DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

26-11-2018 11:30
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Montag, den 26.11.2018 um 10.30 UTC



Unbeständiges, mildes und zeitweise windiges Wetter. Nur in der Osthälfte
anfangs noch kalt, Glatteisgefahr!
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Synoptische Entwicklung bis zum Montag, den 03.12.2018


Im Laufe der Mittelfrist setzt sich zyklonales Wettergeschehen in Deutschland
durch als Reaktion auf die wieder zunehmende Zonalität der Großwetterlage.
Allerdings benötigt es einige "Anläufe", bevor sich die niederschlagsreiche,
milde und recht windige West- bis Südwestwetterlage gegen das blockierende Hoch
über Osteuropa landesweit durchsetzt.

Am Donnerstag gelangt Deutschland auf die Vorderseite eines Höhentroges über
West- und Nordwesteuropa, wobei in der sich dabei einstellenden südwestlichen
Höhenströmung erste kurzwellige Troganteile über das Land nordostwärts gesteuert
werden. Das okkludierte Frontensystem des korrespondierenden Tiefdruckkomplexes
greift mit leichten Regenfällen auf den Westen und Nordwesten über, kommt dann
aufgrund der blockierenden Wirkung eines umfangreichen Hochs über Osteuropa aber
kaum mehr ostwärts voran. Die mitteltroposphärische Erwärmung macht weitere
Fortschritte, die Temperaturen auf der 850-hPa-Druckfläche liegen durchweg im
positiven Bereich. Bodennah fließt allerdings noch kalte Festlandsluft aus dem
Hoch aus, sodass die gefrierende Phase vor allem in den Mittelgebirgen nicht
ganz ausgeschlossen ist. Zwischen dem Tief über dem Nordostatlantik und dem
Osteuropahoch verschärft sich der Gradient etwas, sodass zumindest im Bergland
und über der See stürmische Böen auftreten.

Am Freitag und Samstag nähert sich der Westeuropatrog an, wobei seine Achse am
Freitagabend den äußersten Westen erreichen sollte. Da er in seinem Südteil
abtropft und ein Cut-Off über dem westlichen Mittelmeer bildet, kann das
Trogresiduum unter Verkürzung der Wellenlänge am Samstag rascher über
Deutschland hinwegschwenken. Folglich kommt auch die okkludierte Front langsam
aber sicher ostwärts voran, erreicht am Samstag schließlich auch die östlichsten
und südöstlichsten Regionen. Da sich die Kaltluft im Vorfeld der Front wohl zäh
halten wird, können die gebietsweise fallenden leichten Regenfälle gefrieren und
zu Glatteis führen! Hinter dem Trog formiert sich schließlich eine recht glatte
westliche Höhenströmung, wobei die eingebettete Frontalzone in Form der
Warmfront eines zur Nordsee ziehenden Wellentiefs mit neuen Regenfällen am
Samstag wieder auf den Westen Deutschlands übergreift.

Am Sonntag und Montag liegt Deutschland voll unter der westlichen bis
südwestlichen Höhenströmung, die zunächst recht glatt konturiert ist. Erst am
Montag wird ein etwas deutlicher in Erscheinung tretender Kurzwellentrog von den
Britischen Inseln her nach Deutschland gesteuert. Am Boden findet sich ein Tief
wieder, das durch den oben erwähnten Kurzwellentrog vom Nordaltantik über die
Britischen Inseln zur Nordsee geführt wird. Das Frontensystem dieses Tiefs
überquert Deutschland mit teils schauerartig verstärkten Regenfällen. Vor allem
in Weststaulagen der Mittelgebirge kommt dabei so viel Regen zusammen, wie schon
lange nicht mehr. Ob sogar Dauerregenwarnschwellen überschritten werden könnten,
bleibt aber abzuwarten. Schnee ist in der mal mehr mal weniger milden
Atlantikluftmasse höchsten in Kammlagen vorübergehend ein Thema. Im Fokus des
Warnmanagements bleibt der Wind, der in Böen zumindest im Bergland durchaus
Sturmstärke erreichen kann.

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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Die Konsistenz des IFS kann über weite Strecken des mittelfristigen
Prognosezeitraums als gut bezeichnet werden. So ergeben sich zumindest bis
Samstag (01.12.) keine nennenswerten Unterschiede. Der neuste IFS-Lauf bestätigt
die beiden Vorläufe, die die blockierende Wirkung des osteuropäischen
Hochdruckgebietes stärker simulierten, als im Vorfeld und durch andere Modelle
postuliert. Somit tun sich sowohl die atlantische Frontensysteme mit
Niederschlägen als auch die niedertroposphärische Erwärmung zunächst schwer,
sich gegen den Hochdruckblock und die bodennahe Kaltluft durchzusetzen. Folglich
bleibt es im Osten und Südosten Deutschlands zumindest bis Freitag überwiegend
trocken und recht kalt, während sich sonst nach und nach schon die feuchtere und
mildere Witterung durchsetzt.
Ab Samstag nehmen die Unterschiede zwar zu, insbesondere was das Timing und
Ausprägung der von Westen übergreifenden Regenfälle angeht (der neue Lauf lässt
den Regen etwas rascher und stärker ausgeprägt nach Osten vorankommen), dass
sich nachfolgend eine zyklonal geprägte, milde und deutlich
niederschlagsreichere Witterung durchsetzt, scheint aber unbestritten.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Von wenigen Detailfragen abgesehen, simulieren sowohl GFS als auch ICON die
Großwetterlage sehr ähnlich mit einem eher verzögerten Übergreifen atlantischer
Tiefausläufer bis zum Wochenende. Auch danach sind sich alle Modelle im
Wesentlichen einig, dass sich eine Zonalisierung der Großwetterlage vollzieht.
Naturgemäß ergeben sich gewisse Unterschiede in Phase und Ausprägung des aber in
jedem Fall progressiven Trog-Rücken-Musters.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Die Offenbacher Rauchfahne zeigt ein für ein progressives Trog-Rücken-Muster
typische Auf und Ab der "850er-Temperatur" und des Geopotentials. Bis Sonntag
sind die einzelnen EPS-Member gut gebündelt sodass das Timing und die Ausprägung
des übergreifenden Troges wohl als recht sicher angesehen werden kann. Erst
danach nimmt die Streuung deutlich zu. Unsicher scheint das genaue Timing und
die Ausprägung des neuen Trogvorstoßes zu Wochenbeginn zu sein, vor allem aber,
ob dieser in der erweiterten Mittelfrist in eine länger anhaltende, kühlere
Trog-/Nordwestlage mündet (sowohl der deterministische Lauf als auch der
Kontrolllauf deuten dies an) oder ob sich die zyklonele West- bis
Südwestwetterlage mit einem progressiven Trog-Rücken-Muster fortsetzt.
Für den Zeitraum zwischen Donnerstag (00 UTC) und Freitag (00 UTC) ergeben sich
zwei EPS-Cluster, die aber für Deutschland keine relevanten Unterschiede
aufweisen. Für den Zeitraum von Samstag (00 UTC) bis Montag (00 UTC) werden 3
Cluster angeboten, die sich alle durch eine zyklonale West- bis Südwestlage
auszeichnen und nur den zu Beginn der Woche übergreifenden Trog etwas
unterschiedlich ausgeprägen.
Für die erweiterte Mittelfrist (Dienstag-Donnerstag) wird erstaunlicherweise nur
ein Cluster gebildet, obwohl - wie oben angesprochen - die Unsicherheiten
deutlich zunehmen. Dass die Fragestellung, ob kühle Trog-/Nordwestlage oder
milde zyklonale Westlage, nicht aus der Luft gegriffen ist, zeigt sich dann aber
im letzten Clustering-Zeitraum (+264-369 h): Es werden zwei vergleichbar starke
Cluster angeboten, die jeweils eine der beiden Varianten repräsentieren.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


GLATTEIS:
Am Donnerstag ist in der Westhälfte vereinzelt, in der Nacht zum Freitag und
Freitag in der Osthälfte verbreiteter mit Glatteis zu rechnen.

STURM:
Am Donnerstag und vor allem ab Sonntag bis in die kommende Woche hinein gibt
es seitens der Probabilistik immer wieder Signale für Sturmböen in höheren Lagen
der Mittelgebirge, in windanfälligen Leelagen und an exponierten
Küstenabschnitten.

DAUERREGEN:
Ab Sonntag und zu Beginn der kommenden Woche ist Dauerregen bevorzugt in
Weststaulagen der Mittelgebirge nicht ausgeschlossen (geringe Signale im EFI und
EZ-EPS).
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Basis für Mittelfristvorhersage
IFS, IFS-EPS, MOS-EZMW
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Adrian Leyser