobei die Intensität nach Osten
hin tendenziell etwas höher ist als im Westen (was an der leichten dynamischen
Unterstützung aus der Höhe liegt). Unter dem Strich dürften bis zum Abend
abgesehen von einigen wenigen
Staulagen kaum mal 5 mm zusammenkommen.

Interessanter als der Niederschlag ist der mit der Front verbundene
Luftmassenwechsel, ersetzt doch die rückseitig einströmende maritime, arktische
Polarluft die zuvor wirksame milde Atlantikluft, wobei die Temperatur von
aktuell -2 bis +5 Grad in 850 hPa auf -7 bis -11 Grad am Mittwochmorgen
zurückgeht.
Allerdings hält sich die Abkühlung bodennah zunächst sehr in Grenzen, was zum
einen der guten Durchmischung, zum
anderen der Tatsache geschuldet ist, dass die Luftmasse vorm Eintreffen ein
ganzes Stück über die vorgelagerte "warme" Nordsee gestrichen ist. So kann die
2m-Temperatur heute noch mal auf 4 bis 9°C hochgehen, wenn man mal höhere
Berglagen außen vor lässt.

In der postfrontal einströmenden Polarluft entwickeln sich einige Schauer, da es
in der Höhe immer kälter, sprich die Schichtung insgesamt labiler wird und die
Temperatur nach Osten zu bis Mittwoch früh in 500 hPa auf -35 Grad sinkt. Die
Schneefallgrenze sinkt ebenfalls und zwar von Norden her sukzessive ab und liegt
am Abend im Norden (wo wahrscheinlich nicht viel fällt und wo tagsüber, neben
dem Alpenrand, am ehesten Auflockerungen auftauchen) zwischen 0 und 400 m, in
der Mitte zwischen 400 und 700 m und im Süden bis zu 1000 m. Besonders in den
Hochlagen der Mittelgebirge kann es schon bis zum Abend geringen Neuschnee
geben.
Der Wind steht im Focus des Warnmanagements. Auf Nordwest drehend legt er
tagsüber weiter zu. Das Starkwindfeld breitet sich dabei über die Mitte und den
Osten bis in den Südosten aus. Dabei treten im Binnenland verbreitet Böen 7-8
Bft, im Norden vereinzelt 9 Bft auf.
Die Küste und das Bergland sind mit Stärke 8-10 Bft vertreten, an der Nordsee
ist wahrscheinlich auch die eine oder andere orkanartige Böe 11 Bft
(925-hPa-Winde bis 60 Kt, ausreichend Labilität) am Start. Böen 11 Bft (evtl. 12
Bft) laden zu einem Neujahrsausflug auf den Brocken und den Fichtelberg ein.

In der Nacht zum Mittwoch überquert die Kaltfront die Alpen südwärts. Dahinter
setzt sich die stramme Nordwest- bis Nordströmung bei uns durch. Damit gelangt
nun die polare Kaltluft auf direkterem Weg in den Vorhersageraum, was mit einer
weiteren gesamttroposphärischen Abkühlung einhergeht. Auffallend dabei ist die
Abtrocknung der Luftmasse im Norden, was der zunehmend über das skandinavische
Festland erfolgenden Anströmung sowie dem Überqueren der norwegischen Gebirge
geschuldet ist.
Entsprechend geht die ohnehin nicht besonders ausgeprägte Schauerneigung im
Norden ganz in die Knie, nur anfangs sind im Nordosten einige
Schnee-/Schneeregenschauer unterwegs, die aber höchstens mal gefrierende Nässe
zur Folge haben.
Anders die Situation in den mittleren und südlichen Landesteilen, wo die
Schneefallgrenze angesichts andauernder KLA bis ganz runter sinkt.
Allzu viel Schnee fällt im Tiefland und wohl auch im westlichen Bergland nicht
(dort reicht meist eine Glättewarnung oder auch "nichts", da der Schnee nicht
überall liegenbleibt und die Temperatur mit Ausnahme des Berglands aufgrund der
Wolken und guter Durchmischung häufig knapp über dem Gefrierpunkt bleibt). Dafür
können aber in den süd- und ostdeutschen Mittelgebirgen durchaus um 5 cm
Neuschnee zusammenkommen. Noch etwas mehr könnte es im Stau des Erzgebirges (bis
10 cm) sowie im Alpenstau geben, wo sogar 10 bis 20 cm anvisiert sind. Vor dem
Hintergrund der Tatsache, dass die Temperatur in den Hochlagen in den
Frostbereich sinkt, der Schnee immer trockener wird und
weiterhin ein lebhafter Wind bläst, rückt auch das Thema "Verwehungen" in den
Blickpunkt des Warngeschehens.

Da das Thema wohl zunächst aber nur Lagen oberhalb etwa 800 m betrifft, gilt das
Prinzip der Einzelfallentscheidung.
Da der Gradient weiter recht scharf ist, bleibt auch der Wind (mit Ausnahme des
Westens und Südwestens) gut unterwegs. Im Binnenland bedeutet das Böen 7-8 Bft,
exponiert 9 Bft. An der See und im höheren Bergland stehen Böen 8-10 Bft, in
einigen Kamm- und Gipfellagen bis 12 Bft auf der Karte. Im Laufe der zweiten
Nachthälfte beginnt der Wind dann
von Westen her allmählich nachzulassen.


Mittwoch... erreicht die niedertroposphärische KLA ihren Höhepunkt, in der
Westhälfte geht es in 850 hPa runter auf -7 bis -10°C, in der Osthälfte sogar
auf -10 bis -13°C. Die Höhenströmung dreht auf Nord. Das großräumige
Trog-Keil-Muster verschiebt sich geringfügig nach Osten, wodurch das Potenzial
von Westen her etwas ansteigt und die höhenkalte Luft der mittleren Troposphäre
langsam nach Osten abgedrängt wird.
Während sich das Hoch über GB kräftigt, beginnt sich das Tief über Karelien
aufzufüllen. Da der Druckanstieg im Osten kräftiger als im Westen ausfällt,
fängt der Gradient über dem Vorhersageraum an aufzuweichen. Am sichtbarsten ist
das in der Westhälfte, wo der NW-N-Wind sowieso nicht die ganz große Rolle
gespielt hat. Bis zum Nachmittag sollte aber
auch im Bergland sowie an der Nordsee Schluss sein mit warnwürdigen Böen. Anders
sieht es in der Osthälfte aus, wo der Wind zwar ebenfalls abbaut, aber auf
höherem Niveau, so dass bis in den Nachmittag hinein mit Böen 7 Bft, anfangs 8
Bft zu rechnen ist. An der Ostsee sowie im höheren Bergland sind noch Böen 8-9
Bft, exponiert bis 10 Bft am Start.

Die Zufuhr immer trockenerer Kaltluft macht dabei weitere Fortschritte, was
einerseits die Schaueraktivität mehr und mehr in den Süden und Osten abdrängt
und andererseits häufigere Aufheiterungen nach sich zieht. Am besten dürfte das
im hohen Norden gelingen, wo der Skandinavienföhn einen nicht unerheblichen
Beitrag dazu leistet.
Wenig bis keine Hoffnung auf sichtbaren Sonnenschein besteht unmittelbar am
Alpenrand, wo sich die Wolken stauen und weiteren Schnee abladen. Weitere 5 bis
10 cm, in exponierten Staulagen um 15 cm werden bis zum Abend erwartet, rund 5
cm sind es im Stau des Erzgebirges. Ansonsten hält sich die
Neuschneeakkumulation in Grenzen. Oberhalb 600 bis 800 m gilt es bei leichtem
bis mäßigem Dauerfrost das Thema "Verwehungen" im Blick zu haben.
Während das Bergland in den frostigen Bereich rückt, halten sich in tiefen Lagen
mehr oder weniger deutlich Plusgrade.

In der Nacht zum Donnerstag verstärkt sich der Hochdruckeinfluss in Deutschland
noch etwas. Der Gradient fächert weiter auf, nur auf den Bergen der östlichen
und südöstlichen Mittelgebirge und der Alpen sowie an der vorpommerschen
Ostseeküste treten Böen der Stärke 7-8 Bft auf. Auch die die Schneefälle und
mithin Schneeverwehungen schwächen sich ab. Vom Erzgebirge bis zum Bayerischen
Wald sowie an den Alpen schneit es zwar weiter, allerdings mit abnehmender
Intensität.
Im Norden und in der Mitte setzt WLA ein, die das Hoch umläuft und nicht nur
dichte Wolken, sondern hier und da auch etwas Niederschlag bringt. Meist fällt
dabei Schnee ohne substanziellen Neuschneezuwachs, Richtung Nordsee könnte die
flüssige oder die Mischphase im Spiel sein. Glatt werden kann es trotzdem, da
die Temperatur mit Ausnahme einiger küstennahen Orte und des äußersten Westens
und Nordwestens in den leichten, im Süden vielfach auch in den mäßigen
Frostbereich sinkt.


Donnerstag... behält das Hochdruckgebiet über GB seine Stärke und Position in
etwa bei, während sich das Tief nahe Weißrussland weiter auffüllt. Dadurch kann
sich das Hoch, ohne eigentlich viel dazu zu tun weiter nach Osten ausdehnen. In
den Norden und Nordwesten unseres Landes strömt dabei etwas mildere Luft (T850
um -3°C). Die geringen, aus Warmluftadvektion resultierenden Niederschläge über
dem Westen und Nordwesten kommen nach Süden voran und fallen meist als Regen
oder Nieselregen. Dagegen bleibt es bei den Schauern in der Mitte, im Osten und
im Süden bei Schnee, wovon der meiste am östlichen Alpenrand fällt (5 bis 10
cm). Größere Auflockerungen sind am ehesten im Norden und Nordosten zu erwarten.
Während sich im Südosten gebietsweise leichter, im Bergland z.T. mäßiger
Dauerfrost einstellt, liegen die Höchstwerte sonst zwischen 0 und +5°C.
Die Strömung ist soweit aufgeweicht, dass Nordwestwind keine große Rolle mehr
spielt. An der See sind höchstens exponiert 7er Böen drin, im höheren Bergland
des Ostens und Südostens sind noch Bft 7 bis 9 zu erwarten, wobei sich die
Sturmböen auf wenige Gipfellagen beschränken.
In der Nacht zum Freitag ziehen sich die Niederschläge im weiteren Verlauf wohl
endgültig zum Alpenrand zurück, dort sind noch um 5 cm Neuschnee möglich, sonst
gibt es auch in den Mittelgebirgen nur wenig Schnee.
Dafür können von der Nordsee erneut schwache Niederschläge landeinwärts
vordringen, die dort, wo die Temperaturen um 0 Grad liegen, auch mal für Glätte
gut sein können.
Im Westen und Nordwesten liegen die Minima knapp über der 0 Grad Marke, sonst
gibt es leichten, im Bergland auch mäßigen Frost.


Modellvergleich und -einschätzung
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Die Modelle simulieren die Entwicklung ähnlich mit kleineren Unterschieden bei
den Niederschlägen und der Windentwicklung, die aber nicht wirklich ins Gewicht
fallen.

Da die Schneefälle dort wo der meiste Wind weht (in den östlichen
Mittelgebirgen), nicht so sonderlich stark sind, kann der Ball diesbezüglich
flach gehalten werden. Nachts Einzelfallentscheidung, Mittwoch vielleicht
markant. An der See können einzelne orkanartige Böen mit einem "Häkchen" in den
Ockerwarnungen abgefangen werden. Kommende Nacht verhindern Wind, gute
Durchmischung sonderlich niedrige Temperaturen und nasse Straßen im Tiefland, so
dass regionale Glättewarnungen, falls sie überhaupt nötig werden, reichen
sollten.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Bernd Zeuschner