DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

21-12-2018 09:01
SXEU31 DWAV 210800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 21.12.2018 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
Wz

Verbreitet Regen, gebietsweise vor allem in südlichen Staulagen Dauerregen.
Teils stürmisch auffrischender Südwest- bis Westwind, im höheren Bergland
Orkanböen nicht ausgeschlossen. Sonntag im Südwesten und Süden erneut Dauerregen
möglich.

Synoptische Entwicklung bis Sonntag 24 UTC
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Freitag... zonalisiert die Strömung hinter einem nach Osten abziehenden Trog und
die Frontalzone mit 100 kt Westwind in 300 hPa weitet sich vom Atlantik über
Mitteleuropa nach Osten aus. Dabei zieht ein sich nur mäßig entwickelndes Tief
von England in die Deutsche Bucht und in mehreren Schüben gelangt an seiner
Südflanke sehr milde und feuchte Meeresluft zu uns.
Kräftige Warmluftadvektion in Kombination mit positiver (allerdings eher
schwacher) Vorticityadvektion bewirkt die leichte Intensivierung dieses Tiefs,
was den Gradienten über Deutschland zunehmen lässt.

Bis in tiefe Lagen kommen, bei stabiler Schichtung, einzelne stürmische Böen aus
südwestlicher Richtung auf. In höheren Berglagen sind schwere Sturmböen und auf
exponierten Gipfeln Böen Bft 11 bis 12 zu erwarten. Bis zum Abend arbeitet sich
das Starkwindfeld etwa bis zur Elbe vor. Nordöstlich davon weht mäßiger, in Böen
frischer Wind aus Südost. Im Bereich des Tiefkerns ist in Sachen Wind
gleichfalls nicht viel los, so dass an der Nordsee lediglich exponiert mal
starke Böen um 60 km/h zustande kommen.
In der zweiten Tageshälfte greift die Kaltfront dieses Randtiefs rasch auf den
Nordwesten Deutschlands über, beginnt aber über dem Mittelgebirgsraum und erst
recht nach Süden hin zu schleifen, wodurch die Regenfälle im Bergland längere
Zeit andauern können. Zunächst fällt im Bayerischen Wald teilweise auch Schnee,
wobei sich der Übergang in die flüssige Phase auch etwas länger hinziehen kann
und bis in den Abend reicht.
In Staulagen der westlichen und süddeutschen Mittelgebirge werden Warnschwellen
für Dauerregen wahrscheinlich überschritten, in den Staulagen des Allgäus sind
bei veritabler Schneedecke Tauwetterwarnungen angebracht. Entsprechende
Warnungen sind aber bereits in Kraft.
Auch im Erzgebirge, wo ebenfalls ausreichend Schnee liegt, gibt es Tauwetter,
aber für eine Tauwetterwarnung sind dort die Niederschlagssummen zu gering.
Allenfalls 48stg. könnten hier lokal knapp über 40 mm Wasser ablaufen.
Deutschlandweit erfolgt ein Temperaturanstieg auf 6 bis 12, in Rheinnähe bis 14
Grad.

In der Nacht zum Samstag zieht das kleine Tief entlang der deutschen zur
polnischen Ostseeküste. Somit gelangen
dann auch die Gebiete nordöstlich der Elbe weitgehend in das Windfeld des Tiefs,
wodurch dort ebenfalls mit Böen Bft 7 zu rechnen ist. An der Ostsee sind nach
Passage des Tiefs vorübergehend stürmische Böen nicht ausgeschlossen. Während in
den Hochlagen der nördlichen und östlichen Mittelgebirge weiterhin teils schwere
und exponiert auch Böen bis Orkanstärke auftreten können, deutet sich für den
Westen und Süden eine leichte, wahrscheinlich aber nur vorübergehende
Windabschwächung an. Im höheren Bergland sind Böen bis Sturmstärke möglich.

Dabei legt sich die Kaltfront mit skaligen Regenfällen an die Alpen, während
weiter nördlich durch kurzwellige Tröge weiter Hebung generiert wird, die bei
leicht instabiler Schichtung schauerartiger Regen zur Folge hat. Auch einzelne
kurze Gewitter sind dabei nicht ausgeschlossen. Die feste Phase spielt auch in
Hochlagen keine Rolle, da postfrontal weiter milde, d.h. stark erwärmte
Meeresluft folgt.


Samstag... verlagert sich das Tief über Litauen Richtung Weißrussland und bildet
sich in höheren Troposphärenschichten zumindest mit einem Trog ab, was die
zyklonale Westströmung leicht auf Nordwest drehen lässt. Von der Iberischen
Halbinsel ausgehend wölbt sich ein breiter Rücken auf und weitet sich, gestützt
durch Warmluftadvektion, bei Irland nach Norden aus. Diese Entwicklung kommt
einem Bodenhoch zugute, das sich mit einem Keil zögernd von Spanien in den
Südwesten Deutschlands hereinschiebt.
Die Kaltfront zieht zwar nach Süden ab, es kommt dennoch zu weiteren
schauerartigen Regenfällen. Vor allem in Staulagen kann es zunächst noch etwas
mehr regnen, später lassen die Niederschläge aber langsam nach, so dass die
aufgegebenen Warnungen vor Dauerregen wohl nicht verlängert werden müssen.

Obwohl das Tief abzieht, bleibt durch den von Südwesten ansteigenden Druck über
dem Süden und der Mitte ein gut ausgeprägter Druckgradient erhalten. Bis ganz
runter muss dabei mit einzelnen stürmischen Böen und im Bergland mit Sturmböen
gerechnet werden. Exponiert sind orkanartige Böen bis Orkanböen möglich. Gegen
Abend sollte aber auch dort der Wind allmählich schwächer werden mit den dann
etwas aufweichenden Gradienten.
Die Tageshöchsttemperaturen erreichen 8 bis 14, im Ostseeküstenbereich und in
höheren Berglagen Werte um 6 Grad.

In der Nacht zum Sonntag sind im Bereich des Rückens über Westeuropa kaum
Bewegungstendenzen zu erkennen. Entsprechend liegen wir weiter unter einer
insgesamt recht glatten nordwestlichen Höhenströmung. Bei leicht antizyklonaler
Kontur im Bodendruckfeld weicht der Gradient weiter auf. Warnrelevante Böen
(exponiert stürmische Böen) sind dann auf Mittelgebirgslagen beschränkt. Da aber
von Westen her bereits wieder Warmluftadvektion auf Deutschland übergreift,
bleibt es wolkenreich und gebietsweise fällt weiterer Regen, wobei die Mengen
aber überschauerbar bleiben und nicht nach Warnungen schreien. Im Zusammenspiel
mit dem noch wohl definierten Gradienten bleibt die Nebelneigung gering. In
mittleren und tiefen Lagen bleibt es durchweg frostfrei und selbst in Kamm- und
Gipfellagen reicht es nicht überall für Werte unter dem Gefrierpunkt.


Sonntag... regeneriert sich der westeuropäische Höhenrücken und bleibt nahezu
ortsfest liegen. Damit dauert die Westnordwestströmung bei uns an. Im
Tagesverlauf greift auf den Westen und Süden Deutschlands die Warmfront eines
Tiefs westlich der Biskaya mit Regen auf Deutschland über. Dabei bildet sich
nunmehr nach den meisten Modellen eine Warmfrontwelle, was erneut (grob: in der
SW-Hälfte) länger andauernden Regen hervorruft. Erneut werden in den Staulagen
Baden-Württembergs und von Südbayern nach ICON Dauerregenmengen simuliert mit
der Möglichkeit von Niederschlagsmengen, die selbst die Unwetterschwellen
deutlich reißen können. ICON Nest hat im Schwarzwald und Allgäu mehr als 100 mm
in 24h zu bieten. Die externen Modelle (GFS, EZMW) simulieren im Verlauf des
Sonntags und in der Nacht auf Heiligabend kleinräumiger warnrelevante
Niederschlagssummen. Hinweise auf ein warnrelevantes Niederschlagsereignis über
dem Süden liefern auch die Ensembles, wobei dort auch Signale für mehr als 80 mm
in 24 Stunden zu finden sind, was extremem Unwetter entspräche. Allerdings
agieren die Modelle noch sehr unsicher mit der Welle und zeigen unterschiedliche
Zugbahnen und Timing.
Im Norden und Nordosten kommt von der Welle weniger an und es treten bei leicht
instabiler Schichtung einzelne Schauer auf.
Der Wind frischt südlich der Welle auf mit steifen Böen in tiefen Lagen und
Sturmböen bis Orkanböen in den Höhenlagen. Erneut wird es im Südwesten sehr mild
mit zweistelligen Höchstwerten. Ansonsten ist es etwas frischer mit Höchstwerten
zwischen 6 Grad auf Rügen und 9 Grad in Hessen.

In der Nacht zum Montag trifft die Welle auf die Alpen und dort können
langanhaltende und kräftige Niederschläge einsetzen, die die schon erwähnten
sehr hohen Niederschlagssummen bringen. ICON simuliert dabei sehr flott und
lässt schon morgens rückseitig die Kaltluft auf die Alpen treffen. Die
Schneefallgrenze könnte bei -2 Grad bis in die Täler absinken, was aber von den
externen Modellen aber nicht so gesehen wird. Die Welle zieht in deren
Simulation weiter nördlich und langsamer. Je nach Zugbahn könnte es auch im
Alpenvorland zu Sturmböen reichen, in Gipfellagen zu Orkanböen. Im Norden
beruhigt sich das Wetter weiter am Rand eines Hochs, das sich über GB
aufplustert. Bei abflauendem Wind und auflockernder Bewölkung tritt gebietsweise
leichter Frost, zumindest aber Bodenfrost mit lokaler Glätte auf. Über der Mitte
wäre entsprechend Frost zumindest im höheren Bergland ein Thema.


Modellvergleich und -einschätzung
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In groben Zügen ist die Entwicklung unstrittig. Bezüglich der Details verbleiben
natürlich Fragezeichen. Fraglich ist zum Beispiel, ob über der Mitte die Mengen
für Dauerregen tatsächlich erreicht werden. Nacht Abzug der Tiefausläufer kann
dort eventuell im heutigen Tagesverlauf nachjustiert werden und Warnungen
vielleicht schon aufgehoben werden. Im Süden sind die Warnungen vor Regen und
Tauwetter über jeden Zweifel erhaben. Spannend wird es dann wieder am Sonntag.
Wie schon angedeutet, wird die Entwicklung dann sehr unsicher. Nicht was die
Welle an sich angeht, Zugbahn und Timing werfen Fragen auf. Es sieht aber
aktuell wieder alles nach Dauerregen im Süden aus, vielleicht bis Unwetter.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Bernd Zeuschner