DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

19-11-2018 17:30
SXEU31 DWAV 191800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Montag, den 19.11.2018 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Frühwinterlich, insbesondere im Bergland etwas Schnee, Frost und Glätte. Windig,
im Bergland und an der See teils stürmisch.

Synoptische Entwicklung bis Donnerstag 12 UTC
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Aktuell ... bestimmt ein Kaltlufttropfen mit Zentrum über Ostfrankreich unser
Wettergeschehen. Er wird am Südrand der umfangreichen Antizyklone, die sich vom
Europäischen Nordmeer bis nach Skandinavien erstreckt, mit der bodennahen
östlichen Strömung in den kommenden Stunden langsam westwärts gesteuert und
erreicht in den Frühstunden den Raum Paris. Damit verlässt uns auch sukzessive
die höhenkälteste Luft mit Temperaturen unter -30 Grad in 500 hPa westwärts,
womit die Schichtung nicht nur mit Beendigung des Tagesgangs zusätzlich
stabilisiert. Einzelne Schauer, die je nach Intensität teils bis in tiefe Lagen
als Schnee oder Graupel fallen, klingen demzufolge erst einmal ab. Trotz
fehlender, großflächiger Auflockerungen ist die Luftmasse "potent" genug
(negative Taupunkte, geringes Ausgangsniveau nur wenig über dem Gefrierpunkt) in
der Mitte und im Süden wieder recht verbreitet für leichten Frost zu sorgen. Wie
bei Kaltlufttropfen üblich, wartet das "dicke Ende" aber auf dessen Rückseite,
wo beginnende Warmluftadvektion über Niederbayern ab den Frühstunden leichte
Schneefälle aufkommen lässt. Bis dahin sind diese Prozesse noch zu schwach bzw.
werden durch leichte NVA teilweise überkompensiert. Am Gradienten ändert sich
kaum etwas, so dass der Wind an der See und im Bergland weiterhin ruppig bleibt
- teilweise mit Sturmböen. Auch in tiefen Lagen bleibt er spürbar, wenn auch
nicht warnwürdig.

Dienstag ... steht wettertechnisch der wohl interessanteste Tag der Woche ins
Haus. So nimmt der Kaltlufttropfen, der sich vom Raum Paris erst in den
Abendstunden wenig nordwärts verlagert, zunehmend eine elliptische Form an
(Achse westlich der Bretagne bis nach Süddeutschland). Neben der ohnehin weiter
zunehmenden WLA (Aufgleiten wärmerer Luft aus Süden auf bodennahe Kaltluft) über
dem Südosten Deutschlands kommt nun auf der Vorderseite der Trogachse auch etwas
PVA hinzu. Im Tagesverlauf schwenkt die Trogachse von Bayern nordwestwärts über
die Mitte hinweg und erreicht am Abend die Elbmündung. Das dadurch induzierte
Niederschlagsgebiet sorgt für leichte, insbesondere am Südostrand von Harz,
Weser-Bergland und Rothaargebirge auch stundenweise für mäßige Schneefälle.
Größenordnungen zwischen 1 und 5 Zentimeter, in den genannten Staulagen um 10 cm
sind dabei am wahrscheinlichsten und inzwischen von den verschiedenen
deterministischen und probabilistischen Verfahren mit den branchenüblichen
Unschärfen "abgesegnet". Schaut man sich die Prognosetemps an, so kann die
flüssige Phase im Bereich der stärksten Niederschläge bei Profilen durchweg im
negativen Temperaturbereich und hochreichender Sättigung weitestgehend negiert
werden. Lediglich mit Erreichen der küstennahen Gebiete zum Abend (Nähe zum
"warmen" Nordseewasser, Tageszeit) sowie am Südrand des Niederschlags
(Auströpfeln) gehen die Niederschläge auch in flüssiger Form nieder, steigt doch
die Temperatur in 850 hPa auf Werte über 0 Grad südlich des Mains an, wohingegen
sie im Nordwesten unter -5 Grad verharrt. Da sich an der bodennahen, östlichen
Strömung ohnehin nichts tut, greift die niedertroposphärische Erwärmung aber
auch im Süden kaum bis zum Boden durch. Lediglich durch die Winddrehung auf Süd
in der Höhe kommt im Alpenvorland ein schwaches Föhnsetup (Zugspitze mit der ein
oder anderen Sturmböe) ins Spiel, weshalb dort auch der signifikanteste
Sonnenschein zu erwarten ist. Bei maximal 4 bis 8 Grad ist aber wohl Schluss, in
den Hochlagen der zentralen Mittelgebirge sowie im Schneefall um 0 Grad. Nicht
unerwähnt soll zu guter Letzt der Wind bleiben, der unverändert ruppig
daherkommt und an der Küste sowie im höheren Bergland weiterhin Böen bis
Sturmstärke erreicht. Auch in den tiefen Lagen sind in der Norddeutschen
Tiefebene zeitweise Windböen aus Ost bis in den warnwürdigen Bereich (7 Bft)
wahrscheinlich.

