DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

13-12-2018 17:01
SXEU31 DWAV 131800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 13.12.2018 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Nachts bei Aufklaren über Schnee strenger Frost, in Schleswig-Holstein lokal eng
begrenzt markante Schneefälle nicht ausgeschlossen. In der Nacht zum und am
Sonntag von Westen her leichter Schneefall, teils auch gefrierender Regen.

Synoptische Entwicklung bis Sonntag 12 UTC
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Aktuell ... ist die Geopotenzialverteilung über Europa geprägt von einem
meridionalen Muster, wodurch sich eine ausgeprägte Blockadesituation ergibt.
Einem umfangreichen Höhenhoch mit Schwerpunkt über dem mittleren Skandinavien
steht ein mit mehreren Drehzentren ausgestatteter Höhentiefkomplex über Mittel-
und Osteuropa gegenüber. Ein Höhentrog über dem nahen Ostatlantik hat aufgrund
des Blockings keine Chance, sich dem europäischen Festland anzunähern und ist
über der Iberischen Halbinsel ausgetropft, das daraus resultierende Cut-Off-Tief
zieht bis Freitagfrüh über die Balearen südostwärts Richtung algerischer
Nordküste und dürfte im westlichen Mittelmeerraum für einiges an Ungemach
sorgen.
Hierzulande bleiben wir von derartigen Wetterunbilden weiterhin verschont und es
geht zwar deutlich ruhiger zur Sache, tatenlos kann der Meteorologe bzw. Berater
vom Dienst dem Wettergeschehen dennoch nicht zusehen. Um das zu erkennen, genügt
ein Blick auf das 500 hPa-Geopotenzial: Zwei kleinräumige Höhentiefs statten dem
Vorhersagegebiet in der kommenden Nacht einen Besuch ab; eines verlagert sich
von der Pommerschen Bucht bis Freitagfrüh über Norddeutschland hinweg zum
Emsland, ein weiteres befindet sich über Süddeutschland und kommt ein wenig nach
Osten voran. Die eingeflossene kalte Festlandsluft zeichnet sich durch einen
nicht allzu hohen Feuchtegehalt aus und auch der dynamisch induzierten
Hebungsantrieb fällt nur schwach aus, so dass auch in der Peripherie beider
Tiefs trotz vor allem im Norden relativ labil geschichteter unterer Troposphäre
(bis etwa 700 hPa) nur geringe Niederschläge zu erwarten sind. Lediglich entlang
der vorpommerschen Ostseeküste und vor allem in Teilen Schleswig-Holsteins macht
sich der Lake Effekt, also die erhöhte Feuchteanreicherung sowie Labilität der
Luftmasse über dem relativ warmen Ostseewasser in Form kleinräumiger
schauerartig verstärkter Niederschläge bemerkbar. Am Rande des unverändert
kräftigen fennoskandischen Bodenhochs kann sich die Zufuhr kalter Luftmassen vor
allem über Norddeutschland noch etwas verstärken, die Temperatur in 850 hPa
sinkt dort auf etwa -9 Grad, so dass die Niederschläge überwiegend als Schnee
fallen sollten. Vor allem die höher aufgelösten Modelle simulieren im Bereich
von Schauerstraßen in Teilen Schleswig-Holsteins kleinräumig gebietsweise mehr
als 5 mm in 6 bis 12 Stunden (EURO4 von 06 UTC sogar bis 15 mm), was auch ein
markantes Schneefallereignis nach sich ziehen würde. Die probabilistischen
Verfahren geben allerdings so gut wie keine Hinweise auf mehr als 5 mm in 6
Stunden. Dennoch sollte diese Möglichkeit im Hinterkopf behalten werden.
Ansonsten fällt nur hier und da etwas Schnee oder Schneegriesel, am ehesten im
Osten und Süden, vor allem in Brandenburg und Sachsen-Anhalt simulieren einige
Modelle bis zu 2 mm in 12 Stunden (meist am Ostharz, COSMO-D2 von 12 UTC
allerdings auch im nördlichen Brandenburg). Im Westen bleibt es dagegen im
Großen und Ganzen trocken.
Der mäßig ausgeprägte Druckgradient an der Südflanke des Hochs sorgt in freien
Kamm- und Gipfellagen der Mittelgebirge für steife Böen aus Ost, auf exponierten
Gipfeln sind auch einzelne stürmische Böen (Bft 8) nicht ausgeschlossen.
Insgesamt verläuft die Nacht überwiegend stark bewölkt, lediglich im Lee einiger
Mittelgebirge und ganz im Westen, vor allem aber an den Alpen bleibt es
teilweise gering bewölkt. Verbreitet gibt es leichten, nach Süden zu auch
mäßigen Frost, in schneebedeckten Alpen- und Erzgebirgstälern kann es bei
Aufklaren auch strengen Frost geben.

Freitag ... ändert sich an der großräumigen Potenzialverteilung über dem
Vorhersagegebiet so gut wie gar nichts. Das Höhentief über dem Nordwesten des
Landes ist abends nur noch als eine Benelux über die Nordsee bis zum Skagerrak
reichende Potenzialrinne auszumachen, während das über Süddeutschland sich nach
Nordösterreich verabschiedet.
Das Bodenhoch über Skandinavien und Nordwestrussland verlagert seinen
Schwerpunkt etwas nach Süden, so dass auch im Vorhersagegebiet der Druck steigt.
Am Gradienten ändert sich dabei nur wenig, so dass einzelne stürmische Böen aus
Ost lediglich auf exponierte Mittelgebirgsgipfel beschränkt bleiben, soweit sie
überhaupt auftreten. In einigen Ost-West ausgerichteten Tälern, vor allem im
ostbayerischen Mittelgebirgsraum kann es dazu Böen Bft 6 bis 7 geben.
Dem kleinräumigen Höhentief bzw. der Potenzialrinne über dem Nordwesten des
Landes folgt ein flacher Rücken, zudem dreht die Bodenströmung ein wenig mehr
auf Ost bis Südost, so dass sich die Lake Effekt- Schauer in Schleswig-Holstein
allmählich abschwächen und nach Norden abgedrängt werden. Auch sonst sind trotz
meist dichter Bewölkung (lediglich an den Alpen sowie ganz im Westen und im Lee
einiger Mittelgebirge kann sich zeitweise die Sonne durchsetzen) keine
nennenswerten Schneefälle zu erwarten, am ehesten kann es im Osten und Süden
gebietsweise etwas Schneegriesel geben, am meisten wohl im Ostharz (aber auch
dort wohl weniger als 2 mm in 12 Stunden).
Die Advektion kalter Festlandsluft von Osten her verstärkt sich noch ein wenig,
die Temperatur in 850 hPa bewegt sich zwischen -10 und -8 Grad, im äußersten
Süden/Südwesten etwas darüber. Entsprechend gibt es im Süden und im Bergland
vielerorts leichten Dauerfrost und auch sonst sind maximal 0 bis 3 Grad zu
erwarten.

In der Nacht zum Samstag verlagert sich die Potenzialrinne - wieder zunehmend in
ein kleinräumiges Höhentief übergehend - etwas nach Nordwesten, nach
Südwestnorwegen, während sich Höhentief über Nordösterreich ein wenig nach Osten
vorankommt. Dazwischen dominiert kompensatorisches Absinken, so dass sich eine
markante Absinkinversion etabliert, die sich im Westen in etwa 900 hPa befindet,
im Südosten dagegen knapp oberhalb von 800 hPa. Hier und da fällt daraus etwas
Schneegriesel oder gar gefrierender Nieselregen, am ehesten im Südosten, die
Mengen bleiben aber gering.
Im Bodenfeld steigt der Druck über dem Vorhersagegebiet noch ein wenig an, wobei
die Bodenströmung mit Annäherung eines Wellentiefs an die Britischen Inseln dort
allmählich auf Süd, bei uns dagegen von Ost mehr auf Südost dreht. Vor allem
ganz im Westen/Nordwesten ist sie mit einem etwas schärferen Gradienten
ausgestattet, der zwar noch keine warnrelevanten Böen verursachen kann, dennoch
dazu führt, dass die ansonsten recht verbreitet auftretende Wolkendecke dort
größere Lücken bekommt. Selbiges gilt auch für die Alpentäler. Dort kann es über
Schnee bei klarem Himmel erneut strengen Frost geben, ansonsten muss verbreitet
mit leichtem bis mäßigem Frost gerechnet werden, lediglich an den Küsten bleibt
es gebietsweise frostfrei.

