DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

26-11-2018 17:01
SXEU31 DWAV 261800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Montag, den 26.11.2018 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Im Süden vorübergehend Ausbildung einer dünnen Schneedecke, zur Wochenmitte
auffrischender Südwind und von Westen zögernd Milderung.

Synoptische Entwicklung bis Donnerstag 12 UTC
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Aktuell ... handelt es sich um keine klassische, aber dennoch in Grundzügen
ausgeprägte "High over Low"-Lage mit einer hochreichenden Antizyklone über dem
Europäischen Nordmeer (mit Keil zur westlichen Ostsee) sowie einem umfangreichen
Tiefdruckkomplex, der sich vom zentralen Mittelmeerraum bis nach Rumänien
erstreckt. Dabei liegt Deutschland in einer nordöstlichen Strömung, in der kühle
und recht feuchte Luftmassen zu uns gelangen. Von Norden sickert dabei
allerdings etwas kältere Kontinentalluft ein, die sich aktuell durch
Auflockerungen und negative Taupunkte vom Oderhaff bis zur Elbmündung
niederschlägt und noch etwas südwärts vorankommt. Leichter Frost ist demnach
verbreitet in der Norddeutschen Tiefebene zu erwarten (in Vorpommern bereits
gemessen). Dem aufmerksamen Beobachter fallen zeitgleich allerdings auch die
nördlich anschließenden Schauerstraßen auf. Diese werden diabatisch durch das
noch vergleichsweise warme Ostseewasser (knapp 10 Grad) getriggert und reichen
mit Tops bei 850 hPa nicht sonderlich weit über die 0 Grad-Grenze bei 950 hPa
(auf ca. 500 Meter) hinaus. Die Schmelzphase reicht somit noch aus, dass es sich
nur um meist schwache Regenschauer handelt, so dass lokale Glätte durch
überfrierende Nässe in den kommenden Stunden keine allzu dominante Rolle spielen
sollte - zumal der vorhandene Wind Wege und Straßen rasch abtrocknen dürfte.
Der Fokus liegt wettertechnisch ohnehin eindeutig auf dem Süden des Landes, wo
zum einen ein spitzer, positiv geneigter Trog in 300 hPa etwas Hebung generiert.
Effektiver ist allerdings das anhaltende Aufgleiten feucht-warmer Mittelmeerluft
aus Süd-Südost in der Höhe auf die kalte Grundschicht (bodennah Nordostwind).
Dabei liegt die Schneefallgrenze aktuell noch bei rund 500 Metern (München
bereits Schnee), sinkt aber durch fortwährende Niederschlagsabkühlung
(Schmelzwärmeentzug) sowie seichter niedertroposphärischer KLA aus Nordost bis
Mitternacht bis in tiefe Lagen ab. Die 850 hPa Temperaturen gehen in diesem
Zusammenhang von aktuell -3 Grad in den kommenden Stunden auf -5 Grad zurück.
Anhand der aktuellen "Temps" reicht die Niederschlagsintensität allein noch
nicht für Isothermie bis in tiefe Lagen aus, so dass die angesprochenen Prozesse
unterstützend benötigt werden. Letztendlich mündet das etwa südlich einer Linie
Stuttgart-Nürnberg in der Ausbildung einer dünnen Schneedecke von 1 bis 5
Zentimetern, im Alpenvorland auch um 10 cm. Entsprechende Warnungen wurden
bereits in den Vormittagsstunden mit Vorlauf ausgegeben. In der Mitte des Landes
bleibt es kompakt bewölkt mit teils aufliegenden Wolken über den östlichen
Mittelgebirgen, aus denen örtlich auch etwas Sprühregen fällt. Lokales Glatteis
ist in Staulagen des Erzgebirges und Thüringer Waldes oberhalb von rund 500m
Metern bei messbaren Niederschlagsraten (0.x l/qm pro Stunde) zumindest zeit-
und gebietsweise wahrscheinlich.

Dienstag ... verlagert das Hoch seinen Schwerpunkt nach Südskandinavien, womit
Potentialanstieg über Deutschland zu stärkerem Absinken auch über der Mitte
führt. Das Höhentief verlagert unterdessen seinen Schwerpunkt zur südlichen
Adria, womit die Höhenströmung über den Alpen auf Nordwest dreht und die
Gegenstromlage beendet ist. Somit ziehen sich die Schneefälle im Tagesverlauf
immer mehr zum Alpenrand zurück und sind dann vorrangig noch staubedingt. Viel
mehr als 5 Zentimeter Neuschnee sollten aber selbst in Staulagen kaum noch
zusammenkommen. Auch wenn es im Alpenvorland noch länger vor sich hin "krümelt",
die Globalstrahlung bewirkt bei der nur mäßig kalten Luftmasse zarte Plusgrade.
Einsetzendes Tauwetter kann wohl nicht verhindert werden. Immerhin hält sich die
Durchmischung in Grenzen, so dass zumindest auf Grünflächen bis zum Abend noch
etwas Schnee liegen sollte. Während im Süden und Osten Höchstwerte zwischen 0
und 3 Grad erreicht werden, schafft man's entlang des Rheins noch auf Werte über
5 Grad.

In der Nacht zum Mittwoch liegt das Vorhersagegebiet direkt unter der Achse der
Höhenantizyklone mit Zentrum über Jütland. Bodennah strömt aus dem Hoch mit
Schwerpunkt über Südskandinavien mit einer östlichen Strömung weiterhin mäßig
kalte Kontinentalluft aus. Die arktische Kaltluft über Russland mit 850 hPa
Temperaturen unter -10 Grad verbleibt aber östlich und erreicht uns trotz
flachen Neigungswinkels nicht. Durch das weitere Abtrocknen der Luftmasse und
gering bewölkten Verhältnissen kann die Luftmasse ihr Potential dennoch ganz
anständig entfalten, so dass in der Osthälfte teils mäßiger Frost zwischen -5
und -8 Grad "droht". Bei Aufklaren in den Gebieten mit Schneeresten ist lokal
auch strenger Frost unter -10 Grad nicht ausgeschlossen.

Mittwoch ... schwenkt ein markanter Kurzwellentrog westlich der Britischen
Inseln nordwärts. Korrespondierend erreicht ein schweres Sturmtief mit einem
Kerndruck um 960 hPa das Seegebiet westlich von Irland. Die auf der Vorderseite
initiierte massive WLA stützt den Rücken über Mitteleuropa. Auf dessen
Vorderseite verlagert sich das korrespondierende Bodenhoch kaum ostwärts, zumal
es durch einen ausgeprägten Langwellentrog über Osteuropa seine blockierende
Wirkung festigt (Omega). Was sich in den gestrigen Läufen bezüglich der
Progression von Westen eindringender Fronten bereits ankündigte, setzt sich
heute nahtlos fort. So erreicht nach aktueller Modelllage weder die rasch
okkludierende Front des Sturmtiefs nach das Gebiet mit hochreichender WLA
Deutschland, so dass allenfalls ein paar hohe und mittelhohe Wolkenfelder in den
äußersten Westen vordringen können. Sonst überwiegt in der trockenen Luftmasse
der Sonnenschein. Lediglich Nebel- und Hochnebel-"Hochburgen" entlang der Donau
sind aufgrund geringerer Durchmischung und der gesättigten Böden prädestiniert
für ganztägig trübes Wetter. Bedingt durch den Druckfall über Westeuropa
respektive der Nordsee legt der Gradient doch erheblich zu, was zunächst zu
ersten Windböen auf der freien Nordsee führt. Im Tagesverlauf nimmt der Wind
auch tagesgangbedingt noch weiter zu, so dass es rasch auch zu starken bis
stürmischen Böen im westlichen Bergland und auch an der Ostsee kommt, in
exponierten Gipfellagen sowie auf den Nordseeinseln auch zu Sturmböen aus
Südost. Das Temperaturniveau ändert sich mit 0 bis 4 Grad kaum. In den östlichen
Mittelgebirgen herrscht leichter Dauerfrost. Die wärmsten Regionen sind nach wie
vor die Nordränder der westlichen Mittelgebirge (Klassiker zum Beispiel der
Aachener Raum), wo es leebedingt schon bis nahe 10 Grad gehen kann.

In der Nacht zum Donnerstag sorgt kräftige KLA über dem Ural und östlich davon
dafür, dass der osteuropäische Trog nun doch ostwärts schwenkt und das gesamte
Strömungsmuster eine Progression erfährt. Die Achse des Höhenrückens verlagert
sich allmählich nach Ostdeutschland, womit die Strömung in der Höhe langsam auf
Südwest dreht. Damit einhergehend wird die 0 Grad-Isotherme relativ schnell
ostwärts abgedrängt, womit klar ist, dass die mit der Okklusion in Verbindung
stehenden Niederschläge im Westen Deutschlands durchweg als Regen fallen.
Während die Deutsche Modellkette die Niederschläge bis zum Morgen schon auf eine
Linie bis nach Mecklenburg und Schwaben "voranprügelt", agieren IFS und GFS (IFS
noch 0z Lauf) noch deutlich verhaltener und machen auf einer Linie
Eifel-Ostholstein bereits Schluss. Da es sich bei letzterer Variante nicht oder
kaum um orographisch gegliedertes Gelände handelt, könnte man fast von einer
glättefreien Lage ausgehen - bewirkt doch die vorlaufende kompakte Bewölkung
ausreichend Gegenstrahlung und auch der Wind spricht gegen das Bestehen lokaler
Kaltluftseen. In Muldenlagen der zentralen Mittelgebirge sähe das freilich
anders aus, wie auch die Modellinterpretation des ICON mit zahlreichen
"Schlangen" wiederspiegelt. Halten wir uns also an dem fest, was vergleichsweise
sicher ist. Da wäre erneut verbreitet leichter bis mäßiger Frost in der
Osthälfte Deutschlands zu erwähnen, wie auch der Fortbestand von Sturmböen an
der See und im höheren Bergland.

Donnerstag ... gelangen wir vollends auf die Vorderseite des westeuropäischen
Troges. Dessen steuerndes, achsensenkrechtes Drehzentrum befindet sich dicht
nordwestlich der Hebriden. Die südwestliche Strömung ist dabei keinesfalls
glatt, sondern beginnt doch etwas zu flattern, was auf ablaufende
Kurzwellentröge schließen lässt. Diese halten die vorgelagerte (Höhen-)Okklusion
über der Mitte Deutschlands noch etwas am Leben (leichter, teils gefrierender
Regen - größte Gefahr wohl Harzumfeld, Thüringer Becken, Osthessen) und sorgen
mit frontensenkrechter Komponente für die rasche Annäherung einer weiteren
Okklusion (mit Kaltfrontcharakter) im Westen. Hinsichtlich der zu erwartenden
Niederschlagssummen ist die Spannweite noch beachtlich. Warnschwellen - so viel
ist sicher - werden aber nicht gerissen. In den Gebieten östlich der Elbe kann
man aber weiterhin entspannt zusehen, wie der trockene Süd-/Südostwind die
Niederschlagsgebiete auf dem Weg nach Osten zerfleddern wird. Von daher ändert
sich dort im Vergleich zum Vortag wenig, auch was Temperaturen und
Sonnenscheindauer betrifft. Im Westen hingegen schlägt sich die mildere Luft
auch bodennah allmählich nieder, indem die 10 Grad Marke im Rheinland verbreitet
überschritten wird. Der Gradient bleibt nämlich weiter recht bissig, und erfasst
neben den Bergen und Küsten auch Ostsachsen (Stichwort Böhmischer Wind). Da im
Böhmischen Becken einiges an Kaltluft lagern sollte, sind starke bis stürmische
Böen nun auch im Elbtal wahrscheinlich.


Modellvergleich und -einschätzung
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Die Abhandlung des Schneefallereignisses im Süden sowie die weitere Entwicklung
bis Mittwochabend wird von den verschiedenen Modellen weitgehend einheitlich
simuliert. Größere Unsicherheiten bestehen noch bei der Stärke des Blockings
beziehungsweise beim Übergreifen der Niederschläge von Westen - voraussichtlich
beginnend in der Nacht zum Donnerstag. Auf der kalten Seite der Niederschläge
ist dabei zumindest vorübergehend und örtlich Glatteisbildung durch gefrierenden
Regen wahrscheinlich.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Robert Hausen