DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

18-11-2018 17:30
SXEU31 DWAV 181800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Sonntag, den 18.11.2018 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
In der Nacht zum Montag Frost und z.T. Glätte (etwas Schneefall oder gefrierende
Nässe). An der See weiter auffrischender Wind um Ost.
Am Dienstag in der Mitte gebietsweise Schneefall, Prognose aber noch unsicher.

Synoptische Entwicklung bis Mittwoch 12 UTC
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Aktuell ... weist die großräumige Potenzialverteilung ein bemerkenswertes Muster
auf. Im Zentrum des Geschehens steht eine umfangreiche und weiterhin
quasistationäre Höhenantizyklone mit Schwerpunkt knapp westlich der norwegischen
Atlantikküste unweit von Kap Svinöy. Sie überdeckt weite Teile des Europäischen
Nordmeers incl. der Nordsee und UK/Irland sowie einen Großteil Skandinaviens.
Anders als bei Höhentiefs, die nicht zwingend korrespondierende "Begleitung" in
Bodennähe mitbringen (Stichwort Kaltlufttropfen) korreliert das Höhenhoch mit
einem nicht minder potenten Bodenhoch namens BURCKHARDT, das unter geringfügigem
Substanzverlust (leichter Druckfall) quasi die vier Nordländer nebst umliegender
Seegebiete beehrt.
Umzingelt werden Druck- und Potenzialmaximum von diversen Tiefs und Trögen, die
sich im Uhrzeigersinn (man könnte es natürlich auch andersherum beschreiben) vom
Nordwesten Russlands über den Balkan bis in den Mittelmeerraum und von dort via
Iberische Halbinsel bis zum mittleren Nordatlantik ranken. In den Fokus für
unser Wetter rückt dabei zunehmend ein kleines Höhentief mit besagtem
Kaltlufttropfencharakter, das sich bis Montagfrüh von Slowenien bis etwa zum
Salzkammergut vorarbeitet und dabei auf der Vorderseite ein sekundäres
Drehzentrum über der Westschweiz entstehen lässt.
Zurück nach Deutschland, wo die nordöstliche Höhenströmung als Folge der
genannten Prozesse sukzessive zyklonaler wird, ohne dass daraus großartige
dynamische Hebungsimpulse resultieren. Gleichwohl breitet sich die feucht-kalte
Luftmasse (T850 -2 bis -7°C) mit der tiefen ST-/SC-Bewölkung aus dem Nordosten
immer weiter südwestwärts aus, wodurch sich die anfangs noch vorhandenen klaren
Areale verkleinern bzw. sich in den Südwesten zurückziehen. Aber nicht nur von
Nordosten nimmt die Bewölkung allmählich zu, auch von Osten, namentlich von
Tschechien und Austria, driften zunehmend tiefe und mittelhohe Wolkenfelder nach
Süddeutschland, aus denen an den Alpen und im Vorland sowie vom Bayerischen Wald
bis nach Franken etwas Schnee fällt (teils Glätte-, teils Schneefallwarnung).
Ansonsten gilt es zu konstatieren, dass die Luftmasse aus dem Nordosten auf
ihrem Weg nach Südwesten durch die Orografie kontinuierlich gehoben wird,
wodurch die Obergrenze von gemessenen 900 hPa (heute Mittag 12 UTC) auf 800 bis
maximal 700 hPa ansteigt. Dabei nimmt die Niederschlagsneigung zu, insbesondere
in den klassischen Staulagen. Die Schneefallgrenze pendelt sich etwa zwischen
300 und 500 m ein, was nicht ausschließt, dass es einige Flocken auch noch
weiter nach unten schaffen. Für den Harz, den Thüringer Wald und das Erzgebirge
bietet sich für Lagen oberhalb 600 m eine kleine Schneefallwarnung an (1-5 cm
bis Montagmittag). Zwischen 400 und 600 m sollte eine Glättewarnung reichen
(geringfügiger Schneefall, gefrierende Nässe), darunter kann man die Füße
erstmal stillhalten, sollte aber aufmerksam am Beobachtungsball bleiben (wenn
die Bewölkung Lücken bekommt, was gut möglich ist, ist die Temperatur am Boden
schnell in Gefrierpunktnähe bzw. knapp darunter => gefrierende Nässe).
Es ist übrigens nicht auszuschließen, dass in der Mitte vereinzelt und
kurzfristig mal geringfügig gefrierender Nieselregen auftritt (z.T. kühlt die
feuchte Luft nicht unter -10°C ab, zudem oberhalb der Grundschicht trocken =>
fehlende Eiskristalle, unterkühlte Tröpfchen). Da der Boden aber nicht tief
gefroren ist (und somit der Bodenwärmestrom recht schnell zur Stelle ist) und
durch Gegenstrahlung auch von oben ein Energieinput erfolgt, ist von einer
substanziellen Glättesituation nicht auszugehen.
Schnee hin, Glätte her, ab der Mitte südwärts muss verbreitet mit leichtem Frost
gerechnet werden, auch wenn dieser sich wahrscheinlich nicht überall die ganze
Nacht hält (aufziehende Wolken => Gegenstrahlung => Erwärmung). Im Norden
hingegen ist Frost aufgrund der Bewölkung und höheren Taupunkten
unwahrscheinlich, dafür können einige Regenschauer von der Ostsee her
landeinwärts ziehen.
Bliebe abschließend noch der Wind, der aus Nordost kommend an der Ostsee sowie
in exponierten Hochlagen in Böen 7-8 Bft, auf dem Brocken und dem schwarzwälder
Feldberg 9 Bft erreicht.

