DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

25-12-2018 11:30
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 25.12.2018 um 10.30 UTC



Teils neblig-trüb, teils Sprühregen. Sonntag Regen und Wind, Küsten und Bergland
stürmisch und im östlichen Bergland und an den Alpen Stauniederschläge als
Schnee. Tagsüber mild und nachts besonders im Süden frostig mit Glätte.
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Synoptische Entwicklung bis zum Dienstag, den 01.01.2019


Erneut muss sich der Autor der aktuellen Mittelfrist mit einer sich
entwickelnden Blockadesituation über Europa auseinandersetzen, deren Antrieb
voraussichtlich zum großen Anteil aus der Stratosphäre kommt. Aktuell haben wir
es mit Blick auf die zonalen Mittelwinde (10 hPa auf 65 Grad Nord) mit
klimatologisch nahezu normalen Werten zu tun, die sich jedoch die Mittelfrist
über stark abschwächen sollen (eng gebündelte Ensemblevorhersagen). Forciert
wird diese Entwicklung durch eine sich die Mittelfrist über sukzessiv
abschwächende Stratosphärenerwärmung und einhergehende positive
Geopotentialanomalie, die sich über die Laptewsee in Richtung nördliches
Kanadisch-Arktisches Archipel verlagert. Es kommt zu einer Deformation des
Polarwirbels und das bis dahin über dem Franz-Josef-Land gelegene Zentrum
verlagert sich vorübergehend retrograd nach Nordgrönland. Dabei entwickeln sich
in der Strömung der oberen Troposphäre zwei dominante und quasi-stationäre
Rossby-Wellen - eine über Nordamerika, Kanada und dem Nordwestatlantik und eine
weitere über Russland bis ins östliche Mittelmeer reichend. Dazwischen baut sich
ausgleichend ein hochreichender Rücken über dem östlichen Atlantik auf, der
zunehmend auf Westeuropa übergreift. Dieser Entwicklung folgend driftet der AO
zum Jahreswechsel in leicht negative Gefilde ab. Auch die NAO Ensembles deuten
dies mit einer negativen Phase zum Jahreswechsel an. Allerdings bleibt
abzuwarten, wie lange sich die aktuelle Blockadesituation in der erweiterten
Mittelfrist mit einer in Phase 6 wandernden MJO noch halten kann, da es den
Anschein hat, dass sich der Polarwirbel auch in der unteren Stratosphäre/oberen
Troposphäre Anfang Januar zögernd erholen könnte. Bis dahin jedoch haben wir es
mit einer blockadeträchtigen Lage über dem Nordatlantik und Europa zu tun.

Die Mittelfrist beginnt am Freitag, den 28. Dezember mit Geopotentialanstieg
über dem östliche Atlantik und der Biskaya, wobei Deutschland am Nordostrand
eines umfangreichen Bodenhochs und Höhenkeils liegt. Allerdings deutet sich aus
heutiger Sicht an, dass der Keil von mehreren Kurzwellen umrundet wird, sodass
von Nord bis Nordwest wiederholt ausgedehnte Wolkenfelder mit etwas Niederschlag
nach Deutschland übergreifen können. Am "freundlichsten" dürfte der Tag im
Südwesten und Süden verlaufen, wo die dichte Wolkendecke (neben teils zähen
Boden- und Hochnebelfeldern) auch mal auflockern sollte, aber auch hier
überwiegt wohl insgesamt die graue Farbe. Entsprechend der Bewölkungsverteilung
steigen die Temperaturwerte über der Mitte und dem Süden nach frostiger Nacht
auch nur auf 0 (im Dauernebel) bis 4 Grad an, sodass im Übergangsbereich (der
Mitte) bei leichten Niederschlägen bis in den Vormittag mit etwas gefrierendem
Niederschlag oder Schnee gerechnet werden muss. Im Norden und Osten fällt der
Niederschlag bei Höchstwerten von 4 bis 9 Grad als Regen. Eine Kaltfront erfasst
den Nordosten zum Abend und lässt postfrontal kältere Luft in den Nordosten
einfließen, sodass im Verlauf der Nacht im östlichen Mittelgebirgsraum die
Schneefallgrenze absinken dürfte, allerdings mit nur geringen
Niederschlags-/Neuschneemengen. Der Südwest- bis Westwind weht schwach bis
mäßig, im Nordosten zeitweise auch böig. Die Tiefstwerte zeigen ein
Nord-Südgefälle auf mit (dank Nordsee) milden 7 bis 5 Grad im äußersten Norden
und frostigen -2 bis -5 Grad im Süden. Im Südwesten dürften sich die Nebelfelder
in einer windarmen partiellen Strahlungsnacht wieder verdichten und ausbreiten.

Am Samstag weitet sich der Keil über Irland und Schottland nordwärts aus und
erfasst gar Island im Tagesverlauf. Dabei deutet sich an, dass eine kräftige
Welle über die südliche Nordsee nach Nordostdeutschland zieht und
entwicklungsgünstig zum Höhenjet platziert eine mäßige Intensivierungsphase
unterläuft. Bevor jedoch das zunehmend okkludierende Frontensystem zum Abend auf
Norddeutschland übergreift steht erneut ein Tag mit dichter Bewölkung bevor, aus
der besonders nach Osten zu zeitweise etwas Niederschlag fällt. Ob sich die
Hochnebel- und Bodennebelfelder im Südwesten überhaupt noch auflockern können
bleibt abzuwarten, auf jeden Fall sollte der Sonnenanteil auch hier gering
ausfallen. Zum Abend kommen dann von Nordwesten anhaltende Regenfälle auf, die
sich in der Nacht zum Sonntag auf weite Bereiche Deutschlands ausbreiten und
besonders im Stau des Erzgebirges kräftig ausfallen können. Mit Blick auf die
Schneefallgrenze können nur grobe Aussagen getroffen werden, da sensible Themen
wie das "timing" der Okklusion und die Ausprägung des präfrontalen
Kaltluftpolsters sowie potentielle Durchmischung noch nicht sicher genug
abgeschätzt werden können, jedoch deuten sich in den Alpen sowie entlang der
östlichen Mittelgebirge mit einem Schwall modifizierter Polarluft Schneefälle
teils bis in mittlere Lagen an. Im Südwesten verläuft die Nacht weiterhin
neblig-trüb, da hier der Wind noch nicht entscheidend (durchmischend) eingreifen
kann. Ansonsten weht dieser im Norden und Osten böig aus Südwest bis West und
frischt im Umfeld der Küsten und im Bergland stürmisch auf. Exponiert sind
schwere Sturmböen oder mehr wahrscheinlich. Nach Höchstwerten von 0 (Dauernebel)
bis 8 Grad (Küsten) liegen die Tiefstwerten zwischen 5 (Küsten) und -4 Grad im
Alpenvorland.

Am Sonntag weitet das Bodenhoch rückseitig des in Richtung Balkan abziehenden
Tiefdruckgebietes im Zuge niedertroposphärischer Kaltluftadvektion seinen
Einfluss ostwärts nach Deutschland aus. Da dies mit einer verstärkten
Keilaufwölbung über Nordwesteuropa einhergeht wird mit einer zögernden
Wetterberuhigung aus Nordwest gerechnet. Die Bewölkung lockert im Nordwesten und
Westen zeitweise auf und abgesehen von einem geringen Schauerrisiko bleibt es
meist trocken. Im Osten und Süden jedoch trocknet die Luftmasse in der
vorherrschenden Nordwest- bis Nordströmung nur zögernd ab, sodass im Erzgebirgs-
und Alpenstau mit weiteren Schneefällen gerechnet werden muss, die im Tiefland
meist als Regen fallen. Erst in der Nacht zum Montag klingen auch die
Stauniederschläge deutlich ab und bei vorübergehenden Wolkenauflockerungen muss
mit teils dichtem Nebel gerechnet werden. Der anfangs böige West- bis
Nordwestwind (mit Sturmböen im Bergland) schwächt sich besonders im Tiefland
weiter ab. Dabei liegen die Tageshöchstwerte bei 4 bis 10 Grad (deutlich
niedriger im Stauniederschlag) und die Minima bei 7 bis 5 Grad im Küstenumfeld
und sonst zwischen 4 (Norddeutschland) und -2 Grad (Mitte und Süden). Es tritt
Straßenglätte durch überfrierende Nässe auf.

Am Montag deutet sich aus heutiger Sicht ein Maximum der Blockierung an (mit
Blick auf den Ausschlag der 500 hPa Geopotentialanomalie). Dabei flacht der Keil
im Nordteil etwas ab, sodass sich sowohl Keil als auch Bodenhoch zonal nach
Osten ausweiten. Das bedeutet für Deutschland, dass zwar insgesamt hoher Druck
dominiert, jedoch mal wieder das Potential für eine trübe Silvesternacht in
weiten Bereichen Deutschlands gegeben ist, da sich von der Nordsee eine
Warmfront nach Deutschland "einschleichen" soll, die mit einem Schwall
modifizierter Subtropikluft besonders höhenmilde Luft nach Deutschland lenken
würde.
Bevor wir jedoch zur Silvesternacht kommen werfen wir noch kurz einen Blick auf
den Montag. Im Westen, Süden und Osten sorgt Restfeuchte für dichten Hochnebel,
der sich nur zeitweise auflockert und im Nachmittagsverlauf dürfte die Bewölkung
von Nordwesten mit Aufzug der Warmfront auch außerhalb der Hochnebelfelder
dichter werden. In vielen Bereichen West- und Süddeutschlands wird der Nebel und
Hochnebel fließend in die Warmfrontbewölkung übergehen. Die Warmfront erfasst in
der Silvesternacht den gesamten Norden, wo aus dichter Hochnebelbewölkung
zeitweise Sprühregen fällt. Im Süden und über der Mitte bilden sich zähe Nebel-
und Hochnebelfelder, abseits derer allerdings die Bewölkung zeitweise
auflockert. Nach Höchstwerten von 2 (Dauergrau) bis 10 Grad (Küstenumfeld) gehen
die Werte in der Nacht auf 5 (Küste) bis -4 Grad (Alpenvorland) zurück. In den
Frostgebieten muss mit Glätte gerechnet werden. Wenigstens weht der Wind meist
nur schwach und nur im Bergland und im Küstenumfeld zeitweise böig aus West.

Die empfohlene Tätigkeit für den Dienstag, den ersten Tag im neuen Jahr - bis
weit in den Tag schlafen. Die Warmfront schleift über Deutschland und sorgt
meist für einen hochnebelig oder neblig-trüben Wettertag mit zeitweiligem
Sprühregen. Einzig südlich der Donau könnte die Bewölkung zeitweise auflockern.
Die Höchstwerte liegen bei milden 4 bis 9 Grad und der Wind weht schwach aus
Südwest bis West.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Der grobe Wetterfahrplan steht und wird durch eine geringe Diskrepanz der
Druck-/Geopotentialverteilung innerhalb der letzten Modellläufe hervorgehoben.
Deutschland liegt am Ostrand eines blockierenden Keils über dem Nordostatlantik
und wird wiederholt von Störungen beeinflusst, die am östlichen Rand des Keils
nach Südosten ablaufen.
Trotz dieser Einigkeit gibt es allerdings weiterhin Unterschiede bei der
regionalen und zeitlichen Verlagerung zahlreicher Kurzwellen und Randtiefs. Die
dadurch hervorgerufene Diskrepanz beim Eintreffen der jeweiligen Niederschläge
hat zu dieser Jahreszeit großen Einfluss auf deren mögliche Phase (nachts oder
ausgangs der Nacht teils gefrierend). Auch die Dauer von Stauniederschlägen im
Erzgebirge und entlang der Alpen am Sonntag und in der Nacht zum Montag variiert
noch. Abgesehen davon jedoch deutet sich eine insgesamt eher trübe Mittelfrist
an (sei es durch Nebel im Süden und Westen oder durch Niederschläge im Osten)
und die Temperaturwerte gehen sukzessive auf normale bis leicht zu milde Werte
in der freien Atmosphäre zurück. Ein relatives Windmaximum deute sich zum
Sonntag an, jedoch muss mit keiner ausgeprägten Sturmlage gerechnet werden
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Deutlich mehr Diskrepanzen herrschen innerhalb der globalen Modelle. Bereits am
Freitagabend und in der Nacht zum Samstag unterscheidet sich
niedertroposphärisch, wie weit Kaltluft in den Osten Deutschlands vorankommt,
wobei IFS aggressiver ist als z.B. ICON (0 Grad Isotherme spread bei rund 350
bis 400 km!). Noch dramatischer werden die Unterschiede beim Druckfeld am
Sonntag, wo nach IFS ein kräftiges Tiefdruckgebiet über den Nordosten
Deutschland südostwärts ziehen soll, während ICON eine glatte Nordwestströmung
andeutet. GFS zeigt das Tiefdruckgebiet deutlich östlicher und somit mit einem
geringeren Einfluss auf unser Wetter. Dieses Spiel kehrt sich zum Montag um, wo
IFS hochdrucklastig und ICON mit einem Nordweststurm (wenigstens für den
Nordosten) daherkommen. Beide Modelle gipfeln am Dienstag in einer beinahe 90°
Phasenverschiebung des Bodendruckfeldes (ICON Nordströmung, IFS West- bis
Nordwestströmung). GFS, meist einen Mittelweg beschreitend, passt sich hinten
raus etwas mehr dem IFS an, jedoch kann zusammengefasst werden, dass Einigkeit
anders aussieht.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Die Meteogramme in Deutschland zeigen eine recht einheitliche Entwicklung. Bei
außerhalb von Nebelgebieten beinahe unverändert milden Temperaturwerten herrscht
zumeist dichte Bewölkung, aus der es immer wieder leichte Niederschläge geben
kann. Der Niederschlagspeak ist aktuell in der Nacht zum Sonntag und am Sonntag
auszumachen und weitet sich in den Staulagen bis in die Nacht zum Montag aus.
Innerhalb der Rauchfahnen ist jedoch die Mittelfrist über ein zunehmender spread
z.B. bei der 850 hPa Temperatur und dem 500 hPa Geopotential auszumachen mit
einem Maximum am Sonntag - der Unsicherheit der Tiefdruckentwicklung Rechnung
tragend.

Bei der Clusteranalyse ist das dominierende klimatologische Regime die
"Blockade". Dabei beginnt die Mittelfrist am Freitag noch mit einem Cluster. Die
Anzahl der Cluster nimmt jedoch in der Folge bis zum Montag auf 3 zu (recht
ähnliche Memberverteilung). Ausrichtung und Intensität des blockierenden Hochs
sind die Hauptgründe für die erhöhte Clusteranzahl, wobei dies für Deutschland
meist nur geringe Auswirkungen hat (z.B. wie stark Kurzwellen besonders den
Nordosten Deutschland beeinflussen). In der weiteren Mittelfrist nimmt die
Clusteranzahl auf 4 zu mit einer ähnlichen Problematik - wie soll mit der
blockierenden Lage umgegangen werden. Es fällt z.B. auf, dass die beiden am
stärksten besetzten Cluster 1 und 2 komplett konträre Entwicklungen am Nordrand
des Keils / der positiven Geopotentialanomalie aufzeigen, was u.a. die
Intensität von atlantischen Störungen beeinflussen würde, die den Keil umrunden
und Deutschland erfassen sollen. Alle Cluster sind sich jedoch mit der Fortdauer
der blockierenden Wetterlage einige, wobei Deutschland am Ostrand des Keils
verbleibt.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


Die Mittelfrist ist geprägt von einer insgesamt eher hochdrucklastigen
Wetterlage, was auch beim Blick auf den EFI zu erkennen ist. Bei den
Temperaturwerten deutet er zeitweise leicht positive Werte an, besonders dann,
wenn modifizierte Subtropikluft ihren Weg nach Deutschland findet (allerdings
mehr als höhenmilde Luft, weshalb die 2m Werte nicht so dramatisch darauf
anspringen).
Beim Wind kristallisiert sich der Sonntag als der Tag heraus, wo der Wind
besonders im Osten warntechnisch etwas auffallen könnte, allerdings springt der
EFI nur in den Berglagen leicht an und auch bei ausgewählten CDFs im Osten ist
noch kein richtiger Trend der Entwicklung auszumachen (beim 10 m Mittelwind ist
gar ein rückläufiger Trend zu beobachten). Zusammengefasst steht eine für diese
Jahreszeit absolut nicht ungewöhnliche Windlage ins Haus. Auch die
Stauniederschläge fallen aus heutiger Sicht nicht dem Modellklima abweichend
aus.
Diese dem Modellklima entsprechende Witterung spiegelt sich auch in anderen
Modellen wider.
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Basis für Mittelfristvorhersage
IFS, MOSMIX, IFS-EPS
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Helge Tuschy