DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

30-11-2018 10:01
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 30.11.2018 um 10.30 UTC



Wechselhaft, windig mit Sturmböen, viel Regen und mild. Erst am zweiten
Adventswochenende Temperaturrückgang und Niederschläge als Schnee.
__________________________________________________________

Synoptische Entwicklung bis zum Freitag, den 07.12.2018


Über Mitteleuropa hat sich bereits am Wochenende eine Westströmung eingestellt,
mit welcher vom Atlantik milde Luft herangeführt wird. In diese Strömung ist ein
Trog eingelagert, der bis Dienstagmittag das Vorhersagegebiet weitgehend
überquert. Das korrespondierende Bodentief, das Skandinavien überquert, bewirkt
eine Gradientzunahme, was den Wind auffrischen lässt. An der Küste und im
höheren Bergland können dann stürmische, in exponierten Lagen Sturmböen
auftreten. Mit dem Frontenzug dieses Tiefs sind teils länger andauernde
Niederschläge zu erwarten. In Staulagen können die Schwellenwerte für Dauerregen
überschritten werden.
Am Dienstag und anfangs auch noch in der Nacht zum Mittwoch bewirkt ein
Zwischenhoch, das durch einen flachen Höhenrücken gestützt wird, eine
vorübergehende Wetterberuhigung, bevor am Mittwoch erneut ein Frontensystem mit
Niederschlägen übergreift, das an ein Tief über den Britischen Inseln gekoppelt
ist. Mit der Verlagerung dieses entwicklungsgünstig liegenden Tiefs in die
Nordsee verschärft sich ab der zweiten Tageshälfte des Mittwochs der Gradient,
so dass dann Sturmböen im Bergland und in der Nacht zum Donnerstag auch an der
Küste dann wahrscheinlicher werden. Exponiert besteht dann die Gefahr schwerer
Sturmböen. Dabei ist die Entwicklung und Verlagerung des Tiefs noch unsicher.
Im Laufe des Donnerstags setzt sich erneut Zwischenhocheinfluss durch, bevor in
der Nacht zum Freitag eine Warmfront mit Niederschlägen übergreift. Am Freitag
entwickelt sich aus einer Welle ein Sturmtief, das nach Südengland gesteuert
wird. Vorderseitig setzen von Westen erneut Niederschläge ein, die sich rasch
ostwärts ausweiten.
Diesem Sturmtief (sollte sich eine derartige Entwicklung einstellen) gilt auch
im erweiterten mittelfristigen Vorhersagezeitraum unsere Aufmerksamkeit. Den
Höhepunkt soll dieses Tief über der Doggerbank erreichen und nachfolgend rasch
sich nach Nordwestdeutschland verlagern. An dessen Südflanke sind bis in tiefe
Lagen stürmische Böen vorstellbar, im Bergland muss dann durchweg mit Sturmböen,
exponiert mit schweren Sturm- und orkanartigen Böen gerechnet werden. Mit der
Verlagerung des Tiefs über Polen hinweg nach Osteuropa wird von Skandinavien
labil geschichtete Kaltluft angezapft, die dann nach Deutschland gelangt. Mit
dem gesamttroposphärisch erfolgenden markanten Temperaturrückgang gehen die
Niederschläge am Sonntag bis in mittlere Lagen und in der Nacht zum Montag dann
bis in die Täler und Niederungen in die feste Phase über und nehmen einen
schauerartigen Charakter an. Dabei bleibt am Sonntag der Gradient noch sehr
ausgeprägt, so dass zumindest im Bergland und an der See weiterhin Böen bis
Sturmstärke auftreten. In Kammlagen besteht Dann die Gefahr von Verwehungen. In
Verbindung mit kräftigeren Schauern sind auch in tiefen Lagen Sturmböen nicht
ganz auszuschließen.
__________________________________________________________

Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Bis einschließlich Mittwoch ist der aktuelle Lauf gegenüber weiter
zurückliegenden Modellläufen im Rahmen der Vorhersageunschärfe weitgehend
konsistent. Ab Donnerstag machen sich zusehends Phasenunterschiede bemerkbar. So
wird der Zwischenhocheinfluss, der am Donnerstag vom gestrigen 12 UTC-Modelllauf
noch erwartet wurde, um etwa 12 Stunden verzögert. Die am Freitag über den
Britischen Inseln einsetzende Sturmtiefentwicklung hatten die beiden gestrigen
Läufe noch nicht im Programm. Das setzt sich am zweiten Adventswochenende fort.
Dieses Tief bildet sich nach dem aktuellsten Modelllauf auch zusehends in
höheren Luftschichten ab, so dass sich eine nördliche bis steil nordwestliche
Strömung einstellt. Nach dem gestrigen 12 UTC-Lauf war eine erneute
Zonalisierung angedacht.
__________________________________________________________

Vergleich mit anderen globalen Modellen


Bis einschließlich Dienstag zeigen die verfügbaren Modelle eine ähnliche
Entwicklung. Prognoserelevante Unterschiede lassen sich bis dahin nicht
ableiten. Ab Mittwoch kommen zusehends Phasenunterschiede ins Spiel. EZMW und
das kanadische Modell lassen dann das nachfolgende Frontensystem langsamer
übergreifen als GFS und ICON. Bis Donnerstag weiten sich diese Phasendifferenzen
auf mehr als 12 Stunden aus. Während nach ICON und GFS am Donnerstag ein
Zwischenhoch seine Wirkung entfaltet, ist nach EZMW noch das über Nordpolen
liegende Tief wirksam.
Im erweiterten mittelfristigen Vorhersagezeitraum ist die Zyklogenese (Sturmtief
über Südengland) am nach EZMW am ausgeprägtesten. GFS verlagert dieses Tief
bereits in die mittlere Nordsee, nach ICON wäre eine offene Welle auf einer
etwas weiter südlich liegenden Zugbahn zu erwarten. Dies ist dem kanadischen
Modell ähnlich, wobei letzteres die Welle rascher verlagert.
Im erweiterten mittelfristigen Vorhersagezeitraum stellt sich nicht nur nach
EZMW, sondern auch nach dem Modell des kanadischen Wetterdienstes eine
nordwestliche bis nördliche Strömung an, wogegen nach GFS eher eine südliche
Westlage zu erwarten wäre.
__________________________________________________________

Bewertung der Ensemblevorhersagen


Das EPS des GFS folgt im wesentlichen dem hauseigenen deterministischen Lauf,
wobei der Spread vergleichsweise gering ist. Zwar lässt sich auch hier ein
leichter Temperaturrückgang ableiten. Dieser resultiert dann wohl eher aus einer
südlichen Westlage als aus einer erneuten Blockierung. Hinweise auf einen
Kaltlufteinbruch werden selbst für den Nordosten Deutschlands allenfalls von
Einzelmembern gezeigt.
Das EPS des EZMW folgt der oben beschriebenen Entwicklung, wobei der Spread
hauptsächlich durch unterschiedliche Phasenlagen zustande kommt. Bemerkenswert
ist der Temperaturrückgang, der mit dem zweiten Adventswochenende einsetzt.
Diesem widersetzen sich nur wenige EPS-Member. Allerdings ist in der erweiterten
Mittelfrist eine erneute Zonalisierung mit einer relativ weit südlich liegenden
Frontalzone, noch nicht vom Tisch, wenngleich nur etwa 1/3 der Einzellösungen
darauf setzen. Die Gefahr einer Sturmlage, die vom deterministischen Lauf
gesehen wird, ergibt sich auch anhand diverser (5 bis 10) EPS-Member und sollte
daher weiter im Auge behalten werden.
_________________________________________________________

Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


Hauptaugenmerk gilt dem Wind. Am Montag und in der Nacht zum Dienstag sind in
höheren Berglagen sowie an einigen Küstenabschnitten Böen bis Sturmstärke, in
exponierten Lagen schwere Sturmböen vorstellbar. Im Laufe des Dienstags sind
nach wie vor an der Küste einzelne Sturmböen nicht auszuschließen.
Nach einem vorübergehenden Abflauen lebt bereits in der Nacht zum Mittwoch im
Westen der Wind erneut auf, dort kann es in höheren Berglagen stürmische Böen
geben. Im Laufe des Mittwochs legt der Wind weiter zu, so dass dann im Bergland
Sturmböen, auf exponierten Berggipfeln schwere Sturmböen auftreten können. Diese
Situation dauert in der Nacht zum Donnerstag an. Am Donnerstag sind dann Böen
bis Sturmstärke an der Ostsee und in den östlichen Mittelgebirgen am
wahrscheinlichsten, wogegen nach Westen hin der Wind zusehends schwächer wird.
Als weiteres Ereignis für markante Warnungen kommen die Niederschläge in Frage.
Am Montag werden in den Staulagen der Gebirge (auch der Alpen) die Warnschwellen
für Dauerregen sehr wahrscheinlich überschritten. Punktuell können
unwetterartige Mengen erreicht werden. Am Mittwoch können in Verbindung mit
einer schleifend übergreifenden Front in Küstennähe die Schwellenwerte für
Dauerregen ebenfalls überschritten werden.
Betrachtet man einen längeren Akkumulationszeitraum, z.B. 72 Stunden, sind in
den Staulagen der westlichen, zentralen und süddeutschen Mittelgebirge sowie an
den Alpen unwetterartige Niederschlagssummen durch wiederholte
Niederschlagsereignisse eher vorstellbar. Im Schwarzwald und im Allgäu können
bis Wochenmitte durchaus um 100 mm Niederschlag zusammenkommen.
________________________________________________________

Basis für Mittelfristvorhersage
MOS(EZMW) + EPS
________________________________________________________


VBZ Offenbach / Dipl. Met. Thomas Schumann