DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

07-12-2018 17:30
SXEU31 DWAV 071800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 07.12.2018 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Sehr windig mit Sturmböen teils bis in tiefe Lagen, Berge und Küste mit schweren
Sturmböen und exponiert auf den Bergen auch Orkanböen. In Staulagen des
Schwarzwaldes Dauerregen. Ab Sonntag in den Alpen viel Neuschnee.

Synoptische Entwicklung bis Montag 12 UTC
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Aktuell ... hat sich eine zyklonale Westlage über den zentralen Teilen Europas
breitgemacht. Zwischen einem in die nördliche Nordsee ziehenden Sturmtief und
hohem Druck über Südwesteuropa strömt insgesamt milde Meeresluft nach
Deutschland. Am Okklusionspunkt bildet sich, etwa über dem Skagerrak, ein
Teiltief, das dann weiter nach Südschweden zieht. Der Gradient bleibt kräftig
ausgeprägt und bringt Böen der Stärke 7 bis 8, Bergland Bft 9 bis 11, Küste 7
bis 9. Dabei zieht nachts die Kaltfront des o.e. Tiefs mit einem gut
ausgeprägten Windmaximum ostwärts über Deutschland hinweg. Hier werden, vor
allem an einer markanten Schauerlinie die Oberwinde von bis 55 kt in 850 hPa
runtergemischt, was dann für Bft 8 bis 9, vereinzelt Bft 10 auch in tiefen Lagen
gut sein dürfte. Das Maximum ist aber nur von recht kurzer Dauer, 1 bis 3h, was
entsprechend auch bei den Warnungen berücksichtig werden sollte.
Richtung Alpen greift der Leitplankeneffekt, der dem höheren Alpenvorland
durchaus (exponiert) Böen bis 9 Bft, auch abseits der Kaltfront, bescheren
könnte. Postfrontal bleibt die lebhafte Südwestströmung erhalten, die bei
labiler Schichtung häufig Böen 7 Bft, im Bergland je nach Exposition 8 bis 10
(vereinzelt 11-12) Bft garantiert. An der Küste stehen ebenfalls weiter Böen 7-8
Bft, an der Nordsee 9 Bft auf der Karte.

Dahinter gelangt ein Schwall erwärmter subpolarer Meeresluft (T850 -1 bis -4°C)
in den Vorhersageraum, und auch in der mittleren Troposphäre kommt es mit
Übergriff des nachfolgenden Höhentroges zu einer vorübergehenden Abkühlung auf
unter -30°C in 500 hPa, bevor später von Westen her bereits wieder
Warmluftadvektion einsetzt.

Darüber hinaus entwickeln sich einzelne Schauer, die im höheren Bergland als
Schnee oder mit Schnee vermischt fallen. Vereinzelt sind auch Gewitter nicht
ausgeschlossen. Über eine Schneefallwarnung muss man eher nicht nachdenken
(Glätte sollte genügen), einzig in den Alpen (oberhalb etwa 800-1000 m) könnte
es für eine dünne Schneedecke reichen.

Samstag ... verabschiedet sich der Höhentrog im Laufe des Tages nach Osten und
es folgt eine Zonalisierung der Höhenströmung, die bei uns einen westlichen
Höhenwind mit leichtem Nordwesteinschlag bringt. Bodennah
Liegen wir weiter an der Südflanke des Sturmtiefs, dessen Progression eher
behäbig vonstattengeht. So erreicht es am Mittag gerade mal die Südspitze
Norwegens, von wo aus es weiter in Richtung Skagerrak geht. Das immer noch
erkennbare Teiltief wird vorderseitig nordwärts gesteuert.

Da der Kerndruck nach wie vor niedrig ist (konstant unter 975 hPa), bleibt auch
der Gradient über dem Vorhersageraum recht scharf. Entsprechend weht lebhafter,
etwas auf Südwest rückdrehender Wind mit Böen 7-8 Bft, Küste 8-9 Bft, Nordsee
Bft 10. Die Hochlagen der Berge stechen einmal mehr heraus mit Böen 10 bis 12
Bft.
Warmluftadvektion sorgt dabei für starke Bewölkung und wiederholte, teils
schauerartige Niederschläge, die aber nur in höheren Lagen als Schnee fallen.
Die Schneefallgrenze steigt im Tagesgang und bedingt durch die WLA langsam
wieder an. Meist liegen die 12h-Niederschlagssummen unter 5 mm, in einigen
Staulagen um oder auch mal über 10 mm. Im Norden ist im Zuge einer
Randtrogpassage ein kurzes Gewitter nicht ausgeschlossen. Ansonsten stabilisiert
die Schichtung von SW wieder etwas.
Temperaturmäßig stehen 6 bis 12°C auf dem Programm mit den etwas höheren Werten
im Westen.

In der Nacht zum Sonntag erreicht das Sturmtief, bei kaum geändertem Kerndruck
Südschweden, wodurch es für den Vorhersageraum wetterbestimmend bleibt. Auf der
Südflanke wird eine flache Welle mit Frontensystem rasch nach Osten gesteuert,
gefolgt von einem flachen Höhentrog und etwas Höhenkaltluft. Dabei kommt es
sowohl zu einer Intensivierung der Niederschläge (incl. kurzer Gewitter) als
auch zu einer Windverschärfung. Außer im nord- und nordostdeutschen Binnenland,
wo der Wellenscheitel durchziehen soll, muss mit Böen bis Stärke 9 Bft, im
höheren Bergland je nach Exposition bis 12 Bft gerechnet werden. Am Alpenrand
sind auch (Stichwort: Leitplankeneffekt) einzelne Bft 10 nicht ausgeschlossen.

Sonntag ... beginnt die Frontalzone stärker zu mäandrieren. Impulsgeber ist eine
Austrogung über dem westlichen Nordatlantik infolge eines Kaltluftausbruchs vom
nordamerikanischen Festland, der ein Downstream Development in Gang bringt. So
wölbt sich über dem Ostatlantik ein breiter Rücken auf, der das mit Schwerpunkt
nahe der Iberischen Halbinsel liegende Bodenhoch stützt. Noch weiter stromab
trogt es über dem europäischen Kontinent sukzessive aus.
Im Bodendruckfeld verlagert sich unser treues Sturmtief vom schwedischen
Festland zur Ostsee und beginnt sich aufzufüllen. Auf ihrer Südwestflanke wird
erwärmte maritime Polarluft arktischen Ursprungs herangeführt.

Die Luftmasse macht zunächst noch einen großen Bogen um das Tief, so dass sich
die Abkühlung in Grenzen hält (T850 bei 0 oder -1°C). Ab Sonntagabend wird der
Weg dann aber immer direkter, was bis zum frühen Montagmorgen eine Abkühlung auf
Werte um -4°C (in 850 hPa) zur Folge hat.
Wettermäßig dürfte der 2. Advent nicht viel hermachen, auch nicht
wintertechnisch. Es treten rückseitig der rasch abziehenden Welle schauerartige
und mit kurzen Gewittern durchsetzte Niederschläge auf, die
in der Südhälfte häufiger und intensiver ausfallen als im Norden. Die
Schneefallgrenze liegt tagsüber bei rund 1000 m, wird aber ab den Abendstunden
von Norden her kontinuierlich sinken bis in mittlere Lagen der Mittelgebirge und
in die Alpentäler. Mit leichter Staukomponente signalisieren die Modelle an den
Alpen in Hochlagen über 1200m etwas mehr Neuschnee, von 10 bis 30 cm.

Der südwestliche, später mehr auf West bis Nordwest drehende Wind bleibt
prominent unterwegs mit Böen 7-8 Bft, Bergland 8-9 Bft, exponierte Hochlagen 10
bis 12 Bft, wobei der Wind im Süden grundsätzlich stärker weht als im Norden
(außer der Küste). Der Gradient fächert aber von Nordwesten her langsam auf, mit
der verbundenen Windabnahme im Gefolge, die langsam in den Süden ausgreift.
Die Temperatur ändert sich gegenüber dem Samstag nicht wesentlich.

In der Nacht zum Montag dreht die Höhenströmung deutlicher nach Nordwest, als
die bodennahe. Die Zufuhr kalter Meeresluft arktischen Ursprungs verstärkt sich
noch, was die Temperaturen in 850 hPa auf rund -5 Grad zurückgehen lässt. Die
Schneefallgrenze sinkt dabei bis in mittlere, im Süden teils bis in tiefe Lagen.
Der Stau im Süden an den Alpen verstärkt sich noch, wobei es aber auch insgesamt
zu weiteren schauerartigen Niederschlägen kommt, weiter im Süden mehr als im
Norden, wo mengenmäßig nur noch wenig zusammenkommt. An den Alpen fallen 10 bis
20, exponiert in einigen Staulagen auch mehr als 30 cm Neuschnee. Vorübergehende
Glätte ist wohl oberhalb von 400m ein Thema. Frost und häufiger Glätte darf man
wohl noch etwas darüber ansiedeln, etwa über 600m.

Montag ... wölbt sich vor einem kräftigen Sturmtief über dem mittleren
Nordatlantik der Rücken über Westeuropa weit nach Norden auf, was bei uns ein
Drehen der Strömung mehr auf nördliche Richtungen zur Folge hat. Das Bodenhoch
verlagert seinen Schwerpunkt nach Frankreich, kann sich aber dennoch noch nicht
bei uns in Szene setzen. Vielmehr geht das wechselhafte Schauerwetter weiter,
wobei die auf kürzerem Wege zu uns kommende Kaltluft keine zweistelligen
Temperaturen mehr zulässt. Bei 4 bis 8 Grad ist meist Schluss.
Etwas Sonne gibt es höchstens in einigen Leelagen der Mittelgebirge und ganz im
Norden, ansonsten überwiegt starke Bewölkung mit den erwähnten Niederschlägen,
die in Staulagen auch kräftiger ausfallen können. Die Schneefallgrenze liegt
meist zwischen 300 und 600m, im SW etwas darüber und in Staulagen der Alpen sind
auch wieder 10 bis 20 cm Neuschnee drin.
Oberhalb von 600m ist in den Mittelgebirgen auch tagsüber Glätte möglich.

Der Gradient weicht mit Annäherung des Hochs vor allem im Westen und Südwesten
auf. In der Nordosthälfte sind dagegen weiter starke bis stürmische Böen,
vereinzelt Sturmböen ein Thema, im Bergland und an der Nordsee sind schwere
Sturmböen an der Tagesordnung und auf exponierten Bergen orkanartige Böen.


Modellvergleich und -einschätzung
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Grundsätzlich besteht Einigkeit unter den Modellen. Am windigen und
niederschlagsreichen Wetter besteht kein Zweifel. Die Niederschlagsmengen in
einigen Gebirgsregionen sind grenzwertig, so dass auch gut und gerne auf
Warnungen verzichtet werden, immer noch mit der Begründung: Vorgeschichte! Die
Windentwicklung der nächsten Tage in ein Warnkonzept zu gießen, ist nicht
trivial. Ab Samstagmittag, wenn die meisten Warnungen auslaufen, kann auch mit
längeren Warnungen (tiefe Lagen meist markant) gearbeitet werden, auch wenn die
Genese des Windes unterschiedlich ist, und die Böen in ihrer Stärke "schwanken".
Ab Sonntag fällt in Staulagen der Alpen viel Niederschlag, zunehmend auch als
Schnee und begleitet von Sturmböen in höheren Lagen (Schneeverwehungen).


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Bernd Zeuschner