In der Nacht zum Mittwoch verabschiedet sich der ehemalige KLT nach England.
Ehemalig deshalb, da er sich inzwischen auch am Boden in das komplexes, da
mehrkerniges Tief über Westeuropa eingegliedert hat. Gleichfalls schwenkt auch
der Trog weiter über die Nordsee nach Schottland, womit die Hebungsprozesse über
Deutschland zum Erliegen kommen. Auflockerungen von Süden werden so rasch durch
die Bildung von Nebel und Hochnebel konterkariert. Ziemlich sicher reicht die
vorherige Abkühlung aber erneut verbreitet für leichten Frost aus. Damit
einhergehend fächert auch der Gradient in der Mitte und im Süden deutlich auf,
so dass der Wind einschläft.

Mittwoch ... übernimmt das blockierende Hoch über der Haltenbank wieder die
Kontrolle über das Wettergeschehen in Deutschland, schickt es doch einen breiten
Keil gen Baltikum und Polen, womit bei uns schwaches Absinken dominiert. In 700
hPa ist zwar ausgehend vom westeuropäischen Tiefkomplex ein zyklonal
ausgebeultes Isohypsenfeld zu erkennen. Nennenswerte Hebungsprozesse (zumal
ortsfest und damit keinerlei Advektion) werden damit allerdings nicht generiert.

Was bleibt?
1.) Eine schwache östliche Grundströmung (in Küstennähe am Rande des Hochs noch
mäßig mit starken, exponiert stürmischen Böen).
2.) Eine vergleichsweise kühle und vor allem feuchte Grundschicht, die unterhalb
einer Inversion (T850 hPa zwischen 0 und +5 Grad) "gefangen" ist. Macht unterm
Strich vielfach graues Novemberwetter mit geringen Tagesgängen (in den Nächten
nahe 0 Grad, tagsüber um 5 Grad).

Donnerstag ... ändert sich an der synoptischen Gesamtsituation wenig. Das Hoch -
dessen Achse weiterhin östlich von uns verbleibt - verlagert sich
schwerpunktmäßig etwas nach Südosten nach Mittelschweden. Ausgehend von dem
umfangreichen Tiefdruckkomplex über Westeuropa bleibt die Höhenströmung
(Süd-Südost) über Deutschland eher schwach zyklonal gekrümmt. Nennenswerte
Antriebe fehlen dabei zwar weiterhin, im Nowcasting kann aber durchaus geringer
Sprühregen aus der Hochnebeldecke auf die Agenda rücken. Sofern dieser im
Bereich ausgewiesener Kältelöcher auftritt (z.B. Thüringer Becken), sind
durchaus unangenehme Überraschungen in Form gefrierenden Sprühregens nicht
ausgeschlossen. In der Fläche geht das Ganze aber wohl unspektakulär bei
nasskalten 2 bis 5 Grad über die Bühne. Im Lee der Mittelgebirge (Westseite), am
Alpenrand sowie in Vorpommern stehen die Chancen auf etwas Sonne am besten, dort
lokal mit Höchstwerten bis 8 Grad.


Modellvergleich und -einschätzung
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Unter den neuesten 12z Läufen besteht nun auch bezüglich des Schneeereignisses
am morgigen Dienstag weitestgehend Einigkeit hinsichtlich wahrscheinlichster
Zugbahn und Mengen (siehe Text).


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Robert Hausen