DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

24-11-2018 18:30
SXEU31 DWAV 241800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 24.11.2018 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Bayern erkämpft verdienten Heimpunkt vs. Fortuna 95 und belegt mit nur 9 Punkten
Rückstand auf Spitzenreiter BvB einen hervorragenden 5. Platz, der zur Teilnahme
an der lukrativen Euroliague berechtigt - wow!
Sorry, falsches Bulletin. Beim Wetter allerdings wenig los, geprägt im
Wesentlichen durch Grenzschichtphänomene. Erst am Montag bzw. in der Nacht zum
Dienstag im Süden aufkommender Schneefall.

Synoptische Entwicklung bis Dienstag 12 UTC
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Aktuell ... liegen weite Teile West- und Mitteleuropas unter einem breiten, aber
relativ flachen Höhentrog, in dem eine schmale, vom Ärmelkanal bis nach
Norddeutschland gerichtete Potenzialrinne eingebettet ist. Die Potenzialrinne
korrespondiert mit einer Bodenrinne, die ebenfalls von West-Südwest bis in den
Norden des Landes gerichtet ist. In die Rinne wurde eine Okklusion
"reinanalysiert", die - mit Verlaub - eher ein Dokument der Ratlosigkeit denn
eine substanzielle Front darstellt.
Wie auch immer, weder Front noch Rinne können gegen die hochreichende und
stationäre Antizyklone im Raum Island bzw. über dem Europäischen Nordmeer
anstinken, so dass beide im Laufe der Nacht, spätestens aber am Sonntagvormittag
ihre eher bescheidene Karriere beenden. Immerhin reichen ihre Kraftreserven noch
aus, in der eingeflossenen feuchten Mischluft im Norden und in der Mitte etwas
Regen oder Nieselregen zu produzieren, während der anfängliche Regen im Südosten
alsbald Geschichte sein dürfte. Wie bereits am Nachmittag zu erkennen war,
lockert die Wolkendecke im Süden teilweise auf, was in der feuchten Grundschicht
die Bildung von Nebel, stellenweise aber auch leichten Frost zur Folge hat. An
der einen oder anderen Stelle kann es glatt werden durch Reif oder gefrierende
(Nebel)Nässe. Ansonsten spielen diese unschönen Begleiterscheinungen novembriger
Grenzschichtmeteorologie eher eine untergeordnete Rolle, da die Temperatur,
zumindest die Belagstemperatur mit Ausnahme höherer Mittelgebirgslagen (wo
übrigens auch Nebel durch aufliegende Wolken auftreten kann) im Plus bleiben.

Sonntag ... während Front und Bodenrinne ihr Dasein aufgeben oder bereits
aufgegeben haben, kämpft die Potenzialrinne tapfer ums Überleben. Hauptfeind ist
und bleibt das Höhenhoch über dem Nordmeer, das versucht, seine Interessen etwas
nach Süden durchzusetzen, dabei aber mehr oder weniger auf Granit beißt.
Erfolgreicher präsentiert sich der korrespondierende Bodenhochkeil, der sich von
Südskandinavien bis nach Weißrussland ausweitet und dabei auch in
Norddeutschland für Druckanstieg sorgt. Wer sich daraus eine Auflösung der
dichten Bewölkung verspricht, ist allerdings schief gewickelt. Es bleibt im
Norden ebenso wie großen Teilen des übrigen Vorhersageraums den ganzen Tag über
bedeckt oder trüb, vereinzelt fällt sogar noch etwas Regen oder Nieselregen.
Chancen auf zumindest etwas Sonnenschein sind - nach teils zäher Nebelauflösung
- in einem vom Schwarzwald über Franken bis nach Sachsen reichenden Streifen
sowie unmittelbar am Alpenrand (Inversionsgrenze bei 900 hPa) gegeben. Als
kleiner Mithelfer dafür könnte sich ein kurzwelliger und ziemlich flacher
Höhenrücken entpuppen, der langsam von Frankreich und der Schweiz her über den
Süden und die Mitte unseres Landes ost-nordostwärts hinwegwandert. Rückseitig
gelangen wir zunehmend auf die Vorderseite eines scharfen KW-Troges über
Frankreich, auf dessen Vorderseite im Tagesverlauf mehrschichtige Bewölkung in
den Westen und Südwesten gelangt. Dort sollte man sich nicht wundern, wenn zum
Abend hin ein paar Tropfen Regen fallen.
Warntechnisch gibt es tagsüber nicht viel zu holen. Zwar frischt der Nordostwind
an der See böig auf, die untere Warnschwelle (7 Bft) wird sehr wahrscheinlich
nicht erreicht. Die Temperatur erreicht Höchstwerte von 2 bis 7°C, bei zähem
Nebel um 0°C, im höheren Bergland herrscht leichter Dauerfrost.

