DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

20-12-2018 08:30
SXEU31 DWAV 200800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 20.12.2018 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
WW (Winkel-Westlage), vorerst noch "Frontenfriedhof". Allmählich aber in NW a
übergehend.
In den östlichen Mittelgebirgen und im Südosten bis in den Vormittag hinein
örtlich Glatteis. Tagsüber von Westen her auffrischender Wind, vorerst nur in
höheren Berglagen Böen bis Sturmstärke.
In der Nacht zum Freitag im Westen einsetzender länger andauernder Regen, in den
Weststaulagen der west- und südwestdeutschen Mittelgebirge Dauerregen, im
Schwarzwald und im Allgäu bis Samstagfrüh unwetterartige Niederschlagssummen
nicht ausgeschlossen. Niederschlag durchweg als Regen. Tauwetter im Allgäu. In
den östlichen Mittelgebirgen mit geringer Wahrscheinlichkeit noch einmal
Glatteis.
Im Laufe des Freitags weiter auffrischender Wind mit stürmischen Böen bis in
tiefe Lagen. Im Bergland teils schwere Sturmböen, auf höheren Berggipfeln Böen
bis Orkanstärke. Nordöstlich der Elbe zunächst noch relativ windschwach. Dort in
der Nacht zum Samstag zunehmender Wind mit einzelnen stürmischen Böen. Am
Samstag von Nordwesten und Westen her nachlassender Wind, stürmische Böen aber
noch im Osten und Südosten, dort im Bergland teils schwere Sturmböen, exponiert
Böen bis Orkanstärke. In den südwestdeutschen Mittelgebirgen und an den Alpen
nachlassender Dauerregen.
In der Nacht zum Sonntag in exponierten Kamm- und Gipfellagen der östlichen
Mittelgebirge und der Alpen noch einzelne Böen bis Sturmstärke, ansonsten
Wetterberuhigung.

Synoptische Entwicklung bis Samstag 24 UTC
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Donnerstag... gelangt Deutschland unter einen breiten, von Westeuropa
übergreifenden Trog, wobei sich im Süden eine raschere Verlagerung der Trogachse
abzeichnet als im Norden. Das an dessen Vorderseite liegende, längst okkludierte
Frontensystem hat mit Niederschlägen den Osten und Südosten Deutschlands
erfasst. Diese Niederschläge fallen teils als gefrierender Sprühregen, teils als
Schnee, gehen aber zusehends in die feste Phase über. Oberhalb von etwa 600
Metern fällt ohnehin meist Schnee. Bedingt durch die noch niedertroposphärisch
vorhandene Kaltluft konnte sich keine für eine großräumige Glatteislage typische
"warme Nase" ausbilden, so dass eine Abbildung mittels markanter Warnungen
hinreichend war, wenngleich örtlich eng begrenzt die Auswirkungen durchaus
unwetterartig gewesen sein können.
Nach Abzug des Frontensystems nach Polen lassen die Niederschläge vorübergehend
nach, einzelne Schauer sind jedoch nicht auszuschließen. Nachfolgend stellt sich
stromaufwärts bis in den mittleren Nordatlantik hinein eine Zonalisierung ein.
Bis zum Abend setzt im Westen bereits wieder Warmluftadvektion ein, was dort
erneut Niederschläge aufkommen lässt, die dann skaligen Charakter aufweisen.
Mit dem Durchgreifen der west- südwestlichen Strömung nach Osten sollte sich
spätestens am Vormittag auch in den östlichen Mittelgebirgen und in Teilen von
Niederbayern die Glättesituation entspannen. Bedingt durch die Zunahme des
Gradienten im Westen und Südwesten sind dann zumindest im Bergland dieser
Gebiete wieder warnrelevante Böen, exponiert durchaus auch stürmische Böen,
vorstellbar. Eine entsprechende Warnung ist für die Hochlagen des Schwarzwaldes
bereits aktiv.
Ein paar Wolkenlücken sind in den Leegebieten der östlichen Mittelgebirge und
vor allem aber auch an den Alpen möglich. Sonst hält sich meist starke bis
geschlossene Bewölkung. Die Tageshöchsttemperaturen erreichen 3 bis 8, am
Oberrhein bis 10, in den Hochlagen der östlichen Mittelgebirge Werte um 0 Grad.
In der Nacht zum Freitag setzt sich dann auch über dem Osten Deutschlands eine
west- südwestliche Strömung durch. Mit dem Übergreifen eines Randtiefs auf die
Britischen Inseln, das aus einer Okklusionspunktzyklogenese hervorging, dreht
die Strömung bis Freitagfrüh mehr auf Südwest. An der Vorderseite eines
Frontensystems, das Westfrankreich erreicht, verstärkt sich über Deutschland die
Warmluftadvektion, wodurch sich im Westen die Niederschläge intensivieren, ohne
dass zunächst Warnschwellen erreicht werden. Diese Niederschläge greifen rasch
nach Osten aus. In den östlichen Mittelgebirgen kann es vor allem in
windgeschützten Tallagen noch einmal vorübergehend Glatteis geben. Mit der sich
auch dort rasch durchsetzenden Milderung sollte die Glättesituation auch in
diesen Gebieten rasch beendet sein. Die Schneefallgrenze steigt rasch auf mehr
als 1000 Meter an, so dass winterliche Wettererscheinungen vorerst kein Thema
mehr sind.
Der sich verstärkende Gradient lässt den Wind auffrischen. In den westlichen und
nördlichen Mittelgebirgen sind stürmische Böen, exponiert (Brocken, Feldberg im
Schw.) durchaus auch Böen bis Sturmstärke möglich. Selbst in tieferen Lagen
West- und Südwestdeutschlands können ausgangs der Nacht Windböen bis Bft 7
auftreten.

Freitag... wird das weiterhin entwicklungsgünstig in der Frontalzone liegende
Randtief über die südliche Nordsee hinweg in die Deutsche Bucht gesteuert.
Kräftige Warmluftadvektion in Kombination mit positiver (allerdings schwacher)
Vorticityadvektion bewirkt eine weitere leichte Intensivierung dieses Tiefs, was
den Gradienten über Deutschland noch etwas zunehmen lässt. Hierdurch kommen bis
in tiefe Lagen stürmische Böen auf; in höheren Berglagen sind dann schwere
Sturmböen und auf exponierten Gipfeln Böen bis Orkanstärke zu erwarten. Aufgrund
der stabilen Schichtung sind höhere Böen in tiefen Lagen eher unwahrscheinlich.
Bis zum Abend arbeitet sich das Starkwindfeld etwa bis zur Elbe vor. Nordöstlich
davon bleibt es relativ windschwach, so dass dort, abgesehen vielleicht von
einigen Küstenlagen an der Ostsee, noch keine warnrelevanten Böen auftreten. Ob
von der Windzunahme auch der Nordwesten erfasst wird oder ob diese Gebiete noch
im vergleichsweise gradientschwachen Bereich in Tiefnähe verbleiben, ist
ebenfalls noch nicht sicher. Am ehesten könnten warnrelevante Böen westlich der
Weser auftreten.
In der zweiten Tageshälfte greift die Kaltfront dieses Randtiefs rasch auf den
Norden Deutschlands über, beginnt aber über dem Mittelgebirgsraum und erst recht
nach Süden hin zusehends zu schleifen. Im Frontbereich ist die Schichtung leicht
labil, so dass vor allem in Nordseenähe einzelne kurze Gewitter nicht ganz
ausgeschlossen werden können. Durch das Schleifen der Front dauern über dem
Bergland die Niederschläge (die in der milden Atlantikluft durchweg als Regen
fallen) längere Zeit an. In den Staulagen der westlichen und südwestdeutschen
Mittelgebirge werden die 24-std. (bis Samstagfrüh) Warnschwellen für Dauerregen
sehr wahrscheinlich überschritten, in den Staulagen des Schwarzwaldes und ggf.
auch im Allgäu (wo eine Tauwetterwarnung überlegenswert wäre) können kleinräumig
unwetterartige Regenmengen nicht ausgeschlossen werden. Im Erzgebirge, wo
ebenfalls hinreichend viel Schnee liegt, gibt es Tauwetter, aber für eine
Tauwetterwarnung sind die dort zu erwartenden Niederschlagssummen zu gering.
Deutschlandweit erfolgt ein weiterer Temperaturanstieg auf 6 bis 12, in
Rheinnähe bis 14 Grad.
In der Nacht zum Samstag überquert das Tief den äußersten Norden von
Mecklenburg-Vorpommern und erreicht das Oderhaff, ohne sich dabei wesentlich
aufzufüllen. Die genaue Zugbahn dieses Tiefs ist noch leicht unsicher. Am Vortag
wurde eine etwas weiter südliche Verlagerung mit einem um ca. 5 hPa tieferen
Kerndruck erwartet. Somit gelangen dann auch die Gebiete nordöstlich der Elbe,
zumindest bis zur Uckermark, in das Starkwindfeld, wodurch dort ebenfalls mit
stürmischen Böen, abhängig von der Zugbahn des Tiefs rückseitig an der
Ostseeküste auch mit Sturmböen zu rechnen ist. Während in den Hochlagen der
nördlichen und östlichen Mittelgebirge weiterhin teils schwere und exponiert
auch Böen bis Orkanstärke auftreten können, deutet sich für den Westen und Süden
eine allmähliche und leichte Windabschwächung an. In freien Lagen sind aber
weiterhin stürmische Böen, im höheren Bergland Böen bis Sturmstärke und
exponiert auch schwere Sturmböen möglich.

Samstag... bildet sich das o.g. Tief zusehends in höheren Troposphärenschichten
ab, was die zunächst noch zyklonal geprägte Strömung auf Nordwest drehen lässt.
Von der Iberischen Halbinsel ausgehend wölbt sich ein breiter Rücken auf und
weitet sich, gestützt durch Warmluftadvektion, westlich der Britischen Inseln
nach Norden aus. Diese Entwicklung kommt einem Bodenhoch zugute, das sich mit
einem Keil in den Südwesten Deutschlands hereinschiebt. Da frontale Prozesse
vorerst nicht wirksam sind, sollten die Niederschläge allmählich nachlassen, so
dass hinsichtlich der Warnungen vor Dauerregen kein Verlängerungsbedarf mehr
besteht.
Das über Polen hinweg nach Osten abziehende Tief hält von der Ostsee bis zu den
östlichen Mittelgebirgen und den Alpen zunächst noch einen kräftigen Gradienten
aufrecht, wodurch sich eine leichte Windabnahme zunächst nur im Nordwesten und
Westen bemerkbar macht und sich sonst an der Windlage (mit stürmischen Böen bis
in tiefe Lagen, teils schweren Sturmböen im höheren Bergland und orkanartigen
Böen in exponierten Gipfellagen der östlichen Mittelgebirge und der Alpen) noch
nicht allzu viel ändert. In der zweiten Tageshälfte sollte aber auch dort der
Wind allmählich schwächer werden. In freien Lagen Ost- und Südostdeutschlands
reicht es dann wahrscheinlich noch für Windböen bis Bft 7, in den Kamm- und
Gipfellagen der östlichen Mittelgebirge für teils schwere Sturmböen. Ansonsten
sind warnrelevante Böen auf höhere Berglagen beschränkt. Die
Tageshöchsttemperaturen erreichen noch einmal 8 bis 14, im Küstenbereich und in
höheren Berglagen Werte um 6 Grad.
In der Nacht zum Sonntag wölbt sich der zu den Britischen Inseln verlagernde
Rücken noch etwas auf, was die Strömung über dem Vorhersagegebiet weiter auf
Nordwest drehen lässt. Das nach Osten abziehende Bodentief lässt den Gradienten
weiter auffächern. Warnrelevante Böen (exponiert stürmische Böen) sind dann auf
Mittelgebirgslagen beschränkt. Da aber von Westen her bereits wieder
Warmluftadvektion auf Deutschland übergreift, zieht rasch wieder mehrschichtige
Bewölkung auf. Im Zusammenspiel mit dem noch vorhandenen, wenn auch schwachen
Gradienten bleibt die Nebelneigung gering. Abgesehen von den Kamm- und
Gipfellagen der höheren Mittelgebirge bleibt es ansonsten durchweg frostfrei.

Modellvergleich und -einschätzung
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Die vorliegenden Modelle zeigen eine weitgehend ähnliche Entwicklung. Anhand der
synoptischen Basisfelder lassen sich keine prognoserelevanten Unterschiede
ableiten. So haben sich hinsichtlich der Zugbahn des Tiefs am Freitag in der
zweiten Tageshälfte und in der Nacht zum Samstag die Modelle weitgehend
angenähert, so dass sich Differenzen im Bereich von ca. 100 km ergeben, was
durchaus im Bereich der Prognoseunschärfe liegt. Unterschiede bestehen nach wie
vor in Bezug auf die Intensität dieses Tiefs. Hier simuliert ICON nach wie vor
die kräftigste Entwicklung mit einem Kerndruck, der ca. 5 hPa unter den
Vorhersagen der anderen Modelle liegt.
Hinsichtlich der Dauerregensituation ergeben sich keine signifikanten
Unterschiede zwischen den einzelnen Modellen, wobei die oben getroffenen
Aussagen auch von der Probabilistik gestützt werden und gegenüber weiter
zurückliegenden Modellläufen eine relativ hohe Konsistenz aufweisen. Ggf. wäre
noch zu überlegen, die Dauerregenwarnung auch im Bayerischen Wald bis hinauf an
die Unwetterschwelle "auszureizen".

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Thomas Schumann