DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

08-12-2018 18:01
SXEU31 DWAV 081800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 08.12.2018 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Zunächst abgesehen vom Norden überall stürmisch, Bergland teils schwere
Sturmböen, exponiert auch Orkanböen. Einzelne Gewitter. Ab Sonntag sinkende
Schneefallgrenze mit markanten Neuschneemengen entlang der Alpen. Im Westen und
Süden nachlassender Wind, im Osten und Norden stürmisch aus Nordwest. Nachts
zunehmende Glättegefahr.

Synoptische Entwicklung bis Dienstag 12 UTC
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Aktuell ... befindet sich Deutschland zwischen einem steuernden, kräftigen und
umfangreichen Tiefdruckgebiet über dem Süden von Norwegen und Schweden sowie
nordseitig eines umfangreichen Hochdruckgebiets über Südwesteuropa. Beide
Druckgebilde sind hochreichend und weisen nur zögernde Verlagerungstendenzen
auf, was den kräftigen Druckgradienten im Bodendruckfeld weiter aufrechterhält.
Zudem wird auch ein ausgeprägtes Geopotentialgefälle in der mittleren und oberen
Troposphäre gestützt. Der resultierende Höhenjet von 150 Knoten und mehr liegt
über dem westlichen Ärmelkanal und reicht unter Abschwächung nach Frankreich. In
diese stramme westliche Strömung eingelagert ziehen wiederholt niedertrop.
Wellen über Deutschland hinweg.

Heute Abend und heute Nacht (Nacht zum Sonntag) stehen daher weiterhin ganz im
Zeichen dieser wechselhaften und windigen Westwindwetterlage. Dabei schwächen
sich die Niederschläge heute Abend nur vorübergehend ab und flammen im Verlauf
der Nacht von West nach Ost im Zuge einer erneuten Wellenpassage deutlich auf.
Die Welle wird in der Numerik durch recht markante Feuchteadvektions- und
Hebungsfelder hervorgehoben, was auf eine dynamische Passage hindeutet. Das sich
zügig okkludierende Frontensystem sorgt dabei in der ersten Nachthälfte von
Westen aufkommend für skaligen Regen, der jedoch nach wenigen Stunden rasch in
Schauerform übergeht. Die Schauer über der Mitte und dem Norden fallen durch
vorübergehende Advektion höhenkalter Luft (500 hPa Temperaturwerte um -30 Grad)
kräftig und teils gewittrig aus. Derweilen verkleinert sich über Süddeutschland
der Winkel zwischen Frontverlagerung und Umgebungswind zunehmend, sodass die
Frontverlagerungsgeschwindigkeit sukzessive abnimmt. Zumeist fallen in dem
12-std. Vorhersagezeitraum im Tiefland je nach möglichen Leeeffekten nur wenige
Liter Niederschlag, im Luv der Mittelgebirge und an den Alpen 10 bis 20 l/qm
Niederschlag. Ein weiteres Niederschlagsmaximum könnte sich entlang des
Scheitels der Welle - über Norddeutschland verlaufend - ausbilden, dies wird
jedoch je nach Ausprägung de Welle innerhalb der Numerik nur von ICON und GFS
angedeutet (ebenfalls mit Mengen zwischen 10 und 20 l/qm).

Etwas Neuschnee beschränkt sich meist auf die (Schauer-)Niederschläge vor der
Welle bzw. auf die skaligen Niederschläge während der ersten 1 bis 2 Stunden der
Wellenpassage, wobei hier besonders die Hochlagen vom Erzgebirge, Thüringer Wald
bzw. vom Bayerischen Wald wenige Zentimeter Neuschnee sehen können. In der Folge
steigt jedoch die Schneefallgrenze mit einhergehender niedertrop. Erwärmung und
Durchzug der Welle wieder rasch an.

Das große Thema bleibt der Wind, der mit Durchzug der Welle erneut stark
auffrischt. Besonders exponierte Hochlagen wie der Feldberg oder der Brocken
verbleiben die Nacht durchweg im Bft 10 bis Bft 12 Bereich (die Alpen springen
im Verlauf der zweiten Nachthälfte auf das Unwetterkriterium an). Die Hochlagen
der Mittelgebirge liegen im frontalen Inversionsbereich meist im Bereich Bft 9
bis 10 und verbleiben mit postfrontaler Durchmischung bei nahezu unveränderten
Höhenwinden weiterhin in diesem Bereich. Schwere Sturmböen sind daher wiederholt
im Bergland zu erwarten. Etwas differenzierter verhält sich der niedertrop. Wind
für das Flachland. Nordseitig der Welle - besonders die Regionen nördlich einer
Linie Bremen - Berlin betreffend -, ist im Verlauf der Nacht nur eine geringe
Wahrscheinlichkeit für Windböen Bft 7 auszumachen (ausgenommen davon die
Küstenregionen, die in der ersten Nachthälfte durch ablandigen Wind (Ostsee) und
ausgangs der zweiten Nachthälfte durch auflandigen Wind (Nordsee) wiederholt
Böen Bft 7 bis 8 erwarten können). Südlich der Welle dürften präfrontal der
Okklusion dank stabiler Schichtung im Tiefland "nur" Windböen Bft 7, lokal Bft 8
zu erwarten sein, während postfrontal aber auch hier verbreitet Sturmböen bis
Bft 9 auftreten. Vorhersagesoundings deuten zudem eine rasche Labilisierung an
und das auch in Höhenbereiche, die bei entsprechendem Herabmischen einzelne Bft
10 Böen in Schauer- und Gewitternähe nicht unmöglich erscheinen lassen (IFS-EPS
zeigt immerhin Wahrscheinlichkeiten um 20% für das Überschreiten der Bft 10 im
Tiefland, dies besonders über der Mitte und dem Südwesten).
Bleibt noch der Bereich südlich der Alb und der Donau zu erwähnen, wo geführte
Winde zwischen der nahenden Front und den Alpen verbreitet für markante Böen im
Bft 8 bis 9 Bereich sorgen dürften, mit entsprechend höheren
Windgeschwindigkeiten beim Durchzug konvektiver Elemente (und wie bereits
angesprochen in den Hochlagen der Alpen).
Die Schneefallgrenze, auch wenn von Nordwesten sukzessive auf unter 1000 m
absinkend, spielt vorerst keine große Rolle mit Blick auf Schneeakkumulationen.
Dies alles bei Tiefstwerten von 8 bis 3 Grad, im östlichen Bergland um 0 Grad,
dort allerdings im Nachtverlauf von Westen ansteigend.


Sonntag ... bleibt das zu erwartende Muster eines sich fortwährend
amplifizierenden Höhentroges weiter bestehen, da sich der Höhenjet stromab
weiter nach Südosten in Richtung zentrales Mittelmeer verlagert. Großartig viel
ändert sich an der synoptischen Lage daher nicht, außer dass mit Durchschwenken
eines weiteren Troges die Strömung sukzessive auf Nordwest kippt, was den Weg
für den Zustrom durchmischter Polarluft endgültig freimacht. Zusammengefasst
hält sich deutschlandweit dichte Bewölkung, die nur im Nordwesten zeitweise und
bevorzugt im Nachmittagsverlauf auflockert. Ansonsten entwickeln sich immer
wieder Schauer, die besonders durch Hebung des Troges (über der Mitte
Deutschlands) linienhaft organisiert und im Stau der Orografie (Mittelgebirge
und Alpen) länger anhalten können. Der Nordosten Deutschlands profitiert
zeitweise von leicht föhnigen Effekten im Lee des Skandinavischen Gebirges, was
ein 12-std. Niederschlagsminimum nach sich zieht. Ansonsten fallen weiterhin im
Tiefland wenige Liter pro Quadratmeter und in Staulagen um 10 l/qm Niederschlag.
Einzig der Alpenstau sollte größere Mengen erwarten (12-std. Mengen um 20 l/qm,
regional auch mehr).

Dabei fällt auf, dass die niedertrop. Kaltluftadvektion über Süddeutschland nur
gering ausfällt bzw. vor der heranschwenkenden Welle sogar vorübergehend in
schwache Warmluftadvektion umschwenkt (die wiederum durch kräftige Hebung mehr
oder weniger nivelliert werden dürfte). Summa summarum deutet sich daher vorerst
eine recht beständige Schneefallgrenze an, die um 1000 m schwankt, je nach
Staukomponente und einhergehender variabler Niederschlagsintensität regional
aber auch tiefer absinken kann. Daher können in den Hochlagen 10 bis 20 cm
Neuschnee erwartet werden. Dies betrifft auch mit abgeschwächten Neuschneemengen
den Hochschwarzwald und Bayerischen Wald, wo meist nur wenige Zentimeter
Neuschnee erwartet werden.

Der Westwind über Süddeutschland schwächt sich erst ab der Mittagszeit
allmählich ab, was die zunächst auch im Tiefland noch auftretenden Sturmböen im
Nachmittagsverlauf zunehmend auf die Berge beschränken sollte. Dann werden im
Tiefland meist nur noch Bft 7 Böen erwartet, in Schauer- und Gewitternähe lokal
auch noch Sturmböen. Die Gefahr orkanartiger Böen im Hochschwarzwald und auf den
Alpen bleibt jedoch bis in die Abendstunden bestehen.
Im Norden hingegen dreht der Wind sukzessive auf Nordwest und gewinnt im
Tagesverlauf immer mehr an Kraft, sodass besonders im Umfeld der Nordsee und
zunehmend auch der Ostsee Sturmböen Bft 8 bis 9 aus Nordwest zu erwarten sind,
mit noch höheren Werten über der See. Die Höchstwerte liegen zwischen 7 und 11
Grad und im Dauerniederschlag nur wenig über Null.


In der Nacht zum Montag treten in der labil geschichteten Luftmasse mit
Strömungsrichtung aus Nordwest wiederholt Schauer auf, die im Stau der
Mittelgebirge auch länger anhalten. Der Niederschlagsschwerpunkt verbleibt
jedoch entlang und in den Alpen, wo die Stauniederschläge andauern. Rückseitig
der Welle kommt nun auf breiter Front niedertrop. kältere Luft nach Deutschland,
wobei die 850 hPa Temperaturwerte von Nordwest nach Südost auf -6 bis -4 Grad
zurückgehen. Die Schneefallgrenze sinkt daher über dem Norden und der Mitte auf
teils unter 400 m und verbleibt im Süden bei 400 bis 600 m. Dabei sorgt jedoch
der Faktor Niederschlagsintensität in Schauern bzw. im Stauniederschlag dafür,
dass die Schneefallgrenze zeitweise auch noch tiefer absinken kann. Im Stau der
Mittelgebirge fällt meist nur wenig Neuschnee (1 bis 5 cm), entlang der Alpen
jedoch muss mit weiteren 10 bis 20 cm Neuschnee gerechnet werden. Der West- bis
Nordwestwind weht mäßig, in Schauernähe vorübergehend auch stark böig bis
stürmisch. Besonders im Norden Deutschlands treten wiederholt Bft 7 Böen, im
Küstenumfeld Bft 8 Böen auf. Die Berglagen sehen meist nur eine zögernde
Abschwächung des Windes auf markante Böen im Bft 8 bis 9, exponiert Bft 10
Bereich. Einzig die exponierten Alpengipfel dürften auch die Nacht über mit
unwetterartigen Bft 11-er Böen zu kämpfen haben. Die Tiefstwerte liegen zwischen
5 und 2 Grad, im Bergland um 0 Grad.


Montag ... bleibt die stramme Nordwestströmung bestehen, sodass weiterhin
feucht-kalte und labil geschichtete maritime Polarluft nach Deutschland
einströmen kann. Dabei verbleibt die 850 hPa Temperatur zwischen -4 und -6 Grad,
wobei der stramme Nordwestwind eine Durchmischung dieser Luftmasse unterstützt.
Es entwickeln sich wiederholt Schauer oder vereinzelt auch ein kurzes Gewitter
mit einem Minimum in Schleswig-Holstein und dem Westen von
Mecklenburg-Vorpommern sowie einem Maximum entlang der Alpen. Je nach Zugbahn
der Schauerstraßen wird es Regionen mit unter 1 l/qm in 12 Stunden geben, sonst
unter Schauerstraßen und im Stau der Mittelgebirge 4 bis 8 l/qm Niederschlag. Im
Stau der Alpen muss hingegen mit rund 20 l/qm Niederschlag gerechnet werden.
Dank der Durchmischung bleibt es im Westen und Norden recht mild mit
Höchstwerten um 6 Grad, sonst werden im Süden Temperaturwerte zwischen 2 und 4
Grad erwartet. Im Dauerniederschlag und allgemein im Bergland pendelt die
Temperatur zumeist um 0 Grad. Daher wird die Schneefallgrenze von Nord nach Süd
zwischen 200 und 600 m pendeln mit wenigen Zentimetern Neuschnee entlang der
Mittelgebirge und 15 bis 25 cm Neuschnee entlang der Alpen. Der Nordwestwind
weht im Norden und Osten stark böig bis stürmisch (Bft 7 bis 8) und mit
geringeren Windgeschwindigkeiten im Südwesten. Allerdings nimmt der Wind
insgesamt im Tagesverlauf ab. Davon ausgenommen sind die Berge, wo weiterhin
Sturmböen, exponiert auch schwere Sturmböen zu erwarten sind.


In der Nacht zum Dienstag dauert die Nordwest- bis Nordströmung weiter an, wobei
jedoch aus Norden einerseits etwas trockenere Luft nach Deutschland gelangt,
andererseits der Bodendruck aus Westen im Zuge der andauernden niedertrop.
Kaltluftadvektion zögernd von Westen steigt. Dies hat zur Folge, dass die
Niederschlagsaktivität allmählich nachlässt, was sowohl die Schauer, als auch
die Stauniederschläge betrifft. Letztere treten allerdings auch weiterhin die
Nacht über entlang des Erzgebirges (um 5 cm Neuschnee in 12 Stunden) und entlang
der Nordalpen (5 bis 10 cm Neuschnee) auf. Der Luftdruckgradient fächert von
Westen weiter auf, sodass sich einzelne Windböen auf den Osten Deutschlands mit
stürmischen Böen im Bergland und entlang der Küsten beschränken. Da die
Bewölkung von Westen auch zeitweise auflockert, kommt die bodennahe Luft nicht
nur zur Ruhe, sondern kann strahlungsbedingt auch stärker auskühlen als die Tage
zuvor. Dies erhöht die Möglichkeit für Luftfrost für die Mitte und den Süden
Deutschlands deutlich, während im Norden und Osten weiterhin leichte Plusgrade
verzeichnet werden. Dies bedeutet aber auch, dass im Tiefland in der Mitte und
im Süden teils mit Glätte durch gefrierende Restnässe bzw. durch auftretende
Schauer gerechnet werden muss.



Dienstag ... steht dann im Zeichen fortschreitender Wetterberuhigung, wobei der
Westen stärker davon profitiert als der Osten und äußerste Süden. Mit dem sich
von Westen weiter aufbauenden Bodenhoch und einströmender höhenmilderer Luft
treten im Westen nur noch vereinzelt schwache Schauer auf. Die Wolkendecke
lockert teils längere Zeit auf. Einzig im Stau der westlichen Mittelgebirge
bleibt es längere Zeit trüb mit etwas Niederschlag, der oberhalb von 400 bis 600
m noch als Schnee fällt. Ansonsten bilden sich der östliche Alpenraum sowie das
Erzgebirge als Stauschwerpunkte heraus, wo es bis in die Abendstunden leicht bis
mäßig schneit. Dabei wird 12-std. mit Neuschneemengen von 5 bis 10 cm gerechnet.
Die Wolkendecke lockert kaum auf und der Nordwestwind weht besonders auf den
östlichen Mittelgebirgen zeitweise stürmisch, sonst nur schwach bis mäßig aus
West bis Nordwest. Die Höchstwerte liegen je nach Bewölkung zwischen 4 und 8
Grad im Westen und Nordwesten sowie 1 bis 4 Grad im Süden und Osten. Bei
Dauerniederschlag und im Bergland verharrt die Temperatur weiterhin um den
Gefrierpunkt.


Modellvergleich und -einschätzung
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Die Numerik hat die aktuelle Wetterlage sehr gut im Griff und selbst die um das
Zentraltief geführten Wellen werden zeitlich konstant berechnet.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Helge Tuschy