Montag ... verliert der österreichische Part des alpinen Höhentiefs an
Bedeutung, während der "schweizer Vorbau" die Hauptrolle übernimmt. Er zieht als
Kaltlufttropfen in Richtung Zentralfrankreich. Im Gegenzug verlagert sich das
Höhenhoch weg von der norwegischen Küste in Richtung Island, wodurch die
großräumige Potenzialverteilung ein "High-over-Low-Muster" annimmt. Am Ende des
Tages liegen beide, Hoch und Tief (Referenz 500 hPa), knapp neben dem
berühmtesten aller Längengrade, dem Nullmeridian.
Über Deutschland resultiert daraus eine ost-nordöstliche Höhenströmung, die
zunehmend zyklonal deformiert wird. Bereits am Vormittag schwenkt von Osten her
ein Randtrog über Deutschland hinweg, der die Hebung zunächst noch etwas in Gang
hält, bevor sie sich zum Nachmittag hin abschwächt. Die daraus resultierenden,
gebietsweise auftretenden Niederschläge fallen in der sich noch etwas
abkühlenden Luftmasse (T850 -4 bis -8°C) oberhalb 400-500 m durchweg, darunter
nur teilweise als Schnee. Über der Ostsee entwickeln sich weitere Regenschauer,
die in einem relativ schmalen Korridor (Schauerstraßen) west-südwestwärts
ziehen. Wer es eher mit der Sonne hält, sollte die Erwartungen nicht zu hoch
schrauben, da kommt deutlich weniger als am Wochenende. Ein paar Auflockerungen
hie und da, besonders auf den West-Südwestseiten im Lee der Mittelgebirge, viel
mehr wird es nicht werden.
Die Temperatur erreicht Höchstwerte zwischen 0°C am höheren Alpenrand und
maximal 8°C rund um "Kölle" sowie bei den Ostfriesen. Im höheren Bergland
herrscht leichter Dauerfrost.
Noch zum Wind, der am Südrand des nordeuropäischen Hochs (GWL HNFz, Hoch
Nordmeer-Fennoskandien zyklonal) nicht ganz undynamisch aus Nordost bis Ost
bläst. Am nachhaltigsten tut er das an der See und auf einigen ausgewählten
Kämmen und Kuppen der Mittelgebirge mit Spitzen 7-8 Bft, exponiert 9 Bft. Auch
freie Lagen der Mittelgebirge sowie für diese Windrichtung anfällige Leelagen
bekommen die eine oder andere 7er-Bö ab.

In der Nacht zum Dienstag verbleibt Deutschland am Rande des Höhentiefs über
Zentralfrankreich, während am Boden die östliche Grundströmung andauert. Von
Süden her breitet sich WLA nord-nordwestwärts aus, die zwar die Wolkenbildung
forciert, in Sachen Niederschlag aber keine bleibenden Impulse zu setzen vermag.
In der Mitte hier und da noch ein paar schwache Schnee- oder Schneeregenschauer,
in Küstennähe Regenschauer, zu viel mehr sollte es nicht reichen. Allenfalls in
Staulagen des Harzes simulieren die Modelle etwas mehr Schneefall (vor allem
EURO4, was mit seinen rund 10 cm wohl aber zu optimistisch ist).
Wurde gestern von ICON noch eine weitere (niedertroposphärische) Abkühlung auf
850-hPa-Temperaturen von -6 bis -10°C simuliert, geht es heute in genau die
entgegengesetzte Richtung. In Teilen Bayerns und BWs geht es hoch auf Werte um
den Gefrierpunkt. Trotzdem kann es in weiten Teilen des Landes auf nahe 0°C oder
etwas darunter abkühlen (Gefahr von gefrierender Nässe!), was aber auch stark
von der Bewölkung abhängt, deren Verhalten aktuell schwer einzuschätzen ist.
Möglichweise fällt die Abkühlung nicht ganz so großflächig aus, wie es von
MOS-Mix simuliert wird (Süden und Mitte verbreitet Frost).
In höheren Lagen sowie der Küste entlang bleibt es windig, teils stürmisch
(Brocken bis 10 Bft), aber auch im nord- und nordwestdeutschen Binnenland sind
einzelne 7er-Böen nicht ausgeschlossen (ICON).

Dienstag ... schwenkt auf der Ostflanke des weiterhin über Frankreich präsenten
Höhentiefs ein Randtrog von Süden her über den Vorhersageraum
nord-nordwestwärts. Er ist nicht besonders scharf ausgeprägt, so dass man in den
Diagnosekarten vergebens nach nennenswerter PVA sucht. Dafür findet man
andauernde WLA, die in den mittleren Landesteilen am kräftigsten ist. Die Folge
sind aufkommende Niederschläge, die sich etwa von Franken bis hinüber nach
Nordwestdeutschland ausweiten. Da die Modelle offensichtlich nicht unerhebliche
Schwierigkeiten haben, dieses Ereignis richtig zu erfassen (grundsätzlich
schlechte Konsistenz; mal wärmer, mal kälter, mal mehr, mal weniger intensiv
und, und, und...) verzichtet der Verfasser an dieser Stelle darauf, zu tief in die
Materie einzusteigen. Wahrscheinlich wird sich - bei aller gebotenen Vorsicht -
die Schneefallgrenze zwischen 300 und 500 m einpendeln.
Im Süden und Südwesten bleibt es im Großen und Ganzen niederschlagsfrei, hin und
wieder lockert die Wolkendecke auf. Auch in Küstennähe werden die Schauer
weniger. Die Temperatur erreicht Höchstwerte von 0 bis 6°C. Mit Ausnahme
Süddeutschlands bleibt die östliche Grundströmung ziemlich lebhaft mit Böen 7-8
Bft, an der Nordsee sowie in exponierten Hochlagen 9 Bft, auf dem Brocken 10
Bft.

In der Nacht zum Mittwoch macht die niedertroposphärische WLA weitere
Fortschritte (Anstieg T850 auf verbreitet über 0°C). Gleichzeitig lässt der
Niederschlag nach, vor allem im Norden kann es aber noch etwas regnen oder
schneien. Bei nachlassendem Wind besteht in der kalten Grundschicht
nichtsdestotrotz immer noch Frostgefahr (=> evtl. gefrierende Nässe), auch ein
paar Nebelfelder sind möglich. Warnwürdiger Wind um Ost tritt nur noch an der
Küste auf (Böen 7-8 Bft, exponiert 9 Bft).

Mittwoch ... kommt das Höhenhoch zurück nach Norwegen, während sich das
Höhentief - inzwischen mit korrespondierendem Bodentief ausgestattet - in
Richtung Ostatlantik verabschiedet. Dadurch fächert der Potenzialgradient über
Deutschland immer weiter auf und die südliche Höhenströmung verliert an Power.
Im Großen und Ganze trifft das auch für die östliche Bodenströmung zu, die
abgesehen von ein paar Kuppen der Mittelgebirge nur noch an der Küste
konkurrenzfähig ist mit Böen 7-8 Bft.
Darüber hinaus präsentiert sich das Wetter wolkenreich, aber weitgehend
niederschlagsfrei bei 1 bis 6°C. Hier und da zeigen sich ein paar Auflockerungen
(Westen, Nordosten), an den Alpen könnte es sogar für sonnige Abschnitte
reichen.


Modellvergleich und -einschätzung
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Zwar wird der Generalkurs von allen Modellen ähnlich gesehen, trotzdem ist die
Prognose mit Unsicherheiten behaftet. Das geht schon mit den heute Nacht
anstehenden Niederschlägen los (welche Phase, wie viel, wo genau) und setzt sich
am Dienstag mit den von Südosten aufkommenden Niederschlägen fort (siehe
Haupttext).


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann