DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

23-12-2018 17:01
SXEU31 DWAV 231800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Sonntag, den 23.12.2018 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
In den Mittelgebirgen Süddeutschlands bis Montagmittag Dauerregen, im
Schwarzwald Unwetter. An den Alpen zusätzlich Tauwetter (Unwetter). Montag
sinkende Schneefallgrenze, im Alpenstau vorübergehend markanter Schneefall. An
den Feiertagen ruhige Hochdruckrandlage.

Synoptische Entwicklung bis Mittwoch 12 UTC
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Aktuell ... liegt Deutschland an der Südflanke eines Höhentroges mit Drehzentrum
über dem Baltikum unterhalb einer recht kräftigen nordwestlichen Höhenströmung.
Dabei erstreckt sich ein recht markanter kurzwelliger Randtrog über Dänemark
hinweg bis zur mittleren Nordsee und verlagert sich bis morgen Früh über den
Großteil des Vorhersagegebiets hinweg südsüdostwärts. Dahinter dreht die
Höhenströmung auf Nord bis Nordwest.
Im Bodenfeld hat sich entlang eines, vom nahen Ostatlantik über den Süden der
Britischen Inseln bis nach Frankreich reichenden Frontenzug aufgrund kräftiger
WLA ein Wellentief entwickelt, das sich im Laufe der Nacht unter weiterer
leichter Vertiefung über die Mitte Deutschlands hinweg rasch ostsüdostwärts
verlagert und in den Frühstunden bereits Ungarn erreicht. Die Kaltfront des
Tiefs erreicht in den Frühstunden Süddeutschland, postfrontal dreht die
bodennahe Strömung an der Ostflanke eines sich verstärkenden Hochs über den
Britischen Inseln auf Nord, womit ein Schwall maritimer Polarluft (-3 bis -6
Grad in 850 hPa) ins Vorhersagegebiet gelangt.
Präfrontal können sich die Hebungsprozesse aufgrund kräftiger PVA auf der
diffluent konturierten Trogvorderseite im Laufe der Nacht weiter intensivieren,
entsprechend fällt vor allem in Süddeutschland verbreitet und teils länger
anhaltender Niederschlag, im Warmsektor bei Temperaturen in 850 hPa um 4 Grad
bis in die höchsten Lagen der Mittelgebirge bzw. bis nahe 1800 m an den Alpen
als Regen. In den süddeutschen Mittelgebirgen und an den Alpen werden die
Warnschwellen für Dauerregen gerissen, vor allem im Schwarzwald und im
Oberallgäu fallen bis Montagmittag in Staulagen deutlich mehr als 50 mm,
teilweise auch über 70 mm in 24 Stunden (Unwetter). Dazu gesellt sich an den
Alpen, vor allem in Lagen oberhalb von etwa 1000 m, wo einiges an Schnee liegt,
Tauwetter, woraus sich ein Niederschlagsdargebot zwischen 50 und 120 mm
(ebenfalls Unwetter) ergibt, die höchsten Werte im Oberallgäu.
Postfrontal gelangt mit dem Trog ein Schwall höhenkalter und labil geschichteter
Luft vor allem in den Osten und die Mitte des Vorhersagegebietes, so dass es
dort noch einzelne Schauer gibt. Kurze Gewitter sind in erster Linie mit
Kaltfrontpassage nicht komplett ausgeschlossen, aber eher unwahrscheinlich (so
gut wie kein Cape vorhanden), zumal sie auch in den Modellinterpretationen so
gut wie gar nicht auftreten.
Die Niederschläge gehen mit Durchzug der Kaltfront oberhalb von etwa 400 bis 600
m in Schnee über, lassen aber vor allem nach Westen zu rasch nach, so dass die
Schneephase warntechnisch im Schwarzwald kaum eine Rolle spielt. Im Harz, in den
östlichen und ostbayerischen Mittelgebirgen (hier kommen ja noch die Schauer im
Trogbereich dazu) kann es bis Montagvormittag wenige Zentimeter Neuschnee geben,
oberhalb von 600 m vor allem im Erzgebirge bis zu 10 cm, in exponierten
Staulagen dort gar bis an die 15 cm. Dazu sinken die Temperaturen - mit Ausnahme
Süddeutschlands - oberhalb von etwa 500 bis 600 m allmählich in den leichten
Frostbereich.
Warntechnisch von Relevanz ist dazu noch der Wind: An der Südflanke des
Wellentiefs verschärft sich der Gradient über Süddeutschland abends und nachts
vorübergehend deutlich und es gibt steife, im Alpenvorland - unterstützt durch
den Leitplankeneffekt - auch stürmische Böen (Bft 7 bis 8) aus West bis
Nordwest. Auf den Bergen ist mit Sturm- und schweren Sturmböen zu rechnen (Bft 9
bis 10). Mit Kaltfrontpassage kann es - vor allem in Gewitternähe (sollten
überhaupt welche auftreten) - nochmals stürmische Böen, vielleicht sogar auch
eine Sturmböe geben, postfrontal fächert der Gradient aber rasch auf und der
Wind nimmt deutlich ab.

Montag ... an Heiligabend überqueren Kaltfront und Kurzwellentrog bereits am
Vormittag rasch die Alpen. Dahinter etabliert sich über dem Vorhersagegebiet
zwischen einem von der Iberischen Halbinsel über die Biskaya und Irland bis nach
Island reichenden Höhenrücken und dem sein Drehzentrum vom Baltikum nach
Weißrussland verlagernden Höhentrog eine recht glatt konturierte
nordnordwestliche Höhenströmung.
Im Bodenfeld weitet sich das Hoch über den Britischen Inseln allmählich nach
Mitteleuropa bzw. nach West- und Südwestdeutschland aus. In den äußersten Osten
des Landes gelangt vorübergehend ein Schwall skandinavischer Kaltluft (-6 bis -9
Grad in 850 hPa), so dass die leichten Niederschläge (in Schauerform) dort teils
bis in tiefe Lagen als Schnee fallen können, für nennenswerten Neuschnee reicht
es dort aber wohl kaum. Oberhalb von etwa 400 bis 600 m kommen in den östlichen
und ostbayerischen Mittelgebirgen bis zum Abend aber nochmals wenige Zentimeter
Neuschnee zusammen, in den Staulagen des Erzgebirges eventuell auch über 5 cm.
Anders an den Alpen: Dort stellt sich nach Abzug der Kaltfront (und Beendigung
des Tauwetters am Vormittag) vorübergehend eine Staulage ein, ehe zum Abend hin
mit Vorrücken des Hochs auch dort von Westen her die Niederschläge nachlassen.
Ab den Vormittagsstunden sinkt die Schneefallgrenze dabei nach und nach bis auf
etwa 500 bis 600 m, also in die meisten Täler. Im südlichen Alpenvorland reicht
es wohl noch für wenige Zentimeter Neuschnee, in den Alpentälern fallen - je
nach Höhenlage - bis zu 20 cm, in höher gelegenen Staulagen auch deutlich mehr.
Im Großteil des Landes bleibt es dagegen unter zunehmendem Hochdruckeinfluss
trocken und vor allem im Nordwesten kann sich auch mal die Sonne blicken lassen.
Der Wind lässt auch im äußersten Süden nach Kaltfrontpassage rasch nach.
In den Frühstunden werden im äußersten Südwesten nochmals zweistellige
Temperaturen erreicht, ansonsten liegen die Höchstwerte postfrontal zwischen 1
Grad am Erzgebirge und 8 Grad entlang des Rheins.

In der Heiligen Nacht kann sich das Hochdruckgebiet mit Schwerpunkt über
Nordfrankreich und Südwestdeutschland noch etwas verstärken (über 1035 hPa
Kerndruck), so dass sich der Gradient an dessen Nordostflanke wieder verschärft
und es in den Hochlagen der östlichen Mittelgebirge (und des Harzes) erneut
stürmische Böen aus Nordwest geben kann. Eventuell reicht es auch an den Küsten
für einzelne Böen Bft 7.
Der Höhenrücken über Westeuropa wird von WLA überlaufen, die auch den Norden und
Osten des Landes beeinflusst, während sich niedertroposphärisch noch die
Polarluft hält (in 850 hPa zwischen -7 Grad im Südosten und -1 Grad im
Nordwesten). Somit bleibt es dort vielerorts bedeckt und vor allem im östlichen
und ostbayerischen Bergland gibt es weitere leichte Niederschläge, die dort
meist bis in tiefe Lagen als Schnee fallen. Für mehr als wenige Zentimeter
Neuschnee reicht es aber kaum, lediglich in den Staulagen können nochmals um die
5 cm zusammenkommen.
Auch im Alpenstau schneit es vor allem nach Osten zu noch etwas. Ansonsten fällt
nur gebietsweise etwas Niederschlag, im Norden unter Einbezug milder Nordseeluft
in den Niederungen meist als leichter Nieselregen. Im Westen und Südwesten
bleibt es dagegen allgemein trocken und die Wolken lockern auf, wobei sich dann
allerdings Nebel bilden kann. In der Südhälfte und im Bergland gibt es
verbreitet leichten Frost und auch Glätte, im Norden bleibt es in den
Niederungen dagegen meist frostfrei.

Dienstag ... am 1. Weihnachtstag, kommt der Höhenrücken über Westeuropa
geringfügig nach Osten voran, während der nord- und osteuropäische Höhentrog
durch einen Trogvorstoß nach Nordskandinavien regeneriert wird. Dabei verbleibt
das Vorhersagegebiet unterhalb der nordnordwestlichen Höhenströmung, die sich
noch ein wenig verstärkt, wobei vor allem über dem Norden und Osten des Landes
weiterhin mitteltroposphärisch WLA wirksam ist.
Im Bodenfeld verlagert sich ein Tiefdruckgebiet vom Nordmeer nach Lappland, die
Warmfront überquert die Ostsee und beeinflusst zeitweise auch den äußersten
Osten des Vorhersagegebietes mit leichten Niederschlägen (meist weniger als 3 mm
in 12 Stunden), die im Bergland als Schnee fallen. Im Warmsektor kann sich dann
von Nordwesten her auch niedertroposphärisch mildere Luft durchsetzen, in 850
hPa steigt die Temperatur auf Werte zwischen 3 Grad über der Deutschen Bucht und
-6 Grad in Südostbayern. Das Bodenhoch verlagert seinen Schwerpunkt etwas weiter
nach Süddeutschland, dabei verschärft sich der Gradient im Nordosten noch ein
wenig, was zu steifen, vereinzelt stürmischen Böen aus Nordwest im Bereich der
vorpommerschen Ostseeküste und zu einzelnen Sturmböen auf exponierten Gipfeln
des Erzgebirges, eventuell auch auf dem Brocken führt.
Im Norden und Osten verläuft der Feiertag überwiegend trüb und bedeckt, im
Südwesten und an den Alpen kann sich dagegen häufiger die Sonne durchsetzen. Die
Höchsttemperaturen erreichen Werte zwischen knapp über 0 Grad in den Tälern der
östlichen Mittelgebirge und 7 Grad im Nordwesten.

In der Nacht zum Mittwoch ändert sich nichts Substanzielles an der
Großwetterlage. Das Bodentief über Nordskandinavien zieht weiter Richtung
Baltikum, das Hochdruckgebiet bleibt mit seinem Schwerpunkt über
Nordostfrankreich bzw. Südwestdeutschland. Nach Abzug der Warmfront fächert der
Gradient im Nordosten und Osten kaum auf, so dass es an der Ostsee weiterhin
zumindest steife Böen aus Nordwest gibt, in den Kamm- und Gipfellagen der
östlichen und ostbayerischen Mittelgebirge sowie des Harzes Sturmböen.
Niedertroposphärisch gelangt weiterhin feuchte Nordseeluft vor allem in den
Norden und Osten des Landes, wobei die Temperatur in 850 hpa auf Werte zwischen
-2 Grad in Südostbayern und +4 Grad im Nordwesten steigt. Richtung Lausitz kann
es anfangs noch etwas regnen oder nieseln, ansonsten fällt höchstens
stellenweise etwas Nieselregen, meist bleibt es trocken. Vor allem im Südwesten
und Süden verläuft die Nacht dagegen teilweise gering bewölkt oder klar, wobei
sich aber Nebel bilden kann. Dort gibt es bei länger klarem Himmel teilweise
mäßigen Frost, während es im Norden und Osten unter den dichten Wolken zumindest
in den Niederungen frostfrei bleibt.

Mittwoch ... am zweiten Weihnachtstag rückt uns der Höhenrücken allmählich etwas
näher auf die Pelle, an dessen Nordflanke verläuft die Frontalzone über die
Norwegische See hinweg nach Skandinavien, knickt dann aber an der Westflanke des
inzwischen über dem Westen Russlands angelangten Trog nach Süden ab, so dass das
Vorhersagegebiet unterhalb einer allmählich etwas auffächernden nordwestlichen
Höhenströmung verbleibt. Nach wie vor wird der Rücken von WLA überlaufen, die
sich aber über dem Vorhersagegebiet allmählich abschwächt und in erster Linie
noch den Nordosten und äußersten Osten beeinflusst.
An der Lage und Intensität des Bodenhochs ändert sich nur wenig, das
Tiefdruckgebiet über dem Baltikum kommt etwas nach Südosten voran, mit
Übergreifen der Warmfront eines vom Nordmeer Richtung Lofoten ziehenden Tiefs
auf den äußersten Norden des Landes dauert auch die Zufuhr niedertroposphärisch
recht milder Nordseeluft weiter an, die Temperaturen in 850 hPa bewegen sich -
mit Ausnahme vielleicht noch der östlichen und ostbayerischen Mittelgebirge - im
positiven Bereich.
Etwas Regen fällt am ehesten noch in der Lausitz, ansonsten bleibt es weitgehend
trocken, am ehesten kann es im Norden noch aus der dichten tiefen Bewölkung
etwas nieseln.
Der Gradient fächert zwar etwas auf, so dass es an der Ostsee wohl nicht mehr
für warnrelevante Böen reicht. In den Gipfellagen der östlichen Mittelgebirge
kann es aber noch einzelne stürmische Böen aus Nordwest geben.
Während im Norden und Osten erneut ein trüber Tag ins Haus steht, kann sich im
Südwesten und Richtung Alpen oft die Sonne durchsetzen, gebietsweise hält sich
aber auch dort in den Niederungen dichter Nebel. Bei Höchstwerten zwischen 1 und
7 Grad ändert sich an den Temperaturen nur wenig. Bei beständigem Nebel im
Südosten bzw. Ostbayern steigen die Werte allerdings kaum über 0 Grad.


Modellvergleich und -einschätzung
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An den für die kommende Nacht und morgen simulierten RR-Mengen hat sich in den
aktuellen Läufen kaum etwas geändert, nach wie vor hat ICON-EU bei sehr
ähnlicher räumlicher Verteilung höhere Mengen auf der Karte als GFS und vor
allem IFS (allerdings noch der 00 UTC-Lauf). Das Timing, den Temperaturrückgang
und damit den Übergang der Niederschläge in Schnee betreffend ist jetzt bei
allen Modellen sehr ähnlich. Danach sollten die Regenfälle an den Alpen ab dem
Vormittag bis i9n die höheren Täler in Schnee übergehen, so dass die
Tauwetterwarnung wohl vorzeitig aufgehoben werden kann.
In exponierten Alpenstaulagen kann es dann durchaus markante Neuschneemengen
geben.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Winninghoff