Samstag ... bleibt das Höhentief über dem Grenzbereich
Niederösterreich/Tschechien nahezu quasistationär und kann sich sogar ein wenig
verstärken. Weiter westlich wölbt sich ein Höhenrücken über den Ärmelkanal und
die westliche Nordsee hinweg nach Norden auf, gestützt durch WLA vorderseitig
eines umfangreichen Langwellentrog mit Drehzentrum südwestlich von Island. Die
WLA kann sich auch im Westen des Vorhersagegebietes im Tagesverlauf bis in die
untere Troposphäre durchsetzen, die Temperatur in 850 hPa steigt dort am Abend
auf etwa 0 Grad. Auch nach Osten zu sinkt die markante Invasion etwas ab (auf
etwa 820 hPa), in 850 hPa herrschen dort bis zum Abend aber noch Temperaturen
zwischen -10 und -6 Grad.
Das Bodenhoch wird über Norwegen etwas abgebaut, kann sich dagegen über
Nordwestrussland noch etwas verstärken, gleichzeitig erreicht das oben
angesprochene Wellentief am Abend die Irische See, so dass die Strömung vor
allem über dem Westen des Vorhersagegebietes bei gleichzeitiger
Gradientverschärfung auf Südost dreht. Zum Abend hin gibt es über der Nordsee
erste steife bis stürmische Böen (Bft 7 bis 8) und auch in den Kammlagen der
westlichen bzw. zentralen Mittelgebirge kann es warnrelevante Böen geben.
Vor allem im Westen und Südwesten sowie an den Alpen kann sich mit der
Windzunahme verbreiteter die Sonne durchsetzen, wobei sich die WLA zum Abend hin
mit dem Aufzug mittelhoher Bewölkung bemerkbar macht. In der Osthälfte sowie in
den Niederungen Süddeutschlands hält sich dagegen vielerorts dichte tiefe
Bewölkung, aus der es stellenweise etwas Schneegriesel oder Nieselregen geben
kann.
Bodennah dauert die Advektion kalter Festlandsluft an, so dass es vielerorts,
vor allem aber in der Osthälfte und im Süden leichten Dauerfrost gibt. Auf
leicht positive Werte (0 bis 3 Grad) steigt die Temperatur dagegen an den Küsten
sowie mit Sonnenschein im Westen.

In der Nacht zum Sonntag kommt der Höhenrücken bis ins Vorhersagegebiet voran,
während auf der Vorderseite des umfangreichen nordatlantischen Langwellentroges
ein kräftiger kurzwelliger Randtrog auf die Britischen Inseln übergreift. Dabei
werden aufgrund von WLA - unterstützt von PVA - markante Hebungsprozesse
ausgelöst, die morgens auch den Westen des Vorhersagegebiets betreffen.
Das korrespondierende Sturmtief im Bodenfeld zieht von der Irischen See über
Schottland zur nordwestlichen Nordsee, die Warmfront erreicht morgens den
äußersten Westen des Landes. Vorderseitig setzen im Laufe der zweiten
Nachthälfte etwa vom Emsland bis zum Bodensee Niederschläge ein, die zunächst
meist als Schnee fallen, teilweise aber auch in gefrierenden Regen übergehen
können. Die Mengen fallen mit 1 bis 5 mm in sechs Stunden, im Bereich der Eifel
auch bis 10 mm zwar nicht allzu üppig aus, könnten aber vor allem im Bergland
westlich des Rheins für eine markante Schneefallwarnung ausreichen. Gefährlicher
wäre natürlich die flüssige Phase, die auch Unwetterwarnungen nach sich ziehen
würde, allerdings tendieren die aktuellen Modelläufer eher Richtung fester
Phase. Für eine genauere Beurteilung müssen wohl noch einige Modellläufe ins
Land ziehen.
Von Warnrelevanz ist auch zunehmend der Wind. Der frischt mit Annäherung des
Frontensystems deutlich auf, im Nordseeumfeld, eventuell auch im Bereich der
Ostseeküste Schleswig-Holsteins gibt es stürmische Böen, vereinzelt Sturmböen,
auf Helgoland eventuell schwere Sturmböen aus Südost. Dasselbe gilt für die
Kamm- und Gipfellagen der westlichen und zentralen Mittelgebirge, was
Schneeverwehungen nach sich ziehen könnte, während es im Binnenland bzw. in den
Niederungen aufgrund der stabilen Schichtung lediglich ganz im Westen und
vielleicht in Schleswig-Holstein für einzelne steife Böen reichen sollte.
Leichten Frost gibt es verbreitet, im Osten und Süden auch mäßigen, in einigen
Erzgebirgs- und Alpentälern bei Aufklaren über Schnee strengen Frost.

Sonntag ... wird der nur noch flache Höhenrücken nach Osten abgedrängt und der
sich aufgrund des blockierend wirkenden, inzwischen über Russland angelangten
deutlich abschwächende Kurzwellentrog greift auf die Nordsee, mit seinem Südende
am Nachmittag auch auf das Vorhersagegebiet über. Die anfangs noch recht
markanten Hebungsprozesse schwächen sich dabei allerdings deutlich ab.
Das korrespondierende Bodentief über der westlichen Ostsee zieht allmählich ein
wenig nach Norden und füllt sich auf. Das okkludierte Frontensystem kommt
aufgrund der Blockadewirkung des sich sogar noch etwas verstärkenden Hochs über
Nordwestrussland (geschlossene 1040 hPa-Isotherme) nur noch langsam nordostwärts
voran und erreicht abends in etwa eine Linie Deutsche Bucht - Vogtland, die
vorgelagerten, sich immer weiter abschwächenden Niederschläge erreichen bis zum
Abend kaum mehr die Elbe, im Nordosten bleibt es trocken.
Dabei fällt nach Osten zu meist Schnee (mit dem Okklusionsprozess sinkt die
Temperatur in 850 hPa wieder überall auf unter 0 Grad, zuletzt im Süden), der
von Westen mit Frontpassage teils in Regen übergeht (zumindest in den
Niederungen), aber bald wieder nachlässt, allerdings kann gebietsweise weiterhin
auch gefrierender Regen auftreten.
Mit Abzug und Auffüllen des Tiefs fächert der Gradient wieder auf und der Wind
lässt nach, an den Küsten und auf den Bergen kann es aber nach wie vor Böen Bft
7 bis 8, exponiert 9 aus Südost geben. Mit Frontpassage lässt der Wind weiter
nach und ist postfrontal meist nicht mehr warnrelevant.
Vor allem präfrontal bleibt es im bodennahen Zustrom trockenkalter Festlandsluft
kalt mit leichtem Dauerfrost, während die Temperaturen im Westen und Südwesten
bei auf Südwest drehendem Wind auf etwa 1 bis 5 Grad steigen.


Modellvergleich und -einschätzung
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Die großräumige Wetterentwicklung wird von allen Modellen ähnlich simuliert,
prognose- und warnrelevante Unterschiede gibt es kaum.
Die Tendenz, das in der Nacht zum Sonntag auf das Vorhersagegebiet übergreifende
Frontensystem rasch okkludieren zu lassen, was zur Folge hätte, dass bei den
auftretenden Niederschlägen die Schneephase überwiegen würde, ist nach wie vor
vorhanden, gegenüber den Vorläufen hat sich daran fast gar nichts geändert.
Dennoch ist eine eventuell anstehende Glatteislage natürlich noch nicht vom
Tisch.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Winninghoff