DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

03-12-2018 18:30
SXEU31 DWAV 031800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Montag, den 03.12.2018 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Im Süden konvektiv verstärkte Regenfälle und kurze Gewitter, (schwere) Sturmböen
möglich.
Am Dienstag von Südwesten her Zwischenhocheinfluss.

Synoptische Entwicklung bis Donnerstag 12 UTC
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Aktuell ... zeigt die großräumige Potenzialverteilung ein Maximum, das von
NW-Afrika bis zur Iberischen Halbinsel reicht. Als Gegenspieler fungiert ein
relativ breit angelegter Trog mit Zentrum über dem Europäischen Meer. Dazwischen
hat sich eine leicht mäandrierende westliche Höhenströmung etabliert, die sich
über Mitteleuropa und somit auch über Deutschland in den nächsten Stunden
zusehends zyklonal deformiert und zu einem flachen Trog mutiert. Ursache ist die
Advektion maritimer Kaltluft aus dem isländisch-grönländischen Raum, die auf der
Rückseite einer von der Nordsee bis hoch nach Spitzbergen reichenden
Tiefdruckzone in stark erwärmter Form (bei guter Durchmischung werden relativ
"warme" Meeresgebiete überstrichen) in Richtung Mitteleuropa vorstößt.
"Angeführt" wird die Luftmasse von einer Kaltfront, die zu dem Bodentief KARREN
gehört, das heute Abend über Südnorwegen liegt (inzwischen aufgefüllt auf etwas
unter 990 hPa), von wo aus es langsam gen Südschweden zieht. Die Kaltfront, der
ein Bodentrog vorgelagert ist, greift in den Abendstunden von der Nordsee her
auf das Festland über und erreicht am frühen Morgen etwa eine Linie
Lausitz-Nordschwarzwald. Dahinter strömt besagte Meereskaltluft ein, in der
nicht nur die 850-hPa-Temperatur auf -1 bis -4°C zurückgeht, sondern auch der
Taupunkt deutlich sinkt (z.T. auf unter 5°C). Damit geht eine Stabilisierung der
Luftmasse einher, so dass postfrontal kaum noch Schauer auftreten (vielleicht
vereinzelte über der Nordsee) und die Wolkendecke sogar stärker auflockert.
An der Front selbst sowie auf der Vorderseite kommt es allerdings zu
schauerartig verstärkten Regenfällen, die sich abschnittsweise durchaus
linienartig organisieren können (ausreichend Scherung ist vorhanden,
hochaufgelöste Modelle liefern Signale) und sich ost-südostwärts verlagern. Da
in der präfrontalen Warmluft etwas MU-CAPE generiert worden ist, sind auch kurze
Gewitter nicht ausgeschlossen. Sie können ebenso wie die Front selbst mit Böen
der Stärke 7-8 Bft einhergehen (925-/850-hPa-Winde 30-40 Kt), wobei der Wind
einen scharfen Sprung von Südwest auf Nordwest vollführt. Darüber hinaus frischt
der westliche bis nordwestliche Wind zunächst an der Nord-, später auch an der
Ostsee merklich auf mit Spitzenböen der Stärke 7 Bft, exponiert und sehr
vereinzelt sogar auch mal 8 Bft.
Ach ja, und dann wäre da ja noch der süddeutsche Raum, der sich zunächst nicht
mit der o.e. Kaltfront, dafür aber mit einem anderen, wellenden Frontensystem
herumschlagen muss. Dieses Frontensystem ist von den thermischen Gegensätzen
extrem schwach ausgeprägt und entsprechend auch nur schwer zu finden in den
Analysen (es braucht sehr, sehr viel Erfahrung), zeigt aber eine rege
Niederschlagsaktivität. Unterstützung erfährt es in der ersten Nachthälfte durch
einen von Frankreich ost-südostwärts durchschwenkenden KW-Trog, der die
Hebungsaktivität vorübergehend noch mal anfacht. Folgerichtig verstärkt sich der
Regen, wobei im Radar sogar ein mesoskaliges Regengebiet mit eingelagerter
konvektiver Linie (schauerartige Verstärkungen und/oder Gewitter) zu erkennen
ist. Diese Verstärkungen können sowohl von Böen 8-9 Bft (über Frankreich wurden
sogar 10er-Böen registriert, also "Hab-Acht-Stellung" einnehmen) und/oder
Starkregen (> 15 mm/h oder > 20 mm/3h) begleitet sein, während der "normale"
Regen die laufenden Dauerregenwarnungen bedient.
Abgesehen von der konvektiven Seite nimmt der Südwestwind tendenziell eher ab,
auf den Bergen bleibt es aber stürmisch.

Dienstag ... schwenkt besagter Höhentrog ostwärts, gefolgt von einem flachen
Rücken, der allerdings nur sehr schleppend den Vorhersageraum ansteuert. Flotter
geht das Ganze im bodennahen Niveau, wo sich nach Passage der Kaltfront von
Frankreich her Zwischenhoch ECKHARD bis zu uns vorarbeitet - mit zwei
wesentlichen Konsequenzen: zum einen ziehen sich die Regenfälle unter
Abschwächung mehr und mehr an und in die Alpen zurück, so dass die
Dauerregenwarnungen auslaufen oder vorzeitig aufgehoben werden können. Zum
anderen beginnt der Druckgradient von Südwesten her deutlich aufzufächern, was
dem Wind wenig bis gar nicht zuträglich ist. Folgerichtig wird er in den meisten
Regionen immer schwächer, lediglich im Nordosten und dort besonders an der Küste
sowie im küstennahen Binnenland bleibt er - aus westlichen Richtungen kommend -
mindestens bis zum Abend spürbar unterwegs mit Böen 7 Bft, an der See 8 Bft,
exponiert 9 Bft. Auch in einigen Hochlagen muss anfangs noch mit Böen 8 bis 9
Bft gerechnet werden.
Ansonsten entwickeln sich in der frisch eingeflossenen maritimen Polarluft (T850
bis -5°C) bei wechselnder Bewölkung ein paar wenige Schauer (etwas Höhenkaltluft
ist vorhanden), die in den Hochlagen der Mittelgebirge mit Schnee vermischt sein
können. Sonnige Abschnitte stehen auch auf der Tagesordnung, wobei die Chancen
dafür vom Emsland bis nach Schleswig-Holstein am besten sind.
Die Temperatur erreicht Höchstwerte von 7 bis 10°C, im Süden hier und da noch
mal etwas darüber, im höheren Bergland darunter.

In der Nacht zum Mittwoch verlagert sich der Schwerpunkt des Zwischenhochs mit
etwas unter 1030 hPa in Richtung Tschechien/Slowakei. Der Rücken hinkt nach wie
vor hinterher, was über dem Vorhersageraum eine relativ glatt konturierte
nordwestliche Höhenströmung zur Folge hat. Die den Rücken überlaufende WLA
greift mit mehrschichtiger Bewölkung allmählich auf die westlichen Landesteile
über, bis zum Morgen bleibt es aber wahrscheinlich noch trocken (da gab es in
der jüngsten Vergangenheit weit offensivere Simulationen, vor allem von ICON und
GFS).
Ganz niederschlagsfrei bleibt es denn aber doch nicht. Einerseits kommt es an
den Alpen noch immer zu Schauern, die wohl nur oberhalb von 1200 bis 1500 m als
Schnee fallen (kaum Schneezuwachs). Und auch an und auf der See entwickeln sich
einzelne Regenschauer. Ansonsten klart es vielerorts auf, besonders im Süden
bildet sich hier und da Nebel oder Hochnebel. Darüber hinaus geht die Temperatur
verbreitet auf 0°C oder in den leichten Frostbereich zurück (Ausnahme Küste
sowie gebietsweise Westen und Süden), was im Süden die Gefahr gefrierender Nässe
heraufbeschwört.
An der Ostsee nimmt der anfangs noch frische, in Böen steife bis stürmische
westliche Wind immer weiter ab.

Mittwoch ... gelangt Deutschland auf die Westflanke des Bodenhochs. Der
nachfolgende Höhenrücken erfasst - mit gebührendem Abstand zum Bodenhoch - die
westlichen Landesteile, wobei er weiterhin von WLA überlaufen wird. Sie kündigt
die Annäherung einer Warmfront an, die Bestandteil eines atlantischen
Frontensystems ist. Das zugehörige Tief, in den Modellläufen der vergangenen
Tage extrem progressiv simuliert, schafft es bis Mittag vom Seegebiet
west-südwestlich Irlands gerade mal bis zur Irischen See, um Mitternacht via
Südengland die Doggerbank zu erreichen.
So verwundert es nicht, dass vor allem der Osten, aber auch Teile
Norddeutschlands noch stark antizyklonal geprägt sind, was sich in Wolkendefizit
ergo zeitweiligem Sonnenschein äußert. Besonders von Sachsen bis hoch zur Ostsee
könnte die Präsenz der Sonne - also die für den Menschen auf der Erde sichtbare
- von längerer Dauer sein. Auf die Temperatur wirkt sich das aber nur bedingt
aus, mehr als 4 bis 7°C stehen am frühen Nachmittag nicht auf dem Thermometer.
Ansonsten verdichtet sich die Bewölkung von Südwesten her und gebietsweise fällt
im Westen leichter Regen oder Nieselregen. Auch an den Alpen kann es anfangs
noch etwas regnen oder schneien, wobei die Schneefallgrenze allmählich ansteigt.

Zwar lebt der aus dem Sektor Ost bis Süd kommende Wind im Tagesverlauf etwas
auf, bis auf ein paar wenige exponierte Hochlagen dürften aber keine Warnungen
fällig werden.

In der Nacht zum Donnerstag wandert der Höhenrücken über Deutschland
ost-südostwärts hinweg, wobei seine Amplitude immer flacher wird. Letztlich
greift sogar noch ein kurzwelliger Sekundärtrog auf den Westen über, so dass das
gesamte Setup in der Höhe zusehends zyklonaler wird. Am Boden sieht das übrigens
nicht groß anders aus, kommt doch die Warmfront des besagten Tiefs (LUANA)
weiter nordostwärts voran, wodurch sich auch die Niederschläge über weite Teile
des Landes ausbreiten. Ob das schon der Anfang einer neuen, über mehrere Tage
anhaltenden Dauerregenlage ist oder diese (wie es der Verfasser aufgrund der
großen Pause am Donnerstag favorisiert) erst in der Nacht zum Freitag losgeht,
sei aktuell noch dahingestellt. Fakt ist, dass im Osten und Südosten noch
Kaltluft mit negativen Temperaturen vorhanden ist bzw. mit dem Südostwind
angezapft wird, was die Gefahr von gefrierendem Regen mit Glatteis birgt.
In exponierten Hochlagen erreicht der Süd- bis Südostwind in Böen Sturmstärke
(8-9 Bft).

Donnerstag ... regeneriert sich die Frontalzone mit west-nordwestlichen
Höhenwinden über Deutschland. Am Boden setzt sich mit Ausnahme des Ostens (dort
noch längere Zeit S-SO-Wind) ein südwestliche Grundströmung durch, mit der milde
Atlantikluft advehiert wird (T850 hoch auf 2 bis 5°C). Bei guter Durchmischung
steigt die Temperatur im Westen und Südwesten in den zweistelligen Bereich,
während sich die Erwärmung im Osten schwer tut (nur 3 bis 6°C). Zwar lassen die
Regenfälle nach (anfangs im äußersten Osten noch Glatteisgefahr), es bleibt aber
wolkenverhangen ohne Aussicht auf größere und länger weilende Auflockerungen.
Besonders in den Hochlagen des Berglands erreicht der SW-Wind die untere
Warnschwelle (7 Bft), in exponierten Kamm- und Gipfellagen auch etwas mehr (8-9
Bft).


Modellvergleich und -einschätzung
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Der Zwischenhocheinfluss von Dienstag zu Mittwoch ist unstrittig. Der
nachfolgende nächste zyklonale Schritt wurde nun auch von ICON erheblich
gebremst und in Richtung IFS-Lösung gesteuert.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann