DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

07-12-2018 11:01
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 07.12.2018 um 10.30 UTC



Zu Wochenbeginn zumindest Berglandwinter mit teils markanten Neuschneemengen am
Alpenrand. Nach kurzer ruhigerer und recht kalter Periode zum Ende der
Mittelfrist erneut unbeständig und milder.
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Synoptische Entwicklung bis zum Freitag, den 14.12.2018


Zu Beginn des Mittelfristzeitraumes - am Montag - befindet sich Deutschland
zwischen einem umfangreichen Langwellentrog über Nord- und Osteuropa und einem
markanten Höhenrücken, der sich von der Iberischen Halbinsel nordwärts über den
nahen Ostatlantik bis ins Seegebiet südlich von Island erstreckt, unterhalb
einer recht kräftigem nordwestlichen Höhenströmung. Niedertroposphärisch gelangt
dabei an der Südwestflanke eines mit dem Trog korrespondierenden
zentralsteuernden Tiefdruckgebietes mit Drehzentrum über der mittleren Ostsee
bzw. dem Baltikum von Nordwesten her maritime Polarluft ins Vorhersagegebiet
(T850 hPa um -5 Grad). Diese ist labil geschichtet (T500 hPa -30 bis -35 Grad),
so dass es recht verbreitet Schauer, teils bis in tiefe Lagen mit Schnee und
Graupel, vereinzelt auch kurze Gewitter gibt. An den Nordhängen der
Mittelgebirge und später auch der Alpen kann es längere Zeit schneien. Vor allem
im Norden und Osten weht in Böen teils stürmischer Nordwestwind mit Sturmböen an
den Küsten und schweren Sturmböen auf den Bergen.
Bis Dienstagmittag kommt der Trog unter Amplifizierung Richtung Balkan etwas
nach Osten voran, ebenso der Höhenrücken, der sich weiter nordwärts, bis zum
Europäischen Nordmeer, ausweitet. Die Höhenströmung dreht damit mehr auf Nord
und im Bodenfeld gelangt an der Westflanke des sich allmählich abschwächenden
Bodentiefs über dem Baltikum vorübergehend ein Schwall Meeresluft arktischen
Ursprungs ins Vorhersagegebiet, so dass zumindest nach Lesart des IFS die
Temperatur in 850 hPa noch etwas zurückgeht. Niederschläge treten noch entlang
der Nordränder der Mittelgebirge und vor allem am Alpenrand auf, in erster Linie
in den dortigen Staulagen reicht das in Summe für durchaus markante
Neuschneemengen (etwa 20 bis 40 cm, in exponierten Lagen eventuell mehr). Sonst
gibt es bei zunehmendem Hochdruckeinfluss kaum mehr (Schnee- bzw. Schneeregen-
und Graupel)schauer und auch der Wind lässt nach. In höheren Mittelgebirgslagen
und Alpentälern gibt es leichten Dauerfrost, in den Niederungen dürfte es
immerhin für Nachtfrost reichen.
Ab Mittwoch weicht die Version des IFS etwas von den anderen Globalmodellen ab,
dazu später mehr. Der Trog über Osteuropa weitet sich wieder etwas nach Westen -
bis in den Osten des Vorhersagegebietes - aus, während sich der Höhenrücken mit
seinem Nordteil nach Norwegen verlagert. Korrespondierend dazu verstärkt sich im
Bodenfeld ein Hochdruckgebiet über Skandinavien, wobei sich ein Keil bis nach
Mitteleuropa erstreckt. An dessen Ostflanke kann von Nordosten her ein Schwall
kontinentaler Polarluft (-6 bis -9 Grad) vor allem in die Osthälfte Deutschlands
vordringen. Dort können sich einzelne Schneeschauer entwickeln und die
Temperaturen steigen auch tagsüber kaum über 0 Grad, ansonsten dominiert ruhiges
Hochdruckwetter mit teils mäßigen Nachtfrösten.
Am Donnerstag wird der Höhenrücken über dem westlichen Mitteleuropa sowohl von
Osten als auch - aufgrund eines neuen Trogvorstoßes Richtung Britische Inseln -
von Westen her abgebaut. Übrig bleiben eine Höhenantizyklone mit Schwerpunkt
über Nordskandinavien und ein flacher Höhenrücken, der Richtung Mitteleuropa
schwenkt.
Im Bodenfeld setzt mit Annäherung des Frontensystems eines Sturmtiefs südlich
von Island über Deutschland zwar Druckfall ein, insgesamt dominiert aber der
Einfluss des sich noch etwas verstärkenden Hochdruckgebietes über
Nordskandinavien, das seinen Schwerpunkt allmählich nach Nordwestrussland
verlagert. Somit steht ein wettertechnisch ruhiger, aber recht kalter Donnerstag
ins Haus, ehe in der Nacht zum Freitag das Übergreifen des oben genannten
Frontensystems auf weite Teile des Landes den Übergang zu einer Winkelwest- oder
südlichen Westlage markiert. Dabei kann es anfangs nach Osten zu eventuell bis
nach unten schneien, auch gefrierender Regen könnte durchaus eine Option sein.
Am Freitag geraten wir dann zunehmend in den Einflussbereich des sich Richtung
Mitteleuropa ausweitenden nordwesteuropäischen Trogkomplexes. Damit gelangt von
Nordwesten her subpolare Meeresluft ins Vorhersagegebiet, mit der wieder eine
Milderung ins Haus steht (T850 hPa um -3 Grad bei guter Durchmischung),
begleitet von weiteren, meist schauerartigen Niederschlägen, die nur noch im
Bergland als Schnee fallen.

In der erweiterten Mittelfrist - also am übernächsten Wochenende - scheint sich
nach Lesart des aktuellen IFS-Laufes dann eine recht weit südlich ansetzende
Westlage zu etablieren, mit der an der Südostflanke eines zentralsteuernden
Tiefdruckgebietes über Nordwesteuropa (meist zwischen Island und Schottland)
immer wieder Frontensysteme über das Vorhersagegebiet hinweg ostwärts geführt
werden, begleitet von mal mehr, mal weniger milden Meeresluftmassen. Von Winter
- außer in höheren Mittelgebirgslagen und in mittleren Höhenlagen der Alpen -
ist weiterhin keine Spur.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Bis Dienstag kann dem aktuellen Lauf des IFS eine gute Konsistenz bescheinigt
werden, die Umstellung auf zyklonal Nordwest zu Wochenbeginn wird nun schon seit
einigen Läufen gezeigt.
Am Mittwoch ließen dann die beiden gestrigen Läufe den Osteuropatrog weiter nach
Westen vordringen als der aktuelle Lauf und somit die Herzen der Winterfreunde
zumindest kurzzeitig mal etwas höher schlagen, hätten beide Läufe doch Optionen
für Schnee bis ganz nach unten für die Osthälfte des Landes und den zentralen
Mittelgebirgsraum geboten.
Den Übergang zu einer südlichen Westlage bis Freitag haben dann wieder alle
Läufe auf der Karte, der gestrige 12 UTC-Lauf allerdings mit etwa 12 Stunden
Verspätung. Die Orkantief-Variante für Südengland im gestrigen 00 UTC-Lauf ist
zwar erst einmal wieder vom Tisch, deutet aber durchaus das durch diese
Wetterlage gegebene Potenzial für entsprechende markante Zyklogenesen auch
eventuell auch über dem Vorhersagegebiet hin.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Für den Montag ergeben sich kaum Modelldifferenzen, die nasskalte Nordwestlage
zeigen alle vorliegenden Modelle.
Am Dienstag erreicht dann nach Lesart fast aller Modelle, außer IFS, eine
Warmfront mit leichten Regenfällen (in höheren Lagen auch Schnee) den Westen und
Südwesten des Landes, vor allem GEM simuliert damit einhergehend einen
deutlichen Anstieg der Temperatur in 850 hPa (+5 Grad im äußersten Westen am
Dienstag, 18 UTC, IFS dagegen noch -6 Grad, ICON, GFS um 0 Grad). Zum Mittwoch
hin werden die Differenzen dann größer: GEM und vor allem GFS haben eine
wetteraktive Warmfront im Programm und simulieren im Westen und Süden des Landes
verbreitete Niederschläge (bis in höhere Lagen als Regen), die nach Lesart des
GFS mit Passage einer Warmfrontwelle im Südwesten und an den Alpen auch recht
ergiebig ausfallen können (mit markantem Neuschneezuwachs an den Alpen oberhalb
von etwa 800 bis 1000 m). ICON lässt die Warmfront weiter im Westen, während
nach IFS eher der Osteuropatrog mit insgesamt auch im Westen und Südwesten
niedrigeren Temperaturen als nach den anderen Modellen und einzelnen
Schneeschauern in der Osthälfte dominant bleibt.
Den Übergang zu einer südlichen Westlage bis Freitag zeigen dann wiederum alle
Modelle, allerdings unterschiedlich schnell. Am progressivsten erweisen sich das
GEM und GFS, die bereits bis Donnerstagabend die Niederschläge (überwiegend als
Regen) bis zur Elbe vorankommen lassen, während es nach ICON nur ganz im Westen
etwas regnet und IFS noch komplett trocken lässt. Beide Modelle hinken etwa 12
Stunden hinterher, wobei es mit Ostverlagerung der Niederschläge in der Nacht
zum Freitag vor allem in den mittleren Landesteilen vorübergehend auch Schnee
bis in die Niederungen oder gefrierenden Regen geben kann.
Am Freitag setzt sich letztendlich nach allen Modellen die mildere Meeresluft im
gesamten Vorhersagegebiet durch. Vor allem GEM hat dann auch eine
Sturmtiefentwicklung über dem Vorhersagegebiet in petto, wenngleich auch bei
weitem nicht so heftig wie der gestrige 00 UTC-Lauf des IFS für Südengland.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Vier Cluster, die sich, die Wetterentwicklung für Mitteleuropa betreffend, so
gut wie gar nicht unterscheiden, bietet die Clusteranalyse des ECMWF zu Beginn
der Mittelfrist (72 bis 96 Stunden). Die kurze Berglandwinterepisode kann damit
als gesichert angesehen werden.
Im nächstfolgenden Zeitraum (120 bis 168 Stunden) verteilen sich dann die 49
Ensemblemitglieder, Haupt- und Kontrolllauf erneut auf vier Cluster (jeweils 17,
16, 11 und 7 Member). Cluster 1 und 2 (inklusive Haupt- und Kontrolllauf) lassen
den Osteuropatrog zunächst etwas weiter Richtung Mitteleuropa ausgreifen als
Cluster 3 und 4, die zunächst einen Höhenrücken über dem Mitteleuropa auf der
Karte haben. Zum Ende der Mittelfrist, am Freitag, zeigen dann alle Cluster den
Übergang zu einer südlichen Westlage, nach Cluster 3 allerdings gegenüber den
anderen Clustern deutlich zeitverzögert.
Die erweiterte Mittelfrist (192 bis 240 Stunden, also bis einschließlich des
übernächsten Wochenendes) bietet dann 3 Cluster (18, 18 und 15 Member Haupt- und
Kontrolllauf in Cluster 1), die allesamt eine mehr oder weniger mäandrierende
südliche Westlage mit einem kräftigen Blockadehoch über Nordeuropa und reger
Tiefdruckaktivität über dem nahen Ostatlantik auf der Karte haben.
Auffällig in der Rauchfahne Offenbach ist, dass nur wenige Member (etwa 5 bis 7)
die von den meisten externen Modellen apostrophierte Milderung im Westen
Deutschlands am Dienstag/Mittwoch mitmachen. Das Gros der Member bewegt sich
dagegen zumindest bis zur Nacht zum Donnerstag im Temperaturbereich (850 hPa)
zwischen -10 und -6 Grad. Die GFS-ENS sind dagegen deutlich breiter gestreut,
dort halten sich die kalten und warmen Member in etwa die Waage.
Die Milderung am Freitag (auf etwa -4 bis 0 Grad) machen dann quasi alle Member
mit und auch bis über das Wochenende hinaus bewegen sich die meisten Member in
diesem Temperaturbereich mit nur wenigen Ausreißern nach unten und nach oben.

FAZIT:
Winterfreunde müssen sich weiterhin gedulden. Erst einmal reicht es nur in
höheren Mittelgebirgslagen und vor allem am Alpenrand für eine nennenswerte
Schneeauflage. Weiter unten muss man sich mit einer höchstens nur
vorübergehenden Anzuckerung - wenn überhaupt - begnügen.
Nach kurzer Wetterberuhigung greift dann etwa ab Freitag die Westlage wieder
voll durch - nach Lesart aller vorliegenden Modelle aber auf recht südlicher
Zugbahn, was bis i9n die erweiterte Mittelfrist ziemlich abwechslungsreiches
Wetter mit Sturmoptionen zur Folge hat. Schnee gibt es dann aber lediglich in
den höheren Lagen der Mittelgebirge und der Alpen.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


SCHNEEFALL:
EFI gibt am Montag/Dienstag durchaus Signale für ein markantes
Schneefallereignis an den Alpen und auch die probabilistischen Verfahren zeigen
recht hohe Wahrscheinlichkeiten für mehr als 20 mm Niederschlag in fester Phase.
In den Staulagen der Mittelgebirge reicht es dagegen kaum für Neuschneemengen,
die markanten Warnkriterien genügen, am ehesten vielleicht noch im Schwarzwald,
im Harz, im Erzgebirge und im Bayerwald oberhalb von etwa 800 m.
GFS simuliert mit Passage einer Warmfrontwelle in der Nacht zum und am Mittwoch
am Alpenrand nochmals stärkere Schneefälle, wobei die Schneefallgrenze auf etwa
1000 m steigt, steht mit dieser Lösung aber alleine da.

STURM:
Am Montag gibt es vor allem im Norden und Osten bis in tiefe Lagen nochmals
einzelne stürmische Böen aus Nordwest, an den Küsten - vor allem der Nordsee -
auch Sturmböen, mit geringer Wahrscheinlichkeit an exponierten Küstenabschnitten
auch schwere Sturmböen. In den Kamm- und Gipfellagen der Mittelgebirge und der
Alpen muss generell mit Sturm- und schweren Sturmböen gerechnet werden, auf
exponierten Gipfeln eventuell auch noch mit Orkanböen. In der Nacht zum Dienstag
nimmt der Wind allmählich ab, Dienstag reicht es wohl nur noch in den östlichen
Mittelgebirgen für einzelne stürmische Böen.
Ab Donnerstag lebt der Wind aus Südost bis Süd wieder auf, in der Nacht zum
Freitag steigen die Wahrscheinlichkeiten für stürmische Böen an der Nordsee und
Sturmböen auf einigen Berggipfeln wieder an.
Für Details, eine eventuelle Sturmlage am Freitag betreffend (GFS und GEM deuten
eine solche an) ist es noch zu früh.

Mit Übergreifen der Niederschläge von Westen her in der Nacht zum Freitag kann
Glatteis nicht ausgeschlossen werden.
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Basis für Mittelfristvorhersage
MODELMIX, IFS-EPS, MOSMIX
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Jens Winninghoff