DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

19-12-2018 08:01
SXEU31 DWAV 190800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 19.12.2018 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
WW (Winkel-Westlage).
Von Westen her Niederschlag, im Südosten und in den östlichen Mittelgebirgen ab
heute Abend örtlich Glatteis. Auch am Donnerstagvormittag in diesen Gebieten
noch Glatteisgefahr.
In der Nacht zum Freitag im Südwesten und Westen auffrischender Wind, zunächst
nur Sturmböen in höheren Berglagen. Im Laufe des Freitags bis etwa zur Elbe
ausgreifend Windzunahme, dann auch in tiefen Lagen stürmische Böen. Im Bergland
dann teils schwere Sturmböen, auf exponierten Gipfeln Böen bis Orkanstärke.
Außerdem vor allem im Südwesten und im Süden länger andauernder Regen, in den
westlichen und südwestdeutschen Mittelgebirgen in Staulagen wahrscheinlich
Dauerregen.

Synoptische Entwicklung bis Freitag 24 UTC
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Mittwoch... gelangt Deutschland an die Vorderseite eines breiten Troges, der auf
Westeuropa übergreift. Mit dem diesen Trog vorgelagerten okkludierten
Frontensystem, das geringe Niederschläge aus dem Westen und Nordwesten
Deutschlands bis nach Osten ausgreifen lässt, arbeitet sich mildere Luft
allmählich weiter ostwärts vor. Bedingt durch ein leichtes Schleifen zeichnet
sich nach Südwesten hin eine Verstärkung der Niederschläge ab.
Nach Osten hin, bevorzugt im östlichen Mittelgebirgsraum, aber auch in Teilen
von Niederbayern, kann die gefrierende Phase weiterhin nicht ganz ausgeschlossen
werden, so dass die Gefahr von örtlichem Glatteis auch tagsüber gegeben ist. Wie
weit die Niederschläge noch nach Osten vordringen bzw. wieviel hiervon noch im
Osten ankommt, ist noch nicht sicher. Auch nicht sicher ist, ob sich nach
Südosten hin aus der Nacht heraus leichter Dauerfrost hält. Zumindest im
Nordosten ist das nicht mehr der Fall.
Mit Annäherung der okkludierten Front hat an der Ostsee, aber auch durch den
Böhmischen Wind im Erzgebirgsraum und in der Lausitz, der Wind aufgefrischt, so
dass dort Windböen bis Bft 7 auftreten.
Gegenüber dem Vortag macht sich die Sonne dann wieder rar, ein paar Wolkenlücken
sind am ehesten ganz im Osten, an den Nordrändern der westlichen Mittelgebirge
und am Alpenrand vorstellbar. Die Tageshöchsttemperaturen erreichen 3 bis 8, im
östlichen Bergland und im Südosten Werte um 0 Grad. Lediglich im Rheinland sind
Maxima um 10 Grad möglich.
In der Nacht zum Donnerstag verlagert sich das gesamte Zirkulationsmuster ein
wenig nach Osten, wodurch Deutschland eher in den Trogbereich gelangt, aber noch
an der Vorderseite der Hauptachse des Troges und somit unter einer südwestlichen
Strömung verbleibt. Diese setzt sich dann auch in tieferen Troposphärenschichten
durch. Mit dem Übergreifen des Frontensystems auf den Osten und Südosten und den
damit einhergehenden Niederschlägen lebt im östlichen Mittelgebirgsraum und im
Südosten die Gefahr von Glatteis noch einmal auf. Örtlich eng begrenzt können
unwetterartige Auswirkungen nicht ausgeschlossen werden. Da aber der Bereich mit
positiven Temperaturen oberhalb der Grundschicht relativ flach ist und auch die
Verdunstungsabkühlung in Betracht gezogen werden muss, dürfte die feste Phase
überwiegen, so dass sich eine Unwetter-Vorabinformation nicht aufdrängt.
Oberhalb von 600 bis 800 Metern in den östlichen Mittelgebirgen und ab etwa 1000
Metern in den Alpen fällt ohnehin noch meist Schnee, wobei aber mehr als 10 cm
Neuschnee selbst in Staulagen eher unwahrscheinlich sind.

Donnerstag... greift die Hauptachse des Troges auf Deutschland über, wobei sich
im Süden eine raschere Verlagerung des Troges abzeichnet als im Norden. Nach
Abzug des Frontensystems nach Polen lassen die Niederschläge vorübergehend nach,
einzelne Schauer sind jedoch nicht auszuschließen. Nachfolgend stellt sich
stromaufwärts bis in den mittleren Nordatlantik hinein eine Zonalisierung ein.
Bis zum Abend setzt im Westen bereits wieder Warmluftadvektion ein, was dort
erneut Niederschläge aufkommen lässt, die dann skaligen Charakter aufweisen.
Mit dem Durchgreifen der west- südwestlichen Strömung nach Osten sollte sich
spätestens am Vormittag auch in den östlichen Mittelgebirgen und in Teilen von
Niederbayern die Glättesituation entspannen. Bedingt durch die Zunahme des
Gradienten im Westen und Südwesten sind dann zumindest im Bergland dieser
Gebiete wieder warnrelevante Böen, exponiert vielleicht auch stürmische Böen,
vorstellbar.
Ein paar Wolkenlücken sind in den Leegebieten der östlichen Mittelgebirge und
vor allem aber auch an den Alpen möglich. Sonst hält sich meist starke bis
geschlossene Bewölkung.
Die Tageshöchsttemperaturen erreichen 3 bis 8, am Oberrhein bis 10, in den
Hochlagen der östlichen Mittelgebirge Werte um 0 Grad.
In der Nacht zum Freitag setzt sich dann auch über dem Vorhersagegebiet eine
westliche Strömung durch. Mit dem Übergreifen eines Randtiefs auf die Britischen
Inseln, das aus einer Okklusionspunktzyklogenese hervorging, dreht die Strömung
bis Freitagfrüh auf Südwest. An der Vorderseite eines Frontensystems, das
Westfrankreich erreicht, verstärkt sich über Deutschland die Warmluftadvektion,
wodurch sich im Westen die Niederschläge intensivieren, ohne dass zunächst
Warnschwellen erreicht werden. Mit der erneuten Gradientverschärfung frischt der
Wind auf. In den westlichen und nördlichen Mittelgebirgen sind stürmische Böen,
exponiert (Brocken, Feldberg im Schw.) durchaus auch Böen bis Sturmstärke
möglich. Selbst in tieferen Lagen West- und Südwestdeutschlands können ausgangs
der Nacht Windböen bis Bft 7 auftreten.
Mit der Zonalisierung steigt dann auch in den östlichen Mittelgebirgen die
Schneefallgrenze auf mehr als 1000 m an. Ob es in windgeschützten Tallagen der
östlichen Mittelgebirge und der Alpen dann noch einmal örtliches Glatteis geben
kann, ist noch nicht sicher, wird aber zusehends weniger wahrscheinlich.
Abgesehen hiervon bleibt es durchweg frostfrei, so dass winterbedingte
Warnparameter vorerst kein Thema sind.

Freitag... wird das weiterhin entwicklungsgünstig in der Frontalzone liegende
Randtief über die südliche Nordsee hinweg in die Deutsche Bucht gesteuert.
Kräftige Warmluftadvektion in Kombination mit positiver (allerdings schwacher)
Vorticityadvektion bewirkt eine weitere leichte Intensivierung dieses Tiefs, was
den Gradienten über Deutschland weiter zunehmen lässt. Hierdurch kommen bis in
tiefe Lagen verbreitet stürmische Böen auf; in höheren Berglagen sind dann
schwere Sturmböen und auf exponierten Gipfeln Böen bis Orkanstärke zu erwarten.
Aufgrund der stabilen Schichtung sind höhere Böen in tiefen Lagen eher
unwahrscheinlich. Bis zum Abend arbeitet sich das Starkwindfeld etwa bis zur
Elbe vor. Nordöstlich davon bleibt es relativ windschwach, so dass dort,
abgesehen vielleicht von einigen Küstenlagen an der Ostsee, noch keine
warnrelevanten Böen auftreten. Ob von der Windzunahme ach der Nordwesten erfasst
wird oder ob diese Gebiete noch im vergleichsweise gradientschwachen Bereich in
Tiefnähe verbleiben, ist ebenfalls noch nicht sicher.
Im Tagesverlauf greift die Kaltfront dieses Randtiefs rasch auf den Norden
Deutschlands über, beginnt aber über dem Mittelgebirgsraum und erst recht nach
Süden hin zusehends zu schleifen. Hierdurch dauern über dem Bergland die
Niederschläge (die in der milden Atlantikluft durchweg als Regen allen) längere
Zeit an. In den Staulagen der westlichen und südwestdeutschen Mittelgebirge
werden die 24-std. (bis Samstagfrüh) Warnschwellen für Dauerregen sehr
wahrscheinlich überschritten, in den Staulagen des Schwarzwaldes und ggf. auch
im Allgäu (wo eine Tauwetterwarnung überlegenswert wäre) können kleinräumig
unwetterartige Niederschlagssummen nicht ausgeschlossen werden. Im Erzgebirge,
wo ebenfalls hinreichend viel Schnee liegt, gibt es Tauwetter, aber für eine
Tauwetterwarnung sind die dort zu erwartenden Niederschlagssummen zu gering.
Deutschlandweit erfolgt ein weiterer Temperaturanstieg auf 6 bis 12, in
Rheinnähe bis 14 Grad.
In der Nacht zum Samstag überquert das Tief den Norden von
Mecklenburg-Vorpommern und erreicht Nordwestpolen, ohne bereits Tendenzen einer
Auffüllung zu zeigen. Die genaue Zugbahn dieses Tiefs ist noch sehr unsicher.
Somit gelangen dann auch die Gebiete nordöstlich der Elbe in das Starkwindfeld,
wodurch dort ebenfalls mit stürmischen Böen, abhängig von der Zugbahn des Tiefs
an der Ostseeküste auch mit Sturmböen zu rechnen ist. Während in den Hochlagen
der nördlichen und östlichen Mittelgebirge weiterhin teils schwere und exponiert
auch Böen bis Orkanstärke auftreten können, deutet sich für den Westen und Süden
eine allmähliche und leichte Windabschwächung an. In freien Lagen sind aber
weiterhin stürmische Böen, im höheren Bergland Böen bis Sturmstärke und
exponiert auch schwere Sturmböen möglich.

Modellvergleich und -einschätzung
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Bis einschließlich Freitagmittag zeigen die verfügbaren Modelle eine weitgehend
ähnliche Entwicklung. Prognoserelevante Unterschiede lasen sich bis dahin nicht
ableiten.
Beim oben beschriebenen Randtief ergeben sich größere Modellunterschiede. Bis
Freitag, 00 UTC betragen die Differenzen bei der Position dieses Tiefs teils
mehr als 300 km und beim Kerndruck mehr als 10 hPa. Bemerkenswert ist, dass EZMW
eine vergleichsweise schwache Entwicklung dieses Tiefs erwartet und eine
Doppelstruktur dieses Tiefs simuliert. Demzufolge ist die Böenentwicklung im
Norden und Nordosten Deutschlands noch sehr unsicher.
Probabilistische Verfahren (sowohl ICON- als auch EZ-EPS) favorisieren eine
weiter nördlich liegende Verlagerung dieses Tiefs.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Thomas Schumann