DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

25-12-2018 18:01
SXEU31 DWAV 251800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 25.12.2018 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
************** Allen Leserinnen und Lesern dieses Bulletins ein geruhsames und
friedliches Restweihnachtsfest***********

NWa (Nordwest antizyklonal), will heißen, relativ unspektakulär mit etwas Frost,
etwas Glätte und etwas Nebel bei vergleichsweise wenig Wind.

Synoptische Entwicklung bis Freitag 12 UTC
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Aktuell ... hat sich eine der langweiligsten Großwetterlagen eingestellt, die in
Mitteleuropa winters wie sommers denkbar sind - Nwa (Nordwest antizyklonal). Nun
gut, die eine oder der andere mag das vielleicht etwas anders sehen, aber der
ganz große Wetterwurf respektive Vollwetter lässt sich mit dieser Wetterlage
nicht bewerkstelligen. Hilft nix, denn obwohl Weihnachten ist, wo ja Wünsche
bekanntermaßen hoch im Kurs stehen, beim Wetter funktioniert das mal so was von
überhaupt nicht. Also nehmen wir es wie es kommt und arbeiten die Lage sachlich
und routiniert ab, ob wir wollen oder nicht.
Zunächst also mal der Blick auf die großräumige Druck- und Potenzialverteilung,
die nach der Zonalströmung kurz vor Weihnachten mittlerweile wieder auf
Blockierung bzw. meridional gestellt ist. Mit etwas weihnachtlicher Fantasie
lässt sich im Geopotenzial sogar eine omegaähnliche, nahezu stationäre Struktur
konstatieren, deren Mittelsäule ein veritabler Höhenrücken darstellt. Seine
Achse verläuft heute Abend in gekrümmter Form von Nordwestafrika über Westeuropa
bis hoch nach Grönland. Flankiert wird der Rücken von Trögen über dem
Ostatlantik (recht breit aufgestellt mit verminderter Amplitude, deswegen auch
nicht klassisch Omega) und dem nahen Osteuropa, der genau genommen aber von der
Barentssee bis hinunter zur Großen Syrte reicht. Für Deutschland bedeutet diese
Verteilung eine nördliche Höhenströmung, die im Laufe der Nacht deutlich
antizyklonalere Konturen annimmt.
Hauptdarsteller auf der Bodenwetterkarte ist das Hoch HUGO, das seinen
Schwerpunkt mit etwas über 1035 hPa über Süd-Südwestdeutschland gesetzt hat, wo
es in den nächsten Stunden etwas an Substanz verliert (ungewöhnlich für
Weihnachten, wo man ja gewichtsmäßig eher zulegt). Nichtsdestotrotz bleibt die
Gesamtkonstellation ähnlich der vom Tage, will heißen, sämtliche atlantische
Tiefdruckgebiete (und das sind nicht wenige) müssen einen großen Bogen über
Nordeuropa um das Hoch schlagen oder bleiben gleich zuhause wie z.B. das Tief
bei den Azoren. Bezogen auf Deutschland bedeutet das, dass auf der Nord- bzw.
Ostflanke des Hochs (und den Höhenrücken überlaufend) nach wie vor WLA wirksam
ist, die sich allerdings etwas abschwächt. Es langt aber, um die Temperatur
nicht nur mittel-, sondern auch niedertroposphärisch steigen zu lassen. So
werden die anfänglich im Osten und Südosten noch präsenten negativen T850-Werte
sukzessive getilgt und durch 0°C oder leichte Plusgrade ersetzt (06 UTC).
Wettertechnisch stehen der Norden und Osten in der einfließenden Nordseebrühe
vor einer weitgehend bedeckten, dafür aber auch frostfreien Nacht (außer der
Hochlagen z.B. im Harz und im Erzgebirge). Besonders nach Osten hin fällt hier
du da noch etwas Niederschlag, der im Bergland von Schnee(griesel) in
Nieselregen übergeht. Dabei besteht in den höchsten Lagen die Gefahr von
Glatteis, was aber spontan nach Bedarf abgewarnt werden muss (im schlechtesten
Fall "ocker", sonst "gelb" in Verbindung mit gefrierender Nässe).
Nach Süden und Westen zu dürften die Lücken respektive die Areale mit geringer
oder überhaupt keiner Bewölkung tendenziell zunehmen, allerdings erscheinen
einige Modelle (darunter ICON) vielleicht etwas zu optimistisch. Z.T. hält sich
zäher Hochnebel, zudem bildet sich neuer Nebel bzw. vom Tage noch vorhandener
Nebel (z.B. im südlichen Oberrheingraben) verdichtet sich. Auf jeden Fall muss
von den Alpen bis in die Mitte und in den Westen bis leichtem, bei längerem
Aufklaren auch mit mäßigem, in den Alpentälern bei vorhandener Schneedecke sogar
mit strengem Frost gerechnet werden.
Ach ja, fast vergessen, da wäre noch der Wind zu nennen, der aus West bis
Nordwest kommend trotz allmählicher Gradientauffächerung und "ungünstiger"
Tageszeit zwischen Fehmarn und Rügen recht mobil bleibt mit steifen Spitzen 7
Bft. Auch der Oberharz und das Erzgebirge behalten einen spürbaren Wind mit Böen
7-8 Bft, Brocken und Fichtelberg bis 9 Bft.

Mittwoch ... dem 2. Weihnachtsfeiertag gibt es ein nette paar Versuche, den
Höhenrücke zu attackieren. Als Aggressoren fungieren zwei KW-Tröge, von denen
der eine von der Irminger See kommend die Dänemark-Straße und Island ostwärts
passiert. Als Erfolge kann der Trog für sich das "Abhobeln" des Rückens in
seinem Nordteil sowie die Aktivierung des Bodentiefs VERUCA über dem Nordmeer
verbuchen - immerhin. Etwas weniger erfolgreich präsentiert sich der zweite
KW-Trog, der sich vom Seegebiet westlich der Biscaya her versucht, mitten in den
fettleibigen Corpus des Rückens zu stoßen, was freilich nur bedingt gelingt.
Letztlich haben beide Aktionen zunächst mal noch keinen großen Einfluss auf das
Wetter vor Ort, wenn man mal davon absieht, dass die Höhenströmung beginnt,
langsam aber sicher auf Nordwest rückzudrehen.
So bleibt weiterhin Hoch HUGO trotz leichter Abschwächungstendenzen das Maß der
Dinge. Seine Ausdehnung reicht von Frankreich und Benelux über die Alpen bis
nach Südeuropa. Am Rande von HUGO strömt nach wie vor Nordseeluft in den Norden
und Osten, die bei rund 800 hPa eine Inversion aufweist. Diese Inversion
markiert die Grenze zwischen der feuchten Grenzschicht unten und weitaus
trockenerer Luft darüber. Wie auch immer, Fakt ist, dass sich die tiefe
SC-/ST-Bewölkung aus dem Norden langsam südwärts ausweitet, so dass auch die
Mitte zunehmend zugeschüttet wird. Gebietsweise fällt etwas Nieselregen oder
leichter Regen. Glätte sollte tagsüber kein großes Thema sein, selbst in höheren
Lagen setzt sich die Milderung mehr und mehr durch. Nach Osten und Südosten hin
(Thüringer Wald, Erzgebirge, fränkische Mittelgebirge) können sich hier und da
allerdings noch ein paar negativ temperierte Kältelöcher halten, in denen -
sollte der Niederschlag dort tatsächlich ankommen - stellenweise Glätte möglich
ist. Warntechnisch müsste man in diesem Fall instantan tätig werden.
Im Süden und Südwesten setzt sich abseits einiger zäher Nebel- oder
Hochnebelfelder (die gibt es z.B. am Rhein und am Bodensee) häufiger die Sonne
durch. Wer auf Nummer Sicher in puncto direkte Einstrahlung gehen will, sollte
die Alpen, das Vorland oder auch den Hochschwarzwald ansteuern, wo es zudem auch
noch am mildesten wird (bis zu 7°C). Dagegen könnte in den Regionen mit
Dauergrau am Ende des Tages ein Eistag (Tmax <0°C) herausspringen. Keine Sorgen
über Eistage o.ä. müssen sich das nord- und ostdeutsche Tiefland machen, wo die
Höchsttemperatur trotz reichlich Bewölkung zwischen 5 und 9°C liegt.
Der Wind ist aus warntechnischer Perspektive nur noch auf dem Brocken und dem
Fichtelberg interessant, wo die Böen in der Spitze Stärke 7-8 Bft erreichen.

In der Nacht zum Donnerstag - und schon geht Weihnachten wieder vorbei - kommt
der Höhenrücken unter weiterer Abflachung ein Stück nach Osten voran, so dass
sich seine Achse Mitteleuropa nähert. An der Bodendruckverteilung ändert das
wenig, dort verbleiben wir in der Hochrandlage. Unter dem Strich bedeutet das
für den Norden und Osten weiterhin Wolken satt und nach Osten hin gebietsweise
etwas Nieselregen. In den östlichen und südöstlichen Mittelgebirgen besteht
dabei Glatteisgefahr, wobei das genaue Zusammenspiel von Niederschlag und
Temperatur wahrscheinlich nur relativ kurzfristig eingeschätzt werden kann.
Der Süden und Westen präsentieren sich teils klar, teils gibt es Nebel oder
Hochnebel. Dazu geht die Temperatur in den leichten, teils auch in den mäßigen,
in einigen Alpentälern erneut in den strengen Frostbereich zurück. Auf dem
Brocken gibt es noch ein paar stürmische Böen 8 Bft, sonst spielt der Wind
warntechnisch keine Rolle.

Donnerstag ... wird besagter Höhenrücken unter weiterem Muskelabbau nach Osten
durchgereicht, es ändert sich aber trotzdem relativ wenig an der Großwetterlage.
Ursache ist die Bildung eines neuen Rückens über dem nahen Ostatlantik, der fast
nahtlos die Rolle seines Vorgängers einnimmt. Von daher verbleiben wir unter
einer nordwestlichen Höhenströmung, in die eine KW-Trog eingelagert ist, der
hinter dem abziehenden Rücken von der Nordsee her in Richtung Baltikum steuert
und dabei den geringfügig den äußersten Norden und Nordosten tangiert.
Darüber hinaus schwächt sich das Bodenhoch noch etwas ab, wodurch es etwas
diffuser wird ohne klare Positionierung des Schwerpunkts bzw. der Schwerpunkte.
Unstrittig ist aber, dass der Norden und Osten (langsam wird es langweilig, aber
das sagte ich ja eingangs bereits) weiterhin im Zustrom feuchter und relativ
milder Nordseeluft (T850 um 5°C) verbleiben, was ´ne Menge Gewölk,
Tageshöchstwerte von 6 bis 9°C und der Ostsee einen mäßigen bis frischen
westlichen Wind (wahrscheinlich aber nicht warnwürdig) garantiert. Trotz der
Nähe zum o.e. KW-Trog nimmt bleibt die Niederschlagsneigung gering, was wohl im
Wesentlichen auf die sich fast auf null reduzierende WLA zurückzuführen ist. Nur
hier und da fällt aus der tiefen Bewölkung noch etwas Nieselregen. Ansonsten
wird die starke Bewölkung in der Mitte etwas wegerodiert, was der Sonne ein paar
mehr oder weniger zaghafte Entfaltungsmöglichkeiten eröffnet. Am besten sind
diese aber nach wie vor auf den Bergen Süddeutschlands (vor allem Alpen,
Schwarzwald), während es in den Niederungen bei kaum vorhandenen
Luftdruckgradienten teilweise trüb durch Nebel oder Hochnebel bleibt. In diesem
Fall ist sogar leichter Dauerfrost wahrscheinlich, während sonst die thermischen
Erwartungen je nach Höhenlage zwischen 3 und 9°C liegen (aufgrund der weiterhin
vorhandenen Inversionslage oben wärmer als unten).

In der Nacht zum Freitag wird der Nordosten von der schwachen Kaltfront eines
Tiefs über Nordskandinavien erfasst. Genau genommen bildet sich am
Okklusionspunkt des gesamten Frontensystems unweit des Baltikums ein kleines
Teiltief, das von dort weiter in Richtung Weißrussland zieht, auf der anderen
Seite für uns aber nur von akademischem Charakter ist. Tatsache ist, dass in den
Nordosten etwas kältere Meeresluft gespült wird (T850 um oder etwas unter 0°C).
Regen steht gar nicht oder nur marginal auf der Karte, stattdessen kann die
Wolkendecke zumindest kurzzeitig sogar mal auflockern. Dazu weht an der Ostsee
weiterhin ein einigermaßen beweglicher westlicher Wind, der an exponierten
Stellen durchaus auch mal Stärke 7 Bft ankratzen kann - in Böen versteht sich.
Zur Mitte und nach Süden hin simulieren die Modelle oberhalb etwa 700 hPa (bei
IFS noch etwas höher) relativ viel Feuchte über einer im Großen und Ganzen
trockenen Grundschicht. Das spricht für das Vorhandensein mittelhoher und hoher
Wolken, die offensichtlich von einem Randtrog in der Höhe ausgelöst werden.
Dieser Trog nähert sich von Frankreich und Benelux - es handelt sich übrigens um
das Exemplar, das sich am morgigen Mittwoch westlich der Biscaya noch recht
erfolglos mit dem Höhenrücken angelegt (siehe oben), letztlich aber beharrlich
am Ball bleibt und den Durchbruch nach Mitteleuropa schafft -, wodurch etwas
Hebung generiert wird. Interessant dabei ist, dass die Modelle stellenweise
etwas Niederschlag simulieren, der aufgrund der warmen Luft über der dünnen
Kaltluftschicht am Boden (negative Temperaturen) am ehesten als gefrierender
(Niesel)Regen fallen dürfte. Wahrscheinlicher ist aber, dass der aus der
mittleren Troposphäre als Schnee fallende Niederschlag unten gar nicht ankommt,
da er eine weite Strecke in trockener Luft zurückzulegen hat und dabei
sublimieren würde. Allerdings ist nicht ganz auszuschließen, dass irgendwo aus
den immer noch vorhandenen, von den Modellen nur unzureichend simulierten
Hochnebelresten etwas gefrierender Nieselregen fällt - zugegeben, viel Theorie
und viel Konjunktiv, aber der Hinterkopf nimmt´s ebenso gerne auf wie die
Tatsache, dass weite Teile des Südens und der Mitte abermals Nachtfrost
abbekommen (in höheren Lagen wegen der Inversionslage z.T. aber frostfrei).

Freitag ... wird der KW-Trog nach Süden abgedrängt und langsam vom nördlichen
Teil des neuen Rückens über dem nahen Ostatlantik ersetzt. Der Schwerpunkt des
Bodenhochs etabliert sich neu am Westrand der Biscaya, von wo aus sich ein Keil
bis nach Süddeutschland erstreckt. Großwetterlage? - Richtig, NWa (gähn).
In Kurzform bedeutet das im Norden und Osten weiterhin wolkenreiche Nordseeluft,
aber nur örtlich etwas Regen oder Nieselregen. Grob südlich von Main und Mosel
werden die mittelhohen und hohen Wolken sukzessive nach Süden verfrachtet. Was
bleibt sind einige zähe Hochnebelfelder, aber auch heitere bzw. sonnige
Abschnitte. Die Temperatur erreicht Maxima zwischen 2 und 8°C, bei
widerspenstigem Hochnebel um 0°C.


Modellvergleich und -einschätzung
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Die großräumige Entwicklung wird von allen Modellen sehr ähnlich gesehen. Da ein
Großteil des Wetter über Grenzschichtprozesse bestimmt wird, zeigen sich in den
Ergebnissen (z.B. tiefe Bewölkung, Nebel, Niederschlag) gewisse Unschärfen, die
u.a. nicht immer baugleichen Parametrisierungen sowie der unterschiedlichen
räumlichen Auflösung der untersten Troposphäre geschuldet sind.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann