DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

17-12-2018 11:30
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Montag, den 17.12.2018 um 10.30 UTC



Frontenfriedhof über Mitteleuropa. Zögernde Milderung; immer wieder
Niederschläge, aber wenn überhaupt, nur im Bergland teils als Schnee. Auf den
Gipfeln zeitweise stürmisch.
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Synoptische Entwicklung bis zum Montag, den 24.12.2018


Weder Fisch noch Fleisch, so könnte man den Wetterablauf im Mittelfristzeitraum
vor den Weihnachtsfeiertagen zusammenfassen. Und danach? Einwinterung bis in die
Niederungen? Mitnichten! Dazu aber später mehr.
Zu Beginn des Mittelfristzeitraumes, am Donnerstag, beschäftigt uns erst einmal
ein mit mehreren Drehzentren ausgestatteter Höhentrog über West- und
Nordwesteuropa, der aufgrund eines blockierend wirkenden, von Südosteuropa
nordwestwärts bis zum Baltikum reichenden Höhenrückens kaum nach Osten
vorankommt, sondern sich bis Freitag bei zunehmend negativ geneigter Trogachse
nach Mitteleuropa ausweitet.
Diese für eine winkelförmige Westlage typische Konstellation führt dazu, dass es
auch im Bodenfeld atlantische Frontensysteme schwer haben, gegen das
blockierende kräftige Hochdruckgebiet über Nordosteuropa weiter als nach
Mitteleuropa ostwärts voranzukommen.
Eines dieser Frontensysteme befindet sich am Donnerstag - bereits im
Auflösestadium - über dem Osten Deutschlands, ein weiteres greift in der Nacht
zum Freitag mit seinem Regengebiet auf den Westen des Landes über. Im
Einflussbereich zunehmend höhenkalter und somit labil geschichteter Luftmassen
(unter -30 Grad in 500 hPa, etwa -2 Grad in 850 hPa) gibt es somit schauerartige
Niederschläge, die nur kurz nachlassen, ehe sie in der Nacht zum Freitag von
Südwesten her erneut aufleben. Schnee fällt nur in den höchsten
Mittelgebirgslagen (oberhalb von etwa 1000 m, Freitagfrüh nach Osten zu
vorübergehend auch in mittleren Lagen). In den Gipfellagen einiger Mittelgebirge
und der Alpen kann es zeitweise stürmische Böen oder Sturmböen geben.
Am Freitag weitet sich der Langwellentrog Richtung Ost- und Südosteuropa aus,
dessen Achse überquert Deutschland rasch ostwärts, gefolgt von einem flachen
Höhenrücken, der sich in der Nacht zum Samstag über dem Vorhersagegebiet
befindet.
Dieser wird von WLA überlaufen, so dass nach Abzug des oben genannten
Frontensystems bereits in der Nacht zum Samstag die Warmfront eines bis
Samstagfrüh zur westlichen Nordsee von Südwesten her mit skaligen Niederschlägen
auf Deutschland übergreift. Sollte es nach Osten zu vorher noch länger
auflockern, kann es dort anfangs auch gefrierenden Regen oder auch etwas Schnee
geben. Im Warmsektor steigt die Temperatur in 850 hPa dann auf 1 bis 4 Grad.
Nach wie vor muss insbesondere in Gipfellagen mit stürmischen Böen und Sturmböen
gerechnet werden.
Am Wochenende wölbt sich - gestützt durch WLA vorderseitig eines Troges über dem
mittleren Nordatlantik - ein breit angelegter Höhenrücken über die Britischen
Inseln hinweg nordwärts auf und die Höhenströmung dreht auf Nordwest.
Das Bodentief über der westlichen Nordsee kommt aufgrund der Blockadewirkung des
sich wieder nach Skandinavien ausweitenden Hochs über Nordosteuropa nur langsam
ostsüdostwärts voran, zieht als Wellentief entlang des dort lagernden, kaum nach
Nordosten vorankommenden Frontenzuges (die weiter oben erwähnte Warmfront) über
Nordostdeutschland hinweg bis Sonntagabend nach Südwestpolen und füllt sich
dabei auf. Vor allem im Norden und Osten des Landes ist die Tiefdruckpassage mit
Niederschlägen verbunden, die zumindest nach Lesart des IFS ganz im Nordosten
unter Einbeziehung kalter Festlandsluft, die vom Tief angesaugt wird (T850 hPa
kurzzeitig unter -5 Grad), im äußersten Nordosten eventuell auch vorübergehend
in Schnee übergehen können.
Auch im Süden und Westen gibt es weitere Niederschläge, die bei Temperaturen in
850 hPa zwischen -1 und +3 Grad aber bis in höhere Lagen als Regen fallen. Nach
Abzug des Wellentiefs lassen die Niederschläge im Laufe des Sonntags mit
Annäherung eines flachen Zwischenhochkeils vorübergehend nach. Auch der Wind
spielt spätestens ab der Nacht zum Sonntag wohl warntechnisch keine Rolle mehr.
Nun folgt noch ein kurzer Ausblick auf das Weihnachtswetter, zunächst nach
Lesart des IFS: Am Montag, dem Heiligen Abend, schwenkt der Höhenrücken über
Mitteleuropa hinweg südostwärts, gefolgt von einem Trog, der in der Nacht zum
Dienstag von der Nordsee her auf Norddeutschland übergreift.
Im Bodenfeld greift bereits in der Nacht zum Montag die Warmfront eines sich
über der Nordsee verstärkenden Tiefs mit verbreiteten Regenfällen auf das
Vorhersagegebiet über. Tagsüber zieht das Tief über dem Norden und Nordosten des
Landes hinweg nach Südpolen und wir verbleiben im Warmsektor im Zustrom sehr
milder Meeresluft (T850 hPa 1 bis 5 Grad), lediglich im Nordosten - an der
Nordflanke des Tiefs - kann es eventuell kurzzeitig bis "nach unten" schneien.
Die Kaltfront des Tiefs überquert in der Nacht zum Dienstag den Norden und die
Mitte Deutschlands, ihr folgt ein Schwall maritimer Polarluft (-3 bis -7 Grad in
850 hPa), die am Dienstag weite Teile des Landes flutet. Unter zunehmendem
Hochdruckeinfluss lassen die Niederschläge dann aber rasch nach, so dass es wohl
nur in den Mittelgebirgen und am Alpenrand für etwas Neuschnee reicht.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Dem aktuellen IFS-Lauf kann zunächst eine recht hohe Konsistenz zu seinen
Vorgängern bescheinigt werden. Bis Freitag unterscheidet sich auch im Bodenfeld
die Lage der Frontensysteme kaum. Alle drei Läufe ließen in der Nacht zum
Samstag die Warmfront auf das Vorhersagegebiet übergreifen und etwa bis in die
Region zwischen Elbe und Weser vorankommen. Danach werden die Differenzen mit
leicht unterschiedlichen Simulationen der flachen Wellentiefs, die entlang des
Frontenzuges ostsüdostwärts ziehen, allerdings größer. Nach Lesart des aktuellen
Laufes gelangt am Sonntag mit bzw. nach Passage des letzten Wellentiefs
vorübergehend ein Schwall kalter Festlandsluft in den äußersten Nordosten des
Landes und es setzt sich vorübergehend schwacher Hochdruckeinfluss durch,
während der gestrige 12 UTC-Lauf die nächste Warmfront deutlich progressiver
simulierte als der aktuelle. Der gestrige 00 UTC-Lauf hatte zwischen Wellentief
und Warmfront sogar noch ein weiteres, sich auf dem Weg nach Osten
abschwächendes okkludiertes Frontensystem auf der Karte, so dass die Warmfront
erst Montagfrüh ins Wettergeschehen eingreifen konnte.
Daraus ergeben sich letztendlich auch recht unterschiedliche Lösungen für den
Heiligen Abend: Der gestrige 00 UTC-Lauf ließ die Warmfront des nach Schottland
ziehenden Bodentiefs im Laufe des Montags allmählich über das Vorhersagegebiet
hinweg ostwärts ziehen. Nach Lesart des gestrigen 12 UTC-Laufes war die
Warmfrontpassage bereits in der Früh abgeschlossen, gefolgt von der Kaltfront,
die sich dann abends schleifend über der Mitte des Landes befindet. Das vom
aktuellen Lauf am Montag und in der Nacht zum Dienstag von der Nordsee auf
Nordostdeutschland übergreifende Tiefdruckgebiet hatte keiner der gestrigen
Läufe auf der Karte.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Zu Beginn der Mittelfrist, am Donnerstag, sind kaum Modellunterschiede
auszumachen. Für den Freitag und Samstag bieten dann GEM und GFS alternative
Lösungen an: Beide Modelle simulieren über den Britischen Inseln eine deutlich
stärkere und progressivere Zyklogenese über den Britischen Inseln als IFS und
ICON. Während sowohl IFS als auch ICON das Tief bis Samstagmittag als Wellentief
entlang des über Nordostdeutschland angelangten Frontenzuges zur mittleren
Nordsee (IFS) bzw. Deutschen Bucht (ICON) ziehen lassen, soll es sich nach GFS
dann mit einem um fast 10 hPa niedrigeren Kerndruck bereits über der
südwestlichen Ostsee bzw. nach GEM über Ostvorpommern befinden. Die vom IFS
angedeutete kurzzeitige Schneeoption für den Nordosten in der Nacht zum Sonntag
würde nach Lesart der anderen Modelle komplett entfallen. ICON simuliert zudem
eine sehr wetteraktive Warmfront mit durchaus warnrelevanten Regenmengen im
Südosten Deutschlands.
Am Sonntag und/oder in der Nacht zum Montag greift dann nach kurzem
Zwischenhocheinfluss von Südwesten her erneut eine Warmfront auf das
Vorhersagegebiet über. Diese wird vom GFS im Zuge einer kräftigeren
Tiefdruckentwicklung nördlich der Britischen Inseln erneut progressiver
simuliert als nach IFS. Diese Variante ähnelt sehr der Version des gestrigen 12
UTC IFS-Laufes, wonach sich der gesamte Vorhersagebereich in der Nacht zum
Montag bereits im Warmsektor befinden würde.
ICON und vor allem GEM setzen die Tiefdruckentwicklung wesentlich weiter
südwestlich, nämlich im Seegebiet zwischen Island und Azoren, an, nach der
Variante greift die Warmfront erst Montagfrüh auf den Südwesten über und kommt
kaum nach Nordosten voran (ICON) bzw. verwellt über Süddeutschland, begleitet
von teils anhaltenden Niederschlägen (GEM). In den Niederungen fällt wohl
überwiegend Regen mit Potenzial für Dauerregen, im Bergland zunehmend Schnee.
GFS ähnelt dagegen weiterhin der IFS-Variante vom gestrigen 12 UTC-Lauf mit
einem über die nördliche Nordsee nach Skandinavien ziehenden Tiefdruckgebiet und
einer von Nordwest nach Südost über das Vorhersagegebiet hinwegziehenden
Kaltfront am Montag bzw. der Nacht zum Dienstag, der ein Schwall maritimer
Polarluft folgt.

FAZIT: Die Wahrscheinlichkeit für weiße Weihnachten in den Niederungen ist wohl
nur sehr gering, die kurzzeitige Schneefalloption in der Nacht zum 25.12. im
äußersten Nordosten hat nur das IFS auf der Karte. Im Bergland, also in Lagen
oberhalb von etwa 600 bis 800 m, könnte es aber zumindest zum Dienstag hin im
Zustrom maritimer Polarluftmassen (die am Dienstag dann alle Modelle mit
Temperaturen in 850 hPa um -5 Grad auf der Karte haben) zumindest für etwas
Neuschnee reichen, am meisten noch am Alpenrand, ehe sich aber recht rasch
(Zwischen)hocheinfluss durchsetzt.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Die Clusteranalyse des ECMWF wurde mit dem heutigen 00 UTC-Lauf leider nicht
aktualisiert.
Die Kurvenschar der 850 hPa-Temperatur in der Rauchfahne für Offenbach verläuft
bis einschließlich Samstag meist in einem engen Spread zwischen etwa 0 und -4
Grad, mit Ausnahme des Freitags bzw. der Nacht zum Samstag, für die wohl einige
Member - ähnlich die das GFS - eine intensivere und progressivere
Tiefdruckentwicklung als der Hauptlauf auf der Karte haben, wobei vor allem der
Süden und die Mitte des Vorhersagegebietes vorübergehend in dessen Warmsektor
mit Temperaturen von deutlich über 0 Grad in 850 hPa gelangen. Quasi alle Member
haben am Freitag und Samstag Niederschläge teils mäßiger Intensität auf der
Karte.
Am Sonntag beginnt der Spread dann größer zu werden bei steigender Tendenz der
850 hPa-Temperatur. Das Gros der Member der 850 hPa-Temperatur bewegt sich am
Montag über 0 Grad mit wenigen Ausreißern nach unten. Den Kaltluftdurchgang mit
der Advektion maritimer Polarluft in der Nacht zum oder am Dienstag zeigen dann
ebenfalls die meisten Member, allerdings gibt es auch wenige Ausreißer nach
oben. Mit Kaltfrontpassage geht die Neigung zu Niederschlägen allerdings wieder
deutlich zurück.

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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


EFI zeigt keine Signale für außergewöhnliche Wetterereignisse im
Mittelfristzeitraum.
Vor allem im Zeitraum Donnerstag bis Samstag weht noch lebhafter Wind, der von
Südost allmählich auf Süd bis Südwest dreht. In den Kamm- und Gipfellagen gibt
es vor allem in der Nacht zum Samstag verbreitet stürmische Böen, exponiert auch
Sturmböen, im Alpenvorland zeigt ECMWF-EPS geringe Wahrscheinlichkeiten für Bft
8, ansonsten sind in den Niederungen wohl kaum bis keine markanten Böen zu
erwarten.
Mit dem Übergreifen einer Warmfront am Freitag bzw. in der Nacht zum Samstag
kann es in den südlichen Mittelgebirgen in Staulagen Dauerregen geben. Die
höchsten Wahrscheinlichkeiten dafür haben die probabilistischen Verfahren im
Schwarzwald auf der Karte (COSMO-LEPS und ICON-EU-EPS höhere als ECMWF-EPS),
aber auch für den Bayerischen Wald und für weststauanfällige Regionen am
Alpenrand (v.a. Oberallgäu) werden leicht erhöhte Wahrscheinlichkeiten gezeigt.

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Basis für Mittelfristvorhersage
MOS-MIX, ECMWF-EPS
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Jens Winninghoff