DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

25-11-2018 17:30
SXEU31 DWAV 251800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Sonntag, den 25.11.2018 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Im Süden aufkommende Schneefälle, vorübergehend bis in tiefe Lagen Ausbildung
einer Schneedecke. In den Nächten wieder zunehmend frostig.

Synoptische Entwicklung bis Mittwoch 12 UTC
-------------------------------------------------------------
Aktuell ... greift ausgehend von einem Höhentief über Frankreich ein
Kurzwellentrog auf Italien über. Unter Verringerung der Amplitude schwenkt er
allerdings so rasch durch, dass auf der Rückseite keine nachhaltige KLA
einsetzen kann, die die Ausbildung einer nachhaltigen Genuazyklogenese fördern
würde. Somit beschränkt sich der PVA induzierte Druckfall rasch auf die Adria
respektive den Balkan, wodurch über Süddeutschland eine Gegenstromlage
(bodennahe Nordostströmung, südliche Höhenströmung) initiiert wird. Die
stärksten Hebungsvorgänge verbleiben dabei östlich des Vorhersagegebietes,
gleichwohl setzen ab der zweiten Nachthälfte im Südosten Bayern leichte
Niederschläge ein. Bei 850 hPa Temperaturen um oder knapp unterhalb des
Gefrierpunktes liegt die Schneefallgrenze bei etwa 1000 Meter, so dass Schnee
nur in den Hochlagen des Bayerischen Waldes und des Berchtesgadener Landes
fällt. Auch das Ausgangsniveau der aktuellen Temperaturen von 2 bis 5 Grad
spricht ohne bodennahe Kaltluftadvektion sowie fehlende langwelliger
Ausstrahlung infolge kompakter Bewölkung gegen unliebsame Überraschungen in Form
gefrierenden Regens. Allerdings gibt es im Allgäu aktuell noch ein paar
Kältelöcher (Memmingen, Kaufbeuren, Laupheim) mit Temperaturen nur wenig über 0
Grad. Selbst dort sollte das Thema Glatteis in den Frühstunden aber nicht akut
werden.

Abseits davon dominiert ausgehend von einem kräftigen Hoch über dem Nordmeer
antizyklonaler Einfluss. In der östlichen Grundströmung ist aber weiterhin
feuchte Mischluft wetterwirksam, mit dichten Stratus- respektive
Stratocumulusfeldern, die vor allem im Mittelgebirgsraum - da aufliegend - für
signifikante Sichtbehinderungen sorgen. Vereinzelt fällt auch etwas Niesel- oder
Sprühregen daraus, bei positiven Belagstemperaturen und nur wenig Auflockerungen
aber weitgehend glätteunwirksam. Trockenere Kontinentalluft, die sich schön
durch negative Taupunkte abzeichnet, befindet sich aktuell noch über der
Nordspitze Jütlands, Südschweden und dem Baltikum. Schwache Advektionsvorgänge
sind aber da (Windrichtung über der südlichen Ostsee 50°), weshalb sich die
Luftmasse bis zum Morgen nach Vorpommern voran gearbeitet haben sollte und neben
Auflockerungen gebietsweise auch leichten Frost bringt. Die Stärke der Advektion
macht sich auch dadurch bemerkbar, dass der Gradient ausreicht, um zwischen
Fehmarn und Flensburg sowie auf Helgoland einzelne Windböen 7 Bft zu erzeugen.

Montag ... etabliert sich das abgeschlossene Höhentief über dem Alpenraum. Der
nur noch äußerst flache Randtrog schwenkt über den Balkan hinweg ostwärts
langsam zur Donaumündung, womit der Süden Deutschlands weiterhin auf dessen
Vorderseite im Bereich schwacher Aufgleitprozesse verbleibt. Ein zweiter,
weitaus kräftigerer Randtrog schwenkt unterdessen zum Löwengolf und induziert
über Sardinien eine neue Tiefdruckentwicklung, womit der gesamte
Tiefdruckkomplex einen Dipolcharakter annimmt und die baldige Wetterberuhigung
im Südwesten bereits vorgezeichnet ist. Doch zunächst greifen die leichten, aber
doch länger andauernden Niederschläge in etwa bis auf eine Linie
Nürnberg-Karlsruhe aus. Bis zum Abend sinken die 850 hPa Temperaturen auf etwa
-3 Grad ab, was zu einem Großteil der permanenten Hebungsabkühlung aber auch zu
einem gewissen Teil der seichten niedertroposphärischen KLA aus Nordosten
geschuldet ist. Gerade bei mäßigen Niederschlagsintensitäten ist es somit
wahrscheinlich, dass es die Schneefallgrenze zum Mittag schon auf rund 600 Meter
und bis zum Abend bis in tiefe Lagen absinkt. Die Niederschlagsmengen werden
entgegen der Diskrepanz aus den Vorläufen weitestgehend einheitlich mit 2 bis 7
l/qm, südlich der Donau zwischen 10 und 15 l/qm simuliert. Was zunächst erst
einmal noch gegen die Ausbildung einer Schneedecke bis ganz runter spricht, sind
aber die nassen und recht warmen Böden, Richtung Baden-Württemberg auch die
schwachen Niederschlagsintensitäten. Das spiegelt sich auch in den Modellen
wieder. So muss man wohl bis nach Einbruch der Dunkelheit warten, bis sich nach
höheren Lagen von Bayerischem Wald (Anstau auf tschechischer Seite) und Alpen
(dort bis zum Abend rund 5 bis maximal 10 cm Neuschnee) auch die Alb und das
Alpenvorland mit wenigen Zentimetern hinzugesellen. Zwar rechnen beispielsweise
COSMO-LEPS und EZ-EPS im Median einen Schneeanteil für die Schwäbische Alb um
die 5 l/qm simulieren, aus genannten Gründen bleibt ein Großteil davon aber noch
nicht liegen. Somit kann man warntechnisch erstmal defensiv (Höhenlagen, gelb)
und erst zum späten Nachmittag Abend hin perspektivisch für die Nachtstunden
offensiver (bleibt bei gelb, aber großzügiger) agieren.

Abseits des Geschehens in Süddeutschland verschafft sich die aus Nordosten
einströmende kältere und trockenere Kontinentalluft etwas mehr Gehör, indem sich
zeitweilige Auflockerungen von Norden auch bis zum Ruppiner Land, Wendland und
den Ostfriesischen Inseln durchsetzen. Mit der Verlagerung des Tiefschwerpunkts
weiter nach Osten fächert der ohnehin nicht sonderlich starke Gradient über
Deutschland wieder auf, so dass die weitere Advektion ins Stocken gerät.
Letztlich sind damit auch die Windböen an exponierten Küstenabschnitten bereits
wieder Geschichte. Für die zentralen Mittelgebirge heißt es damit aber weiterhin
unter Nebel/aufliegenden Wolken im "Einheitsgrau" zu verharren, teilweise
"garniert" vom ein oder anderen Tropfen. Angesichts der trüben Aussichten sind
Höchstwerte von 2 bis 5 Grad keine Überraschung. Nur im Lee der Mittelgebirge
und an der Nordsee sind maximal 8 Grad drin.

In der Nacht zum Dienstag liegt das hochreichende Höhentief zwar weiterhin
südlich der Alpen, sowohl in höheren (z.B. 300 hPa) als auch in tieferen
Troposphärenschichten (z.B. 850 hPa) lassen sich bei höherer Isohypsenauflösung
abgeschlossene Zirkulationsmuster über Bayern identifizieren, die fortwährend
leichte Hebung generieren. Obschon sonstige dynamische Hebungsprozesse zum
Erliegen kommen (Gegenstromlage endet, in der Höhe zunehmend Ostwind) sind
weitere Niederschläge in Form von Schnee über Süddeutschland zu erwarten. Dabei
ist die nördliche Ausdehnung (da an das kleine "Höhen-Ei" gekoppelt) noch immer
mit Fragezeichen behaftet, eventuell schneit es sogar bis nach Franken und der
Oberpfalz. Die Mehrheit der aktuellen 12z Läufe sowie die Probabilistik
(COSMO-LEPS, EZ-EPS) legen aber weiterhin den Schluss nahe, dass die südlichere
Variante mit einer dünnen Schneedecke von rund 5 Zentimetern für die Gebiete
südlich der Donau das wahrscheinlichste Szenario darstellt. Am Alpenrand sind
staubedingt weitere 10 Zentimeter binnen 12h realistisch. Insofern steht dem
Berufsverkehr in den Ballungszentren München, Augsburg, Ingolstadt wohl eine
brisante Belastungsprobe bevor. Während es in den Schneefallgebieten bei
Temperaturen um den Gefrierpunkt bleibt, wird dieser nördlich der
Mittelgebirgsschwelle bei aufgelockerter Bewölkung wohl seit längerem mal wieder
flächendeckend unterschritten.


Dienstag ... füllt sich die Reste des Höhentiefs über Süddeutschland im
Tagesverlauf auf, womit die Niederschläge rasch abklingen und sich unmittelbar
zum Alpenrand zurückziehen. Bis zum Abend fallen dabei noch 1 bis 3, in
Hochlagen bis 5 cm. Das zunehmend für ganz Deutschland wetterbestimmende Hoch
verlagert seinen Schwerpunkt zögernd zur Norwegischen Küste, wo es sich bodennah
"klassisch" über Südskanden niederlässt. Bedeutet für weitet teile des Landes
weiterhin leichtes Absinken, wobei neben der ohnehin ausgetrockneten mittleren
Troposphäre auch die Grundschichtfeuchte deutlich zurückgeht. Demnach werden die
Auflockerungen zahlreicher und erreichen zum Nachmittag auch den Westen und
Südwesten. Bei 850 hPa Temperaturen zwischen -2 und -7 Grad ist bei umgekehrten
Vorzeichen das Ende der Fahnenstange bei den Höchstwerten schon erreicht. Damit
ist allerdings auch klar, dass mit Abebben der Schneefälle in tiefen Lagen rasch
Tauwetter einsetzt und bis zum Abend kaum noch etwas übrig bleiben sollte. Nur
im östlichen Bergland herrscht leichter Dauerfrost.

In der Nacht zum Mittwoch greift kräftige WLA auf Deutschland über, die an einen
kräftigen Trog mit korrespondierendem Bodentief westlich der Britischen Inseln
gekoppelt ist. Die vorgelagerte Warmfront erreicht in den Frühstunden den Westen
Deutschlands, läuft allerdings in der Höhe in ein antizyklonales Umfeld und
verliert dadurch deutlich an Wetterwirksamkeit. Somit ist durchaus das Szenario
einer weitgehend trockenen Nacht nicht unwahrscheinlich, zumal bodennaher
Südostwind mit teils mäßigen Frösten im Osten des Landes dagegen hält. Der Trend
in den letzten Modellläufen schwächt die stark progressive Verlagerung zumindest
schon einmal deutlich ab. A propos Wind: Der Gradient nimmt durch den Druckfall
im Westen derart zu, dass über der freien Nordsee erste stürmische Böen
auftreten.

Mittwoch ... gelangt Deutschland vollends auf die Vorderseite des umfangreichen
schweren Sturmtiefs südlich von Island (Kerndruck nach ICON unter 960 hPa).
Dagegen hält das blockeirende Hoch mit mehr als 1035 hPa über dem Baltikum. Nun
fehlt eine Schneegrundlage und vertikal mächtigere Kaltluftschicht, um die
Fronten gänzlich abzuwehren. Eine Verzögerungstaktik ist aber allemal
nachvollziehbar, zumal oberhalb von 500 hPa noch immer die Keilachse zu finden
ist. So geht der Okklusionsprozess rasend schnell voran und die
Niederschlagsaktivität beschränkt sich bis zum Abend voraussichtlich auf den
Westen und Südwesten Deutschlands (wegen negativer Achsenneigung des Troges
(Südwest-Nordostgefälle). Fakt ist, dass die Temperatur mitteltroposphärisch in
den positiven Bereich steigt, sodass die flüssige Niederschlagsphase
wahrscheinlich ist. Mit der zunächst einsetzenden Aufgleitbewölkung und der
damit vorhanden Gegenstrahlung dürfte sich vielfach der Frost bis zum Einsetzen
der Niederschläge schon wieder aus den Böden verzogen haben. Am plausibelsten
erscheint somit eine (kurze) gefrierende Regenphase - wenn überhaupt - im
höheren Bergland. Davon abgesehen spielt auch der auflebende Süd-bis Südostwind
einem möglichen gefrierenden Regen nicht in die Karten (Stichwort
Durchmischung). So treten starke bis stürmische Böen im Tagesverlauf zunehmend
auch in höheren Lagen der westlichen Mittelgebirge und an der Ostsee auf. Im
Osten des Landes scheint in der trocken-kalten Kontinentalluft noch länger
(teilweise ganztags)die Sonne, allerdings quälen sich dort die Höchstwerte
gerade so über die 0 Grad Marke, wohingegen es im Raum Aachen wohl knapp
zweistellig wird.



Modellvergleich und -einschätzung
----------------------------------------------------------------
Hinsichtlich der aufkommenden Schneefälle im Süden sind sich die Modelle
inzwischen im Großen und Ganzen einig. Fragezeichen bestehen noch hinsichtlich
der nördlichen Ausdehnung (COSMO-D2 bis zur Oberpfalz/Unterfranken, Mehrheit der
12z Läufe bis Mittelfranken - nördlich davon allenfalls geringe Glätte). Die
Stauniederschläge aus der Hochnebeldecke über den zentralen Mittelgebirgen
wirken von EURO4 stark übertrieben (teils mehr als 10 l/qm). Zum Mittwoch ist
die Streuung noch sehr groß. Fraglich wie schnell die Niederschläge überhaupt
von Westen landeinwärts vorankommen und ob es einen schmalen Bereich
(vorzugsweise Bergland) mit gefrierendem Regen gibt.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Robert Hausen