In der Nacht zum Montag zieht das Hauptdrehzentrum Troges über Frankreich in
Richtung Westschweiz. Gleichzeitig schwenkt der zugehörige Randtrog von
Südfrankreich nach Norditalien, wodurch dort, aber auch knapp nördlich der Alpen
leichter Druckfall induziert wird. In Norddeutschland hingegen steigt der Druck
etwas, so dass der Gradient über Deutschland marginal zulegt. Zwar reicht das
nicht aus, den Wind nachhaltig im Sinne des Warnmanagements anzukurbeln
(einzelne 7er-Böen in der Deutschen Bucht sowie in einigen exponierten
Hochlagen), gleichwohl wird mit der nordöstlichen Grundströmung etwas kältere
und vor allem nach Norden hin trockenere Luft herangeführt (T850 am frühen
Morgen zwischen -6°C in Vorpommern und um 0°C im Westen und Süden).
Wettertechnisch bleibt es in weiten Teilen des Landes bedeckt. Dabei fällt im
Westen gebietsweise etwas Regen (WLA plus etwas PVA) und auch südlich der Donau
setzen nördlich des umfangreichen südeuropäischen Tiefdrucksystems WLA-bedingte
Niederschläge ein, die meist als Regen oder vielleicht auch mal Schneeregen und
erst oberhalb rund 800 m durchweg als Schnee fallen.
Im Norden lockert die Wolkendecke teilweise auf, über dem Wasser wird aber mit
Zufuhr der niedertroposphärisch kalten Luft eine bis maximal 750 hPa reichende
Labile Grundschicht erzeugt, in der sich einzelne Regenschauer entwickeln
können.

Montag ... macht das o.e. Höhentief (500 hPa) über der Schweiz nur wenig
Anstalten, das wahrlich schöne, aber leider etwas teure Land zu verlassen - wer
hat, der hat. Darüber hinaus hält sich über weiten Teilen Südeuropas relativ
niedriger Luftdruck, wobei sich das Aktivzentrum mit etwas unter 1000 hPa über
dem Balkan etabliert. Auf der Nordflanke des gesamten zyklonalen
Gesamtkonstrukts werden weiterhin Hebungsprozesse induziert, die vornehmlich
Süddeutschland zugutekommen. Besonders südlich der Donau, aber auch etwas weiter
nordwärts ausgreifend (wahrscheinlich aber nicht weiter als maximal zur
Mainlinie) fallen teils länger andauernde Niederschläge. Bei der Abschätzung der
Phase spielen neben der Intensität (die meist leichter, nach Osten hin
vielleicht auch mal mäßiger Natur ist) zwei Komponenten eine wichtige, vor allem
aber konkurrierende Rolle. Sportlich ausgedrückt lautet das Duell Tagesgang (=>
diabatische Erwärmung) vs. niedertroposphärische Abkühlung (Rückgang T850 auf -2
bis -4°C am Abend), wobei ein Favorit - ähnlich wie bei der heutigen
Bundesligapartie zwischen dem FC Bayern und Fortuna 95 Düsseldorf - nicht
wirklich auszumachen ist. 3:3 endete das Fußballspiel, aber wo endet am Montag
die Schneefallgrenze? Derzeit kann man davon ausgehen, dass sie im Tagesverlauf
tendenziell eher etwas sinkt und sich bei rund 600 m einpendelt (am Abend nach
Osten hin vielleicht etwas darunter, nach Westen hin eher etwas darüber). Auch
die Fixierung der Schneegrenze (als die Höhe, ab der der Schnee auch
liegenbleibt) ist derzeit noch schwer zu taxieren (hier spielt die Interaktion
von Temperaturentwicklung (Luft/Boden) und Niederschlagsintensität eine tragende
Rolle).
Schauen wird noch auf den Rest der Bundesrepublik, namentlich auf die Mitte und
den Norden. Fangen wir in der Mitte an, wo sich in der nach wie vor feuchten
Luftmasse dichte tiefe Bewölkung hält. Besonders im höheren Bergland ist es
vielfach neblig durch aufliegende Wolken, zudem kann allgemein im
Mittelgebirgsraum etwas Nieselregen oder Schneegriesel fallen (in höheren Lagen
bei Temperaturen um oder etwas unter dem Gefrierpunkt Glättegefahr).
Im Norden stehen die Chancen auf Lücken in der Wolkendecke dank der etwas
trockeneren Luft und dem leichten Vorstoß des nordeuropäischen Höhenkeils am
besten, auch wenn man am Ende des Tages sicherlich nicht mit einem Sonnenbrand
ins Bett fallen wird (den sich Ende November in Deutschland irgendwann mal zu
holen bleibt wahrscheinlich trotz Klimawandels utopisch). Über See entwickeln
sich weiterhin einzelne Regenschauer, die mit dem nordöstlichen Wind etwas
landeinwärts verfrachtet werden (Teile MVs und SHs, nördliches NDS).
Temperaturmäßig herrscht weitgehende Stagnation, heißt, Tageshöchstwerte
zwischen 1 und 7°C (im Westen am "mildesten"), im höheren Bergland um den
Gefrierpunkt oder leichter Dauerfrost.

In der Nacht zum Dienstag steigt der Luftdruck etwas, der ohnehin nicht
besonders üppig ausgeprägte Gradient fächert auf. Dadurch dreht der Wind im
Süden etwas stärker auf Nord, wodurch sich die niedertroposphärische KLA
fortsetzt. Bis zum Morgen sinkt die 850-hPa-Temperatur auf -4 bis -6°C, was bei
weiter andauerndem Niederschlag (vor allem südlich der und um die Donau herum
sowie Richtung Schwarzwald) eine kontinuierlich sinkende Schneefallgrenze zur
Folge hat. Vielerorts fällt die feste Phase bis ganz unten, teils (z.B. am
Hochrhein, vielleicht auch in Niederbayern) ist aber auch noch Regen oder
Schneeregen am Start. Dort, wo es längere Zeit schneit, bildet sich eine dünne
Schneedecke oder es kommt zu Schneematsch, was beides Gefahr von Glätte
impliziert.
Ansonsten gilt zu konstatieren, dass sich die Wolkenlücken aus dem Norden
zumindest teilweise bis in die Mitte vorkämpfen, dass sich nachfolgend örtlich
Nebel bildet und dass die Temperatur vielerorts in den leichten Frostbereich
zurückgeht. Ob von der Ostsee noch ein paar schwache Schauer nach Vorpommern
ziehen (Schnee oder sogar gefr. Regen laut ICON), muss abgewartet werden.

Dienstag ... verlagert sich der Höhenrücken vom Nordmeer respektive der Nordsee
mehr und mehr nach Mitteleuropa, wodurch die nördliche Höhenströmung bei uns
eine stark antizyklonal gefärbte Krümmung erhält. Auch bodennah nimmt der
Hochdruckeinfluss vorübergehend zu, was dem Schneefall bzw. Schneeregen im Süden
nicht gut bekommt. Er schwächt sich im Tagesverlauf immer weiter ab bzw. zieht
sich in die Alpen zurück, es bleibt aber bedeckt.
Im Gegenzug lockert die Wolkendecke auch in der Mitte von Norden her weiter auf,
so dass die monatliche Sonnenscheinbilanz für November an der einen oder anderen
Stelle noch etwas punkten kann. Die meisten "Punkte" dürfte es bei
ost-südöstlicher Grundströmung im Westen quasi im Lee der vorgelagerten
Mittelgebirge geben, wo die Sonne durchaus für einige Stunden ihr Stelldichein
geben kann. Thermisch ist aber nicht mehr drin als 0 bis 6°C, im höheren
Bergland leichter Dauerfrost.


Modellvergleich und -einschätzung
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In der grundsätzlichen Ausrichtung sind die Modelle sehr ähnlich. Die trotzdem
noch gegebenen offenen Fragen bzw. Unschärfen wurden im Text angesprochen und
erörtert, aber letztlich - leider - noch nicht abschließend geklärt.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann