DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

02-12-2018 18:01
SXEU31 DWAV 021800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Sonntag, den 02.12.2018 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Westwetterlage mit Wind/Sturm, Regen (mit Unterbrechungen) und kurzen Gewittern.
Am Dienstag zunehmender Zwischenhocheinfluss

Synoptische Entwicklung bis Mittwoch 12 UTC
-------------------------------------------------------------
Aktuell ... befindet sich Deutschland unter der relativ glatt konturierten,
zonal ausgerichteten Frontalzone, die vom mittleren Nordatlantik kommend bis zum
nahen Osteuropa verläuft, wo sie nach Norden abwinkelt. Das Maximum der
Isohypsendrängung liegt über dem Seegebiet westlich von Frankreich, wo sich ein
ausgeprägter Jet finden lässt. Dieser Jet verlagert sich im Laufe der Nacht
sukzessive nach Osten, so dass Mitteleuropa im Allgemeinen auf seine diffluente
Vorderseite, Deutschland im Besondern unter seinen hebungsgünstigen linken
Ausgang gelangt.
Auch im Bodenniveau dominiert eine recht flotte südwestliche bis westliche
Anströmung, die von einem mehrkernigen Tiefkomplex nord-nordwestlich von uns und
hohem Luftdruck über Südeuropa generiert wird. Interessant dabei, dass die o.e.
Abwinkelung der Strömung beim Bodenwind deutlich weiter westlich erfolgt.
Entsprechend wehte heute im Osten und Südosten kein warmluftbringender
Südwestwind, sondern Südost-, in Teilen Bayerns sogar Ostwind. Das erklärt recht
eindrucksvoll, warum die Temperatur im westlichen Drittel des Landes heute
verbreitet in den zweistelligen Bereich katapultiert wurde, während weiter im
Osten thermisch auf Sparflamme gekocht wurde (Teile Ober- und Niederbayerns
sowie der Oberpfalz nur wenig über 0°C). Im Erzgebirge wurde aus dem Böhmischen
Becken sogar etwas Frostluft angezapft, was dort eine vorübergehende
Glatteiswarnung zur Folge hatte.
Stellt sich also die Frage, wie es wettertechnisch in der Nacht zum Montag
weitergeht. Mit der west-südwestlichen Grundströmung wird weiterhin milde
Atlantikluft advehiert, die nun aber step by step etwas labiler wird (in der
mittleren Troposphäre etwas stärkere Abkühlungsrate als weiter unten). Angefacht
durch die o.e. Hebungsprozesse kommt es zu schauerartigen Regenfällen, die sich
ostwärts ausbreiten und im Süden bzw. in der Mitte tendenziell stärker
ausfallen als im Norden. Besonders in den Staulagen der betroffenen
Mittelgebirge und des Allgäus können akkumuliert über 12 h 10 bis 15 mm, in
exponierten Staulagen auch um oder etwas über 20 mm Regen zusammenkommen
(entsprechende Dauerregenwarnungen laufen). Bei dem schauerartigen Regen sollte
man sich nicht wundern, wenn es hier und da auch mal kurzzeitig blitzt und
donnert. Mit der Labilisierung der Luftmasse wird vor allem nach Westen hin
etwas MU-CAPE generiert, die konvektive Umlagerungen im Rahmen! ermöglichen;
Gewitterteppiche, wie sie von z.B. von ICON für West- und Südwestdeutschland
angeboten werden, erscheinen allerdings arg weit hergeholt.
Wie auch immer, bei Höhenwinden von bis zu 45 Kt (heute Mittag bereits zwischen
950! und 850 hPa im Essener Temp gemessen) können bei kurzen Gewittern oder
kräftigen Schauern durchaus stürmische Böen 8 Bft, vereinzelt sogar Sturmböen 9
Bft auftreten. Unabhängig von der konvektiven Komponente lässt sich über den
Südwestwind (auch im Osten und Südosten erfolgt eine ganz allmähliche
Rechtdrehung) sagen, dass er am Abend in tiefen Lagen (wo er bisher ohnehin
nicht allzu offensiv aufgetreten ist) vorübergehend nachlässt, um in der zweiten
Nachthälfte von Westen her langsam wieder zuzulegen. Besonders in freien und in
Leelagen der Mittelgebirge sowie an der Nordsee muss dann mit Böen 7 Bft
gerechnet werden. In exponierten Hochlagen des Berglands bleibt es durchweg
stürmisch mit Böen 8-9 Bft, auf dem Blocksberg sowie dem schwarzwälder Feldberg
bis 10 Bft.
Frost respektive Glätte dürften auch im Erzgebirge und im Bayerischen Wald kein
Thema mehr sein, da die Temperatur mit der graduellen Winddrehung zwar langsam,
aber doch kontinuierlich steigt.

Montag ... bleibt die Grundausrichtung der Großwetter-, ergo die Westwetterlage
erhalten. Da der Jet unter Abschwächung etwas nach Südwest kippt, fällt
Deutschland zusehends aus dem "Left-exit-Bereich" heraus, was einen Rückgang
dynamischer Hebungsprozesse bzw. deren Verlagerung nach Süden zur Folge hat.
Trotzdem kommt es vornehmlich in der Südhälfte zu weiteren, schauerartig
verstärkten und - möglicherweise - mit einzelnen kurzen Gewittern durchsetzten
Regenfällen. In einigen Staulagen werden 10 bis 20 mm/12 h, vereinzelt auch
etwas mehr erwartet, was von den bis Dienstag andauernden Dauerregenwarnungen
erfasst wird. Die Niederschläge gehen zu einem Großteil auf eine über
Süddeutschland schleifende Okklusion bzw. Kaltfront zurück, die wiederum zu
einem kleinen Tief (KERRIN) gehört, das von der nördlichen Nordsee kommend über
Südnorwegen gen Schweden zieht. Dieses Tief hat noch einen zweiten Pfeil im
Köcher, nämlich eine "echte" Kaltfront, die am Naschmittag von der Nordsee her
auf den Norden und Nordwesten übergreift. Sie führt rückseitig einen Schwall
etwas kälterer (T850 um 0°C), aber auch trockenerer Subpolarluft heran. Trotz
einiger Schauer bleibt der Norden tagsüber gegenüber den anderen Landesteilen
zurück, gebietsweise bleibt es sogar (weitgehend) trocken.
Der Südwestwind frischt mit Unterstützung des Tagesgangs allgemein wieder auf,
bevor sich ab dem Nachmittag eine allmähliche Gradientauffächerung bemerkbar
macht. In der Mitte und im Süden kommt es z.T. bis in tiefe zu 7er-Böen, bei
konvektiven Nadelstichen lokal 8 Bft. Das höhere Bergland ist je nach Exposition
mit Böen 8-10 Bft am Start, auf dem Brocken, dem Feldberg sowie anfälligen
Alpengipfeln sind sogar orkanartige Böen 11 Bft möglich.
In Norddeutschland ist der Wind zwar auch spürbar unterwegs, warnwürdige Böen
der Kategorie 7-8 Bft dürften sich aber im Wesentlichen auf die Nordsee, im
weiteren Verlauf auch auf die Ostsee und das jeweilige küstennahe Binnenland
beschränken.
Während in der Südhälfte der Wolkendeckel ziemlich konsequent geschlossen
bleibt, deuten sich weiter nördlich wenigstens ein paar Lücken an. So oder so,
die neue Woche startet mild mit tageshöchstwerten von 10 bis 15°C, im Südwesten
lokal sogar noch etwas darüber. Einstellig bleibt es lediglich im höheren
Bergland.

In der Nacht zum Dienstag orientiert sich Tief KERRIN unter leichter Vertiefung
in Richtung Bottenbusen, wo es wohl aber erst im Laufe des Dienstags ankommt.
Auf der anderen Seite formiert sich über dem Ostatlantik ein weiteres Tief, das
mit einem scharfen, positiv geneigten Höhentrog korrespondiert. Vorderseitige
kräftige WLA sorgt für den Aufbau eines flachen Höhenrückens respektive eines
Zwischenhochs, die aber beide erst tagsüber ihren Fuß in die deutsche Tür
bekommen.
Zunächst mal geben aber noch die o.e. Kaltfront, die weiter landeinwärts
vorstößt, und die schleifende Front im Süden, die noch mal wellenartig
ausschlägt, den Ton an. Wettertechnisch bedeutet das verbreitet schauerartig
verstärkte, im Süden auch länger andauernde und durchaus ergiebige Regenfälle,
in denen auch kurze Gewitter (präfrontal und an der Kaltfront) nach wie vor
nicht ausgeschlossen werden können. Im Süden kommen gebietsweise 10 bis 20 mm
innert 12 h zusammen, im Stau lokal auch etwas mehr. Aus heutiger Sicht besteht
aber kein Anlass, an der bestehenden Warnstrategie etwas zu ändern.
Noch ein, zwei Sätzchen zum Wind, der an der See auf West bis Nordwest dreht und
dabei in Böen weiterhin Stärke 7-8 Bft erreicht. Ansonsten bleiben die Mitte und
der Süden wind- und sturmanfällig, vor allem das Bergland und freie Lagen. Auch
an der Kaltfront kann der Wind mit Drehung von SW auf NW kurzzeitig stark böig
auffrischen (6-7 Bft).

Dienstag ... erreicht Sturmtief KERRIN wie gesagt den Bottnischen Meerbusen,
während sich gleichzeitig von Frankreich her der Flache Höhenrücken und das
korrespondierende Zwischenhoch in den Vorhersageraum vorarbeiten - mit zwei
wesentlichen Konsequenzen: zum einen verlagern sich die Regenfälle in
Süddeutschland unter Abschwächung mehr und mehr an und in die Alpen zurück, so
dass die Dauerregenwarnungen auslaufen oder vorzeitig aufgehoben werden können.
Zum anderen beginnt der Druckgradient von Südwesten her deutlich aufzufächern,
was dem Wind wenig bis gar nicht zuträglich ist. So wird er in den meisten
Regionen immer schwächer, lediglich im Nordosten und dort besonders an der Küste
sowie im küstennahen Binnenland bleibt er - aus westlichen Richtungen kommend -
mindestens bis zum Abend prominent unterwegs mit Böen 7 Bft, an der See 8 Bft,
exponiert 9 Bft. Auch in und an den Alpen sowie im südlichen Alpenvorland muss
zunächst noch mit Böen 7 Bft, in höheren Lagen 8 bis 9 Bft gerechnet werden.
Darüber hinaus sei noch zu erwähnen, dass die Sonne besonders im Norden gute
Chancen bekommt, sich in Szene zu setzen. Allerdings wird es in der frisch
eingeflossenen subpolaren Meeresluft (T850 um -4°C) nicht wärmer als 7 bis 10°C,
was mit Verlaub aber alles andere als kalt ist. Im Süden werden trotz
zahlreicher Wolken vielerorts zweistellige Tageshöchstwerte angesteuert.

In der Nacht zum Mittwoch wandert der Höhenrücken unter Abflachung recht zügig
über den Vorhersageraum hinweg, was auch für das korrespondierende Bodenhoch
gilt. Gleichzeitig verlagert sich das ostatlantische, inzwischen stark
elliptisch verformte Tief in Richtung Keltische See respektive Südengland. Weit
vorauseilende, den flachen Rücken überlaufende WLA kündigt die Annäherung der
zugehörigen Warmfront an, die über Frankreich nordostwärts schwenkt. Auf ihrer
Vorderseite setzen im Westen und in Teilen der Mitte leichte Regenfälle ein, in
höheren Lagen fällt anfangs etwas Schnee. Nach Osten hin bleibt die Nacht
trocken und zudem vielfach gering bewölkt oder klar, was bei schwachen
Windverhältnissen leichten Frost bedeutet. An der Ostsee betreibt der Wind
weiterhin Rückzugsgefechte, und ob es auf den Bergen schon wieder für Wind- oder
Sturmböen reicht (aus Südosten), ist noch fraglich.

Mittwoch ... ist die Entwicklung weiterhin sehr unsicher, was u.a. in der
Konsistenz von ICON, aber auch im allgemeinen Modellvergleich begründet ist. Der
jüngste Lauf von ICON von heute 12 UTC jedenfalls lässt das inzwischen stark
verformte Bodentief (lang und schmal, dazu zonal ausgerichtet) im Laufe des
Nachmittags von Benelux her auf Westdeutschland übergreifen. Der Kerndruck soll
dabei wenig unter 1010 hPa betragen, was rund 10 hPa mehr wäre als in den
jüngsten Vorläufen, wo das Tief am Abend bereits den Nordosten (06-UTC-Lauf)
oder sogar Polen (00-UTC-Lauf) erreicht haben sollte. Zum Vergleich: GFS von 12
UTC positioniert genau dieses Tief für 18 UTC über die Doggerbank (etwas unter
1005 hPa), also etwa 600 bis 700 km weiter nordwestlich als ICON. Da der Trend
von ICON zumindest ansatzweise in Richtung externe Modelle geht und damit hin zu
einer defensiveren Variante, sollte diese auch favorisiert werden, wie immer sie
im Detail letztlich auch aussehen wird.
Der Verfasser verzichtet nicht zuletzt aufgrund sonntäglicher Bequemlichkeit und
der schon fortgeschrittenen Zeit darauf, an dieser Stelle die verschiedenen
Szenarien, die sich aus den unterschiedlichen Tiefpositionen ergeben, zu
beschreiben und verweist auf die Übersichten von Montag in der Hoffnung auf
weitere Annäherung der Numerik. Vielen Dank für das Verständnis!


Modellvergleich und -einschätzung
----------------------------------------------------------------
Eigentlich ist alles gesagt. Ach ja, die Eintracht liegt zur Pause 0:1 zurück
vs. WOB, das gab es schon lange nicht mehr.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann