DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

30-11-2018 09:01
SXEU31 DWAV 300800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 30.11.2018 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL: SW z
Im Osten und Südosten noch kalt mit der Gefahr gefrierenden Regens. Von Westen
zunehmend milder, ab Sonntag sehr mild und windig mit Dauerregengefahr im
Bergland.

Synoptische Entwicklung bis Sonntag 24 UTC
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Am Freitag... liegt Deutschland auf der Vorderseite eines Troges über dem
Ostatlantik, nördlich von Schottland befindet sich ein Zentraltief. Über
Russland zieht sich dagegen das kräftige Hoch, das von einer Brücke hohen
Geopotenzials östlich unseres Landes gestützt wird, langsam zurück. Damit liegen
wir im Übergangsbereich unterschiedlicher Luftmassen. Aus dem Südwesten
zugeflossene milde Atlantikluft hat sich in 850 hPa schon bis über den Osten
unseres Landes hinweg durchgesetzt, mit Werten bis +4 Grad. Im Westen, auf den
die Okklusionsfront eines Randtiefs des atlantischen Zentraltiefs übergegriffen
hat, geht die Temperatur in 850 hPa dagegen schon wieder gegen 0 Grad zurück.
Dort hat sich dagegen die milde Luft schon bis zum Boden durchgesetzt, mit
milden 10 Grad schon in den Frühstunden. Im Osten liegt dagegen Bodennähe noch
eine mächtige Kaltluftschicht, in der teils um -5 Grad gemessen werden. Von
Westen greifen im Vorfeld der Okklusion WLA und später auch PVA auf unser Land
über und lösen leichte bis mäßige Regenfälle aus, die auch auf den Osten
übergreifen, so dass Regen in die Kaltluft fällt und zu Glatteis führt.
Entsprechende Unwetterwarnungen wurden schon ausgegeben und werden wohl im Laufe
des Tages noch erweitert, wenn die Regenfälle noch weiter nach Osten vorankommen
und sich etwas intensivieren. In einigen Regionen, nach Westen hin und auch im
Norden Deutschlands, wo sich die Kaltluft bereits zurück zieht bzw. auch nur
sehr geringe Niederschläge fallen, wird nur vereinzelt mit Glatteisentwicklung
gerechnet und deswegen wurden nur ockerfarbene Warnungen ausgegeben. Ganz im
Osten, wo die Kaltluftschicht am mächtigsten ist, besteht die Möglichkeit, dass
die Verdunstung des fallenden Niederschlags ausreicht, die Atmosphäre so weit
abzukühlen, dass der Regen alsbald in Schnee übergeht. Dies wird am ehesten im
Lausitzer Bergland sowie im Bayerischen und Oberpfälzer Wald der Fall sein. Dann
sind dort bis 5 cm Neuschnee (auch bis in tiefe Lagen) bis Samstagfrüh zu
erwarten. Zwischen dem Hoch im Osten und dem Tief über dem Atlantik herrscht
aktuell noch ein recht starker Druckgradient, der in einigen Lagen des
Berglandes sowie an einigen Küstenabschnitten zu Windböen der Stärke 7 aus
Südost bis Süd führt. Auf dem Brocken gibt es noch Böen bis Stärke 9 aus
Südwest, im Osterzgebirge und im Lausitzer Bergland Böhmischen Wind mit Böen bis
Stärke 8. Im Tagesverlauf setzt aber mit Übergreifen der Okklusion nach Osten zu
etwas Druckfall ein und der Gradient fächert auf, so dass der Wind immer mehr
nachlässt.

In der Nacht zum Samstag zieht die Okklusion über den Osten Deutschlands hinweg
und nach Osten ab. Ein ihr nachfolgender Trog sorgt mit PVA weiter für Hebung.
Während in den oben schon genannten Regionen ganz im Osten teils Schnee fällt,
muss sonst überall weiterhin mit Regen gerechnet werden. Von der unteren Donau
bis zur Lausitz kann sich dabei weiter die Frostluft halten, so dass dort bei
teils mäßigen Regenfällen weiterhin hohe Glatteisgefahr besteht (Unwetter).
Rückseitig lassen die Niederschläge nach bzw. hören auf, wobei mit
Wolkenauflockerungen kaum zu rechnen ist. Wie beim Vordringen von feuchter
Warmluft über kalte Oberflächen üblich, muss mit sehr schlechten Sichtweiten und
Nebel im Bergland gerechnet werden. Nach Westen zu bleibt es dann auch überall
mild und frostfrei. Der Wind dreht rückseitig der Okklusion überall auf
südwestliche Richtung, weht aber meist nur noch schwach, im Nordwesten mäßig und
ohne die Notwendigkeit von Windwarnungen.

Am Samstag... zieht nach der Okklusion auch der Trog ab und es setzt sich eine
recht glatte und diffluente westliche Höhenströmung durch. Bodennah dominieren
zwischen recht hohem Druck über dem Südosten und einem neuen, im Tagesverlauf
Richtung Nordsee ziehenden Tief weiter südwestliche Winde. Diese wehen im
Nordwesten mäßig, im Südosten schwach und erfordern zunächst keine Warnungen.
Mit dem Südwestwind setzt sich überall weitere Milderung durch, wobei im
Südosten die Höchstwerte nach wie vor unter 5 Grad bleiben, wohingegen im Westen
teils wieder über 10 Grad erreicht werden. Dabei zeigt sich der Himmel meist
bewölkt, lediglich im Südwesten und im Lee der Mittelgebirge sowie am Alpenrand
sind Wolkenauflockerungen wahrscheinlich. Auf der Vorderseite des oben erwähnten
Tiefs herrscht auch kräftige WLA, allerdings fällt tagsüber kaum Regen,
allenfalls ein paar Tropfen. Erst in der Nähe der Bodenwarmfront erreichen am
Abend mäßige Regenfälle den Westen des Landes.

In der Nacht zum Sonntag erreicht das Tief die Südwestküste Norwegens und seine
Warmfront, im Norden okkludiert, überquert schon große Teile des Landes. Während
dabei vom Westen bis zur Mitte durchaus mäßige Regenfälle auftreten, verringert
sich die Aktivität der Front nach Osten hin und es fallen nur noch ein paar
Tropfen. In den Frühstunden erreicht dann ein neues Randtief den Ärmelkanal,
diesem folgt ein Kurzwellentrog nach. Damit verbunden ist erneut WLA und später
auch PVA, so dass in den Frühstunden mäßige Regenfälle westlich des Rheins
einsetzen. Der Wind aus Südwesten frischt - abgesehen vom Südosten des Landes -
wieder auf, wobei vor allem an der Nordsee und im höheren westlichen Bergland
dann Böen der Stärke 7 bis 8 erwartet werden. Auf dem Brocken kommt es dann
zunehmend wieder zu schweren Sturmböen. In weiten Landesteilen bleibt es unter
Wolken und bei Wind mild und frostfrei, nur im ruhigen Südosten, wo die Wolken
auch mal auflockern, kann es leichten Frost geben. Dort kann es auch
gebietsweise Nebel geben. Auch rund ums östliche Bergland liegen die
Frühtemperaturen noch einmal um 0 Grad, wobei in der Frühe übergreifende leichte
Regenfälle wieder für Glatteis sorgen könnten, wenn auch aufgrund niedrigerer
Niederschlagsraten wohl nicht mit Unwettergefahr.

Am Sonntag... zieht das oben erwähnte Tief vom Ärmelkanal zur westlichen Ostsee.
In der Höhe folgt ihm in der recht kräftigen westlichen Strömung ein rasch
ziehender, aber recht flacher Trog nach. Die Okklusion des Tiefs überquert im
Tagesverlauf Deutschland ostwärts, wobei die Querzirkulation an der Front sowie
der nachfolgende Trog Hebung auslösen und damit durchaus kräftige Niederschläge.
Je nach Modell sind in der gesamten Südwesthälfte durchaus 5 bis 15 mm Regen
flächendeckend bis zum Abend drin, wobei es im Schwarzwald auch leichte Signale
für Dauerregen gibt (mehr dazu siehe unten). Nach Nordosten zu fallen meist
unter 5 mm Regen. Rückseitig der Okklusion labilisiert sich die Schichtung und
es kann noch zu Schauern kommen, mitunter sind auch einzelne Gewitter nicht
ausgeschlossen. In diesem Falle müsste aufgrund recht kräftigen Oberwindes auch
mit Sturmböen im westlichen Flachland gerechnet werden. Ansonsten gibt es bei
recht kräftigem Gradient vor allem am Nachmittag gebietsweise Böen der Stärke 7
bis ins Flachland, vor allem im Südwesten. Vor allem dort muss im Bergland mit
Böen bis Stärke 9 gerechnet werden. In den Hochlagen des Schwarzwaldes, der im
Bereich der stärksten Strömung liegt, sind sogar Böen bis Orkanstärke
vorstellbar, auch der Brocken könnte die Stärke 11 erreichen. Im Norden, in der
Nähe des Tiefkerns, weht der Wind dagegen schwächer, nur an den Küsten wird dort
Stärke 7 erreicht. Mit dem kräftigen Wind setzt sich weitere Milderung in allen
Landesteilen durch. In 850 hPa steigt die Temperatur sogar zeitweise auf 6 Grad,
bodennah werden zwischen 5 Grad im östlichen Bergland und 15 Grad am Rhein
erreicht. ICON zeigt am Nachmittag im Erzgebirge trotzdem einige Schlangen in
der Wettersymbolik, was möglicherweise noch etwas Frost im Boden geschuldet ist.
Allerdings sollte es beim oben erwähnten Temperaturniveau tagsüber nicht zu
Glätte kommen. Bei dem vielen Regen hat die Sonne keine Chance. Sie zeigt sich
allenfalls am Vormittag mal kurz an den Alpen.

In der Nacht zum Montag zieht das tagsüber wetterbestimmende Tief weiter
ostwärts ab und das nächste Tief erreicht bereits die See westlich Jütlands. Bei
recht labiler Schichtung kommt es vor allem zu weiteren Schauern, die in den
Frühstunden von Nordwesten wieder mehr werden, teils sind dann auch wieder
Gewitter möglich. Der Wind nimmt im Flachland etwas ab, in höheren Schichten
bleibt uns aber der stramme Gradient fast unverändert erhalten, so dass sich auf
den Bergen im Vergleich zum Tage nicht viel an der Windsituation ändert. Unter
Wolken und bei spürbarem Südwestwind bleibt es landesweit frostfrei.

Modellvergleich und -einschätzung
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Im Großen und Ganzen simulieren die vorliegenden Modelle die Wetterlage sehr
ähnlich, auch wenn sich vor allem gegen Ende des Vorhersagezeitraums die Lage
von Trögen und Tiefs leicht unterscheiden. Etwas Unsicherheit besteht heute noch
bezüglich der genauen Niederschlagsmengen im Osten des Landes und der exakten
Temperaturverteilung und natürlich auch bezüglich der Frage, wann und wo Regen
in Schnee übergeht, was Nowcasting nötig macht.

Noch ein Wort zu den Regenfällen: Am Sonntag setzen teils recht ergiebige
Regenfälle ein, die auch am Montag andauern werden. 48-stündig simuliert ICON
bis Dienstagfrüh im Bergischen Land, im Schwarzwald und an den Alpen mitunter 40
bis 60 mm Regen, was für eine Dauerregenwarnung spräche. Auch die Ensembles
(COSMO-LEPS, ICON-EPS und IFS-EPS) zeigen deutliche Hinweise vor allem im
Schwarzwald und Allgäu, Cosmo-LEPS auch im Bayerischen Wald. Sollte sich dies
morgen bestätigen, müssen entsprechende Dauerregenwarnungen angedacht werden,
allerdings brauchen wir aufgrund der trockenen Vorgeschichte auch nicht
übervorsichtig zu agieren.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl.-Met. Peter Hartmann