DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

15-12-2018 17:30
SXEU31 DWAV 151800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 15.12.2018 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Von Westen etwas Schnee, Übergang in teilweise gefrierenden Regen.

Synoptische Entwicklung bis Dienstag 12 UTC
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Aktuell ... beginnt die tagelange Blockingsituation über Deutschland allmählich
zu bröckeln. So hat das dafür verantwortliche Hoch seinen Schwerpunkt von
Skandinavien inzwischen nach Nordwestrussland verlagert. Von Westen nähert sich
unterdessen eine Warmfront an, die aktuell kurz vor den Toren Paris' steht und
bemerkenswerte 0 Grad auf der Vorderseite samt Schnee/gefrierenden Regens von 13
Grad über der Bretagne trennt. Mithilfe des "Push's" eines beachtlichen
Sturmtiefs über Irland (verbreitet Sturmböen, teils schwere Sturmböen über UK)
wird sie in den kommenden Stunden zögernd ostwärts vorankommen und ab
Mitternacht auf den äußersten Westen des Landes übergreifen. Zu sagen, sie
kämpft dabei gegen den massiven Kaltluftkörper über Deutschland an, wäre
sicherlich maßlos übertrieben. Immerhin lagert mit -10 Grad in 850 hPa und einer
kalten Grundschicht mit vielfach leichtem Dauerfrost aber doch eine mäßig kalte
Festlandsluft über Deutschland. Die Abtrocknung der Luftmasse fand dabei bisher
noch nicht im ursprünglich geplanten Ausmaß statt. Verbreitet ist immer noch
eine dichte, mehrere 100m mächtige Sc-Decke anzutreffen (Basis 600-1000m, Tops
1400m). Über Ostdeutschland ist aufgrund der Nähe zu einem Höhentief über
Tschechien und Ostpolen teilweise immer noch etwas tiefer Stratus darunter, aus
dem es leicht rausgerieselt mit entsprechender lokaler Glätte. Signifikante
Mengen kommen dabei aber nicht zustande.

Mit Annäherung der Front und zunehmend präfrontalem Absinken im Vorfeld bei
gleichzeitiger Windzunahme (zunehmend 20 kt in 925 hPa aus Südost, im Westen
30-40kt) sind auch entlang des Rheins noch ein paar Auflockerungen zu erwarten,
wenngleich wohl längst nicht in dem Ausmaß wie sie uns die Modellwelt weißmachen
wollte (von Schleswig-Holstein bis zum Bodensee verbreitet klar!). Selbst das
sonst so aggressive Euro4 hatte bis dato deutlich größere Lücken auf dem Schirm
- liegt aber der Realität immer noch am nahsten. Zusammengefasst unterschätzen
die Modelle also aktuell die kompakte tiefe Bewölkung und überschätzen die
Regenphase im Frontbereich über Frankreich (bereits mehrfach Schnee). Daraus
ergibt sich erst einmal ein entspannter Blick nach Westen, droht doch weder ein
Schneechaos noch eine unwetterartige Glatteislage. Nachtfrost für die derzeit
leicht im Plus befindlichen Bereiche (z.B. Rhein-Main Gebiet, Rheinland) ist
also längst noch nicht gesichert. Kommt dann in den Frühstunden leichter
Schneefall auf, ist Glätte in genannten Ballungsgebieten wegen der
unzureichenden Auskühlung nur örtlich zu erwarten. Schaut man sich die aktuellen
Radiosondenaufstiege an, besteht an der Schneephase bei Temperaturen im deutlich
negativen Bereich (Inversionsnase 820 hPa Brüssel -1 Grad, Düsseldorf -3 Grad)
eigentlich kein Zweifel mehr. Die Mengen sind mit 1-3 cm, im Südstau der
westlichen und südwestlichen Mittelgebirge um 5 cm aber gering (gelbe Warnung).


A propos zunehmender Höhenwind, der sorgt im Lee von Eifel und Bergischem Land
für einzelne Windböen. Auf den Nordseeinseln, an der Eckernförder Bucht sowie in
exponierten Gipfellagen treten Sturmböen 8-9 Bft auf.

Sonntag ... liegt die inzwischen als Okklusion geführte Front (Warmluft in der
Höhe bis auf den äußersten Südwesten mit T>0 Grad in 850 hPa aufgebraucht) am
Morgen auf einer Linie Ostfriesland-Hessen-Allgäu und bringt leichte, in
Staulagen der Mittelgebirge kurzzeitig auch mäßigen Schneefall. Auf dem weiteren
Weg nach Osten löst sich die Front allmählich auf, die Niederschläge erreichen
mit Müh und Not wohl gerade noch die Elbe. Die Gründe hierfür sind mannigfaltig.
Neben fehlender Unterstützung aus der Höhe (folgender flacher Keil von Westen)
ist über Polen noch ein kleines Höhentief wetterwirksam. Kompensatorisches
Absinken über Ostdeutschland lässt damit kaum ein Vorankommen zu. Zudem fehlt
der Schub aus Westen, da das Bodentief längst im Raum Island angelangt ist.
Damit erklärt sich auch der rasch nachlassende Gradient über Deutschland,
weshalb Wind- respektive Sturmwarnungen zum Nachmittag schon kein Thema mehr
sind. Etwas kritisch ist nun noch der postfrontale Bereich. Die Winddrehung von
Südost auf Südwest ist aufgrund des nachlassenden Gradienten bei weitem nicht
überall gewährleistet, womit sich insbesondere in Mittelgebirgstälern rasch
wieder ein kaltes Mikroklima mit anhaltendem Südostwind und Temperaturen nahe 0
Grad einstellen kann bzw. beibehalten wird (prädestiniert Ostwestfalen, Hessen,
Rheinland-Pfalz). Durch die Abtrocknung in mittleren Troposphärenschichten fällt
der punktuelle leichte Niederschlag nicht mehr aus einer hochreichend
gesättigten Schicht, sondern aus tiefem St/Sc und kann dann örtlich gefrierend
sein. Aufgrund der Vorgeschichte mit leichtem Schneefall, keiner tiefgefrorenen
Böden sowie nur geringen Niederschlagssummen ist eine Unwetterlage aber sehr
unwahrscheinlich und nur vorübergehend und kleinräumig lokales Glatteis zu
erwarten. Die Schneefallmengen erreichen kaum noch 1-2 cm, wahrscheinlich kommt
man überwiegend mit Glättewarnungen im Tagesverlauf durch, da aufgrund der
Globalstrahlung und geringen Niederschlagsintensität auf Straßen und Wegen kaum
was liegen bleiben wird.
Östlich von Weser, Fulda und Inn bleibt es bei leichtem Dauerfrost. Nur im
Westen und Südwesten setzt sich zögernd die mildere Luft mit Höchstwerten um 5
Grad entlang des Rheins durch. Auf der "warmen" Seite ist gebietsweise
Tauwetter-/Mischungsnebel auch tagsüber schon sehr wahrscheinlich, echt
"siffig".

In der Nacht zum Montag bleibt vom Prinzip her eine durch den Frontenfriedhof
über Deutschland vorgefertigte Trogkonfiguration erhalten. Bei nur geringen
Temperatur- und Geopotentialgegensätzen ist in das Gesamtgebilde aber immer noch
ein flacher Rücken eingelagert. Wie auch immer, synoptisch-skalige Antriebe sind
nicht auszumachen. Was bleibt ist eine "proppevoll" gesättigte Grenzschicht mit
örtlichem Sprühregen und/oder Schneegriesel, eine schwache südliche
Grundströmung mit Temperaturen um den Gefrierpunkt (im Osten eher leicht
darunter, im Westen darüber). Summa summarum ein unfassbar herausfordernder Mix
für jeden Warnmeteorologen, da man selbst mit den besten
Remote-Sensing-Verfahren und Beobachtungen keine hinreichenden Kenntnisse über
die Gegebenheiten bezüglich Glätte vor Ort hat. Somit wird man um eine offensiv
geführte Warnstrategie (länger-lebige Ockerwarnungen), sobald sich die
Niederschlagsraten und negativen Belagstemperaturen mehren, nicht umhin kommen.


Montag ... schnürt sich der Haupttrog über Italien ab. Das Residuum schwenkt
unter Abschwächung nach Deutschland, kommt aber bereits über der Mitte zum
Erliegen. Vorderseitig ist leichte PVA wirksam, die am Boden einen kommaförmigen
Okklusionsast stützt. Dieser macht wohl erneut vor der "Wetterscheide" Elbe
halt, womit dort das mäßig kalte Wetter mit tiefer Bewölkung, schwachem
Südostwind und Temperaturen um den Gefrierpunkt seine Fortsetzung findet. Im
Westen sind die leichten Regenfälle, die mit der Okklusion in Verbindung stehen,
auch kein großer Akt bei weiterer Milderung auf 4 bis 8 Grad. Im
Übergangsbereich ist abermals eine (örtliche) Glatteissituation nicht
auszuschließen. Die 850 hpa Temperaturen sind dabei zwar noch leicht negativ,
schaut man sich die prognostizierten Temps an, sind die Schmelzflächen
inzwischen doch wohl verbreitet zu groß für die feste Phase am Boden.

In der Nacht zu Dienstag wölbt sich mit einsetzender WLA über Westeuropa ein
Rücken über Deutschland auf, der das Trogresiduum auf seiner Vorderseite nach
Tschechien steuert. Damit lässt die Wetteraktivität der Okklusionsreste immer
mehr nach. Die leichten Niederschläge, die zwischen Alpenrand, Oberpfalz und
Erzgebirge bis nach Vorpommern hier und da noch fallen, können aber weiterhin
gefrierender Natur sein. Grundvoraussetzung hierfür bleibt, dass bei dem laschen
Gradienten immer noch keine nachhaltige Winddrehung am Boden auf Südwest
einsetzt und "entkoppelte" Tal- und Muldenlagen fortwährenden Südostwind und
leichten Frost haben werden.

Dienstag ... schwenkt die Achse des sich weiter aufsteilenden Höhenrückens nach
Deutschland und sorgt für großräumiges Absinken. Bereiche mit
synoptisch-skaligem Hebungsantrieb bleiben noch westlich des
Vorhersagebereiches. Am Boden befinden wir uns zwischen dem osteuropäischen Hoch
und einem Zentraltief südlich von Island im "Niemandsland" in einer südlichen,
ageostrophisch bedingt in 10 Metern aber weiterhin eher südöstlichen
Grundströmung. Diese nimmt bedingt durch den Druckfall über Westeuropa auch
wieder etwas an Fahrt auf. Auf dem Brocken (Bft 8) und auf Helgoland (Bft 7)
geht es womöglich sogar knapp in den warntechnisch relevanten Bereich hinein.
Insgesamt steigen durch die beschriebenen Prozesse die Chancen auf Sonnenschein
vor allem im Süden und im Lee (Nordwestseite) der Mittelgebirge deutlich an.
Durchmischung und Aufhellungen treiben die Temperaturen dann auch im Osten und
Südosten zunehmend aus dem Dauerfrostbereich, im Aachener Raum wird gar schon
die 10 Grad-Marke ins Visier genommen.


Modellvergleich und -einschätzung
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Modellunterschiede im Nowcastbereich wurden bereits im Text ausführlich
diskutiert. Im Gegensatz zu den Modellen ergibt sich aus den aktuellen
Beobachtungen sowohl eine Frostabschwächung (zu viel tiefe Bewölkung) für die
Nacht als auch eine weitgehend feste Niederschlagsphase (Überbetonung flüssige
Phase in Modellen).


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Robert Hausen