DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

20-11-2018 17:01
SXEU31 DWAV 201800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 20.11.2018 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Nach Abzug des Höhentiefs ruhige Hochdruckrandlage mit den typischen herbst-
bzw. winterlichen Begleiterscheinungen (Frost, Nebel, geringe Glätte).

Synoptische Entwicklung bis Freitag 12 UTC
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Aktuell ... zeigt die Verteilung der Geopotenzialgebilde in 500 hPa eine
typische "High over Low" -Konstellation: Einem Höhentief über dem Nordwesten
Frankreichs, das sich bis morgen früh nach England bzw. Wales verlagert, steht
eine umfangreiche Höhenantizyklone über dem Europäischen Nordmeer gegenüber. Im
Laufe der Nacht wird ein in die Zirkulation um das Höhentief eingebundener
flacher Randtrog vom Nordwesten Deutschlands über die Nordsee hinweg
westnordwestwärts bis nach Schottland geführt. Vorderseitig des Randtroges wird
der durch die kräftige WLA dargebotene Hebungsantrieb durch schwache PVA
unterstützt und führt von der Nordsee über Niedersachsen bis nach Sachsen-Anhalt
anfangs noch zu leichten Niederschlägen - meist als Schnee, aber teilweise auch
schon in Regen übergehend - die im Laufe der Nacht allerdings nordwestwärts
abziehen. Nennenswerte Neuschneemengen sind dabei nicht mehr zu erwarten.
Ausgehend vom Höhenhoch weitet sich über Skandinavien hinweg ein Höhenrücken zum
Baltikum aus und verstärkt sich noch etwas.
Das korrespondierende Bodenhoch verlagert seinen Schwerpunkt vom Nordmeer ganz
allmählich Richtung Skandinavien und weitet sich ebenfalls Richtung Osteuropa
aus. Die nach Süddeutschland gerichtete flache Tiefdruckrinne füllt sich im
Laufe der Nacht allmählich auf, so dass der Gradient über dem Vorhersagegebiet
in Summe etwas auffächert. Somit nimmt auch der Wind weiter ab und ist lediglich
an den Küsten warnrelevant (Bft 7, exponiert vereinzelt auch 8 aus Ost bis
Südost), auch auf dem Brocken und Fichtelberg kann es noch einzelne stürmische
Böen geben.
Mit der weiter anhaltenden niedertroposphärischen WLA steigen die Temperaturen
in 850 hPa auch im Norden und Nordwesten weiter an und erreichen morgens Werte
zwischen -2 Grad auf Rügen und +5 Grad im Südwesten. Somit kann sich die
Inversion oberhalb der recht kalten und teilweise auch feuchten Grundschicht in
etwa 850 bis 900 hPa weiter verstärken. Zwar lockern die Wolken aktuell sowohl
im Südosten als auch im Südwesten und Westen weiter auf, dennoch sollte sich
auch dort vielerorts wieder Nebel und Hochnebel bilden (Ausnahme wohl
unmittelbarer Alpenrand, eventuell gibt es auch ganz im Westen und am
Bayerischen Wald Lücken). Im Norden und Westen bleibt es wohl meist frostfrei,
ansonsten gibt es aber verbreitet leichten, in den Alpentälern auch mäßigen
Frost. Glätte ist wohl vor allem in den Regionen zu erwarten, in denen es
tagsüber geschneit hat.

Mittwoch ... zieht sich das Höhentief weiter nach Nordwesten zurück und der ins
östliche Mitteleuropa gerichtete Höhenrücken kann sich etwas nach Westen
ausweiten. Das korrespondierende Bodenhoch befindet sich mit seinem Schwerpunkt
abends über Südskandinavien. Insgesamt fächert der Gradient noch ein wenig auf,
so dass der Südost- bis Ostwind - abgesehen von einigen exponierteren
Küstenabschnitten an Nord- und Ostsee, an denen es steife (Helgoland eventuell
stürmische) Böen geben kann - kaum mehr warnrelevant sein dürfte.
Ansonsten ist die Wetterprognose geprägt durch die Grundschichtproblematik. Vor
allem das EURO4 bzw. das darauf basierende polnische Modell tendiert zu einer
sehr pessimistischen Variante und lassen den Nebel/Hochnebel kaum aufgehen
(lediglich Alpenrand und Lagen oberhalb von etwa 1000 m). Vor allem in der Ost-
bis Nordosthälfte steigt die Inversion sogar noch etwas an, da dort ein von der
Ukraine nach Südpolen ziehendes, nur in hoher 500 hPa-Auflösung erkennbares
flaches Höhentief minimale Hebung knapp oberhalb der Grenzschicht induziert. Im
Westen und Süden bleibt die Inversion dagegen relativ flach und in diesen
Regionen lassen einige Modelle den Hochnebel verbreitet aufgehen - eine
Variante, die wohl als zu optimistisch einzuordnen ist. Chancen auf etwas Sonne
bestehen neben den oben genannten Regionen wohl am ehesten noch im Lee einiger
Mittelgebirge ganz im Westen (NRW) und vielleicht noch am Bayerwald. Auch im
Nordosten kann es im Vorfeld einer schwachen, über die östliche Ostsee nach
Süden ziehenden Kaltfront vielleicht einige Lücken geben. Die Temperaturen
steigen auf 0 bis 4 Grad, an den Küsten sowie mit etwas Sonne vor allem an den
Alpen im Gäuboden und im Ruhrgebiet auch knapp darüber. In Regionen mit dichtem
Nebel in Süddeutschland kann es stellenweise vielleicht sogar leichten
Dauerfrost geben.

In der Nacht zum Donnerstag verlagert das Höhenhoch seinen Schwerpunkt nach
Mittel- bzw. Südskandinavien. An dessen Südflanke wird das flache Höhentief von
der Zirkulation des inzwischen mit seinem Drehzentrum knapp östlich von Irland
angelangten Höhentiefs "eingefangen". Nach wie vor wird durch diesen Prozess,
der in 850 hPa besser ausgeprägt bzw. identifizierbar ist (dort befindet sich
das Höhentief bzw. der Randtrog morgens bereits über dem Westen Deutschlands)
als in 500 hPa, niedertroposphärisch schwache Hebung generiert und lässt die
Obergrenze der Inversion vor allem im zentralen und westlichen Mittelgebirgsraum
auf etwa 800 hPa ansteigen (-4 Grad in 850 hPa), so dass es aus der angehobenen
Hochnebeldecke eventuell sogar etwas Nieselregen oder Schneegriesel geben
könnte. ICON-EU simuliert stellenweise - bevorzugt in Südoststaulagen - 1 mm in
12 Stunden, GFS und ECMWF haben generell geringere Mengen auf der Karte.
In den Nordosten wird von Osten her mit der nach Osten abziehenden und sich
auflösenden Kaltfront zumindest niedertroposphärisch etwas trockenere Luft
eingesteuert, so dass es dort einige Wolkenlücken geben kann, ansonsten dürften
weiterhin Nebel und Hochnebel dominieren - mal abgesehen von Lagen oberhalb von
1000 m im Süden und Südwesten. Vielerorts gibt es wieder leichten Frost,
allerdings bleibt es vor allem im Westen und Norden unter der dichten
Hochnebeldecke oft auch frostfrei. Glätte kann in Regionen mit dem leichten
Niederschlag (also im östlichen und zentralen Mittelgebirgsraum) eine Rolle
spielen.
Der Wind weht im Küstengebiet noch lebhaft aus Südost mit steifen Böen über der
offenen Nordsee.

Donnerstag ... ändert sich an der südöstlichen, leicht zyklonal konturierten
Höhenströmung über dem Vorhersagegebiet zwischen dem Höhentief über dem nahen
Ostatlantik, der allmählich nach Südwesten austrogt, und dem Höhenhoch über
Südskandinavien nur wenig. Der nach wie vor niedertroposphärisch (in 850 hPa)
besser als in 500 hPa auszumachende flache Randtrog bleibt nach wie vor nach
West- bzw. Süddeutschland gerichtet. An dessen Nordflanke wird weiterhin
niedertroposphärisch etwas Hebung generiert, die es vor allem in einem Streifen
vom Erzgebirge bis ins Emsland auch der Hochnebeldecke etwas nieseln bzw.
grieseln lässt. Vor allem nordöstlich davon, in erster Linie im Ostseeumfeld und
in Vorpommern, bleibt es im Einflussbereich etwas trockenerer Luftmassen
aufgelockert bewölkt. Auch im Westen und Süden bekommt die Hochnebeldecke nach
Lesart der meisten Modelle größere Lücken, ob die ICON-EU-Lösung so eintrifft
(weite Teile Süd- und Südwestdeutschlands wolkenfrei), ist aber mehr als
fraglich. An den Temperaturen ändert sich nur wenig - bei Dauerhochnebel -1 bis
4 Grad, mit Sonne 3 bis 8 Grad.
Das Bodenhoch über Südskandinavien schwächt sich ab und verlagert seinen
Schwerpunkt wieder mehr nach Nordwesten, Richtung Island, wodurch der Gradient
noch etwas auffächert. Der Wind sollte warntechnisch somit keine Rolle mehr
spielen.

In der Nacht zum Freitag kommt der Randtrog ein wenig nach Norden voran und
sorgt an seiner Nordflanke niedertroposphärisch nach wie vor für geringe Hebung,
so dass auch im Nordosten der Hochnebel wohl wieder dichter wird. Nach wie vor
kann es gebietsweise etwas nieseln, am ehesten von der Nordsee entlang der Elbe
bis zur Lausitz, gebietsweise kann dabei auch Glätte auftreten.
Die jetzt von Island über Südskandinavien bis nach Ost-/Südosteuropa reichende
Hochdruckbrücke schwächt sich etwas ab, wodurch der Gradient über dem
Vorhersagegebiet noch weiter auffächert. Rückseitig des Randtroges sinkt die
Obergrenze der Inversion vor allem über dem Süden und Westen des Landes wieder
ab (auf etwa 900 hPa), dennoch bilden sich in der Grundschicht erneut verbreitet
Nebel und Hochnebel oder verdichten sich. Verbreitet gibt es leichten, in
einigen Alpentälern bei Aufklaren auch mäßigen Frost, vor allem im Westen,
Nordwesten und an den Küsten bleibt es dort, wo es keine Wolkenlücken gibt, aber
teilweise frostfrei. Mit Glätte ist am ehesten in Regionen mit etwas Nieselregen
oder Nebelnässen zu rechnen.

Freitag ... bleiben wir in der Peripherie des Höhentiefs bzw. -troges, dessen
Drehzentrum sich abends südwestlich von Irland befindet. Der nach Mitteleuropa
gerichtete Randtrog kommt abends bis nach Norddeutschland voran, wird aber
blockiert durch den von Osteuropa über Südskandinavien bis zum Nordmeer
gerichteten Höhenrücken. Rückseitig des Randtroges kann sich über Ost- und
Nordfrankreich aufgrund von WLA auf der Vorderseite eines kräftigeren
Trogvorstoßes Richtung Südwestfrankreich ein flacher Höhenrücken aufwölben.
Somit dominiert im Vorhersagegebiet - vor allem über dem Süden und Westen -
weiterhin Absinken. Insgesamt bestehen dadurch Chancen, dass sich die
Nebel-/Hochnebeldecke etwas verbreiteter auflöst als an den Vortagen. Dennoch
wird es Regionen geben, in denen es ganztägig trüb bleibt. Vor allem nachmittags
und abends ziehen im Südwesten aber dichtere mittelhohe Wolkenfelder auf, die
der oben genannten WLA geschuldet sind.
Kompakter bleibt die Hochnebeldecke noch im Norden und Osten, Dort ist nicht
wirklich mit Wolkenlücken zu rechnen und gebietsweise kann es auch etwas
nieseln.
Insgesamt wird es in den sonnigen Regionen im Süden und Westen etwas milder,
stellenweise können Werte nahe 10 Grad erreicht werden, am ehesten in mittleren
Höhenlagen. Sonst verharren die Werte zwischen 3 und 8 Grad, bei
Dauer(hoch)nebel zwischen -1 und 3 Grad, wobei Dauerfrost am ehesten in den
Nebelgebieten Süddeutschlands auftritt.


Modellvergleich und -einschätzung
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Die Probleme, die Nebel- bzw. Hochnebelprognose betreffend, wurde bereits im
Text erläutert. Dabei liefern EURO4 und das darauf basierende polnische Modell
häufig eine etwas bessere (wenngleich sicherlich keine perfekte) Performance als
das ICON-EU.
Ansonsten sind im Kurzfristzeitraum keine wetter- und warnrelevanten
Unterschiede zwischen den Modellen auszumachen.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Winninghoff