DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

01-12-2018 18:30
SXEU31 DWAV 011800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 01.12.2018 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Verbreitet lang anhaltende Regenfälle, gebietsweise Dauerregen. Zeitweise
windig, auf den Bergen stürmisch, in Gipfellagen schwerer Sturm, auch dem
Brocken orkanartige Böen. Frost nur in der Nacht zu Sonntag und nur im Südosten.


Synoptische Entwicklung bis Dienstag 12 UTC
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Aktuell ... liegt Deutschland auf der Rückseite eines Langwellentroges in 500
hPa, dessen Achse sich vom Nordmeer über den Süden Skandinaviens bis nach
Osteuropa erstreckt. Auf dessen Rückseite setzt sich in Deutschland im Laufe der
Nacht zunehmend eine westliche Höhenströmung durch, die über dem Osten
Deutschlands einen flachen Höhenrücken ausbildet, dessen Achse allerdings bis in
die Morgenstunden Deutschland schon wieder in Richtung Polen verlassen haben
wird. Das mit dem Höhenrücken verbundene Absinken kann daher vom Erzgebirge bis
zur Ostsee nur vorübergehend für Absinken und damit für Auflockerungen bzw.
Aufklaren sorgen. Bis zum Morgen werden sich die Wolken von Westen wieder
verdichten, so dass dann dort, wie vorher schon im übrigen Land, dichte Wolken
vorherrschen. Die Bewölkung ist dabei kräftiger WLA geschuldet, die sich im
Vorfeld eines Tiefdruckkomplexes bei den Britischen Inseln bis in den Osten
Deutschland vorarbeitet. Der Tiefkomplex weist dabei mehrere Kerne auf, wobei
der kräftigste in der Nacht vom nahen Ostatlantik auf den Norden Irlands
übergreift und am Morgen einen Kerndruck von etwa 985 hPa aufweist. Das ihm
vorlaufende, schwächere Teiltief zieht in der Nacht von den Britischen Inseln in
die nördliche Nordsee und weist dann einen Kerndruck von etwa 990 hPa auf. Auf
der Südflanke des Teiltiefs lässt sich eine deutliche zyklonale Isobarenkrümmung
ausmachen, und da rückseitig dieser Isobarenkrümmung die Theta-Werte deutlich
ansteigen, kann man durchaus von einem frontalen Charakter in diesem Bereich
sprechen, was in der Bodenkarte in der Analyse einer Warmfront gipfeln könnte.
Im Vorfeld der Warmfront verschärft sich der Gradient im Westen und später auch
im Osten schon etwas, so dass in den Hochlagen der Mittelgebirge von West nach
Ost mit einem Aufleben des Südwestwindes und in der Folge mit Windböen und
einzelnen stürmischen Böen, in den Gipfellagen von Brocken und Schwarzwald auch
mit Sturmböen gerechnet werden muss. Im Westen greifen die Windböen ausgangs der
Nacht dann auch schon in tiefere Lagen durch. Da sich mit dem Aufleben des
Windes zunehmend auch mildere Luftmassen von Westen her durchsetzen (dort
steigen im Laufe der Nacht die 850er Temperaturen von etwa 2 auf etwa 8 Grad
an), ist in der Westhälfte bei Tiefstwerte um 5 Grad Frost, auch in den
Hochlagen, kein Thema mehr. In der Osthälfte kann es bei o.e. Aufklaren und
anfangs noch schwachem bis mäßigen Wind zumindest in die Nähe des Gefrierpunktes
gehen, Frost sollte aber allenfalls lokal in geschützten Lagen auftreten, und da
auch dort die 850er Temperaturen im Laufe der Nacht (von etwa 0 auf etwa 4 Grad)
steigen, ist der allenfalls gering wahrscheinliche Frost eher in der Nachtmitte
als in den Frühstunden ein Thema. Damit bleibt als frostige Ecke nur der
Südosten übrig, wo die Milderung insgesamt am zögerlichsten einsetzt und damit
verbreiteter mit leichtem Frost zu rechnen ist. Die WLA und das Aufgleiten im
Vorfeld der Warnfront sorgen darüber hinaus dafür, dass um Westen und Südwesten
ausgangs der Nacht Regen einsetzt, der den Beginn eines recht regnerischen
Witterungsabschnittes einläutet. Entsprechend sind schon erste
Dauerregenwarnungen aktiv, und weiter werden folgen. In dieser Gemengelage
bildet sich Nebel am ehesten im kalten und windschwachen Südosten, ansonsten
dürften die Lufttrübungen allenfalls lokal Warnungen (Sichtunter 150 Meter) nach
sich ziehen, wobei höhere Mittelgebirgsgipfel in die Wolkendecke hineinragen
dürften.

Sonntag ... werden die Reste des 500-hPa-Höhenrückens nach Polen abgedrängt, so
dass sich über Deutschland allgemein eine glatte, westliche und kräftige
Höhenströmung durchsetzt. In der Nacht zu Montag dreht diese zögerlich auf
Südwest, was mit der Ausbildung einer schwachen Trogstruktur über der Nordsee
und den Britischen Inseln zusammenhängt, auf dessen Vorderseite Mitteleuropa
zunehmend gelangt. Da damit die Höhenströmung auch leicht diffluent wird, sorgt
das Muster der Höhenströmung für leichten Hebungsantrieb. Im Bodendruckfeld
zieht das erste, schwächere Tief am Tage über die Deutsche Bucht hinweg zum
Kattegat, in der Nacht erreicht es dann die mittlere Ostsee, wobei es sich im
Zuge der Verlagerung deutlich abschwächt und im Druckfeld eigentlich nur noch
anhand des mit ihm verbundenen Bodentroges erkennbar ist. Der zweite, etwas
kräftigere Kern, der den Kampf um den tiefsten Druckwert nur knapp gegen
weitere, teils nur zeitweise erkennbare Tiefkerne gewinnt, zieht ebenfalls nach
Ostnordost, hat ausgangs der Nacht den Skagerrak bzw. den Oslofjord überquert
und Südschweden erreicht. Zu diesem Zeitpunkt wird es als stärkstes Tief schon
wieder von einem neu entstandenen über der nördlichen Nordsee abgelöst. Im Zug
dieser Tiefdruckbewegungen überquert uns die an das erste Tief gekoppelte
Warmfront nach Osten, das Frontensystem des zweiten Tiefs greift nachfolgend bis
in die Mitte über. Auf der Südflanke der Tiefs bzw. des Tiefkomplexes bildet
sich über Deutschland ein scharfer Druckgradient und in der Folge eine sehr
kräftige westliche bis südwestliche Strömung aus, die im Tagesverlauf ihr
Maximum erreicht. In der Nacht zu Montag wird der Gradient schon wieder etwas
auseinander gezogen, so dass der Wind ein wenig nachlässt. Am Tage sind aufgrund
dieser Konstellation im Westen, Südwesten und Teilen der Mitte Windböen bis ins
Flachland zu erwarten, auf den Bergen muss mit stürmischen Böen oder Sturmböen
gerechnet werden, exponierte Gipfel können mit schweren Sturmböen und vereinzelt
wohl auch mit orkanartigen Böen aufwarten. In der Nacht lässt der Wind zwar
geringfügig nach, an der beschriebenen Spreizung der Böen (im Flachland teils
Bft 7, allerdings weniger verbreitet als am Tage, auf dem Brocken orkanartige
Böen) ändert sich jedoch nichts. Vielmehr kommt es nunmehr auch an der Nordsee
zu steifen Böen, was einer leichten Drehung des Windes auf Westnordwest
geschuldet ist, so dass dieser eher auflandig weht. Erkennbar ist dabei
insgesamt ein allmähliches Auseinanderlaufen der Modelle, das böenaffine EZMW
bietet in der Nacht bis zu einem Bft mehr als ICON und seine Derivate.

Bezüglich des Regens kristallisieren sich bei ICON die Schwerpunkte im Süden
heraus, wobei im 24-stündigen Zeitintervall bis Montag 06 UTC die Saar, ein
Streifen vom Odenwald bis zum Vogelsberg, der Südschwarzwald, das Allgäu und
Teile Ostbayerns herausgearbeitet werden. Die Niederschlagssummen sollen dabei
in der Spitze knapp unter 40 mm liegen. EZMW und GFS sehen auch eine
regenintensive Phase, wobei die Niederschlagsspitzen bei EZMW etwa so hoch
liegen wie bei ICON, bei GFS sind sie etwas niedriger. Erwähnt werden muss dabei
auch, dass die Labilität der Schichtung ebenso wie das schwache Andeuten von
CAPE durchaus auch das Auftreten von Gewittern andeuten.


Bei der ins Haus stehenden Dauerregensituation müssen allerdings auch die
Niederschläge am Montag und teils noch am Dienstag berücksichtigt werden, was
bei den schon laufenden Warnungen der Fall ist.

Mit der Westströmung greift die Milderung auch auf den Südosten aus. Die 850er
Temperaturen liegen am Abend meist zwischen 4 und 6 Grad, in der Nacht wird in
den Nordwesten vorübergehend etwas kühlere Luft eingesteuert, so dass sich dort
die entsprechenden Werte ausgangs der Nacht um 2 Grad einpendeln. Frost ist in
der lebhaften und milden westlichen Strömung nicht zu erwarten, in den Bereich
knapp über dem Gefrierpunkt sinken die Werte allenfalls im Südosten. Dort ist
auch wieder am ehesten mit Nebel zu rechnen, da der Gradient dort etwas weiter
aufgefächert ist und der Wind schwächer weht. Ansonsten ist Nebel erneut nur
durch aufliegende Wolken zu erwarten, dunstig-trübe dürfte es aber aufgrund der
verbreiteten Regenfälle am Tage recht verbreitet werden.

Montag ... wird die anfangs noch etwas diffluente 500er-Höhenströmung wieder
etwas glatter, wobei sie anfangs eine westlich, in der Nacht zu Dienstag dann
eine nordwestliche ist, unter gleichzeitiger erneuter Zunahme der Diffluenz. Das
o.e. "neue" Tief über der Nordsee zieht bis zum Dienstagmorgen ebenfalls nach
Schweden, wobei am Tage über Deutschland eine westliche bodennahe Strömung
vorherrscht, bei der der Gradient zunehmend auffächert, mit Ausnahme des
Südwestens. Aus dieser Konstellation leitet EZMW im Südwesten Windböen bis ins
Flachland und schwere Sturmböen auf den Schwarzwaldgipfeln ab. ICON ist
diesbezüglich zurückhaltender, bei diesem Modell sollten im Flachland keine
warnwürdigen Böen auftreten, und auf den Gipfel erscheinen einzelne Sturmböen
das höchste der Gefühle. Im Bodendruckfeld ist an das Tief eine Kaltfront
gekoppelt, die sich anhand des Bodentroges über der Nordsee sehr gut ausmachen
lässt. Sie greift bis zum Morgen auf die Nordwesthälfte Deutschlands über, womit
auf ihrer Rückseite der Wind auf Nordwest dreht. In einem Bodenkeil, der sich
von Südfrankreich über die Irische See und weiter nach Nordwesten erstreckt wird
sie rückläufig und bildet dann die Warmfront eines kräftigen Tiefs über dem
zentralen Nordatlantik. Während am Tage die 850er Temperaturen weiterhin
durchweg im positiven Bereich liegen, sinken sie in der Nacht postfrontal wieder
in den negativen Bereich. Voraussichtlich reicht dies aber nicht dafür, dass in
der Nacht Frost auftritt, wenngleich nach aktueller Modelllesart der Nordwesten
mit Minima um 5 Grad ausgangs der Nacht zu Dienstag die kälteste Region
Deutschlands darstellen sollte, wogegen bezüglich des Nebels wohl eher wieder
der Südosten vorne liegt.
Bezüglich des Niederschlages verlagern sich die Schwerpunkte nach Süden,
bedingt durch den in der zyklonalen Westströmung Schleifenden Frontenzug, wobei
die Schleifzone sich dann eben mehr und mehr nach Süddeutschland verlagert. ICON
wie auch GFS und EZMW sehen die höchsten Niederschläge am und südlich des Mains.
ICON arbeitet als Schwerpunkte den Schwarzwald, das Allgäu und die
ostbayerischen Mittelgebirge heraus, die 24-stündigen Summen sollen erneut um 40
mm liegen. GFS koppelt die Niederschläge weniger an die Orografie, stattdessen
arbeitet dieses Modell einen breiten Streifen vom Schwarzwald bis nach
Niederbayern heraus, in dem in der Spitze bis zu 50 mm fallen sollen. EZMW
dagegen ist insgesamt zurückhaltender und hat nur noch ganz punktuell im
Schwarzwald 24-stündige Mengen über 30 mm in Programm. Da aber, wie oben schon
erwähnt, der Gesamtzeitraum des Dauerregenereignisses betrachtet werden muss,
liefert auch EZMW Signale für Dauerregen.

Dienstag ... liegt Deutschland zunächst noch im Einflussbereich eines
Höhentroges, der im Tagesverlauf rasch ostwärts abzieht. Das zugehörige
Bodentief verlagert sich mit seinem Zentrum von Schweden Richtung Finnland.
Dessen Ausläufer bringen zunächst gebietsweise noch etwas Regen, bevor sich im
Tagesverlauf von Westen zunehmend der Einfluss eines Zwischenhochs bei
uns durchsetzt und für eine Wetterberuhigung sorgt.




Modellvergleich und -einschätzung
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Die Entwicklung sehen die Modelle insgesamt sehr ähnlich, kleinere Unterschiede
bezüglich der Zugbahnen und Verlagerungsgeschwindigkeiten der Druckgebilde sind
zu erwarten, ebenso wie Detailunterschiede bei kleinräumigen und kurzlebigen
Tiefs.

Bezüglich der Windprognosen liegt EZMW deutlich vor ICON, was auch für GFS
gilt, wobei letzteres insbesondere auch an den Küsten länger und verbreiteter
Wind- und Sturmböen vorhersagt, einer Region, die ICON und EZMW bezüglich
warnwürdiger Böen eher stiefmütterlich behandeln. Auf Modellunterschiede
bezüglich der Niederschläge wurde im Text eingegangen.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Martin Jonas