DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

31-12-2018 11:30
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Montag, den 31.12.2018 um 10.30 UTC



Nord- bis Nordwestlage mit winterlichen Zügen. Niederschlag vorübergehend bis in
tiefe Lagen als Schnee, in den Alpen teils ergiebiger Schneefall.
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Synoptische Entwicklung bis zum Montag, den 07.01.2019


Am Donnerstag, zu Beginn des mittelfristigen Vorhersagezeitraumes, befindet sich
Deutschland zwischen zwei Akteuren: Da wäre zum einen ein Hoch mit Schwerpunkt
über England/Wales (ca. 1044 hPa im Zentrum), das von einem breiten Rücken auf
dem nahen Ostatlantik gestützt wird. Dem gegenüber steht auf der anderen Seite
ein Tief (Kerndruck unter 1010 hPa) mit Zentrum über Belarus, das in der Höhe
mit einem von Nowaja Semlja bis ins Ionische Meer reichenden Trog
korrespondiert. Während in der Westhälfte und in weiten Teilen der Mitte der
antizyklonale Einfluss überwiegt, ist die überwiegend nördliche Strömung nach
Osten zu leicht zyklonal konturiert. Mit etwas Fantasie lässt sich im Nordosten
im Theta-Feld auch eine Warmfront erkennen, die zu einem Tief südlich Svalbards
gehört. Zudem gibt es durch einen sehr flachen Trog, den man am ehesten im
Bodenniveau und in der unteren Troposphäre erkennt, im äußersten Osten und
Südosten - vor allem im Nordstau des Erzgebirges und der östlichen Alpen -
Niederschläge, die angesichts von T850 unter -10 °C (dort streift die Polarluft,
die auf direktem Wege nach Süden geführt wird) als Schnee fallen. Während es im
Erzgebirge um die 5 cm, in Staulagen um 10 cm Neuschneezuwachs gibt, kann sich
an den Alpen mit 10, in Staulagen um 20 cm doch noch einmal einiges an weißer
Pracht akkumulieren. Aber auch im Westen kann man Niederschlag nicht völlig
ausschließen, da die Luftmasse am Ostrand des Hochzentrums über die Nordsee
herangeführt wird. Gerade im Stau der Mittelgebirge kann es dann für ein oder
zwei Millimeter reichen, die dann, da selbst dort T850 unter -7 °C herrschen,
abgesehen von den küstennahen Gebieten bis in die Niederungen in fester Form
fallen würden.

Am Freitag verlagert das Hoch seinen Schwerpunkt nur geringfügig westwärts und
liegt zum Mittagstermin über Südwestwales. Während der stützende Rücken
ebensolche Konstanz zeigt, neigt der Trog über Ost- und Südosteuropa zum
Abtropfen, was er aber schließlich doch nicht schafft und auch nicht schaffen
wird. Das belarussische Tief zieht unter allmählicher Auffüllung ostwärts. Das
macht einem, sich über der Bottenwiek am Okklusionspunkt des Nordmeertiefs
bildenden, neuen Tief Platz, das abends über dem Finnischen Meerbusen zu finden
ist. Deutschland gelangt dabei in dessen Warmsektor: Liegen mittags die
Temperaturen im 850-hPa-Niveau mit Ausnahme des äußersten Nordens und Nordostens
noch unter -5 °C, zwischen Bayerischem Wald und östlichem Alpenrand sogar noch
knapp unter -10 °C, erreichen sie zum Tageswechsel zwischen +2 °C im Norden und
-7 °C an den Alpen. Entsprechend gehen die Niederschläge, die vor allem in der
zweiten Tageshälfte und in der Nacht zum Samstag fallen, im Norden ohnehin und
in der Mitte allmählich in Regen über. Je nach bodennahem Temperaturniveau in
der Nacht könnte es da vor allem im westlichen zentralen Mittelgebirgsraum
vorübergehend auch mal die gefrierende Phase geben. Im Süden dagegen bleibt's
noch beim Schnee, vor allem im Südosten (dabei sei das Erzgebirge mit
eingerechnet) kann man durchaus nochmal mit 5 bis 15, in Staulagen um 20 cm
Neuschnee rechnen.

Am Samstag macht das Hoch bei den Britischen Inseln keine großen Sprünge. Es
verlagert seinen Schwerpunkt lediglich auf die andere Seite der Irischen See und
ist dann über Ostirland zu finden. Indes zieht das Tief weiter südwärts und
erreicht mittags unter leichter Vertiefung mit Schwerpunkt über
Oberlitauen/Nordbelarus in etwa die Position seines Vorgängers, um von dort aus
den Weißrussischen Landrücken in Richtung des Grenzgebiets zur Ukraine zu
überqueren, wo es zum Tageswechsel zu finden ist. Sein Frontensystem okkludiert
über dem östlichen Mitteleuropa bereits, die Kaltfront verläuft in etwa vom
Isergebirge über Bornholm und Westschweden sowie Ostnorwegen nach Norden, sodass
sich Deutschland vorerst weiter im Warmsektor befindet und die Niederschläge
andauern. Dabei findet man im 850-hPa-Niveau Temperaturen zwischen knapp über 0
°C im Nordwesten und wenig über -5 °C an den Alpen. Somit fällt tagsüber nur
noch in den Hochlagen Schnee, aber somit auch insbesondere in und an den Alpen.
In der Nacht zum Sonntag schreitet der Okklusionsprozess weiter voran, die
Kaltfront erreicht die westlichen Landesteile und geht in die Warmfront eines
Tiefs bei Bjørnøya (der Bäreninsel) über. Somit werden weite Teile Deutschlands
postfrontal wieder mit Kaltluft (T850 zwischen -2 und -10 °C) geflutet und die
allmählich schwächer werdenden Niederschläge gehen vor allem im
Mittelgebirgsraum, im Osten teils bis in tiefe Lagen, in Schnee über.

Am Sonntag verlagert sich das Tief unter Auffüllung südwärts. In der Folge
erstreckt sich vom Hoch, das seinen Schwerpunkt nun wieder nach Wales verlagert,
ein Keil über Mittel- nach Osteuropa, womit die Niederschlagsneigung im Südosten
deutlich geringer wird und nur noch im Stau des Erzgebirges und der Alpen mit
wenigen Zentimetern Neuschnee zu rechnen ist. Auch in den Rücken über dem
Atlantik kommt so langsam Bewegung. Seine Achse kippt nämlich allmählich in eine
Südwest-Nordost-Ausrichtung und erreicht somit Skandinavien. Ganz lupenrein ist
die Sache trotz verbreiteten Bodendrucks über 1030, teils 1035 hPa aber trotzdem
nicht: Im Nordwesten nähert sich die Warmfront des o.e. "Bäreninsel"-Tiefs, das
abends die Südinsel Nowaja Semljas erreicht. Die Warmfront kann dem Nordwesten
durchaus ein paar Spritzer Regen bescheren.

Am Montag kippt der Rücken noch weiter und erreicht fast eine zonale
Ausrichtung, die Achse erreicht am Abend Norddeutschland. Der Rücken stützt die
Antizyklone am Boden, deren 1035er-Isobare vom Süden Großbritanniens und dem
Norden Frankreichs bis nach Südböhmen und Niederösterreich reicht. IFS simuliert
im Westen und Nordwesten relativ großflächig leichte Niederschläge. Niederschlag
ist zwar an sich schlüssig angesichts der herangeführten feuchten Nordseeluft,
aber vor dem Hintergrund fehlender Antriebe erscheinen sich am ehesten im Anstau
des Rheinischen Schiefergebirges möglich.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Der jüngste Lauf des EZMW-IFS weist gegenüber seinen Vorgängern bis
einschließlich Freitag keine wirklich neuen Ideen auf. Nachfolgend nehmen die
Unterschiede sukzessive zu.
Am Freitag und Samstag wird es allgemein zyklonaler, wobei die Isobaren am
Samstag noch etwas stärker zyklonal gekrümmt sind als im 24 Stunden alten Lauf,
auf die Niederschlagsentwicklung hat das aber kaum Auswirkungen.
Am Sonntag und Montag zeigt der jüngste Lauf im Gegensatz zu seinen Vorläufern
dann einen sehr deutlichen antizyklonalen Einfluss wobei sich der
Hochschwerpunkt über Süddeutschland platziert und weite Teile Deutschlands in
einer schwachen westlichen bis nordwestlichen Strömung liegen. Entsprechend
weniger wird an Niederschlag simuliert.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Die vorliegenden Globalmodelle simulieren die Entwicklung in den nächsten Tagen
etwas unterschiedlich, die Auswirkungen sind mal stärker, mal schwächer. GFS
geht am Freitag im Bodenniveau von deutlich höheren Druckwerten aus (über 1040
hPa in der Südwesthälfte gegenüber 1034 hPa beim IFS und 1030 hPa beim ICON) und
hat somit am Freitag tagsüber für Süddeutschland keinen Niederschlag im Angebot.
ICON, GFS und GEM lassen das Tief am Samstag weiter westlich nach Süden ziehen,
die Niederschlagsmuster sind aber ähnlich. Der Unterschied könnte jedoch in der
Phase zu finden sein, da IFS die kälteste Variante darstellt.
Als einziges Modell geht ICON zu Beginn der neuen Woche mit Zyklonalität und
verbreiteten Niederschlägen (abgesehen von den höchsten Lagen als Regen) an den
Start. Die anderen Modelle stellen sich geschlossen auf die Seite von IFS, wobei
GFS über Süddeutschland sogar eine abgeschlossene 1040er-Isobare zeigt.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Die Rauchfahnen (sowohl T850 als auch Geopotenzial 500 hPa) verschiedener
deutscher Städte zeigen bis mindestens Samstagmittag einen relativ gebündelten
Verlauf. Danach nehmen die Unterschiede zu, ab Sonntagmittag laufen die
Kurvenscharen zusehends auseinander. Während die Temperatur im 850-hPa-Niveau
bis Freitag/Samstag ansteigt (aber doch weitgehend unter 0 °C bleibt), wird es
danach wieder kühler. Eine beträchtliche Zahl von Membern bleibt jedoch über dem
Temperaturverlauf von Haupt- und Kontrolllauf, sodass der postfrontale Vorstoß
von Kaltluft in der zweiten Tageshälfte des Samstags und in der Nacht zum
Sonntag noch nicht als gesichert gelten kann.
Auch die große Streubreite beim Geopotenzial, die es insbesondere ab Montag
gibt, zeigt, dass der antizyklonale Einfluss, den nicht nur Haupt- und
Kontrolllauf, sondern auch die meisten, aber eben nicht alle Member zeigen,
ebenfalls noch nicht ganz in trockenen Tüchern ist.
Ähnlich wird die Lage von den GFS-Rauchfahnen gesehen.

Das Clustering zeigt für den Zeitraum von Donnerstag bis Freitag (T+72...96h)
zwar fünf Cluster, wobei Haupt- und Kontrolllauf beide im ersten Cluster (mit 26
Membern) zu finden sind. Sowohl bezüglich des Geopotenzials als auch des
Bodendrucks lassen sich allerdings keine wirklich signifikanten Unterschiede
zwischen den Clustern für unseren Vorhersagebereich finden.

Auch im Zeitraum von Samstag bis Montag (T+120...168h) findet man den Haupt- und
den Kontrolllauf im ersten, mit 23 Membern besetzten Cluster wieder.
Augenfälligster Unterschied ist beim Geopotenzial das unterschiedlich weite
Kippen des Rückens in die zonale Ausrichtung. Cluster 2, das mit 18 Membern auch
noch relativ gut besetzt ist, favorisiert ein noch schnelleres Kippen als in der
Deterministik (und somit im Cluster 1). Hingegen ist bei Cluster 3 (zehn Member)
der Rücken relativ konturlos und kippt kaum. Das im Bodendruckfeld mit Abstand
antizyklonalste Muster zeigt Cluster 1. Cluster 2 und 3 ähneln sich, wobei beim
zweiten Cluster die zyklonale Schwachstelle im Nordosten, beim dritten Cluster
sogar bis in die Mitte reichend zu finden ist. Das Clustering bestätigt die
Ableitung aus den Rauchfahnen, dass die antizyklonale Lage am Montag noch
unsicher ist.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


Am Donnerstag, vor allem aber in der Nacht zum Freitag, sind an den Alpen noch
einmal um 10, in Staulagen um 20 cm Neuschnee wahrscheinlich. In exponierten
Gipfellagen der östlichen Mittelgebirge muss mit Sturmböen gerechnet werden. Im
Bergland sind aufgrund des sonst auch recht flotten (wenngleich nicht markant zu
bewarnenden) Windes streckenweise Verwehungen möglich.

Am Freitag und in der Nacht zum Samstag im Südosten fällt im Südosten verbreitet
Schnee. Vor allem in den Mittelgebirgen gibt es dabei verbreitet über 10 cm, in
Staulagen über 20 cm Neuschnee. In den westlichen zentralen Mittelgebirgen gehen
die Niederschläge in der Nacht zum Samstag allmählich in die flüssige Phase
über, dabei ist örtlich Glatteis durch gefrierenden Regen nicht ausgeschlossen.


Am Samstag dauern die Schneefälle an den Alpen andauernde Schneefälle an, dabei
wahrscheinlich noch einmal mehr als 10 cm, teils bis 20 cm Neuschnee in 24
Stunden. In der Nacht zum Sonntag lassen die Niederschläge allmählich nach.
Außerdem muss in Hochlagen weiter mit Verwehungen gerechnet werden.

Insgesamt muss an den Alpen mit einem erheblichen Neuschneezuwachs gerechnet
werden.

Zudem herrscht von Mittwoch bis Montag örtlich - vor allem im oberen Bergland -
leichter Dauerfrost.

Abgesehen davon gibt es am Sonntag und am Montag wahrscheinlich keine markanten
Wettergefahren.

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Basis für Mittelfristvorhersage
EZ-MOS, DMO bzw. allgemeiner Modell-Mix, EZ-EPS
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VBZ Offenbach / M.Sc. Met. Stefan Bach